Tackle-Tipps Fluocarbon meets Hardmono
Als das Hardmono auf den Markt kam, ging ein Ruck durch die Hechtanglerszene. Gerade kapitale Bewohner klarer Gewässer nehmen die Köder am nahezu unsichtbaren „Geistervorfach“ weit weniger argwöhnisch. Genauso erfreut reagierten die Fliegenfischer als sie Fluocarbonschnüre (korrekt Fluorocarbon, aber ich bleib bei der Abkürzung der Abkürzung) für sich entdeckten. Kein Wunder, denn gerade die abgebrühten Großforellen im klaren Wasser sind ja oft extrem schwer zu fangen. Hier schlagen die Vorteile von Fluocarbon besonders zu Buche. Erstens sehen die Fische die Schnur nicht. Zweitens sinkt sie schneller ab als Monofile im gleichen Durchmesser. Drittens gestaltet sich das Durchscheuern der Schnur während der Fluchten entlang von Steinen für die gehakten Salmoniden wesentlich schwieriger als mit anderen Schnüren.
Aber wie kommt’s? Was sind eigentlich die Eigenschaften dieser Schnüre, die doch auf den ersten Blick genauso aussehen wie eine Monofile?
Argumente pro Fluocarbon
Sichtigkeit: Fluocarbon hat die gleiche Lichtbrechung wie Wasser. Das bedeutet, dass sich einfallendes Licht, nicht in der Schnur „widerspiegelt“. Die Verbindung zwischen Angler und Köder ist also unsichtbar für den Fisch. Das kann man sehr leicht testen, indem man einmal ein Stück Fluocarbon neben ein Stück Monofile in die Badewanne legt. Der Unterschied ist eklatant!
Eigengewicht: Fluocarbon weist eine höhere spezifische Dichte als andere monofile und unversiegelte geflochtene Schnüre. Die Schnur ist dadurch zum Beispiel schwerer als Wasser und sinkt immer. Dadurch fällt ein Köder bei gleichem Schnurdurchmesser um einiges schneller als an einer herkömmlichen Monofilen. So kann man unter identischen Bedingungen viel feiner fischen (z.B. mit leichteren Ködern beim Spinnfischen).
Abriebfestigkeit: Fluocarbon ist um einiges abriebfester als andere Schnüre. In großen Durchmessern (ab 0,6 mm) kann man das Material als weitgehend hechtsicher betrachten (trotzdem sollte man es nach dem Landen eines Hechtes auf Bissspuren kontrollieren). Versuchen Sie einmal eine 18er Monofile durchzubeißen. Kein Problem. Und dann eine 18er Fluocarbonschnur. Aua! Auf Dauer nicht gut für den Zahnschmelz.
Steife: Fluocarbon ist nicht nur abriebsfest, das Material ist auch hart und ziemlich steif (gerade in dickeren Durchmessern).
Memory-Effekt: Fluocarbon hat ein schlechtes Gedächtnis. Wenn sich die Schnur einmal verdrallt, wird man diesen Spin nach ein paar Würfen wieder los.
Hardmono ist eine oberflächenbehandelte Nylonschnur, auf die aber auch fast alle Fluocarbon-Eigenschaften zutreffen: abriebsfest, kringelfrei, steif und nahezu transparent.
Fluocarbon und Hardmono in der Angelpraxis
Mit dem Hardmono-Vorfach zum Hechtangeln und dem Vorfach zum Nymphenfischen, sind ja bereits zwei Einsatzgebiete von Fluocarbon genannt. Wenn ein Schnurtyp nun aber so viele entscheidende Vorteile in sich vereint, dann muss dieses doch auch für eine Menge andere Zielfische und Einsatzzwecke interessant sein. Tatsächlich sind die beiden Schnurtypen aus der modernen Angelei nicht mehr wegzudenken. Denn oft gibt es Situationen, in denen die Verwendung den einzigen Weg zum Fisch darstellt. Nach den Fliegenfischern und Hecht-Spezis haben auch Karpfen-Angler, Meerforellen-Fans, Barsch-Experten etc. Verwendung für die unsichtbare Verbindung zum Köder gefunden. Und wenn man ein wenig nachdenkt, finden sich noch viele andere Einsatzgebiete, in denen man mit einer unsichtbaren Schnur besser beraten ist:
Hardmono statt Stahlvorfach
Als Vorfachmaterial zum Hechtangeln hat Hardmono den Vorteil, dass der Augenräuber beim Angriff keinen Verdacht schöpft. Doch damit man relativ sicher sein kann, dass die Hechtzähne den Köder nicht von der Schnur trennen, muss man recht dicke Durchmesser (ab 0,6 mm) fischen.
