Fangberichte Going wild – Kanuurlaub in Nordschweden (II)
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Ein kurzes Anfangsgeplänkel bevor es los geht: Nach der Tour auf dem Hornavan im vergangenen Jahr wollten wir uns eine Route suchen, welche uns dieses Jahr noch etwas mehr fordert (nicht dass es nicht anstrengend gewesen wäre..), und vor Allem landschaftlich etwas mehr Abwechslung bietet. So entschieden wir uns für eine ca. 140km lange Tour beginnend in Nikkaluokta am Fuß des Kebnekaise (dem mit ca. 2100m höchsten Berg Schwedens) und endend in Lappaesuando, einem kleinen Nest am Ufer des Kalix. Unsere Tour bestand also aus mehreren Gewässern, darunter 4 Bergseen und verschiedenen Flussabschnitten. Dafür hatten wir 15 Tage Zeit. Das ist viel, man kann die Tour sicher auch in der Hälfte der Zeit schaffen, hat dann aber keine Zeit zum Angeln. Da hatten wir lieber mehr Puffer. Gut ein halbes Jahr habern wir uns auf die Tour vorbereitet, darunter unzählige Stunden am PC verbracht (Google Maps ist da Gold wert) und letztendlich unser Kanu bei Sven von Kanotcentral Norr reserviert. Super cooler netter Typ. Im Gegensatz zur letzten Reise hatten wir einiges mehr an eigenem Equipment dabei. Neues Zelt, gute Schlafsäcke und Isomatten und vernünftige Kleidung sollte dafür sorgen dass wir da oben keine großen Probleme kriegen. Man befindet sich ja schließlich 200km oberhalb des Polarkreises, am letzten Zipfel der europäischen Zivilisation. Da muss alles stimmen.
Tag 1
Wecker klingelt früh um 4. Völlig übermüdet kriechen Vincent und ich aus dem Bett. Der Abend zuvor ist durch Packerei, Koffer wiegen und Vorbereitungen etwas eskaliert (Danke an meinen Nachbarn der uns selbstlos seine Waage geliehen hat), so dass wir schon ziemlich fertig waren bevor das ganze überhaupt los ging. Aber gut. Wir hatten Bock. Unsere ca. 60kg Gepäck, verteilt auf zwei Rucksäcke und zwei Packsäcke (keine Koffer mit schönen Rollen..) lagen schon echt schwer in den Händen als wir irgendwann in Berlin Tegel ankamen. Ich machs kurz: Gegen 14 Uhr trudelten wir mit dem Flieger in Kiruna ein, alles lief glatt. Draußen stand ein weißer Volvo mit grünem Kanu auf dem Dach, der uns ans kleine Ende der Welt bringen sollte. Sven; ein alter Schwede der sein ganzes Leben hier verbracht hat; erklärte uns noch einige Besonderheiten der Gegend, warnte uns vor den Stromschnellen im Kalix und überreichte und unser Kartenmaterial. Ich machte erstmal große Augen als ich den Papierstapel sah, eine handgezeichnete (!) Karte der Strecke von 1975, dazu auf schwedisch. Glücklicherweise habe ich so viele Nächte mit Google Maps verbracht, dass ich die Strecke fast schon auswendig kannte. Wir fuhren noch etwas Nahrung und die Angellizenzen kaufen. Wir haben nun beide eine Jahreskarte für die Gegend, die war billiger als zwei Wochenkarten.
Irgendwann gegen 17 Uhr kamen wir dann in Nikkaluokta an, Sven verabschiedete uns und da standen wir nun. Ganz Allein mit gut 30kg Essen und einem grünen Plastikkahn, mitten im schwedischen Nichts. Bei strahlendem Sonnenschein. Nach einer kleinen Packeskapade mit dem Kanu ging es dann auch direkt los auf den Vistasälven. Einen Gebirgsfluss mit typisch blau milchigem Schmelzwasser, kaum wärmer als 4 Grad.
Der Fluss sollte für uns stromauf ca. 10km befahrbar sein, dann würde die Strömung zu stark werden und wir müssten umkehren. Der Vistasälven führt durch ein Tal, welches ein einziges Labyrinth aus Flussarmen und kleinen Seen ist. Bereits nach etwa einer Stunde Paddelei entschieden wir uns in einem Nebenarm für eine kleine Angelpause. Das Wasser des Vistas ist echt verdammt kalt, die Nebenarme und Seen sind aber ziemlich flach und somit auch deutlich wärmer. Der Wind bließ ziemlich kräftig, das ist auf einem Kanu immer recht ungünstig, da man ungefähr so standhaft ist wie eine alte A-Klasse beim Elchtest. Zumindest hält man sich so recht schwer auf der Stelle. Für mich gabs dann doch recht fix den ersten kleinen Pike der Tour; erleichternd, da wir letztes Jahr erstmal 2 Tage nichts gefangen haben.
Der Fluss führte uns weiter durch eine wirklich wahnsinnige Landschaft, und das bei bestem Wetter! 20 Grad und pralle Sonne am Polarkreis, Angeln und sich dabei den Rücken bräunen lassen. Unglaublich.
Der See sah mit seinen vielen flachen Buchten und Krautfahnen einfach unglaublich aus. Da rutscht jedem Hechtangler das Herz in die Hose! Stickbait dran und ab gehts.. Es dauerte nicht lange bis die ersten zwei kleineren Pikes sich das komische ploppende Teil von der Oberfläche einschlürften.
Vince legte dann mit einem richtig ordentlichen Fisch auf Stickbait dann schonmal gut vor!
Dann passierte lange erstmal nicht wirklich viel. Der See war wirklich groß, wir fuhren eine ganze Runde und fanden keinen Weg mehr heraus. Da der Fluss mit ordentlich Strömung in den See mündete musste er auch irgendwo wieder raus kommen. Wir fanden den Ausgang lange nicht, auch nicht als wir auf einen kleinen Hügel stiegen um einen Überblick über die Gegend zu bekommen. Na klasse. Im hinteren Teil des Sees war das Wasser auch derart flach und warm, dass sich nichtmal die Hechte dort hin verirrt haben. Irgendwann fanden wir den Ausgang dann in der Nähe der Mündung des Flusses, etwas versteckt in einer kleinen Bucht. Endlich weiter!
Irgendwann wurde es dann spät und die Sonne verschwand hinter dem mächtigen Bergkamm. Wir suchten uns ein Lager an einem kleinen See im Schatten des Berges. Innerhalb von einer Stunde fiel die Temperatur sicher um 15 bis 20 Grad, wo wir eben noch oberkörperfrei durch die Sonne gepaddelt sind, froren wir nun in Merinounterwäsche und Fleecejacke. Es war sicher kaum wärmer als 3 oder 4 Grad und damit die kälteste Nacht unseres Urlaubs.
Tag 2
Früh am Morgen war ich der erste der aus dem Zelt kroch. Während es letzte Nacht fast gefroren hatte, komme ich mir in meinen Merinosachen und meinem Schlafsack nun vor wie in einer finnischen Dampfsauna. Die Sonne knallt erbarmungslos vom Himmel, direkt auf unser Zelt. Und das früh um 5!
Ich fackelte nicht lange und zog mir kurze Sachen an. Schnappte mir die Rute und dümpelte mit unserem Kahn über den kleinen See, während Vince noch schlief. In dem kaum knietiefen Wasser fing ich in etwa einer Stunde 6 kleinere Hechte auf meinen Softjerk. Geile Angelei, Bisse auf Sicht und das mit einer ungeheuren Aggressivität. Manche Hechte verlor ich im Drill kurz vorm Boot, bevor sie zwei Sekunden später nochmal auf den Köder knallten. Unglaublich wie die Kerle da oben drauf sind. Irgendwann wurde mein Kumpel im Zelt dann auch wach und wir gönnten uns erstmal eine dicke Portion Müsli mit Trockenfrüchten, Nüssen und Vollmilchpulver. Genau die richtige Mahlzeit für so eine Tour. Lange hielten wir uns nicht mehr an dem See auf, so dass wir unseren Weg hoch ins Gebirge fortsetzten. Krass was die Sonne hier für eine Kraft hat, wir hatten total vergessen wo wir uns überhaupt hier befinden.
Der Fluss war spiegelglatt, es ging deutlich schneller voran als den Tag davor. Immer wieder splittete sich der Fluss in einige kleine Nebenarme auf, welche häufig mit einem See verbunden waren. Die kleinen Einbuchtungen konnte man schnell übersehen, waren aber wie gemacht für unser Kanu. Kleine geheime Wege als direkter Weg zu unseren Traumspots. Zu flach für jedes Motorboot. Auf einer Sandbank direkt an einem dieser Zuflüsse entschieden wir uns zu baden. Es war echt super warm und man will ja auch nicht stinken. Da kann man das gute Wetter auch mal nutzen.
Das Bad war aber schnell vorbei. Das ganze fühlte sich eher an als würde man sich in ein angetautes Calippo legen und danach über ein Nagelbett laufen. War trotzdem super. Wir fuhren anschließend noch etwas flussauf und hoben uns ein paar Nebenarme für den Rückweg auf. Das große Massiv auf der linken Seite des Tals hatte schon lange meine Aufmerksamkeit gewonnen und auch Vince fand die Idee ganz cool mal da oben auf einem Berg zu stehen. Zumal die Hänge mit riesigen Schneefeldern und kleinen Wasserfällen geschmückt waren. Wir kannten die Bergsteigerei ja schon vom letzten Urlaub, da hatte uns das Gelände für den 700m Hügel schon ordentlich gefordert. In einer absolut mückenverseuchten Bucht strandeten wir unser Kanu visierten die mächtige Felswand vor uns an. Krasser Anstieg, hier und da ein Wasserfall, Baumgrenze, Gras, Geröll, Schnee. Wir überlegten noch ob wir vorher Mittag essen oder erst hoch gehen und uns das Mittag verdienen. Natürlich entschieden wir uns vor lauter sportlichem Ehrgeiz für Option Nummer zwei. In zwei Stunden wären wir ja sicher zurück. Uns so gings los, im Gepäck hatte ich nichts weiter als die Fleecejacke, eine halbe Tafel Schoki und die Wasserflasche. Vince nahm seine Flasche einfach in die Hand und band sich sein Hemd um die Hüfte. Jeder der schonmal sowas ähnliches gemacht hat, kann ahnen wo die Reise hin ging..
Vorweg: Vince und ich studieren beide Sport und sind definitiv keine Stubenhocker. Wir sind zwar nicht die Gebrüder Messner, aber ich würde uns schon eine ordentliche Kondi zusagen.
Die ersten zwei Kilometer schlängelten wir uns erstmal durch das Unterholz, bis wir den Gebirgsbach erreichten. War anstrengend, aber doch etwas besser zu laufen als beim letzten mal. In einem alten ausgetrockneten Flussbett kamen wir gut voran. Der Weg änderte sich aber irgendwann schlagartig als wir den Bach erreichten. Aus dem ebenen Anstieg wurde ein schroffer felsiger Untergrund mit großen Vorsprüngen, kleinen Felswänden und losen Steinen. Anfangs machte es noch richtig Spaß über die Felsen zu klettern, irgendwann wurde es aber echt richtig anstrengend, und da war der Wasserfall auf halber höhe des Berges noch nichtmal zu sehen. Jedenfalls hatten wir keine Probleme uns mit frischem Wasser zu versorgen. Nach einer gut 10m hohen senkrechten Felswand brauchten wir erstmal eine kleine Verschnaufpause. Unsere amateurhaften Boulderskills raubten doch einiges an Kraft und bereits jetzt war das irgendwie eine aussichtslose Sache. Nur mit einem Müsli im Bauch rennt man eben keine Berge hoch, schon gar nicht ohne Weg und erst recht nicht in Nordschweden. Naja, wir waren einmal hier und jetzt kam der Ehrgeiz. Irgendwann war die Baumgrenze erreicht, aus Büschen wurde Gras, aus Gras wurde Moos und aus Moos wurde Geröll. Und aus Geröll wurden richtig fiese große Steine mit super scharfkantigen Ecken. Es war echt ein Trauerspiel. 100m Weg, 3min Pause. Waden und Oberschenkel meldeten schon nach halber Strecke absoluten Notstand und so nutzten wir die Wegpausen doch recht reichlich um uns mal etwas Flüssigkeit und ein halbes Stück Schokolade zu gönnen. Aber da wollten wir hoch. Die Hände in den Schnee tauchen und Gletscherwasser trinken.
