Fangberichte Hochsommerfische in den Schären von Blekinge
Wovon soll ich berichten? Von der unglaublich schönen Landschaft die –
dem sich auflösenden Schaumteppich in der Badewanne ähnlich – von fest
(-Land) in flockig (Schären) bis flüssig (Ostsee) variiert? Von der
vielfältigen Tierwelt in dieser biologischen Ursuppe?
Und welche Bilder soll ich zeigen? Die hundertfach gesehenen
schwedischen Sonnenuntergänge, derer man nie satt wird, weil jeder
seinen ganz eigenen, höchstpersönlichen Sonnenuntergang erlebt? Oder
die wunderschön gezeichneten, dunkelgrünen Hechte, die eigentlich auch
jeder schon einmal gefangen hat? Genau so mache ich es. Weil ich selbst
solche Reiseberichte anderer Urlauber zu gern lese, auch wenn meine
eigenen Schwedenurlaube eigentlich ganz ganz ähnlich waren und weil
mich auch das fünfzigste Bild eines schönen Fisches immer noch
begeistert…
Unser Vermieter hatte sich bemüht, meine Bedenken zu zerstreuen. Hechte im Hochsommer? Backofenbarsche? Hitzedorsche? Es war ihm nicht wirklich gelungen. So waren meine Erwartungen recht gedämpft als wir in der letzten Juliwoche in unserem Ferienhäuschen bei Aryd eintrafen. Blitzblauer Himmel und angenehme 30°C mit Seebrise – in Berlin wurden derweil gute fünf Grad mehr gemessen. Keine Brombeeren und keine Blaubeeren bisher – der Sommer sei einfach viel zu warm und zu trocken gewesen, berichtete unser Nachbar, und die Angler hätten wenig Fisch…
Am zweiten Abend bin ich dann mit meinem achtjährigen Sohn auf erste Fisch-Erkundungsfahrt gegangen. Raus aus der langgestreckten Bucht, erste Wasserkreuzung rechts, zwei Meter Wassertiefe, Pflanzen und lauwarmes Wasser. Ich machte Lukas eine einfache Spinnrute mit einem kleinen Mepps fertig und wollte gerade beginnen, kluge Vorträge über die Lebensgewohnheiten von Barschen zu halten, als das erste "Papa ich glaub‘ ich hab‘ einen" kam. Er hatte einen. Und dann noch einen. Und dann noch – nein, der war länger – ein kleiner Hecht, der gnädigerweise den Spinner losließ, bevor er das fünfundzwanziger Schnürchen zerlegen konnte. Nach Vorfachwechsel wurden die Bisse weniger und nach zwei Stündchen fuhren wir frohgemut heim. Badewannenhechte, Warmduscherbarsche, es gab sie wirklich.
Am nächsten Tag wollten wir etwas weiter raus und wagten uns in den Tjäröfjorden. Das Echolot zeigte ab und zu eine Wolke im Mittelwasser oder einen Fisch über Grund und so konnten wir mit Heringspaternoster und kleinen, dunklen Pilkern eine Reihe (guter) Heringe und (kleiner) Dorsche überreden, uns zum Abendessen zu begleiten. Auch hier brachen wir das Angeln nach eineinhalb Stunden wegen Fischüberflusses ab.
Das Wetter hielt sich konstant. Vormittags fuhren wir mit dem Boot auf irgendein Inselchen, lagerten, aßen, wanderten und schwammen, abends fuhr ich mit der Angelrute hinaus. Die 1 – 3 m flachen, klassischen Hechtbuchten mit Schilfbestand und Wasserpflanzen kamen mir irgendwie zu warm, hell und friedlich vor. Deshalb zog es mich weiter hinaus, meist zu den kleinen Vogelschutz-Inselchen um Hattaholm im Järnavikafjorden. Diese Idee wurde in den folgenden Tagen regelmäßig belohnt. Am dritten Angeltag konnte sich nach ca. zehn Würfen ein 73er Esox meinen (hecht-)grünen Zalt nicht verkneifen.