Die einen meinen, dass dadurch die Vorteile schon wieder verloren gehen. Die anderen freuen sich, dass sich die Köder beim Spinnfischen am steifen Vorfach nicht mehr so leicht einwickeln. Ein dickes Hardmono-Vorfach ersetzt schon fast eine Spinnstange. Allerdings sollen schon Hechte am Hardmono abgekommen sein. Deshalb nach jeden erfolgreichen Drill checken, ob da noch alles in Ordnung ist. Im Zweifelsfall austauschen.
Beim Hornhechtblinkern in der Boddenregion ballern auch öfter Hechte auf den Köder. Ist das 5 cm lange Stückchen Schnur, das man zwischen Blinker und Drilling schaltet, aus Hardmono, hält man erstens die Hechte und zweitens riffeln die vielen feinen Zähne der eigentlichen Zielfische nicht so effektiv an der Sehne.
Fluocarbon als Spinnvorfach
Auch beim Spinnfischen auf weniger bezahnte Räuber setze ich oft auf ein dünnes Vorfach aus Fluocarbon, das mit einem doppelten Grinnerknoten mit der geflochtenen Hauptschnur verbunden wird, der meines Erachtens fast 100 Prozent Tragkraft erhält, wenn man eine beschichtete Geflochtene als Hauptschnur fischt. Beim Spinnen auf schnurscheue Dickbarsche reicht mir ein ca. 1,5 m langes Stück 18er Vanish aus, das ich an die 10er Fireline knüpfe. Zusätzlicher Vorteil ist, dass ich weniger Aussteiger habe, da sich das Fluocarbonvorfach im Gegensatz zur Hauptschnur etwas dehnt, somit einen Puffer darstellt und sich die Barsche so nicht so einfach abschütteln können.
Selbiges Argument gilt auch beim Meerforellenangeln. Nur dass die Experten hier das Vorfach länger wählen (ca. 2 bis 3 m). Hintergrund: Die Mefos und Dorsche stehen gern zwischen Findlingen. Um die Abriebsfestigkeit von Fluocarbon auch wirklich effektiv zu nutzen, braucht man ein längeres Vorfach. So können die Fische auch mal an den Steinen entlang rasen, ohne dass man Angst haben muss, sie zu verlieren. Allerdings sollte man den Knoten immer wieder mal kontrollieren und ein neues Vorfach anknüpfen, wenn man feststellt, dass er ausfranst (das passiert nach vielen Gewaltwürfen, bei denen der Knoten mit Hochgeschwindigkeit durch die Beringung zischt).
Beim Sbirolinoangeln liegt die Krux der Methode im Drehmoment des Köders. Man zieht die Köder ja ganz bewusst so auf den Haken, dass sie sich wie kleine Propeller durchs Wasser schrauben, nämlich L-förmig. Mit einem Dreifachwirbel oder kugelgelagerten Wirbel kann man dem dadurch entstehenden Drall entgegenwirken. Wegen des geringen Memory-Effektes sorgt ein 1,5 bis 2 m langes Fluocarbonvorfach dafür, dass sich die Verbindung zwischen Köder und Sbiro immer wieder selbst entkringelt.