Ich hab schon einige körperliche Anstrengungen hinter mir, aber das war wirklich der absolute Killer. Wanderschuhe sind auch einfach keine Bergschuhe die einem in dem Gelände einen ungeschickten tritt verzeihen. Es war ein absoluter Ritt an der Grenze von Kondition und Konzentration als wir endlich das Schneefeld erreichten, unsere Hände in den Schnee tunkten und rum hampelten wie zwei Schimpansen die das erste mal in ihrem Leben Schnee sahen.
Aber hey, wir waren ja noch nicht oben. War noch ein ganzes Stück bis zum Gipfel den ich unbedingt erreichen wollte. Die Felsen wurden immer schlimmer, das geborstene Granit schnitt sich teilweise recht ordentlich in die Gummisohlen unserer Wanderschuhe. Die letzten Meter war noch einmal eine wirkliche Kletterei, aber unsere Kräfte waren wieder da, wir wollten da hoch, wir hatten einfach Bock drauf! Und dann wars auch so weit, wir genossen den besten Ausblick den man wohl haben kann. Das Tal mit dem Vistasälven unter uns, rechts die Seen die wir noch befahren werden und hinter uns eine riesige Geröllfläche und der Kebnekaise, der mit seiner Schneekuppe höher als alle anderen war. Aber dann irgendwie doch nicht so viel höher als wir gerade waren.
Wir verweilten noch etwa eine halbe Stunde, machten Bilder und freuten uns wie kleine Kinder unseren Berg erklommen zu haben. Da es im Süden ordentlich regnete und es auf dem Gipfel auch richtig kalt und windig war, beschlossen wir zügig wieder abzusteigen. Dabei war der Abstieg nicht unbedingt leichter als der Aufstieg, das Gehüpfe von Fels zu Fels verlangte einiges an Konzentration. Ein falscher Tritt und der Fuß ist gebrochen. Und hier oben kommt keine Hilfe. Unsere Handys hatten wir blöderweise am Kanu gelassen. Mit mächtig Respekt liefen wir den großen Geröllhang hinunter, immer wieder lösten sich große Steine, wir fielen auf den Hintern, stolperten, fingen uns ab. Alles ok. Bergab machten wir mindestens genau so viele Pausen. Der Körper verlangt nach Brennstoff, die Tafel Schokolade war schon lange leer und der Abstieg würde auch noch lange dauern. Allerdings konnten wir nun das Tal des Vistasälven in seiner vollen Pracht sehen.
Zum Glück kam irgendwann das Moos und Gras wieder, auf dem wir so viel schneller voran kamen. Der Hang wurde noch einmal richtig steil, bestimmt 50 Grad Gefälle. Das langsame Absteigen tat irgendwann mächtig an den Füßen weh, und so rannten wir den Hang irgendwann einfach im ZickZack runter. Das hat Spaß gemacht und schnell kamen wir so auch voran. Irgendwann waren wir dann unten, fix und alle. 6 Stunden hatte unsere Tour gedauert. 1400 Höhenmeter. That’s life!
Unser Kanu war auch nach dieser langen Tour nicht unbedingt der einladendste Ort für eine Mittagspause. Die Mücken in der Bucht waren unglaublich aufdringlich, so dass man keine Minute ruhig sitzen konnte. Auf dem Weg bergab sahen wir aus einiger Entfernung einen kleinen See mit augenscheinlich glasklarem Wasser, kaum 200m von unserem Boot entfernt. Wir waren kaum 5 Minuten am Boot nach unserer Tortur als wir unsere Ruten schnappten und zum Tümpel trotteten. Man muss schon ordentlich einen an der Leitung haben um nach einer 6 stündigen Bergtour sofort ans Fischen zu denken. Statt glasklarem Wasser mit Kiloforellen erwartete uns aber ein völlig zu gekrauteter Moortümpel, dem wir auch schleunigst wieder den Rücken kehrten. Wir sattelten unser grünes Plastikross und fuhren weiter auf dem See, weg von den Mücken. So richtig überzeugte uns der Tümpel aber nicht, so dass wir sicher noch gute 3km flussaufwärts auf dem Vistasälven zurück legten, bis wir auf einer Insel eines größeren Sees unser Lager aufschlugen und uns endlich die verdienten Nudeln mit Pesto in den Bauch stopften. Jetzt wo ich mir dieses ganze Szenario so vor Augen führe, komme ich zu der Erkenntnis, dass wir wohl wirklich richtig einen am laufen haben müssen. Da sich das Wetter wieder von seiner besten Seite zeigte, und es sich nach Sonnenuntergang auch nicht merklich abkühlte, beschlossen wir direkt unter dem freien Himmel zu schlafen. Wir waren einfach zu kaputt um das Zelt auf zu bauen. Die Idee verwarfen wir nach gut fünf Minuten. In Lappland schläft man eben nicht unter freiem Himmel, es sei denn man will sich freiwillig den Mücken opfern.
Also bauten wir das Zelt doch auf. Bevor wir uns schlafen legten, wollten wir den See aber noch einmal kurz abchecken. Dafür reichte unsere Kraft dann doch noch. Bald bekam ich einen ersten Biss auf Stickbait, welcher irgendwie gar nicht so richtig nach Hecht aussah. Vince starrte mit großen Augen ins Wasser und sichtete einen fetten Barsch, der im flachen seine Bahnen zog. Ganz oldschool fing ich den Kollegen dann mit einem 3er Mepps. Der Spinner war hier oben einfach eine super sichere Nummer.
Richtig gut, die dicken Barsche hatten wir hier oben nicht so recht auf dem Schirm. Nach ein paar Pikes konnte auch Vincent einen ordentlichen Punk an der Oberfläche fangen.
Die Durchschnittsgröße der Barsche hier ist schon echt enorm. Dafür fingen wir sie wirklich nur recht vereinzelt. Zufrieden krochen wir dann in unser Zelt. Kurz bevor ich einschlief hörte ich ein verdächtiges Grummeln aus der Ferne. Sofort schalteten alle Alarmglocken in mir auf Dauerton, wie dämlich wir doch waren und unser Zelt mitten auf einer Anhöhe auf einer Insel im See stand, während der nordische Sommer ja auch gut für seine Gewitter bekannt ist. Ich schob kurz etwas Hektik und so warfen wir das Zelt samt Isomatten und Schlafsäcke auf das Kanu und paddelten mit vollem Tempo über den See, um an einem uns bekannten See etwas fluss ab auf einer Sandbank zu nächtigen. Wir hatten Glück, das Gewitter zog vorbei und wir blieben trocken. Aber sicher ist sicher. Ab dem Zeitpunkt achteten wir genau auf die Gewittertauglichkeit unseres Lagers.
Tag 3
Unsere Lagerstelle der letzten Nacht war wirklich ein Traumspot. Direkt an einem flachen See voller absolut krank beißwilliger Hechte. Keine Riesen. Aber Bisse die man wohl nur in Lappland so bekommt. Teilweise hatte ich Nachläufer von zwei Hechten gleichzeitig auf meinen Stickbait! Wir fingen einige Fische, Vincent verlor einen guten Barsch im Drill und hatten den See auch recht fix durch. Also gings weiter. Das Wetter war traumhaft und so badeten wir noch vorm Frühstück.
Wir entschieden uns nicht weiter gegen die Strömung zu paddeln und den Vistasälven zu verlassen, um unsere Tour über die Seen weiter fortzusetzen. Auf dem Weg dort hin überraschte uns jedoch ein recht ordentlicher Regenguss, der sich später in ein kräftiges Gewitter verwandelte. Da unser Zelt und unsere Sachen beim Aufbau total durchnässt geworden wären, baute ich kurzerhand ein kleines Tarp aus der Bauplane, die wir als Zeltunterlage dabei hatten. Wir schauten schon etwas blöd aus der Wäsche, als wir unter dieser löchrigen grünen Plastikplane im Platzregen kauerten. Das ganze schien in naher Zukunft auch nicht auf zu hören, und unser improvisiertes Dach stieß recht schnell an seine Grenzen. In einer kurzen Regenpause bauten wir fix unser Zelt auf, legten uns mit nassen Sachen auf den Zeltboden und fröstelten so lange bis der Regen endlich aufhörte. In solchen Situationen muss man einfach mal improvisieren und durch halten. Gibt schlimmeres.
Irgendwann hörte der Regen aber auch auf. Kaum kam die Sonne raus, war es wieder warm und schön. Wir nutzten die Sonnenstrahlen und trockneten unsere nassen Sachen und beluden unser Boot. Diese schnellen Wetterwechsel sind absolut typisch für diese Regionen, auch bei bestem Kaiserwetter hatte es sich immer bezahlt gemacht die Regenjacken im Gepäck zu haben.
So nutzten wir die Gelegenheit und folgten dem Fluss stromabwärts. Wir verabschiedeten uns vom Gebirge und den zahlreichen kleinen Seen und Flussarmen, als wir irgendwann auf dem ersten der vier Seen ankamen.
Das Wasser war noch deutlich angetrübt durch das Schmelzwasser des Vistasälven. Selbst 500m hinter der Mündung des Flusses war das Wasser derart flach, dass wir mit unseren Paddeln regelmäßig den Sand berührten. Wahnsinn was der Gebirgsfluss an Sediment mit sich trägt. Das große Sandplateau wurde irgendwann von einer deutlich sichtbaren Kante unterbrochen, auf die endlich deutlich klareres Wasser folgte. Natürlich warteten wir nicht lange und fingen an zu fischen. Natürlich fingen wir innerhalb von 10min zwei gute Hechte. Natürlich passierte dann auch eine Stunde nichts mehr.
Erst als wir an unserem angepeiltem Lagerplatz ankamen und ich den geschleppten Wobbler zügig einholte, knallte mir noch ein guter Pike auf den Wobbler. Der Fisch hing jedoch derart blöd, dass wir uns entschlossen haben an diesem Abend einmal Fisch zu essen. Also bereitete ich die Filets zu einer deftigen, gut scharfen Fischpfanne mit Sahne, Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer zu. Ich glaube so satt wie an diesem Abend waren wir selten zuvor.
Der Tag verabschiedete sich dann mit dem schönsten Sonnenuntergang den wir auf dieser Tour erleben durften. Wahnsinn wie gut das aussah, wahrscheinlich hielt dieses Schauspiel so gut wie die ganze Nacht an. Es wird ja schließlich nicht wirklich dunkel.
PS: verzeiht dass ich so wenig Fischbilder der ersten Tage habe. Die Landschaft entschädigt hoffentlich dafür. Ich gelobe Besserung! Wer jedoch immer mal ein paar Bilder und auch (krasse) Bissvideos aus dem Urlaub sehen will, der kann gerne mal bei https://www.instagram.com/hooksandfish/ vorbei schauen. Eine andere Möglichkeit fällt mir gerade nicht ein um euch die bewegten Aufnahmen zu zeigen.
Tag 4
Immer kleiner wurden die Berge, als wir unsere Tour über den ersten Bergsee fortsetzten. Das Wasser des Sees war klar und sauber, generell konnten wir jederzeit das Wasser aus den Gewässern trinken. Dabei sollte man aber gesunden Menschenverstand walten lassen und seine Flasche nicht gerade in einer flachen Bucht mit lauwarmem Wasser füllen. Leider gab es davon auf unserer Tour über den See sehr viele. Generell war das Wasser sehr flach, nur in der Mitte schien eine tiefere Rinne zu verlaufen. Der Großteil des riesigen Sees war nicht tiefer als zwei Meter, wobei der Boden größtenteils von kargen Sand- und Steinflächen geprägt war. Wenig Struktur für dicke Fische, dazu noch strahlender Sonnenschein und Malle-Temperaturen über viele Wochen. Das schlägt auch den flossigen Bewohnern auf den Magen und so fingen wir im Seeabschnitt relativ schlecht. Den ein oder anderen Hecht konnten wir dennoch überlisten.
Doch bei den Pikes sollte es nicht bleiben. Wir wussten von riesigen Äschen in den Gewässern und Vince gelang es als erstes eine ordentliche Fahnenträgerin in einer flachen Bucht zu erwischen. Worauf? 2er Mepps natürlich..