Einen Tag darauf hatte ich zwei wilde Oberflächen-Attacken eines großen Hechts auf einen geworfenen Zalt, bei dem sich die Schnur bzw. das Stahlvorfach um den vorderen Drilling gelegt hatte. Der Wobbler schlitterte auf der Wasseroberfläche in meine Richtung, als zehn Meter vor dem Boot der erste Angriff in bester "Weiße-Hai-Manier" direkt von unten kam und der Räuber zur Hälfte aus dem Wasser stieg. Ein paar Meter weiter gab es eine zweite, klatschende Attacke von hinten, die ebenfalls ihr Ziel verfehlte. Meine Versuche, den Fisch mit einem großen Popper nochmal an die Oberfläche zu locken waren nicht von Erfolg gekrönt und eine Jerke hatte ich nicht dabei.
Am nächsten Abend realisierte ich , dass Bisse und Angriffe meistens auf der seezugewandten Seite der Inselchen kamen, wo Wind und Ostseedünung für bewegtes, sauerstoffreiches Wasser sorgten. Ich verkniff mir das Fischen in den friedlichen Ententeichbuchten gänzlich und wurde für diese Erkenntnis eine halbe Stunde später mit einem kampfstarken, sprungfreudigen 85er von acht Pfund belohnt.
In den nächsten Tagen änderte sich das Wetter und die gefangenen Hechte wurden kleiner. Nachdem ich einen knapp 50 cm Hecht nicht mehr retten konnte, weil der hintere Drilling mit allen drei Haken tief in den Kiemenbögen hing und der vordere das Maul zudem regelrecht zugetackert hatte, entschied ich, den vordern Drilling an den Zalts zu entfernen. Dies veränderte die Laufeigenschaften nur unwesentlich, kostete mich aber einen Hecht von vielleicht 90 – 100 cm, der den Wobbler unter der Rutenspitze zweimal seitlich attackierte aber partout nicht in den Schwanz beißen wollte…
Um es abzukürzen: In den 14 Tagen war ich insgesamt vielleicht zehn mal zum Fischen für durchschnittlich zwei Stunden auf dem Wasser. An zwei Tagen blieb ich (Hecht-)Schneider, an allen anderen Tagen fing ich Hechte. Blinker und Gummifische waren nur mäßig interessant, meine besten Erfahrungen machte ich mit einem grünen Zalt-Imitat. Die Entwicklung dieses zahn-geschändeten Wobblers während des Urlaubs zeigen die Fotos.
Die ganz großen Hechtdamen mögen bei dem Wetter noch weiter draußen gestanden haben, aber aufgrund des in der zweiten Woche auffrischenden Windes wollte ich mit Nussschale nicht weiter raus. Außerdem ist es allein recht schwierig, die Seiten der Inselchen und Felsen, die auflandigen Wind haben ufernah zu befischen, weil das Boot nach ein zwei Würfen schon wieder auf die Felsen zu treiben droht.
Dorsche und Heringe gingen immer. Wenn man in der Enge zwischen Järnaskären und Alleskären fischte, kam auf jedes Ablassen ein kleiner Dorsch. Allerdings empfehle ich große Einfachhaken am Pilker, weil die meisten Dorsche nur zwischen 30 und 40 cm hatten und nur wenige die 45 cm erreichten…
Es war ein wunderbarer, erholsamer und familiengerechter Sommerurlaub, bei dem das Fischen eigentlich nur eine untergeordnete Rolle spielte und trotzdem sehr erfolgreich war. Bei konzentrierter Angelei und größerem Zeiteinsatz, wären leicht Fänge möglich gewesen, die die Kühltruhe von Lars in Verlegenheit gebracht hätte. Aber ich bin schließlich nicht im Fischimport tätig und freue mich darauf, auch in ein paar Jahren noch gute Fischbestände vorzufinden…