Gewässer-Tipps Familienurlaub mit Knalleffekt auf Gran Canaria
Puerto de Mogan, Gran Canaria: Sonne, Sand und Meer… Die Ferien fingen ganz harmlos an. Wir hatten eine wunderschöne Unterkunft in Puerto de Mogan gebucht und waren heilfroh, dass wir an den Hotelsilos von Maspalomas und den mit Terrassensiedlungen vollgepappten Hängen einiger anderer Buchten vorbeifahren konnten. Eigentlich hatte ich vorgehabt, in den Bergen nach Stauseen mit Schwarzbarschen zu forschen, aber nach einigen Ausflügen mit der Familie zeichnete es sich ab, dass das irgendwie mühsam werden würde. So genossen wir erst mal das angenehme Klima, während zuhause der Herbst Einzug hielt…
Unser Appartement war direkt am Yachthafen und in dem klaren Wasser konnte man allerhand Fische beobachten: die allgegenwärtigen Meeräschen, aber auch kleine Barrakudas, Lippfische, eine Art Papageienfisch und sogar einen Trompetenfisch.
So vergingen die Tage und meine zahlreich mitgeschleppten Angelsachen („Nur das allernötigste“) dämmerten vor sich hin. Den Jagdtrieb lebte ich ausschliesslich an den Kakerlaken aus, die sich in dem milden Klima offenbar auch sehr wohl fühlten. Als ich es dann aber eines Morgens nicht mehr aushielt, drehte ich eine kleine Spinnfischerrunde durch den Hafen, wobei allerdings schon bald ein Yachtbesitzer mich auf ein (reales?) Angelverbot im Hafen hinwies. Na gut, dann halt an der Spitze der Mole in der Einfahrt. Viel tat sich nicht, obwohl hin und wieder einer der kleinen Barrakudas meinen Ködern hinterhereilte und einmal gar ein Stück aus einem Gufi rausbiss.
Als ich nach einem Fehlwurf (Multirolle…) meinen Flying C dann im Höllentempo einholte, schnappte vor meinen Füssen plötzlich ein Fischchen danach, dass bei näherem Hinsehen mit seinem verhältnismässig riesigen, zähnestarrenden Maul ziemlich furchterregend aussah: ein Eidechsenfisch! Die Zähne waren dann aber recht weich zum Anfassen.
Es geht los
Nach weiteren Tagen mit Ausflügen zu einer Krokodilfarm und einem Vogelpark gebe ich dem Drängen meiner Tochter nach und wir Angeln noch mal etwas im Hafen mit der Hegene: ein kleiner Lippfisch, ein schwarz-blauer Fahnenbarsch und ein weitere Eidechsenfisch sind die (spärliche) Ausbeute. Jetzt verabreden wir uns aber mit dem Kapitän der Shalina zu einer Hochseetour. Als wir „früh morgens“ antanzen, erst mal eine herbe Enttäuschung, wegen Motorschaden fällt die Tour ins Wasser. Unverrichteter Dinge ziehe ich mit meiner Tochter von dannen und hoffe inständig, dass die Burschen es schaffen, bis Morgen den Kahn wieder Flott zu kriegen, schliesslich haben wir nur noch 2 Tage Zeit!
Am nächsten Morgen ist dann aber alles OK und wir fahren raus. Zunächst wird „Big-Game“ geschleppt mit 50-80 Lbs Gerät, bis wir an einen Abhang komme, wo das Wasser bis gegen 500 m tief wird. Jetzt wird von der Crew eine Boje mit einem grossen Netz volle Steine verankert. Daran wir dann das Boot festgemacht und jetzt heisst es, in der Tiefe angeln. Angefüttert wird mit den Überresten der Makrelen, deren Filets als Hakenköder dienen. Weil die Trollingsaison sich dem Ende neigt, wird also der Angelplatz fürs Tiefseefischen vorbereitet. Mit dem schweren Gerät dauert das Hochkurbeln der Montagen jeweils Ewigkeiten, ab und zu ist dann kleiner Fisch dran, zweimal sogar kleine Haie und manchmal sind Haken abgebissen. Alles in allem kein berauschender Erfolg, aber beim Trollen zurück zum Hafen beisst dann ein rechter Brocken von einem Wahoo, der mit 41 Kg durchaus als Kapital anzusehen ist, leider zwar nicht auf meine Rute, aber ein Spektakuläres Erlebnis ist’s allemal. Spontan beschliesse ich dann, morgen, am letzten Urlaubstag, noch mal mit raus zu fahren.