Wir fingen dann tatsächlich immer mal wieder eine Äsche in den flachen Abschnitten, und entschieden uns auch mal einen Fisch mit zu nehmen. Schließlich wollten wir schon letztes Jahr am Hornavan mal eine Äsche essen, was uns damals aber nicht gelungen ist. Und Fisch stand eh auf der Speisekarte! (Von daher entschuldigt wenn hier ab und an ein Bild von einem toten Fisch erscheint, auf solch einer Tour gehört es einfach dazu und ist teilweise unumgänglich. Sollte das daneben sein, sagt Bescheid.) Was soll ich sagen, die Äsche hat sich schnell zu einem meiner Lieblingsspeisefische gemausert! Da kann keine Tiefkühlforelle mithalten.
Wobei man ehrlich sagen muss, dass die Äschen hier oben eine fast unverschämte Durchschnittsgröße haben. 45+ Fische waren eher Durchschnitt als eine Seltenheit!
Die ganze Paddelei ist allerdings auch recht anstrengend, und so wurden im Laufe des Tages die Pausen länger und die Wege kürzer, bis wir irgendwann einen ganz schönen Lagerplatz an einem kleinen Sandstrand gefunden hatten. Ich hatte bereits am Mittag ordentlich Teig für Stockbrot vorbereitet und so dauerte es nicht lange bis die Teigfladen über dem knisternden Lagerfeuer brutzelten.. Besonders empfehlenswert ist übrigens das fertige Brot ins Wasser zu tunken und mit Rohrzucker zu berieseln, um ihm dann über dem Feuer eine schöne Karamellkruste zu verpassen!
Tag 5
Bereits früh um 6 kroch ich aus dem Zelt. Kaum auszuhalten, in der prallen Morgensonne erreicht das Zelt schnell das Feeling einer übel riechenden Dampfsauna, nicht selten kroch ich völlig durch geschwitzt aus dem Schlafsack und sprang direkt erstmal ins Wasser um mich abzukühlen. Früh um 6! 200km nördlich vom Polarkreis! Was’n hier los. Naja, irgendwie auch besser als der Regen und die 5 Grad Tagestemperatur vom letzten mal, mit mangelnder Körperhygiene sollten wir zumindest diesmal keine Probleme bekommen.
Heute wollten wir den großen See endlich verlassen und uns das kleine Flussstück vornehmen, welches die ersten beiden Bergseen verbindet. Der See wurde immer schmaler, irgendwann tauchten wieder die ersten einzelnen Krautfahnen auf und wurden zu einem einzigen Krautteppich aus smaragdgrün schimmerndem Dschungel, bedeckt von glasklarem Wasser aus den Bergen. Ein Bild wie aus dem Katalog, wir trauten uns fast nicht hier zu angeln so schön sah es aus. Und mitten drin schlängelte sich eine gewaltige schwarze Rinne wie ein Canyon durch das saftige Grün, mindestens 8m tief. Und randvoll mit Fisch!
Ich montierte erstmal einen fetten Gummi um die Tiefe abzuchecken, ließ das wackelnde Ding zum Grund und wollte es gerade hoch kurbeln. Denkste. Direkt vom Grund muss sich irgend ein fetter Strömungshecht das taumelnde Plastik geschnappt haben, neben ordentlich Gewicht in der Rute gab es auch einige derbe Kopfstöße die mich aus meinem No-Fisch-Trauma der letzten Stunden rüttelten. Ich hab den Fisch nicht gesehen, da er wieder fix ausgestiegen ist, doch das war definitiv keiner der 70er Pikes die wir vorher gefangen hatten. Egal, kann man nicht ändern und Fisch ist mehr als genug da. Kurz darauf pflückten wir die ersten dicken Äschen aus dem Graben, brutal wie die Viecher selbst auf den 18g Spinmad ballern, in der Strömung schlägt das ein wie eine gute Kiezschelle!
Meine Lieblingsfische sind diese Äschen allerdings nicht geworden. Die Dinger sind wirklich unmöglich zu halten und zappeln mit Vorliebe beim Foto machen und Haken lösen. Irgendwann entschieden wir uns für einen Mix aus Baden und Angeln, standen in Unterhose im Wasser und fingen eine dicke Äsche nach der anderen. So gut, dass wir uns fragten ob man hier überhaupt angeln dürfe. Durften wir. Nach einer riesen Portion Rührei mit Reiscrackern und Stockfisch machten wir noch einmal richtig ordentlich Strecke und überquerten auch den zweiten, kleineren Bergsee. Hier gab es aber so gut wie keinen Fisch für uns, auch hier war das Wasser flach, warm und strukturlos.
Doch auch der See hatte bald ein Ende und einzelne Krautfahnen kündigten bereits den nächsten Flussabschnitt an. Schon bald fingen wir die ersten Hechte in den Krautfahnen auf Softjerks. Für uns war jetzt völlig klar: Der Fluss bringt Fisch! Als wir über ein ausgedehntes Krautfeld trieben, bekam Vince einen richtig guten Biss auf seinen weißen Softjerk. Wie das aber mit den großen Offsethaken so ist, hing der Fisch auch nach 4 weiteren Fehlattacken nicht. Erst beim fünften Versuch hing der fette 90er am 7/0er Greifer. Fetter Fisch! Wir jubelten und freuten uns wie kleine Kinder über den dicken Pike.
Anscheinend blieb unser Erfolg nicht ganz unbemerkt; ein alter Schwede trottete mit Rute und Köderbox zu seinem Motorboot und grüßte uns. Rund um die Flussverbindungen waren immer mal wieder ein paar kleine Siedlungen und Häuser. „Go over there, there are real crocodiles!“ rief er uns zu und deutete mit einer ausladenden Handbewegung in eine super Flache kleine Bucht neben seinem Steg, die laut seinem wilden Gestikulieren wohl nur 1,20m+ Hechte beherbergen würde. Wir nahmen die Einladung dankend an, allerdings konnte ich außer ein paar Bissen im knietiefen Wasser keinen Flossenträger für meinen Softjerk begeistern. Die Pikes hatten dann irgendwann keinen Bock mehr, nur die Äschen ließen sich noch weiterhin recht zuverlässig auf die tief laufenden Jigspinner fangen.
Das war wirklich ein enorm fischreicher Tag, Wahnsinn wenn man so etwas erleben darf! Wer würde nicht gerne die Fische seines Lebens hinter solch einem Panorama fangen?
Tag 6
Wir verließen den strömenden Flussabschnitt und paddelten über den dritten Bergsee. Mittlerweile war uns bewusst, dass sich die Fische vorwiegend an den Bereichen mit Flussanbindung fangen ließen, und so verweilten wir noch etwas an der strömenden Verbindung. Hier gab es auch Unmengen an Kraut, welches bei unserem Weg über den See wieder völlig verschwinden sollte. Unter den herrschenden Bedingungen hätte man in Deutschland wohl niemals einen einzigen Hecht aus den Krautfahnen gelockt. 25 Grad, ballernde Sonne, Windstille. Wir hatten ordentlich zu tun, dass wir keinen fetten Sonnenbrand bekommen, und so versuchten wir uns mit nasser Mütze, 50+ Sonnenschutz, T-Shirt, Buff und Handtuch zu schützen. Half irgendwie alles nichts, eine ungesunde Bräune nahmen wir beide aus dem Urlaub mit. Auch die Fische bissen recht verhalten während des heißen Wetters. In dem großen Flachwasserbereich konnten wir dennoch ein paar schöne Hechte fangen.
Allerdings nutzten wir das gute Wetter dann doch lieber ausgiebig zum Baden und Essen. Den Abwasch überließen wir dann den Unmengen von Kleinfischen..
Wir waren ganz froh als wir den See überquert hatten. So richtig war die Seenpaddelei doch nichts für uns. Die Flussabschnitte waren einfach spannender und Abwechslungsreicher; und so freuten wir uns auf den nächsten Flussabschnitt der kommen sollte. Laut unserer alten Karte ein riesiges Labyrinth aus Flussarmen und kleinen Seeabschnitten. Trotz eigentlich perfekter Bedingungen taten wir uns schwer eine der Äschen zu fangen. Nur eine einzige verirrte sich diesen Tag an Vince seinen Spinner. Umso mehr nutzten wir die Gelegenheit um uns im kühlen Flusswasser zu erfrischen. Vincent rutschte dabei einmal blöd auf einem Stein aus und holte sich einen miesen Cut am Oberschenkel. Dank Pflaster und Verbandszeug war das aber zum Glück kein großes Drama.
Auf unserer (handgezeichneten) Karte entdeckten wir eine Flussroute über mehrere kleine Seen, die wir unbedingt fahren wollten. Leider schien die Karte nicht besonders genau zu sein, so dass wir zwei Stromschnellen zu viel passierten und unsere Einfahrt verpasst hatten. Wir wollten aber unbedingt dahin. Ich zog also das voll beladene Kanu gut 300m gegen die Strömung, während Vince mit seinem blutenden Bein hinterher trottete. Na wenn das sich mal nicht lohnen würde..
Als wir den Flussabschnitt erreichten fing es auch bereits an zu dämmern. Ruhig und Breit schlängelte sich der Flusslauf hier durch die Landschaft. Große Krautfahnen durchbrachen die Oberfläche, und ausgedehnte Flachwasserzonen sorgten für Abwechslung. Wieder mal ein Spot wie aus dem Lehrbuch!
Ab hier ging es Schlag auf Schlag. Schnell fing ich den ersten Hecht auf Softjerk (ich hatte einen wirklich enormen Verschleiß an Softjerks in diesem Urlaub, so dass ich selbst meine beiden Shaker zerschneiden musste). Später dann einen richtig guten Barsch am Kraut. Und auch Vince erwischte einen fetten Gestreiften.
Dazu kamen noch unzählige Hechtbisse. Einmal verfolgte ein etwa 70er Hecht einen von mir gedrillten 50er Artgenossen, schoss immer wieder auf den kleineren Fisch. Dabei hätte er den nie fressen können. Vince fing ihn dann auch direkt auf Spinnerbait. Wir ließen uns von der Strömung treiben und konnten so gut alles abfischen. Im glasklaren Wasser direkt unter unserem Boot sah ich auf einmal einen riesen Torpedo, grüne Punkte, lang gestreckt und ein Kopf so groß wie eine Dose Pringles. Ein wirklich verdammt fetter Hecht stand da genau unter unserem Boot. Sicher 1m+, sicher noch größer. Als ich ihn anwerfen wollte verschwand er mit einem kräftigen Flossenschlag im grünen Nichts. Auch ausdauerndes Werfen an dieser Stelle sollte ihn nicht überzeugen. Nun gut. Wir konnten uns nicht beklagen. Schließlich gab es an dem Tag noch einiges an Fisch. Müde und zufrieden fielen wir abends auf unsere Isomatten und träumten noch immer vom dicken Meterhecht..
Tag 7
Ich stöbere gerade so durch die ganzen Bilder und versuche diesen Tag zu rekonstruieren, was mir zugegebenermaßen ziemlich schwer fällt. Ich hab einfach kaum Bilder von diesem Tag. Vince schien jedenfalls einen schönen Barsch gefangen zu haben. Zu dem Bild hab ich leider diesmal keine Story im Kopf.
Was ich aber noch weiß:
An diesem Tag wollten wir den letzten See überqueren. Im Gegensatz zu den letzten Tagen blies der Wind mit voller Kraft von vorn in unsere Gesichter, die Wellen waren nicht unerheblich groß und weiße Schaumkronen die gegen unser Kanu schlugen bremsten unsere Fahrt auf das Schritttempo meiner Oma beim Einkaufen. Jedenfalls kamen wir kaum voran und jede kleine Pause trieb uns wieder zurück. Ätzend. Wir spekulierten kurz woher der Wind kam und überlegten auf welcher Seite des Sees wir wohl fahren sollten. Vince schlug vor den See zu kreuzen (wo wir eigentlich her kamen) und vermutete Windschatten auf der anderen Uferseite, während ich darauf beharrte an der linken Uferseite zu paddeln, da das der kürzere Weg zu sein schien. Wir waren irgendwie ziemlich bedient von der ganzen Situation, und als der augenscheinliche Ausgang des Sees nur eine große Bucht war, mussten wir den Tümpel doch noch kreuzen. Hatte Vince wohl doch irgendwie recht. Wir paddelten auf Hochtouren über die gesamte Breite des Sees, nach einer guten halben Stunde kapitulierten irgendwann Arme und Schultern, so dass wir eine Pause auf einer Insel einlegten. In einer ausgiebigen Kochsession kam dann auch ein sehr schmackhaftes Gemüsecurry mit Reis heraus, was uns neue Kraft gab.
