Fangberichte Immer hart am Wind
Den meisten hier dürften solch eine Situation bekannt sein: Man hat mit langem Vorlauf eine Angeltour mit seinen Kumpels geplant, der Termin rückt immer näher und die Wetterprognose bleibt katastrophal…
Genau vor jener Problemlage stehen nun Georg, Tobi und meine Wenigkeit. Wir sind bereits seit zwei Tagen auf Hechttour an der Müritz. Auch hier haben wir durchschnittlich zu viel Wind und konnten nicht ganz unser geplantes Programm durchziehen. Aber immerhin haben wir einige windgeschützte Ecken gefunden und dort viele Hechte fangen können. Morgen soll es noch einmal auf die Müritz gehen, um dann abends nach Schaprode auf Rügen zu fahren. Aber für die Küste sind 7 bft in Böen bis zu 10 vorhergesagt – da ist an ein Angeln vom Boot aus nicht mehr zu denken. Nach einigem Hin und her haben wir uns dazu durchgerungen auf alle Fälle morgen nach Rügen zu fahren, um im Notfall von Land aus den Hornhechten nachzustellen.
Unser dritter Tag auf der Müritz beschert Tobi eine richtig fette Granate. Der dicke Binnenhecht ist mit einem Castaic Realbait in 30cm Länge überlistet worden.
Nach einer viel zu langen Fahrt kommen wir spät nachts in Schaprode an und werden sehr freundlich von unserer Vermieterin begrüßt. Völlig erschöpft fallen wir gegen 1:00 in unsere Betten und träumen sofort von den großen Boddenmuttis.
Unbarmherzig reißt uns punkt 6:15 der Wecker aus unseren süßen Träumen – sind wir doch um 7:00 mit Jens Feissel vom Team Boddenangeln verabredet. Ein Blick aus dem Fenster zeigt uns, dass eine steife Brise über die in voller Blüte stehenden Rapsfelder bläst. Ungewiss, ob wir heute überhaupt raus können, fahren wir erst mal in den Yachthafen Schaprode. Dort zeugen einige sehr schöne Trollingboote von der sensationellen Lachssaison vor Rügen. Doch an kontrolliertes Trollen auf der Ostsee ist heute nicht zu denken und außerdem haben wir fest einen anderen Zielfisch vor Augen.
Also gehen wir gemeinsam mit Jens zu dem Boot und sind fürs erste beruhigt. Ein voll ausgestattetes, ausreichend großes Boot mit satten 50PS. Das gibt uns das Gefühl von Sicherheit. Jens unterweist uns ausführlich in alle Details und weist uns besonders auf die gefährlichen, steinigen Untiefen hin.
Als unverzichtlichtes Hilfsmittel hat sich das im Boot fest installierte GPS mit Kartenplotter herausgestellt. Ohne das Teil hätten wir ewig nach den Hotspots suchen müssen und wahrscheinlich hätten wir uns noch in dem Tonnenwald der Bodden heillos verfahren.
Da der Wind aktuell ‚nur’ mit 4 bft bläst, laden wir fix unser Tackle ins Boot und starten den ersten Versuch. Natürlich vereinbaren wir mit Jens, dass wir in ständigem Kontakt bleiben und er uns sofort informiert, wenn der Wind stärker werden sollte.
Schon auf dem ersten Kilometer Fahrt zu den Fanggründen stellen wir zwei Sachen fest: Erstens wir haben zu viel Tackle an Bord und zweitens ist der Bodden ein echt hartes Revier. Wir werden komplett nass und unsere Köderboxen verteilen sich im ganzen Boot.
Als ersten Spot steuern wir den Rassower Strom an und ankern nahe der Fahrrinne. Damit wir herausfinden, worauf die Hechte heute am besten beißen, streuen wir unsere Techniken:
Georg leiert den Replicant von Fox durchs Mittelwasser, Tobi jiggt den Grund ab und ich jerke was das Zeug hält. Durch den starken Wind ist das Wasser trübe und viel Seegras treibt lose darin herum. Nach jedem Wurf müssen wir unsere Köder von Kraut befreien – es ist richtig hartes Angeln auf dem schaukelnden Boot. Wir arbeiten uns systematisch an der Fahrrinne entlang Richtung Wittower Fähre. Nach ca. zwei Stunden erfolglosem Peitschen kommt von Georg endlich das laut heraus geschrieene und alle im Boot erlösende ‚FISCH’! Der Hecht ist schnell und sicher gelandet und wir können erst mal tief durchatmen. Puh – sie sind da und sie beißen, die legendären Boddenhechte.
Da ein Fisch noch keinen definitiven Anhaltspunkt über die heutigen Topköder gibt, halten wir an unserer Aufteilung fest und fischen weiter mit unterschiedlichen Methoden.
Es dauert weitere zwei Stunden, bis Georg den nächsten Esox ins Boot befördert. Erneut war er mit einem Replicant erfolgreich.
Als dann auch Tobi seinen ersten Hecht landen kann, lege ich die Jerkrute beiseite und montiere Gummifische an meine Spinnrute.
Ich muss feststellen, dass ich ein wenig aus der Übung bin und es dauert seine Zeit, bis ich das Gefühl für die Köderführung wieder entwickelt habe.
Um bei den harten Bedingungen den Köder noch halbwegs kontrolliert führen zu können sind schwere Bleiköpfe angesagt. Mit Gewichten um die 30 Gramm bestückt, werden die Gummis weiter stundenlang rausgepeitscht. Als immer noch nervend stellt sich das rumtreibende Seegras heraus. Nach jedem Wurf muss der Gummifisch und das Vorfach von einzelnen Büscheln befreit werden.
