Tackle-Tipps Fluorocarbon als Hauptschnur: Chancen, Risiken und Nebenwirkungen
Beitrag enthält WerbungImmer mehr Angler schwören auf Fluorocarbon, kurz FC, als Hauptschnur. Auch hier an Bord – u.a. im Moderatoren-Team – gibt es Menschen, die gar nix anderes mehr verwenden. Selbst zum Jiggen kommt ihnen keine Geflochtene mehr auf den Spulenkern. Ich denke mal, dass sich diese Angler in erster Linie von den Schwarzbarschanglern dazu inspirieren ließen, es mal mit Fluorocarbon zu versuchen. Es gibt ja auch ein paar gute Argumente pro FC.
Fluorocarbon-Vorteile
- Fluorocarbon ist viel leiser als Geflochtene, so dass man subtile Methoden noch subtiler macht.
- Fluorocarbon ist dehnungsarm. Zumindest verglichen mit elastischen Monofilen.
- Fluorocarbon ist extrem abriebfest.
- Fluorocarbon ist weitgehend unsichtbar, so dass von der Schnur auch optisch keine Scheuchwirkung ausgehen kann.
- Fluorocarbon sinkt.
- Wer durchgehend mit Fluorocarbon angelt, braucht keinen Verbindungsknoten mehr zu binden.
Hab ich etwas vergessen? Ich habe beim Bassangeln die Erfahrung gemacht, dass ich mit FC eine bessere Bissverwertung habe, z.B. wenn ich mit dem Texas- oder Carolina-Rig angreife. Die Bass lassen dann nicht los. Die Fische geben mir die Zeit, die Rutenspitze abzusenken, mich voll auf den Anhieb vorzubereiten, die Rute mit voller Wucht nach oben zu dreschen und dann hängen die Schwarzbarsche auch an der Leine. Nun war es ja so, dass ich mich in Spanien ab einem gewissen Moment voll auf Schwarzbarsch konzentriert habe. Deshalb bin ich irgendwann morgens in den Angelladen vor Ort und habe mir eine 0,285er FC (12 lb) auf die Baitcaster spulen lassen. David, der Besitzer von Mequifish und mein Coach vor Ort, schwört auf FC zum Rubberjiggen. Und bis zu dem Moment, da ich keinen Bock mehr auf Hängerlösen für alle hatte (als Kapitän ist es brutal, wenn man für die ganze Besatzung die Hänger freifahren soll), habe ich viel mit Crazy Flapper am Rubberjig gefischt – und auch gut damit gefangen.
Der erste Fluorocarbon-Tag begann mit einem Ärgernis. Ich war mit Andreas und Björn auf dem Boot. Die Rolle war komplett voll mit dem besten FC des Ladens. Ich hatte meine Bremseinstellungen nicht verändert (vorher war Geflochtene auf der Metanium) und werfe einfach mal volle Kanne drauf los. Den Daumen nur so locker auf der Schnur wie ich das mit Geflecht halt so mache. Es zischt und knattert. Mir wird schlecht. Das Vogelnest des Jahres. Während ich diese Perücke bearbeite, fällt Andreas seine Zodias ins Wasser (Wassertiefe 15 Meter). Ich fummle so lange herum, dass er die Zeit hat, das Ding wieder rauszufischen (was ein Glück). Währenddessen produziert Björn einen Hänger, der dann auch abreißt. Was ein stressiger FC-Auftakt.
Im Verlauf des Angeltages stelle ich fest, dass das Material und ich noch fremdeln. Zwar wurde es mit dem Werfen deutlich besser, als ich meine Fliehkraftbremse deutlich stärker aktiviert hatte, aber man sich echt erst mal dran gewöhnen, dass die Bisse relativ dumpf ankommen, wenn sie nicht gar nur über ein Schnurzucken an der Einstichstelle im Wasser manifestieren. Um das zu bemerken, muss man die Schnur aber sehen. Das ist nicht immer einfach bei einer durchsichtigen Sehne. Bei manchen Lichtverhältnissen ist das sogar unmöglich.
Fluorocarbon-Nachteile
- Durch die Dehnung spürt man die Bisse nicht so deutlich wie mit Geflochtener.
- Die Schnurbeobachtung fällt aufgrund der Transparenz deutlich schwerer als mit einer eingefärbten Geflochtenen.