Nach einem kurzen Nickerchen sattelten wir die Pferde (ok, wir beluden das Kanu..) und paddelten weiter. Wir angelten die ganze Zeit nicht, erst als wir am Ende des Sees angelangt waren, begannen wir zu fischen. Ich habe leider von diesem Abend kein einziges Angelbild, dafür aber haufenweise Videos von Livebissen an der Oberfläche. Die große Bucht war gesäumt von Wasserpflanzen, großen Steinen und einer ganzen Menge Fisch. Wir fingen zwar größtenteils recht kleine Hechte, allerdings bissen diese teilweise in einer unglaublichen Aggressivität auf unsere Stickbaits. Neben den Pikes bekamen wir auch einmal einen richtigen Barschtrümmer zu Gesicht, der einen 70er Hecht im Drill verfolgte. Allein dieses Verhalten ist so anders als das was ich von den heimischen Barschen gewohnt bin. Leider brach mir an diesem Abend meine schwere Globetrotter, so dass ich nur noch die leichte Rute übrig hatte.. Ich hab anscheinend einfach kein Glück mit den Reiseruten, Vince hat seine schließlich schon seit Jahren. Naja, jetzt im Fluss würde ich die schwere Rute eh nicht brauchen, und auf Hecht kann ich auch mit der „leichten“ ganz gut fischen.
Direkt am Beginn des Flusses schlugen wir unser Lager auf und aßen noch eine dicke Reispfanne aus den Resten vom Mittag. Allerdings ließen wir uns noch die Option offen, am nächsten Tag eine große Bucht gegenüber unseres Lagers zu befischen.
Tag 8
Bevor wir unsere Sachen packten und unsere Tour auf dem Fluss fortsetzten wollten wir die große Bucht gegenüber unseres Lagers erkunden. Das Wasser war hier deutlich tiefer als in den Seenabschnitten, nur vereinzelt durchbrachen große Krautfelder die Wasseroberfläche in Ufernähe. Lange Krautfahnen schlängelten sich durchs Freiwasser zur Oberfläche und schienen der optimale Platz für ein paar zahnige geschuppte Mädels zu sein.
Lange dauerte es auch nicht bis ich den ersten Biss eines guten Fisches auf meinen Softjerk bekam. Leider blieb der Fisch nicht hängen. Mehrmals schoss der gute Mittachziger auf den Gummi, blieb aber nie hängen. So ging es mir oft an diesem Tag, den großen Offset konnte ich mit der leichteren Rute nur schwer durch bringen, allerdings hatte ich auch einen Heidenspaß an den aggressiven Bissen auf Sicht. Vince fischte hingegen mit seinem geliebten Stickbait und war etwas erfolgreicher in der Bissverwertung als ich. Einen 75er sackten wir fürs Mittag ein, ich hatte schon eine sensationelle Idee, die uns wieder Lust auf frischen Hecht machen sollte.. Wir gondelten noch eine ganze Weile in der Bucht rum, bekamen viele Bisse, fingen ein paar mittlere Hechte. Wir wollten eigentlich schon umkehren, als ich den Vorschlag machte die eine flache Bucht noch an zu fischen. Ein paar einzelne Krautfahnen bis 15m vorm Ufer, dann eine deutlich sichtbare Kante ins Tiefe. Vince pfefferte seinen Stick so weit es ging hinaus. Ich war total entspannt und schaute beim Fischen immer mal wieder auf seinen Köder, lief ja schön hin und her das kleine Plastewunder. Genau in diesem Moment spaltete sich das Wasser und ein zahniger Höllenschlund verschlang das hilflos wirkende Fischimitat (ok, ganz so heroisch war es vielleicht nicht, aber der Biss war schon wirklich beeindruckend) mit dem Sound eines ins Wasser fallenden Backsteins. Sofort war klar, dass das ein besserer Fisch sein musste. Irgendwann war der Fisch am Boot und es war klar dass wir unseren Meterfisch sicher hatten. Nach einigem Gehampel im Kanu und ein paar missglückten Landeversuchen (ich brauche einen größeren Kescher), hatten wir den Pike endlich im Boot. Freudenschreie. Maßband raus. 1,04m. So ein fetter Fisch an der Oberfläche, Wahnsinn!Überglücklich paddelten wir zurück zum Lager. Viel schöner hätte unser Lagerplatz auch nicht liegen können.
Wir trafen noch einen jungen einheimischen Angler, der mit Wathose in der Strömung stand und seine dicken Blinker in die Schaumkronen warf. Ich quatschte etwas mit ihm und er erzählte von großen Forellen im Kalix, die auf Grund des warmen Wassers aber sehr schwer zu fangen sein dieses Jahr. Er war hier aber auf Lachse aus. Lachse?! Hier oben? Für ihn schien das eine völlige Selbstverständlichkeit zu sein, wir bekamen aber ganz glasige Augen bei dem Gedanken an den Traum eines jeden Anglers. Auf die Frage wie viele er dieses Jahr hier schon gefangen hat zuckte er nur mit den Schultern. Keinen einzigen. Gesehen hat er aber schon viele. Na gut, das macht nicht gerade Mut.Endlich sollte es Mittag geben. Ich filetierte den Hecht und schnitt mundgerechte Stücken zurecht. In einer Panade aus Mehl, Milch- und Eipulver frittierten die Fischnuggets im heißen Öl vor sich hin. Dazu Kartoffelbrei. Das war echt lecker und hat uns unser Hechtfresskoma vom letzten Jahr total vergessen lassen. Also: Wer Hecht an sich nicht gerne mag, der sollte dieses Rezept mal probieren. Besser als Fish n´ Chips von Nordsee, ich schwöre!
Nach dem Mittag ging es auch endlich los. Endlich auf den Fluss. Der Kalixälven ist einer der wenigen unverbauten wilden Flüsse Europas. Große Stücke des Flusses sind völlig menschenleer und führen durch einsames Wald- und Sumpfgebiet. Unser Abschnitt hatte dazu noch einiges an Wildwasser zu bieten, die Stromschnellen zwischen Stufe I und IV waren auf Grund des niedrigen Wasserstandes nicht einfach zu fahren. Für mich waren es die ersten größeren Stromschnellen mit dem Kanu, Vincent hatte zwar Wildwassererfahrung aus dem Kanusport in seiner Jugend, allerdings war schnell klar, dass ein wilder Fluss doch irgendwie etwas anderes war. Zu großen Teilen floss der Fluss jedoch recht gemächlich dahin, was das paddeln wirklich erleichterte.
Teilweise wurde das Wasser aber auch etwas wilder. Ich saß vorne und musste Steine und Walzen spotten, gestikulierte dann wild rudernd mit den Armen in eine Richtung, um dann mit vereinten Kräften aus dem Unheil zu paddeln. Blöderweise wurde es langsam spät am Tag als wir die ersten größeren Stromschnellen der Tour erreichten. Das Licht wurde weniger und es war schwierig die großen Steine im Wasser zu spotten. Ich wurde einige male ordentlich nass als das Wasser über die Bordwand schlug und hatte mit dem Schwamm ordentlich zu tun das Wasser wieder aus dem Boot zu bekommen. Ich baute mir einen improvisierten Spritzschutz aus einem Regenponcho, der allerdings auch nur bedingt wasserdicht war. Glücklicherweise waren alle Sachen im Boot mit Seilen gesichert, im Falle einer Kenterung wäre nichts verloren gegangen.
Wir hatten einige male ordentlich Respekt vor den dicken Stromschnellen, ich wurde nass bis auf die Unterhose, hatte aber irgendwie schon meinen Spaß. Die letzte Stromschnelle des Tages sollte mit Stufe IV auch gleichzeitig die größte des Tagesabschnittes sein. Wir hatten etwas Schiss vor dem sprudelnden Wasser und konnten im schlechten Licht auch keine gute Route spotten. Deshalb entschlossen wir uns das Boot am Ufer entlang zu ziehen. Im Nachhinein war das ganze aber wohl nicht weniger gefährlich. Gut 300m zogen wir das Kanu durchs Wasser, rutschten immer wieder auf Steinen aus und standen bis zur Brust im Wasser. Wir waren komplett nass und erschöpft als wir endlich am Ende der Stromschnelle angelangt waren.
Glücklicherweise gab es hier einen guten Lagerplatz, an dem wir alle nassen Sachen aufhängen und trocknen konnten. Nach ein paar Würfen versteht sich. Wenn man schonmal im Wasser steht..
Tag 9
Der Tag begann erstmal ganz gemächlich. Unser Lagerplatz sah auf Grund ganzen rum liegenden nassen Sachen ziemlich ghettomäßig aus. Glücklicherweise hatte es nachts nicht geregnet, so dass die Sachen in der Mitternachtssonne recht gut trocken wurden.
Die Lagerstelle war mit der alten Bank und der Feuerstelle schon wirklich sehr luxuriös. Gerne nutzten wir auf unserer Tour solche Plätze, da sie doch einiges an Arbeit ersparen. Wer auch immer sowas errichtet hat, abseits jeglicher Menschen und Häuser… Danke! Mir ging der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass wir bereits seit über einer Woche auf einem Gewässersystem mit enormem Potential für dicke Forellen paddeln und bis jetzt noch nicht mal eine einzige Trutte zu Gesicht bekommen haben. Selbst die Strömenden Abschnitte des Kalix brachten bisher nur Äschen. Komisch. War es wirklich so warm, dass die Fische sich nicht überreden lassen?
Direkt nach dem Frühstück machte Vince noch ein paar Würfe in der letzten Rausche der Stromschnelle, die wir am Abend zuvor umtragen hatten. Und tatsächlich. Nach kaum merkbarem Widerstand zappelte eine kaum handlange, quirlige Kreatur am Haken seines zweier Mepps, die irgendwie diesmal nicht ganz nach Äsche aussah. „Forelleeeeee!“ schrie er, während ich im Vollstoff den Hang runter spurtete um unsere erste schwedische Forelle anzuschauen und zu fotografieren. Wahrscheinlich war es die kleinste Forelle die ich je gesehen habe. Aber egal, die Freude war riesig! Ob unser Bann nun endlich gebrochen war?
Lange dauerte es jedenfalls nicht bis ich auch meine erste kleine Trutte am Mepps hatte. Das sollte doch ein gutes Zeichen sein.
Wir packten die Sachen und machten uns auf. Mittlerweile waren wir so gut eingespielt, dass wir uns im stehen den Fluss runter treiben ließen und fischten. Kleinere Stromschnellen durchfuhren wir meistens auch so, oft nach einer kurzen Abstimmung: „Sollen wir das Boot lieber gerade stellen für die Stromschnelle?“ – „Öhm, weiß nicht, ich kann eh nicht, ich hab gerade ausgeworfen.“
Eine kleine Flussgabelung weckte unsere Neugierde, in dem tieferen Pool hinter der Rausche sollten doch eigentlich auch endlich mal ein paar Forellen stehen. Bei dem guten Wetter dauerte es nicht lange bis wir nur in Unterhose bis zur Hüfte im Wasser standen und kräftig angelten. Nach kaum 10 Minuten passierte es tatsächlich. Fisch. Forelle! Und wieder an Vince seiner Rute. Diesmal endlich eine bessere. Der Bann schien gebrochen.
Nun, einfach war es trotzdem nicht die Fische zu überzeugen. Jeder Biss war hart erarbeitet und so freuten wir uns über jeden Fisch.
Und dann passierte es auch bei mir. Hinter einem großen Stein knallte ein guter Fisch auf meinen Spinmad, machte sich deutlich schwerer als die Äschen davor und nahm auch mal drei Meter Schnur von der Rolle. Endlich meine erste bessere Forelle! Die knapp 40er machte gut Radau und sorgte bei uns für breites Grinsen.
Ich habe ja schon einige Forellen in Deutschland gefangen, auch deutlich größere. Aber dieser Fisch machte mich dann doch schon irgendwie ordentlich stolz. Lange hatte ich daran gezweifelt, dass wir auf dieser Tour noch eine bessere Trutte sehen würden.
An einem breiten Flussstück fanden wir eine gute Stelle für eine kleine Mittagspause. Die Sonne knallte ziemlich vom Himmel und so badeten wir ausgiebig im Fluss. Profitipp: Immer die Crocs an lassen! Sonst hat man schnell blaue Zehen und aufgeschnittene Füße. Zum Mitag gab es dann eine dick Nudelpfanne mit Sahne, Zwiebeln, Knobi und Äsche. Schlecht gings uns nicht.