Fluocarbon als Anti-Tangle- bzw. Snag-Leader
Beim Karpfenangeln macht Hardmono vor allem in klaren Gewässern und solchen mit einem hohen Aufkommen an Flusskrebsen und Krabben Sinn. Denn wenn die Flusskrebse am Vorfach herumwerkeln, vertüddeln sie dieses ganz gern einmal. Im schlimmsten Fall wird die Monatage dadurch unbrauchbar und liegt sinnlos am Gewässergrund. Einen größeren Horror kann man sich als Karpfenangler wohl kaum vorstellen. Die Steife verhindert auch, dass dieses Malheur bereits beim Auswerfen auftritt, z.B. indem sich das Rig um die Hauptschnur wickelt. Das Vorfach darf allerdings nicht als nicht länger als 20 cm messen. Experten fischen bei der Verwendung von Popup-Boilies gern ein so genanntes Kombi-Link. An das 50er Hardmono wird hierbei über einen Wirbel ein 5 cm langes Stück geflochtene gebunden. Um den Wirbel kommt etwas Knetblei, so dass nur die Geflochtene auftreibt. Aber auch wer viel an Muschelbänken und an Hindernissen fischt, wird die Abriebfestigkeit des Materials schnell schätzen lernen. Der Snag-Leader besteht aus 50er Hardmono und misst mindestens 3 Rutenlängen. Die Montage hat natürlich eine viel geringere Scheuchwirkung als dicke Geflochtene oder Amnesia.
In der Welsangel-Szene ist Hardmono umstritten. Im Ausland wird auf Welse oft mit lebenden Ködern vom driftenden Boot geangelt. Gerade Aale haben oft die Eigenschaft eben nicht nur zum Gewässergrund zu streben, sondern sich auch mal um die komplette Montage herumzuwickeln. Selbst wenn man sie im letzten Drittel anködert, besteht die Gefahr, dass sie ein geschmeidiges Vorfach um die Montage wickeln. Das steife Hardmono verhindert das. Kritiker sind der Ansicht, dass das Material die Welse daran hindern könnte, den Aal unbehindert einzusaugen. Die Montage: Je nach Wassertiefe wird mit oder ohne Pose gefischt. Am 50 cm bis 1 m langen Vorfach sitzt ein Einzelhaken (von Leitner oder Wallerkalle) der Größe 10/0. Am einfachsten ist es, ein 50 bis 200 Gramm schweres Blei über dem Karabiner an der Hauptschnur zu montieren und vertikal zu fischen. Wer auf den optischen Bissanzeiger nicht verzichten will, kann eine dicke Pose verwenden. Ein dickes Hardmono-Vorfach sorgt außerdem dafür, dass die Welse die Verbindung zum Angler mit ihren vielen kleinen Zähnen nicht durchscheuern.
Fluocarbon beim Oberflächenangeln
Wann immer ein Köder an der Wasseroberfläche präsentiert wird, ist Fluocarbon die beste Schnurwahl. Denn es ist nicht nur unter Wasser unsichtbar.
Fluocarbon wirft kaum Schatten, der die Fische misstrauisch machen könnte. Viele Angler schwören beim stationären Oberflächenangeln auf einen Auftriebskörper in Verbindung mit einem Grundblei. Dabei entspricht das Fluocarbonvorfach in etwa der Wassertiefe (etwas länger). Mit einem Grundblei verankert man die Montage am Angelplatz. Kurz vor den Haken kommt ein Auftriebskörper (z.B. ein Stück Styropor oder besser, weil unauffälliger, ein Stück Naturkork oder ein Stöckchen).
Aber auch beim Fischen mit einer Wasserkugel oder an der freien Leine mit Schwimmbrot bzw. Insekten verhindert Fluocarbon, dass die Fische den Braten zu früh riechen, da sie die aufliegende Schnur nicht so einfach erkennen können. Außerdem liegt die Schnur aufgrund der Steife schön gestreckt auf dem Wasser. Allerdings muss man die Fluocarbonschnur zum Oberflächenangeln immer sauber fetten, da das Material ja an sich nicht schwimmt.