Allerdings: Das Drillen macht mit der elastischen Fluorocarbon-Schnur mehr Spaß. Und zum Ende des Angeltages wurde ich für meinen Schnurwechsel tatsächlich in Form eines stilecht FC-gerubberten Schwarzbarsches belohnt.
So richtig sicher war ich mir aber nicht, ob das mit dem FC und mir was werden wird. Über ein paar Konsequenzen, die die Fluorocarbon-Angelei mit sich bringen würde, war ich mir aber klar.
Fluorocarbon-Konsequenzen
- Ich muss viel konzentrierter angeln, weil ich ständig auf der Hut sein muss, um keinen dieser subtilen „Schnurbisse“ zu verpassen.
- Ich muss an meinem Anhieb arbeiten. Der muss erstens beim minimalsten Ruckler kommen und zweitens viel stärker werden. Mit meiner Geflecht-Biss-Verwertung bin ich superzufrieden. Da kommt ein ganz kurzer Impuls, der den Haken zuverlässig eintreibt. Der reicht aber nicht aus, um die FC-Dehnung zu kompensieren. Am Ende wird es evtl. darauf hinaus laufen, die Rutenspitze kurz abzusenken, anzukurbeln und voll durchzuziehen.
- Das Hängerlösen wird zur Herausforderung. Das 12 lb Fluorocarbon ist superstark. Aber es dehnt sich, so dass der Schnipstrick nicht so gut funktioniert wie bei Geflochtener. Und wenn ein Jig dann mal festsitzt, hat man richtig zu tun, die Schnur zu reißen. Wobei ich den Eindruck hatte, weniger Hänger mit FC zu bekommen – evtl. weil der Anziehwinkel (sinkende vs. schwimmende Schnur) anders ist? Oder weil Fluorocarbon dicker ist und der Köder aller Sinkqualitäten zum Trotz langsamer sinkt?
Fluorocarbon-Fazit
Ich habe es in den folgenden 3 Wochen immer wieder mit Fluorocarbon probiert und FC zum Jiggen, Cranken und Spinnerbaiten eingesetzt. Inzwischen habe ich eine Meinung zu der Sache. Für mich muss zum Jiggen wieder Geflecht auf die Rolle. Ich stehe auf harte Bisse. Bis der Übergriff auf meinen Köder über die Dehnsehne bei mir im Hirn ankommt, hat der Fisch das Teil bereits als Fremdkörper identifiziert und oft schon ausgeblasen. Mein Anhieb ist außerdem zu lasch für die Dehnung. Zumindest zum Jiggen und auf Distanz. Aber: Zum Spinnerbaitangeln würde ich nix anderes mehr nehmen als Fluorocarbon. Die Elastizität unterstützt den Wurf. Man braucht viel weniger Kraft. Und auch der Druck aufs Handgelenk der Rutenhand ist viel schwächer. Durch die komplette Streckung (aufgrund des hohen Einzugwiderstandes des Spinnerbaits) kommen die Bisse gut an. Außerdem kommt es mir zugute, dass man beim Spinnerbait-Fischen eh nicht hart anschlagen soll bzw. muss. Da reicht ein lockeres Sweepen zur Seite weg.
Zum Cranken nehme ich noch lieber Mono als Fluorocarbon, weil sich Mono noch entspannter fischt. Würde ich allerdings konsequent über den Boden schrubben, wäre mir FC viel lieber als Geflecht plus Fluorocarbon-Leader.
Ich werde das Jiggen mit Fluorocarbon immer weiter testen. Und natürlich auch das Finesseangeln. Schließlich ist es nicht einzusehen, dass andere auch beim Gummifischangeln auf Zander, Hecht und Barsch mit dem Material klarkommen und ich nicht. Ich werde meine Sinne schärfen und für den härteren Anhieb ins Fitness-Studio gehen. Vielleicht kommt dann irgendwann mal ein Bericht, der euch erzählt, wie dumm es damals war, einen Artikel zu verfassen, der die Tauglichkeit von Fluorocarbon zum Jiggen angezweifelt hat. Wir werden sehen. (Zu dem Thema kommt evtl. noch eine BATV-Folge.)
Vielleicht können die FC-Experten ja ein paar Kommentare unter den Artikel hier schreiben, ob sie auch solche Anlaufschwierigkeiten mit Fluorocarbon hatten und wie sie diese überwunden haben.