So ließen wir uns den restlichen Tag noch über den Fluss treiben, fingen noch einige Fische und ließen die Füße im Wasser baumeln. Allerdings waren die Forellen immer noch sehr selten anzutreffen, wir fingen sicher noch gut 20 Äschen, aber nur eine weitere Forelle an diesem Tag.
Der Tag wurde dann mit Resten vom Couscous (wird nicht mein Lieblingsessen) und einem tollen Sonnenuntergang beendet.
Tag 10
Der Tag begann eigentlich wie immer. Dicke Luft im Zelt dank knallender Sonne und darum erstmal ein kühles Bad im Fluss. Wir versuchten sogar mittlerweile das Zelt so aufzustellen, dass wir am nächsten Morgen nicht in der prallen Sonne standen, was aber irgendwie nie so richtig funktionierte. Ist ja auch eher ein Luxusproblem hier oben in Schweden.. Jedenfalls sorgte dieser Umstand dafür dass wir nicht immer den halben Tag verpennten, dafür aber um so zerknautschter und ermüdeter aus dem Zelt krochen.
Wir verbrachten den Tag wieder damit uns den Fluss hinab treiben zu lassen und ein paar Äschen zu fangen. Diesmal wirklich nur ein paar. An manchen Flussabschnitten waren die Fische extrem zickig, so dass wir kaum welche fangen konnten, während andere Abschnitte bei jedem Wurf einen Fisch brachten. Schon verrückt. Irgendwann lief es aber ganz gut und wir entschlossen uns ein paar Fische mit zu nehmen fürs Mittag. Ich hatte eine ziemlich knallige Idee und jeder der nur halbwegs Ahnung hat wird sich dabei wohl an den Kopf fassen: Äschen Nuggets! Was ein paar Tage mit gutem Hechtfilet gezaubert hatten, wollten ich mir nicht mit der Königin der Salmoniden entgehen lassen. Zugegeben, diese Vorhaben ist wohl an Dekadenz nicht zu übertreffen, aber bei gut 50 Äschen pro Tag kann man schonmal auf dämliche Ideen kommen. So sackten wir zwei gute Äschen ein und lagerten an einer guten Stelle. Zwei Fische sollten uns aber nicht satt machen, und so schickte ich Vince noch ein zwei Äschen fangen. Unter dessen angelte ich auch noch etwas und fing auch noch einen der „Alpenlachse“. Das hörte sich leichter an als es war, wir brauchten bestimmt noch eine Stunde ehe wir unsere Fische zusammen hatten. Letzten Endes hatten wir 5 dicke Äschen (keine Ahnung wie ich damals überzeugt sein konnte dass wir easy fünf 45er Äschen essen würden), die ich am Wasser filetierte, während Vince das Feuer vorbereitete.
Die Schuppen und Eingeweide warf ich vor mir ins Wasser. Mitten beim Filetieren erschrak ich durch ein lautes Schmatzen im Wasser, vielleicht einen Meter von meiner Messerklinge entfernt. Ich schaute mich um und entdeckte ein Rudel dicker Barsche, die sich die Äschengedärme einverleibten und zwischendurch munter in die Kleinfische jagten. Sowas hatte ich noch nie erlebt, die Fische waren völlig unbeeindruckt von mir und auch als ich die Kamera im Wasser positionierte hörten sie nicht auf. Ich hatte tatsächlich ein paar Aufnahmen im Kasten und schnappte mir die Rute, lange kann ich da nicht ruhig bleiben, trotz zwei Wochen absolutem Angelterror. Schnell erwischte ich auch zwei ganz ordentliche Barsche aus dem Schwarm, dann war der Spuk auch schon vorbei.
Pfanne mit Öl aufs Feuer, Kartoffelbrei angerührt und dazu ein Dip aus Tomatenmark, Sambal Olek und Honig. Die Äschennuggets waren ein absolutes Gedicht! Ich glaube ich habe fischmäßig bisher nichts besseres gegessen.
Die (viel zu große) Portion ließ uns mit dicken Bäuchen am Feuer zurück, der Magen drücke ordentlich, dabei hatten wir nicht mal die Hälfte von allem geschafft. Sollte es dann zum Abendbrot geben. Nach einer kurzen Pause fischten wir nochmal die Stelle an, an der ich die Barsche gefangen hatte. Und tatsächlich konnten wir nach einigen Versuchen noch zwei gute Fische überlisten.
Blöderweise lief ich mit meinem kleinen Ikiru noch ein paar Meter und warf ihn neben ein Krautfeld, welches verdächtig nach Hecht aussah. So wars dann auch. Mit einem kräftigen Ruck verabschiedete sich mein Hardbait in dem zahnigen Gierschlund eines guten Pikes, ich hatte vor den ganzen Äschen völlig vergessen wieder mein Titan zu montieren, da wir mitten im Fluss nie Hechte fingen.. Mist. Also ab aufs Boot und weiter fahren. Den Fisch wollten wir jedoch nochmal an fischen. Vince und ich fischten parallel mit Softjerks und bekamen beide einige Fehlbisse von dem Übeltäter, bis Vincent ihn schließlich fangen konnte. Vom Ikiru war keine Spur. Ich hab den Fisch dann in die Kamera gehalten, hat sich irgendwie so ergeben. Aber ums klar zu stellen: den hat Vincent gefangen!
Wir hatten uns da nie so und haben auch mal gegenseitig die Fische des anderen präsentiert, wenn es so eben einfacher und schonender zu machen war. Wir fuhren in eine extrem flache Bucht mit maximal 50cm Wassertiefe und fingen noch einige Pikes. Darunter fing ich den zweitgrößten Hecht der Tour bisher mit 96cm, der aber extrem dünn und abgemagert aussah. Kein Wunder dass der so einen Hunger hatte.
Der Tag neigte sich langsam dem Ende, aber wir wollten noch etwas in der Dämmerung paddeln. Der Fluss wurde ruhig und breit und wir nahmen noch ein paar Buchten mit um ein paar Hechte zu fangen. In der tiefen Rinne in der Flussmitte konnten wir noch ein paar Äschen „jiggen“ und ließen uns so völlig zufrieden den Fluss runter treiben. An diesem Abend war es wirklich gespenstisch still. Nur unsere leisen Paddelgeräusche sorgten ab und an für Unruhe, irgendwann ließen wir uns einfach treiben und genossen die absolute Ruhe. Da merkt man wirklich mal wie klein und alleine man da draußen ist. Keine Autos, keine Flugzeuge, keine Motoren, kein Wind, NICHTS. Einfach Stille. Ein Rentier direkt am Ufer entdeckten wir nur weil wir sein Geraschel im Busch schon einige Meter zuvor hörten. Nur eine Sache trieb uns an diesem Abend schier in den Wahnsinn: die Mücken!
Da hilft nur Vermummen und alle potenziellen Eingänge absichern. An der Stelle mal ein kurzer Exkurs zum Thema „Mücke“ in unserem Urlaub:
Generell hatten wir dieses Jahr sehr viel Glück mit den Mücken, die andauernde Hitze tut auch den kleinen Tieren nicht gut und so waren bei knallender Sonne so gut wie keine Mücken unterwegs. Auch bei aufkommendem Wind waren die Stechtiere nicht unterwegs und ließen uns in Ruhe. Lediglich die dicken Bremsen störte die Sonne nicht, die Biester stechen sogar durch dicke Fleecepullis. Miese Teile, die sich aber gut abklatschen lassen. Dann sollte man aber auch durch ziehen. Nicht nur einmal ist eine Bremse „tot“ auf dem Rücken im Wasser vor mir gelandet um mich zwei Minuten später wieder in den Rücken zu stechen.
So bald es allerdings etwas dunkler oder kühler wurde, kamen auch die Mücken und ihre gemeinen kleinen Freunde, die Kriebelmücken/ Knots/ Sandflies raus, um sich in fünfzigköpfigen Schwärmen auf uns zu stürzen. Dann hilft echt nur noch ein richtig gutes Mückenmittel (einheimische Mittel oder Antibrum Forte, Autan ist sinnlos) gegen die Biester, sowie einmurmeln und beten. Oder man dreht völlig durch und widmet sich als Opfergabe den kleinen Soldaten des Nordens.
Davon paddeln kann man jedenfalls nicht, wir habens versucht. Insgesamt war die Mückensituation aber recht überschaubar, das ist man normalerweise hier in ganz anderen Ausmaßen gewohnt. Außerdem: Wir lieben Mücken! Wenn es die kleinen Kollegen nicht geben würde die einem den Urlaub zur Hölle machen können, wäre man wohl im Sommer in Nordskandinavien nicht so alleine in der unberührten Natur unterwegs. Die kleinen Tierchen halten doch den Tourismus gut in Grenzen, und das ist auch gut so. Wer sich mit den Tierchen nicht arrangieren kann hat hier einfach nichts verloren.
Spät am Abend erreichten wir dann unsere Lagerstelle, gut geschützt in einer tiefen Flusskurve, und wieder ein absoluter Deluxe-Lagerplatz mit Feuerstelle und geradem Boden.
(Da sitze ich mit nassen Haaren am Feuer, auch spät Abends haben wir uns meistens noch ein Bad vorm Schlafen gehen gegönnt. Man musste ja eh ans Wasser zum Zähne putzen..)
Tag 11
Je weiter wir dem Fluss ins Flachland folgten, desto mehr wandelte sich die Landschaft. Bereits die Tage zuvor bemerkten wir, dass die einst dichten Birkenwälder langsam hoch gewachsenen Nadelbäumen wichen. Für uns ein kleiner Segen. Birkenrinde ist zwar ein sehr dankbarer Zunder und brennt auch in nassem Zustand, das Holz der Birke stellte sich für uns aber als recht zähes Brennmaterial heraus. Nadelholz, am besten mit etwas Harz brennt auch etwas feucht wie die Hölle und vereinfachte uns nun das Feuer machen erheblich. Das sollte noch wichtig werden. Die hoch gewachsenen Wälder erinnerten uns etwas an Kanada, nur dass es hier glücklicherweise keine Grizzlys gibt. Nur Braunbären, die aber vergleichbar scheu sind und sich nie blicken lassen. Dass aber auch größere Tiere die Wälder bewohnen merkten wir spätestens an diesem Morgen, als wir einen großen Elchschädel in der Nähe unseres Zeltes fanden.
Der Fluss war an diesem Tag so abwechslungsreich wie nie. Mal schlängelte er sich schmal durch dunkle Waldstücke, mal wurde er ganz ruhig und breit, um anschließend das Wasser in einer großen Stromschnelle schaumig zu schlagen. Wir ließen uns wie die Tage zuvor einfach treiben und befischten den Fluss ausgiebig. Die meisten Stromschnellen trieben wir inzwischen völlig unbeeindruckt hinunter, um hinter den großen Steinen ein paar Würfe auf dicke Äschen und Forellen zu machen. Dabei stellten sich wieder der 2er und 3er Mepps, und die kleinen Spinmads als wahre Fangmaschinen heraus, andere Köder brachten nicht einen Biss. Auf einen kleinen Wobbler fing ich den ganzen Urlaub lang keine einzige Äsche oder Forelle.
Wir fingen unglaublich gut in diesem Flussstück. So gut wie jeder Wurf brachte einen Biss, und wenn mal wieder eine 40er Äsche am Haken hing, schüttelten wir die Fische einfach unbeeindruckt im Wasser ab. Wir wollten Forellen! Äschen hatten wir mehr als genug gesehen. Noch dazu sind die Biester so unglaublich schlecht zu halten und zu lösen. Wir fanden irgendwann heraus, dass sie in Rückenlage ganz handzahm wurden, und sich gut vom Haken lösen ließen. Komische Viecher, meine Lieblingsfische sind sie definitiv nicht geworden. Aber schön sind sie. Und groß!
Wir fingen wirklich eine Äsche nach der anderen, jeder Wurf ein Treffer. Doch auch die Forellen hatten Bock! Vince und ich fingen jeder zwei Trutten an dem Tag, wobei ich mich langsam als inoffizieller Forellenking des Urlaubs mauserte und die deutlich besseren Fische erwischte.
Wunderschöne Fische, und unglaublich kampfstark! Wer den Hintergrund der Bilder analysiert, wird feststellen dass das Wasser teilweise ziemlich wild ist. Wie ich sagte, treibend die Stromschnellen hinunter, auf der Jagd nach den dicken Fischen..