Da der blühende Raps ein Zeichen für die an der Küste laichenden Hornhechte sein soll, startet Tobi als Erster den Versuch die Pfeilschnäbel zu überlisten. Mit Mefoblinkern, die relativ schnell an der Oberfläche eingekurbelt werden befördert er in kurzer Zeit ein paar Tiere ins Boot. Das ist auch für Georg und mich das Startsignal:
Es beginnt eine kurzweilige Jagd nach Hornis. Wenn man den Blinker in der richtigen Geschwindigkeit einholt setzt es tatsächlich bei jedem Auswurf Attacken. Die Fische beißen entfesselt und stören sich in keinster Weise an den immer noch montierten, dicken Stahlvorfächern. Auch scheinen sie überall zu sein – egal in welche Richtung wir werfen, es rappelt immer in der Rute.
Nach den unzähligen Würfen ohne Fischkontakt, eine wahre Wonne und dankbare Methode dem Schneider zu entgehen. Einige Angler scheinen ihre Fänge direkt am Wasser zu putzen und so gelingt es mir, diesen schönen Hornhechtkopf sicher am Zusatzdrilling zu haken.
Gegen Nachmittag kommt dann der Anruf von Jens, dass der Wind weiter auffrischen wird, und wir beschließen daraufhin, den Angeltag zu beenden. Immerhin haben Georg und Tobi insgesamt sieben Hechte fangen können. Ich muss weiter auf den ersten Esox vor Rügen warten. Aber es bleiben uns ja noch zwei Tage…
Der zweite Tag beginnt, wie der erste aufgehört hatte: viel Wind garniert mit gelegentlichen Regenschauern. Ich bin froh, dass ich meine warme, wasserdichte Jacke dabei habe.
Immerhin wissen wir jetzt, wie wir zu angeln haben. Brav an der Grenze zur Fahrrinne ankern und dann die Gummis an den tiefen Stellen grundnah führen. Es dauert wieder eine Stunde, bis ich endlich den lange ersehnten Kontakt vernehmen kann. In der Absinkphase des Köders hat sich die Schnur kaum merklich gespannt. Ich beantworte diese kleine Anomalie mit einem beherzten Anhieb und spüre sofort Widerstand an der anderen Seite der Leine. Kurze Zeit später halte ich den ersten Boddenhecht in den Händen.
Ich muss an die Worte von Mathias Fuhrmann denken: ‚Ihr müsst konzentriert angeln – es kann jederzeit der Fisch des Lebens einsteigen….’. Wer weiß, ob ich den Hecht erwischt hätte, wenn ich nicht sofort reagiert hätte.
Hätte, wäre, wenn – Georg schlägt als nächstes zu und kommt ganz nahe an seine persönliche Bestleistung ran: eine 115 cm Boddenmutti wird von ihm schnell und hart ans Boot gedrillt und ebenso fix gekeschert.
Die Bissfrequenz ist heute deutlich höher und wir können mehrere schöne Hechte von unsren Ködern überzeugen. Anfangs wird noch jeder Hecht gekeschert. Der solide und geräumige Kescher gehört übrigens genauso wie ein Driftsack zur Grundausstattung des Bootes.
Mit zunehmender Routine gehen wir zur Handlandung der ‚kleineren’ Hechte über.
Insgesamt können wir an diesem Tag 15 Hechte fangen, wobei ich besonders erwähnenswert finde, dass der Kleinste um die siebzig Zentimeter lang war.
Vollauf zufrieden fahren wir zurück in den Hafen. Heute scheinen wir alles richtig gemacht zu haben. Anlässlich seines sensationellen Fanges lässt Georg eine Flasche Jägermeister springen und nach ein paar Schlücken von dem Getränk sind wir davon überzeugt, dass wir unsere Ausbeute morgen erneut steigern werden…
Am nächsten Morgen holt uns der Bodden dann langsam aber sicher auf den Boden der Tatsachen zurück. Das Wetter zeigt sich unverändert suboptimal und die Bissfrequenz ist deutlich niedriger. Auch die Durchschnittsgröße der gefangenen Tiere ist nicht mehr so hoch.
Wir nehmen diese ‚Schlappe’ sportlich und verkürzen uns gelegentlich die bissfrei Zeit mit dem einen oder anderen Hornhechtdrill. Insgesamt sind uns am Abschlusstag doch noch fünf Entenschnäbel auf den Leim gegangen.
Sehr zufrieden steuern wir unseren Heimathafen an, wo wir das Boot sauber machen um es Jens zu übergeben. Nach drei Tagen immer hart am Wind sind wir bereit dafür unsere Tour an der Peene abzuschließen. Dort soll es mir endlich vergönnt sein den metrigen Hecht zu überlisten.
Unser besonderer Dank geht an das Team Boddenangeln, die uns schon in der Vorbereitung sehr behilflich waren und die guten Zimmer vermittelt haben. Auch das Boot war vom Feinsten und ohne die wertvollen Tipps von Jens hätten wir ziemlich ziellos dieses riesige Gewässer beackert.
Das mit 50PS-Motor, Echolot, GPS-Kartenplotter sowie Driftsack ausgestattete Boot kann für 130 Euro am Tag gemietet werden. Im Preis ist eine Tankfüllung enthalten.
Wer Interesse hat, meldet sich bei:
Jens Feißel
jens.feissel@bodden-angeln.de
Tel. 03834/821634
Mobil: 0160/8125547