Der Abschnitt war jedoch auch gespickt von Stromschnellen die uns wirklich gefährlich werden konnten. Eine Stromschnelle der Stufe 4 analysierten wir vorher kritisch um die ideale Route durch die dicken Walzen zu finden. Oder um überhaupt eine Route zu finden. Die Stromschnelle war schwer zu fahren. Dicke Steine versperrten die eine Uferseite bis zur Flussmitte, während kaum 20m dahinter eine richtig dicke Walze die andere Uferseite unpassierbar machte. Wir mussten also innerhalb von 20m einmal die Uferseite komplett wechseln und wieder zurück, in einem schnell strömendem Fluss mit einem komplett beladenen Kanu.
Diese beiden Stellen galt es tunlichst zu vermeiden. Auf den Bildern wirken die Walzen nur halb so eindrucksvoll, wie sie in wirklichkeit waren. Wären wir da rein geraten, hätten wir wirklich ein Problem gehabt. Wir paddelten auf Hochtouren als wir die Steinfront passierten und ich gab Vincent wild gestikulierend Bescheid, dass die gefährliche Walze wohl zu schnell näher kommt und es eine richtig enge Sache werden würde. Da vorne im Kanu sah ich das Unheil immer als erstes auf mich zukommen und paddelte so gut ich kann um uns aus der misslichen Lage zu befreien. Vincent tat es mir gleich, die Strömung drückte das Boot gegen das Ufer und wir drehten uns genau auf Höhe der Stromschnelle auf die Seite. Ich schwitzte Blut und Wasser, aber irgendwie schafften wir es das Boot wieder gerade auszurichten, kaum eine Sekunde bevor wir die dicken Steine am Ufer touchiert hätten. Das war auch wirklich gut so, denn nach dieser kniffligen Stelle kamen einige größere „Drops“, die wir beide schlichtweg erst sahen, als es viel zu spät war. Panisch gab ich Bescheid dass es gleich einen halben Meter abwärts gehen würde, drückte meine Beine gegen das Kanu und legte mich lang um den Schwerpunkt im Boot tief zu halten. Es rumpelte, das Kanu wackelte und wir rutschten über den großen Stein ins Tiefe. Ich wurde nass, aber alles gut. So ein voll beladenes Kanu ist nicht wirklich wendig, dafür aber ziemlich kippstabil. Wir wussten ab jetzt, dass uns auch größere Walzen so schnell nichts an haben konnten, und hatten ab da eine Menge Spaß beim befahren der restlichen Stromschnelle. Eine anschließende Pause mit einer guten viertel Stunde Wasserschöpfen musste dann doch sein.
Wir paddelten an diesem Tag noch bis zu unserem Ziel, einem ruhigen, fast seenartigen Flussabschnitt, an dem wir unser Zelt aufschlagen wollten. Auf dem Weg dorthin passierten wir ein paar ruhige, krautige Buchten, mit direkter Verbindung zum tiefen Flusswasser. Im flachen bekamen wir eine Hand voll Bisse kleinerer Hechte. Ich warf meinen Softjerk an die Kante zum tiefen Wasser, dort wo gerade noch ein paar wenige Krautfahnen die Oberfläche durchbrachen. Eine gewaltige Welle durchbrach die Stille und stoppte den zackigen Köderlauf. Meine Rute war krumm, der Hecht am anderen Ende machte sich richtig schwer und bockte im Tiefen. Irgendwann sah ich ihn unter dem Boot. Ein riesen Vieh! Mindestens einen Meter lang, und ein Kopf so groß wie ein A4 Blatt. Kurz nachdem ich den fetten Fisch gesehen hatte erschlaffte meine Schnur. Der Fisch war weg. Wieder einmal realisierte ich, dass 7/0er Offsets und meine 40g Rute nicht harmonieren. Noch lange befischten wir die Stelle, einmal bekam ich noch einen zaghaften Biss auf einen großen Blinker, mehr sollte nicht gehen. Wir fuhren weiter.
Am Abend machten wir uns auf die Suche nach einem Lagerplatz. Wir waren ziemlich müde, und in der ferne machte eine dicke dunkle Wolke Kurs auf unser kleines grünes Boot. Die Ufer waren unwegsam, völlig ungeeignet zum lagern. Als wir an einer flachen Bucht ans Ufer wollten -ich stand gerade auf, als das Boot über die letzten Meter kaum knietiefen Wassers glitt- platschte es gewaltig am Heck unsere Kanus. Vincent erschrak und ich flog vor Schreck fast aus dem Boot. Das war doch nicht..? Doch wars. Ein etwa 60er Hecht attackierte ein kleines orangenes Stoffstück, welches an dem Seil unseres Bootes etwa 10cm ins Wasser hing. Richtig. EIN HECHT HAT UNSER BOOT ANGEGRIFFEN. Wir waren viel zu perplex um zu verstehen was hier gerade passiert ist. Völlig verrückt. Unsere Stickbaits attackierte der Fisch noch einige Male, bevor er frustriert im Kraut verschwand.
Am Ufer fanden wir keine Stelle zum Lagern. Alles uneben, alles zugewachsen, nichts zu machen. Wir fuhren weiter. Auf einer Anhöhe entdeckten wir eine freie Stelle. Kein guter Platz, sollte uns aber genügen. Wir wollten endlich raus aus dem Boot und schleppten unser Zeug gut 30m den Hang hinauf und errichteten unser Lager. Bei Nudeln und Lagerfeuer tankten wir neue Kraft und beschäftigten uns damit Stöcke zu schnitzen und damit auf morsche Baumstümpfe zu werfen. Ich hätte mir wohl doch ein Buch mit nehmen sollen.
Der Abend verabschiedete sich mit einem schönen Sonnenuntergang. Sicherheitshalber verstauten wir alles regensicher bevor wir schlafen gingen, was sich auch als gute Entscheidung heraus stellen sollte.
Tag 12
Zu diesem Tag habe ich gar nicht so viele Bilder, dennoch ist er mir lebhaft in Erinnerung. Das hat einen einfachen Grund: Es hat den halben Tag gegossen wie aus Eimern. Wir verbrachten somit einen großen Teil des Tages im Zelt, lediglich für zwei Stunden trauten wir uns raus um etwas zu fischen. Was in diesen zwei Stunden allerdings so alles passierte, zauberte uns für den Rest des Tages ein dickes Grinsen aufs Gesicht.
Wir befischten einen kleinen Flussarm neben unserem Lager, dessen etwa 3m tiefe Rinne von kleineren Krautfeldern gesäumt war. Lange dauerte es nicht, bis wir beide unseren ersten kleineren Hecht gefangen hatten, kurz darauf kam noch ein ca. 60er. Auf Grund des Regens machten wir nicht viele Bilder. Auf meinen großen Softjerk bekam ich immer wieder Bisse, die ich aber nicht verwerten konnte. Irgendwann blieb einer der unbekannten Übeltäter hängen. Ein Rudel Barsche stand offensichtich in der Rinne und stürzte sich auf alles was irgendwie nach Beute aussah.
Mein Softjerk war etwa 20cm lang, da mussten die Barsche die Luke schon weit auf machen. Generell fing ich auf das Ding die meisten Barsche in diesem Urlaub. Vince schaltete schnell und fing auf einen kleinen Squadminnow noch ein paar kleinere Barsche. Das wars aber auch erstmal. Wir paddelten den Flussarm weiter hinauf und gelangten durch eine kleine, flache Verbindungsstelle auf einen kleinen See. Wir dachten erst an mögliche Topwaterhechte, als wir durch die flache Verbindung paddelten, stellten aber schnell fest, dass der kleine See irrsinnig tief ist. Etwa so groß wie ein Fußballfeld war der Tümpel, aber stellenweise sicher tiefer als 10m. Beim Jiggen stellten wir dafür fest: Der See ist voll mit Barsch! Keine Großen, aber eine Frequenz die ich selten so erlebt habe. Teilweise hing der Köder schon zwei Sekunden nach dem Auftreffen auf der Wasseroberfläche schief auf dem Haken. Jeder Wurf brachte Kontakt. Wir fingen einige Fische, fuhren dann aber weiter, da die Durchschnittsgröße doch etwas mickrig war.
Wir paddelten den Fluss wieder einige Meter hinauf, zu einer Stromschnelle die wir den Tag zuvor passierten und noch nicht befischt hatten. Die Stromschnelle selbst war flach und steinig, direkt unterhalb der Rausche erstreckte sich aber ein gewaltiger Pool, welcher auch sicher tiefer als 10m war. Wir ankerten (improvisiert mit einem schweren Stein) an der Strömungskante und jiggten im Tiefen auf ein paar Barsche die wir dort vermuteten. Schnell hatte ich den ersten 30er auf meinen 4″ Shad, und auch Vince bekam recht zügig Bisse auf seinen pinken Shaker am 14g Kopf. Wir mussten echt tief runter. Der Regen prasselte mit voller Kraft von oben, und ich stapfte mit meinen Füßen schon lange im nassen. Da ich mit meinem Gummi in der Strömung nicht runter kam, montierte ich einen silbernen 4″ Shad am 15g Kopf und feuerte ihn in die Strömung. Keine Chance zum Grund zu kommen. Irgendwo im Mittelwasser zuppelte ich den Shad auf und ab, bis meine Rute irgendwann blockierte. Widerstand, schwerer Fisch! Der Barsch meines Lebens! Dachte ich. Der Fisch machte sich ordentlich schwer, tauchte tief unter dem Boot hindurch, nahm immer wieder ordentlich Schnur von der Rolle. Einen Hecht konnten wir ausschließen, den hätte ich lange am Boot gehabt. Irgendwann ließ sich der Fisch nach oben dirigieren, ich sah einen dunklen Schatten aus der Tiefe kommen, wusste aber nicht was das da für ein Fisch sein sollte. „Äsche! Barsch! Doch ein Hecht!“ rief ich durcheinander. Der Fisch kam hoch und zeigte seine Flanke, Panik wurde breit. Ein richtiger Forellenbrecher hatte sich meinen Shad gekrallt. Kaum war der Fisch am Boot sackte Vince ihn blitzschnell mit dem Kescher ein. Perfekte Aktion! Perfekter Fisch. Eine makellose Bachforelle lag vor uns im Boot, keine Ahnung wie groß, wir haben sie nicht gemessen. Ü50 definitiv. Da war sie also, die große Forelle. Endlich! So ein Fisch ist auch hier oben im Norden nicht alltäglich.
Das Grinsen war an dem Tag nicht mehr aus meinem Gesicht zu bekommen. Wir fischten noch eine Weile, aber Vince seine Regensachen hielten nicht wirklich dicht, so dass wir irgendwann umkehrten. Es war auch wirklich nass und kalt, und wir auch ziemlich hungrig. Wir spannten unsere große Plane mit unseren Seilen zwischen ein paar Bäume und hatten einen kleinen Unterstand, nicht groß, aber genug Platz für ein kleines Feuer. Nun, es hatte die halbe Nacht und den halben Tag geregnet, trockenen Brennstoff zu finden war ein fast hoffnungsloses Unterfangen, ein Feuer nur mit Zündstahl und Wattepads zu machen erst recht. Ich fand an der Bruchstelle einer großen umgekippten Fichte doch etwas halbwegs trockenes Holz, nicht viel, aber für den Anfang reichte es. Ich sammelte ordentlich Harz und tränkte die Wattepads mit unserem Olivenöl, wodurch sie noch etwas länger brannten. Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis ich das Feuer zum brennen brachte. Nasses Holz legte ich zum Trocknen an die Seite. Ich war schon etwas stolz, als ich nach einer halben Stunde eine kleine Suppe geköchelt hatte, ohne wirkliche Hilfsmittel mit meinem Feuer im strömenden Regen. Vince freute sich auch sehr über die warme Mahlzeit, er fröstelte ordentlich durch seine nassen Klamotten. Wir verkrochen uns ins Zelt und warteten den Regen ab.
Gegen 17 Uhr klarte der Himmel auf und wir machten uns auf den Weg. Breit, ruhig und tief war der Fluss in diesem Abschnitt.
Wir paddelten noch etwa eine Stunde, weiter wollten wir nicht mehr. Wir hatten nicht mehr so viel Strecke vor uns, und wollten uns für die letzten 2 Tage noch etwas aufheben. Nach einer großen Stromschnelle wollten wir auf einer Anhöhe lagern. Dies war die einzige mögliche Lagerstelle die wir auf der Strecke fanden. Doch als wir die Stromschnelle passierten, sahen wir bereits vier grüne Plastekanus am Ufer liegen. Mit großen Augen sah uns eine große Gruppe abenteuerlustiger Schweden vom hohen Ufer aus zu, und empfing uns mit einem herzlichen Lächeln. Nach einem kurzen Gespräch entschlossen wir in der Nähe der Leute zu lagern, die ihre Kanus auch bei Sven geliehen hatten, den Kalix aber in nur 3 Tagen paddeln wollten. Zum Fischen wie wir waren sie nicht da. Wir packten recht fix unsere Ruten um noch ein paar Äschen fürs Abendessen zu fangen. Das ganze war ziemlich zäh, und wir beide auch ganz schön kaputt. Irgendwann hatten wir zwei Äschen zusammen, ich lief vor und nahm die Fische aus, Vince blieb zurück und angelte noch etwas weiter. Kaum war ich am Zelt begrüßte mich einer der Schweden und drückte mir zwei Stücken frisch gebackenen Kuchen und eine Tüte mit einer ausgenommen Äsche entgegen. „Entweder seid ihr total verrückte Angler, oder ihr habt Hunger!“ Nun, irgendwie hatte er mit beidem Recht. Wir quatschten noch etwas mit der Gruppe, bis wir dann ins Zelt krochen. Diesen Abend gingen wir nicht jedenfalls hungrig ins Bett. Schon nett, diese Schweden.
Tag 13
Die Erlebnisse dieses Tages kann ich nicht einfach zwischendurch schreiben, deshalb habe ich mir heute wirklich mal eine Stunde Zeit genommen um mich mit einer Tasse Tee dem Bericht zu widmen. Nun denn:
Diesen morgen wurden wir nicht wie sonst von einsamer Stille und den warmen Sonnenstrahlen geweckt. Es war ein freundliches „Hallo“, was mich aus dem doch recht festen Schlaf riss. Mit verquollenen Augen lukte ich aus dem kleinen Guckloch unseres Zelts und sah einen älteren Herren mit grauem Haar, dichtem Bart und einem freundlichen Lächeln vor unserem Zelt stehen. Ein Lächeln, wie es wohl nur ein Schwede zum Höhepunkt des Sommers in seiner völligen Zufriedenheit wiedergeben könnte. Grinsend drückte er mir ein paar Dinge in die Hand. „We thought you could need this, we have to much.“ sagte er, und überreichte mir einen kleinen Topf voll griechischem Joghurt, ein Stück Schinken und zwei Scheiben Graubrot. Die Gastfreundlichkeit der Leute hatte uns schon am Abend zuvor geflasht, aber jetzt waren wir wirklich etwas sprachlos. Dankbar nahmen wir die Lebensmittel entgegen und krochen aus dem Zelt. Auf unserem Packsack lagen noch zwei frisch geschmierte Knäckebrote mit Salami. Überglücklich über diese nette Geste halfen wir der Truppe beim Bepacken ihrer Boote. Lange dauerte es nicht bis ich mit dem alten Herrn über das Angeln ins Gespräch kam. Von Ihm war auch der Fisch, den wir am Abend zuvor noch bekommen hatten. Er selbst war Fliegenfischer und erzählte von Forellen im Kalix, die aber schwer zu fangen seien. Das konnten wir bestätigen. „Maybe you should try it with these ones:“ murmelte er und krame aus seiner Tasche eine alte, vergilbte Plastikdose, die eine Hand voll Fliegen enthielt. Dazu holte er einen Spirulino heraus, den er mir direkt in die Hand drückte. „With this thing you can cast the flies, but I don´t like it. Take it with you.“ Als wäre das Essen nicht genug gewesen, bekamen wir auch nun noch etwas von seinem Angelzeug geschenkt? Dankbar lehnte ich ab, doch er ließ nicht locker und drückte mir das durchsichtige Plasteding erneut in die Hand. Diesmal aber zusammen mit seiner vergilbten Fliegenbox. „Nooooo, no nonono…“ stammelte ich, „You can´t give us all your fishingstuff.“ Ich wusste garnicht was ich sagen soll, denn dieser wildfremde Mann hat uns nicht nur Unmengen an Essen, sondern auch noch ALLE seine selbst gebundenen Fliegen geschenkt die er dabei hatte. Ich hab mich gefühlt wie ein kleines Kind zu Weihnachten, was alle Wünsche erfüllt bekommt obwohl es garnicht artig war. „I did catch my fish, now my package is lighter.“ sagte er mit einem zwinkernden Auge. Mit fast glasigen Augen nahm ich dem alten Schweden seine Kostbarkeiten ab und wir verabschiedeten die Truppe.
Diesen Morgen frühstückten wir wie die Könige. Griechischer Joghurt mit Nüssen, Honig und getrockneten Früchten, dazu etwas Müsli. Und das bei einem Ausblick, den wir uns nicht besser wünschen konnten.
Wir verbrachten den Vormittag ganz entspannt, ich saß am Fluss und musste die Eindrücke erstmal irgendwie verarbeiten, während Vincent seine Rute schnappte und den Fluss ein paar hundert Meter hinauf ging. Ich genoss das schöne Wetter und lief ein paar Meter durch den Wald, aß ein paar Blaubeeren und genoss es einfach draußen zu sein. Lange konnte ih mich aber nicht halten und ging dann irgendwann im Fluss baden. Das Wasser war hier schon deutlich kälter, sicher nicht wärmer als 14 oder 15 Grad. Vincent kam auch zurück und erzählte von ein paar Äschen und Forellen die er fangen konnte. Eine Forelle musste er entnehmen. Dann tat auch er es mir gleich und planschte wie eine junge Robbe im kalten Wasser des Kalix. Die Forelle gab es dann als Stockfisch, dazu das Graubrot, welches wir geschenkt bekommen hatten.
Unsere Tour sollte uns heute auf den letzten Abschnitt unserer Reise führen. Der Kalix mündet hier in den Kaitumälven, einem großen, wilden Fluss, der ebenso wie der Kalix einige Lachse beherbergen soll. Da wir im Kalix aber nie wirklich Lachse zu sehen bekamen verwarfen wir den Traum vom schwedischen Lachs aber recht schnell und widmeten uns den Äschen und Forellen.
Der Kaitum selbst war um einiges breiter als der Kalix, dafür stellenweise deutlich flacher. Große Sandbänke unterhalb der Mündung ließen unser Kanu immer wieder aufsetzen. Stromauf wurde der Fluss etwas tiefer. Dort schlugen wir auch unser Lager auf, etwa 300m von der Mündung des Kalix entfernt. Und natürlich wollten wir hier Angeln.
Das Ufer des Kaitum war steil und steinig, wodurch wir uns recht laut und dropsig fortbewegten. Anstrengend war das ganze auch noch, die letzten Tage lagen uns schwer in den Knochen und schließlich waren wir bereits fast zwei Wochen hier draußen unterwegs. Da wir auch nach gut 200m Strecke noch keinen Fischkontakt verzeichnen konnten war irgendwie die Luft raus. Vince setzte sich am Ufer auf die Steine, während ich mit letzter Motivation den 3er Mepps in die Strömung peitschte. Ein lautes „Fiiiisch“ riss mich aus der Trance, und ich sah Vince mit krummer Rute am Ufer stehen. Forelle? Wieder eine dicke Äsche! Oder doch nicht? Der Fisch verhielt sich anders, nahm mal ein paar Meter Schnur und schoss von links nach rechts. Langsam wurden wir unruhig und nervös, als wir gesehen hatten was Vincent da am Haken seines 3er Kupfermepps hatte war echte Endzeitstimmung. Ein Lachs! W=)?!“Ä“**!Ütf!! So viele vulgäre Ausdrücke sind mir in diesem Moment gar nicht eingefallen wie ich am liebsten in die Wildnis gebrüllt hätte. Hektik, Panik, ich mit der Kamera in der Hand, kaum in der Lage sie ruhig zu halten; Vincent auf der anderen Seite des Bildschirms mit dem wahrgewordenen Anglertraum am Haken. Ich versuchte den Fisch zu landen, immer wieder schoss mir der Lachs zwischen die Beine. Viel zu schnell um danach zu greifen. Vincent hatte die Nase irgendwann voll und strandete den Fisch einfach. Sprachlosigkeit. Da war er. Der Lachs. UNSER Lachs. Überglücklich betrachteten wir den Fisch, die silbernen Schuppen, den charakteristischen Kopf. Wir ließen den Fisch schwimmen und drückten uns, wie sich zwei überglückliche gute Freunde mitten in dem Urlaub ihres Lebens nur so drücken konnten. Nichts konnte den Moment besser abschließen als eine dicke Männerumarmung. Damit hätten wir uns wohl alle unsere Urlaubsträume erfüllt. Dicke Barsche und Äschen, ein Meterhecht, eine dicke Bafo und ein Lachs! Mehr geht nicht. Was soll jetzt noch kommen?
Nun, kaum fünf Minuten später hatten wir die Antwort auf unsere Frage. Diesmal stand ich mit blitzkrummer Rute im Wasser, gleicher Spot, gleicher Köder, gleiche Fischart. Auch ich sollte meinen ersten Lachs bekommen, auch diesmal wurde kurz Panik breit, lief aber dann insgesamt etwas professioneller ab als vorher. Mit einem beherzten Griff an die Schwanzwurzel hatte ich meinen ersten Lachs in den Händen, geil! Absolute Wunschlosigkeit, einfach glücklich sein über den wahr gewordenen Traum.
Was ein Abenteuer. Dabei sollte es jedoch nicht bleiben. Vincent bekam noch einen dritten Fisch, drillte ihn bis zu den Füßen und verlor ihn leider bei der Landung. Egal. Drei Lachse in 15 Minuten? An einem Spot? Was ein Tag!
Der Rest der Strecke brachte leider keine Fische mehr und so drehten wir glücklich um und trotteten zum Lager. Ich machte uns eine dicke Pfanne mit einer Improvisation von Spaghetti Carbonara und wir schlugen uns die Bäuche voll. Was wir uns jetzt noch vor nahmen für den Urlaub? Gesund nach Hause kommen. Mehr kann nicht passieren, besser kann es nicht werden, und versauen kann uns diesen Trip nun auch nichts mehr. Selten hatte ich mich glücklicher und sorgloser gefühlt als an diesem Dienstag Abend, an dem ich mit voll gefressenem Magen in der schwedischen Abendsonne lag, mit Blick auf die absolut wilde und unberührte Landschaft.
Irgendwann wurde es spät und ich machte etwas Klarschiff am Lagerplatz, schnappte mir die Zahnbürste und sorgte für etwas Körperpflege. Vincent stand neben mir am Wasser und schnappte sich natürlich nochmal die Rute, um mit seinem Toby bis in die Flussmitte zu werfen. Ich wollte mir gerade den Schaum aus dem Gesicht wischen als Vincents Rute nach oben schnellte und die Bremse wieder ihre bekannten Klänge von sich gab. „Verarsch mich nicht“ rief ich, „Als ob!“. Und doch, so war es. Vincent hatte den VIERTEN LACHS des Tages im Drill. Was zur Hölle ist hier los?! Noch bevor ich die Kamera holen konnte war der Fisch schon wieder im Wasser, schade. Aber nicht weiter schlimm, denn Vincent hatte anscheinend irgendwie über Nacht einen Pakt mit irgendeinem skandinavischem Hokuspokus abgeschlossen und hakte direkt den nächsten Lachs. Deutlich kleiner, aber dafür um so wilder katapultierte sich dieser durch die Luft, schüttelte sich und ließ den Toby vor Vincents Füße plumpsen. Auf die Frage, was das für ein Fisch war, bekam ich nur die Antwort: „Das war ein Lachs, hast‘ nicht gesehen? Ist doch gesprungen!“ Alles klar Lachsprofi, ruhig Blut. Ich stand immer noch mit vollgeschmiertem Gesicht am Fluss, die Zahnbürste im Mund und ungläubig mit dem Kopf schüttelnd, als Vincent direkt im nächsten Wurf den nächsten Fisch hakte. Was ist hier los? Diesen Lachs konnten wir noch zum kurzen Fototermin überreden. Geile Fische! Wieder 3 Fische an einem Spot, in kurzer Zeit.
Natürlich versuchte ich es auch noch eine ganze Weile, bekam aber natürlich auch keinen Fisch mehr. Ich hatte auch meinen Lachs gefangen. Nicht dass das selbstverständlich wäre, erst recht nicht, dass man 6 Lachse an einem Abend fängt. Absolut nicht. Aber wir fühlten uns schon wie zwei kleine Könige an diesem Fluss, Lachsfischen ist so einfach, wie können andere da tagelang schneidern? Haha. Dachten wir. Wir hatten den nächsten Tag noch eingeplant um den Kaitum ausgiebig zu befischen, und somit legten wir uns rund um zufrieden am vorletzten Abend unserer Reise ins Zelt.
Tag 14
Nach dem wir den Tag zuvor so sensationell unsere ersten Lachse gefangen hatten, waren wir natürlich voller Motivation. Einen ganzen Tag hatten wir noch am Kaitum, und den wollten wir nutzen um ordentlich Strecke zu machen. Wäre doch gelacht wenn wir hier keinen Lachs mehr bekommen würden. Jeder von uns packte neben dem Angelzeug noch ein paar Utensilien in den Rucksack, darunter auch etwas an Kochmaterial, da wir unterwegs Mittag essen wollten. So gings dann los. Leichtes Gepäck, aber alles was man braucht. So mag ich das. Wir kreuzten mit unserem Kanu den Fluss, um diesmal die andere Seite befischen zu können. Die sah ja am Tag zuvor so viel besser aus. Nun standen wir drüben und das Wasser war hier leider teils deutlich flacher, wir hatten uns wohl getäuscht. Egal. Wir machten ordentlich Meter bis Vince die erste Forelle fangen konnte.
Auch ich fing immer mal eine kleine Forelle oder Äsche, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf einen der dicken Lachse ans Band zu bekommen. Doch es war schwierig. Auf meinen Kupferblinker (den Vincent letztes Jahr am Hornavan gefunden hatte) bekam ich zwar viele Bisse, allerdings waren es immer nur halbstarke Forellen und Äschen, die sich darauf stürzten. Egal, auch gut. Die Landschaft durch die sich der Fluss schlängelt ist wild und unerschlossen. Die Ufer meist steil und steinig, oder aber dicht bewachsen und schwer zugänglich. Dazu völlige Ruhe, der Kaitum war einer der einsamsten Flussabschnitte auf unserer Tour.
Teilweise mussten wir kleine Flussarme queren, um weiter zu kommen, standen bis zum Bauch im Wasser und kämpften uns voran. Aber so ist das eben. Das Wetter war ja gut und warm, so hatten wir damit keine Probleme. Wir waren gerade an einer relativ schnell strömenden Stelle, als ich einen harten Biss auf meinen Blinker bekam. Der Fisch nahm direkt ein paar Meter Schnur und kämpfte deutlich mehr als die Äschen und Forellen zuvor. Panik kam auf, das konnte nur ein Lachs sein. Ich pumpte den Fisch behutsam heran, und als ich ihn das erste mal sah, war alle Aufregung verflogen. Hecht. Mitten in der Strömung? Hä? Ach man. Egal, schöner Fisch. Wir haben es so tatsächlich geschafft an JEDEM Tag unserer Reise mindestens einen Hecht zu fangen. Auch nicht schlecht.Zum Mittag fing ich zwei dicke Äschen, die frisch filetiert mit Reis, Kokosmilch, Ingwer, Knoblauch und Tomatenmark zu einer deftigen Reispfanne zubereitet wurden.
Das tat gut und stärkte uns erneut. Am Ufer gegenüber sahen wir seit längerem mal wieder ein paar Menschen. Eine schwedische Familie, die hier wohl auch zum Angeln draußen war. Allerdings waren sie nicht wirklich erfolgreich. Der Tag zog sich langsam in die Länge, und wir hatten immer noch nicht einen Lachs gesehen. So langsam realisierten wir, welches enorme Glück wir den Tag zuvor gehabt haben. 6 Lachse sind einfach wie ein 6er im Lotto. Die dicken Äschen und Forellen in der Wildnis hier draußen machten uns aber auch ziemlich glücklich. Wir liefen noch ein paar hundert Meter bevor wir umkehren wollten. Das Gras war an dieser Stelle besonders hoch, ich lief voraus und hatte es schwer zu sehen wo genau ich gerade lang lief. Auf einmal raschelte es laut und ein riesiges Rentier erhob sich aus dem Gras, erschrak und rannte in den Wald. Das große Männchen hatte wohl hier im Gras gelegen und wir haben es beim Mittagschlaf gestört. Ich war jedenfalls ziemlich perplex und stand wie angewurzelt da, selbst Vincent der gut 30m hinter mir lief hatte sich ordentlich erschrocken.Jedenfalls waren wir nun an dem Punkt angelangt an dem wir beschlossen wieder umzukehren. Gut 7km sind wir den Fluss hinauf gewandert, die wollten wir nun wieder zurück. Aber am gleichen Ufer zurück fischen? Nö, darauf hatten wir keinen Bock. Aber den Fluss queren? Vielleicht auch nicht die beste Idee.
Und dennoch, wir entschieden uns dafür den Fluss zu durchwaten. Da der Fluss nie wirklich tiefer als einen Meter war, erschien uns das machbar. Glücklicherweise hatte uns bei der Aktion niemand gesehen, noch jetzt muss ich über das Vorhaben ziemlich lachen. Wir verstauten unsere Klamotten im Rucksack, auch die Angelrute befestigten wir so, dass wir die Hände frei hatten. Durfte ja nix nass werden. Splitterfasernackt machten wir uns so auf den Weg durch den Fluss, nur die Crocs an den Füßen (ohne kommt man hier nicht durch), und einen dünnen Stock als Watstock in der Hand. Die Strömung drückte schon ordentlich, schien aber machbar. etwa 15m vor dem gegenüber liegenden Ufer wurde es aber ordentlich tief, so dass wir uns nicht mehr wirklich in der Strömung halten konnten. Vincent traute sich nicht mehr weiter, ich versuchte es noch mal kurz um nach 30cm Weg feststellen zu müssen, dass es wirklich nicht ging. Dabei verlor ich kurz den Halt, und machte mich einmal in der Strömung lang. Glücklicherweise konnte ich Vincents Watstock greifen, bevor auch der Rucksack völlig nass geworden wäre. Bei dieser Aktion löste sich mein Blinker von der Angelrute, welche wie ein Blitzableiter nach oben stand. Der Köder rotierte nun auf Augenhöhe um mich herum, während ich versuchte mich in der viel zu starken Strömung zu halten. Lange dauerte es nicht bis er sich in einem unlösbaren Knoten um Vincent seine Angelrute schlang und wir mit verhedderten Ruten über unseren Köpfen im reißenden Fluss standen. Das ganze muss ziemlich witzig ausgesehen haben, wir nahmen es mit Humor und ich schaffte es irgendwie das Wirrwarr zu lösen. Wir machten uns auf den Weg zurück, hier war es nicht zu schaffen. Aber vielleicht an einem anderen Flussabschnitt.
Wir liefen ein paar hundert Meter weiter, hier war die Strömung etwas schwächer, und auch insgesamt sah es hier etwas flacher aus. Hier sollte es klappen. Ich lief ziemlich motiviert vor, Vincent suchte noch nach einem passenden Stock. Ich war bereits fast drüben (es klappte wirklich halbwegs gut), als Vincent nach ein paar Metern ausrutschte und wild fluchend ins Wasser fiel. Er hatte einen seiner Schuhe verloren. Ich stand mittlerweile im recht tiefen Wasser und fing an zu frieren, war aber auch fast drüben. Ohne Schuhe kommt Vincent aber keine fünf Meter weit. Umkehren? Jetzt war ich so gut wie drüben. Also erstmal als Ufer. Ich überlegte einen meiner Schuhe rüber zu werfen, es wäre hoffnungslos gewesen, der Fluss war zu breit und der Schuh wäre auch weg. Also entschied ich ohne Rucksack wieder rüber zu laufen (der Hinweg war an manchen Stellen schon wirklich haarig, es war keineswegs einfach), Vincent den Rucksack abzunehmen und wieder ans andere Ufer zu laufen. Er sollte dafür durchschwimmen. Die ganze Aktion dauerte sicher gute 20min, in dem kalten Flusswasser kam es mir vor wie eine Ewigkeit. Irgendwann hatten wir es aber geschafft. Ein riesen Akt.
Und nicht dass es sich wirklich gelohnt hatte. Auch an diesem Ufer fingen wir keinen Lachs, und insgesamt auch nicht wirklich besser als auf der anderen Seite. Eine gute Forelle konnte ich dennoch noch überlisten.
Wir machten uns zurück zum Lager. Unser Kanu stand ja noch auf der anderen Flussseite, also schwammen wir noch einmal hindurch. Das war allerdings ziemlich schwierig. Mit Schuhen konnte man nicht schwimmen, und ohne konnte man unmöglich auf den spitzen Steinen laufen. Der Fluss war teilweise jedoch stellenweise so flach, dass wir nicht schwimmen konnten. War trotzdem mega witzig, und ein gelungener Tagesabschluss. Zufrieden und völlig geschafft genossen wir unseren letzten Sonnenuntergang unserer Tour, bevor wir uns zu der letzten Nacht in der schwedischen Wildnis schlafen legten.
Tag 15
Abreise. Hier passierte nicht mehr viel. Morgens um 10 holte uns Sven am vereinbarten Treffpunkt ab, wir verluden das Kanu und machten uns auf den Weg nach Kiruna. Schnell kamen wir ins Gespräch. Neugierig fragte Sven uns nach unseren Angelerfolgen, erzählte von riesigen Forellen und Lachsen in den Flüssen und Seen. Als wir ihm von unseren 6 Lachsen erzählt haben, grinste er nur und meinte, dass er wohl auch mal wieder angeln gehen sollte. Toller Kerl, voll zu empfehlen! Der Rest der Heimreise war dann relativ unspektakulär, irgendwann gegen 22 Uhr kamen wir im viel zu warmen und dunklen Deutschland an. Unsere erste dunkle Nacht seit zwei Wochen. Fühlte sich total komisch an. Aber schön wars, wieder zuhause zu sein.Unsere Kanutour über den Kalixälven war wohl so ziemlich die gelungenste und abwechslungsreichste Reise meines Lebens. Ich habe mir viele Nächte mit der Planung der Tour um die Ohren geschlagen und dies keinesfalls bereut. Eine ausgiebige Planung ist das A und O vor solch einer Tour. Flugzeiten, Transport, Kanuverleih, Proviant, Gepäck, Angelzeug. Alles muss penibel ausgewählt werden. Stimmt eine Variable nicht, kann einem das schnell den Urlaub versauen. Schließlich gibt es dort keinen Kiosk und keinen Angelladen, und erste Hilfe lässt in der Regel etwas länger auf sich warten. Eine intensive Vorbereitung lohnt sich absolut. Empfehlen kann ich hier vor Allem den Kontakt zu Sven, der einem mit seinem Wissen gerne unterstützt und immer um die aktuellen Gegebenheiten seiner Gewässer bescheid weis: https://www.canoeguide.net/kanutouren-schweden-uebersicht/liste-kanuverleih-schweden/479-kanotcentral-norr
Zum Proviant: Wir haben während dieser Tour wirklich ausgiebig und gut gegessen. Von den gut 30kg Nahrung haben wir lediglich eine Tüte Zucker übrig gehabt. Täglich haben wir etwa 4000 Kalorien zu uns genommen und dennoch habe ich innerhalb der zwei Wochen 3kg abgenommen. Um so wichtiger ist ein (so gut es geht) ausgewogener Speiseplan, der vor allem Abwechslung bringt. Das Nudeldesaster der letzten Tour konnten wir gut umgehen. Die Lebensmittel für eine solche Tour sollten vor allem möglichst viel Kalorien, bei niedrigem Gewicht bieten, aber einem auf jedem Fall auch schmecken. Es gibt nichts motivierendes als ein gutes, deftiges Essen nach einer kräftezehrenden Tagestour.Und noch viel wichtiger: Ein guter Buddy der einem auch mal in brenzligen Situationen zur Seite steht und mit dem man die besten Momente des Lebens teilen kann. Danke dafür, ich freu mich auf die nächste Tour!
Ich hoffe dieser Bericht ist für viele eine kleine Anregung, sich auch mal auf zu machen, und die Natur von ihrer ursprünglichsten Seite sehen zu können. Natürlich ist auch Skandinavien kein unbeschriebenes Blatt Papier mehr, aber wohl eine der letzten wilden Gegenden Europas. Dann gibt es ja noch den Rest der Welt.. Kanada, Sibirien.. whatever.
Stay tuned! In einer Woche gehts wieder weg. Freu mich drauf.