Der letzte Tag
Wieder sind wir, meine Tochter und ich, pünktlich am Steg und bald geht die Fahrt los. Wir trollen bis zur Futterboje und dann wird von der Crew wieder das Tiefseegeschirr bereit gemacht. Diesmal allerdings kriegen alle Stahlvorfächer verpasst. Wieder das gleiche Spiel wie gestern: elend langes Einkurbeln und ab und zu ein kleines Tiefseefischlein. Dann krümmt sich aber plötzlich eins der 80Lbs Knüppel und die Bremse knarrt! Die Crew, die zuvor noch lässig in den Seilen hing und die Kurbeltorturen der „Touristen“ mit spöttischen Bemerkungen würzte, hüpft plötzlich umher und schreit „Big Fish! Big Fish!“. Und das beste: es ist „meine“ Rute! Sie wird mir gereicht und ich steck das Ende in den Gimbal. Das zieht aber ganz ordentlich am anderen Ende! Was mir aber wirklich Sorgen macht, ist, dass der Spulenkern schon deutlich zu sehen ist, und der Fisch gelegentlich Schnur zieht. Irgendwie bereute ich mich seelisch schon mal auf die Enttäuschung vor, den Fisch, der sicher der grösste meines Lebens wäre, wegen mangelnder Schnurreserven zu verlieren. Aber so ganz rassig zieht der auch nicht ab und ich kann ab und zu auch ganz langsam etwas Schnur zurückholen. Nach c. 5 Minuten stehendem Drill darf ich dann in den Kampfstuhl und krieg einen Gurt umgeschnallt, so geht das Pumpen doch leichter und ich kann mehr Druck ausüben. Trotzdem bleibt der Kampf auf Messers schneide, immer wieder zieht der Fisch langsam und unwiderstehlich die Mühsam reingepumpte Schnur wieder von der Rolle. Mit viel Fingerspitzengefühl reguliert eines der Crewmitglieder die Bremskraft und ich darf weiterpumpen. Dann, nach vielleicht einer halben Stunde, zeigt der Fisch zum ersten mal eine Schwächephase und ich kann richtig gut rankurbeln, jedoch nicht lange und dann zieht er wieder ab. Trotzdem spüre ich, dass ich Oberhand gewinne und werde jetzt optimistischer. Der Schweiss läuft mir in Bächen runter und die Glieder schmerzen auch schon etwas, doch ich bin durch und durch glücklich. Aber musste der unbedingt in 500m Tiefe beissen? Wenn ich denke, was für ein Anstrengung schon nur das Einkurbeln der Montage jeweils war…
Der Kampf wird jetzt zur Routine und langsam fängt ein heiteres Ratespiel an, wer da wohl das Makrelenfilet geschnappt hat: Ein grosser Thun, ein Schwertfisch oder ein Hai sind die häufigsten Tipps. Als der Fisch höher kommt und dann stark zu Seite zieht, meint Mick, der Engländer: ganz klar ein Hai, jetzt probiert er das Boot zum Kentern zu bringen! ;) Meine Tochter ist vom ganzen gar nicht so beeindruckt, nach über einer Stunde fragt sie, ob ich sie aufs Klo begleiten kann und als ich ihr sage, dass ich zuerst noch mit dem grossen Fisch fertig kämpfen muss, meint sie nur „ach so…“. Nach 90 Minuten kommt der Fisch dann endlich an die Oberfläche, aber abgekämpft ist er noch nicht, sondern schlägt wild um sich und das Wasser zu Schaum. Frauen und Kinder müssen auf die Fly (die „Dachterrasse“ auf der Kabine, wo auch noch eine Steuereinheit untergebracht ist) und die Crew bewaffnet sich mit (fliegenden) Gaffs. Jetzt wird’s ziemlich wild, den der Haifisch (wie man jetzt sieht), legt noch ein paar gute Fluchten am fliegenden Gaff hin. Ich sehe, dass ich jetzt mit dem Ausgang des Kampfes nichts mehr zu tun hab und geh zu meiner Tochter aufs Fly. Ein Blick zu ihr rüber sagt mir, dass sie Todesangst hat: sie guckt ganz starr und ist extrem bleich. Auf meine Frage, ob alles OK ist, fragt sie: Papi, kann der Hai die Treppe hoch? Als ich lachend verneine, beruhigt sie sich etwas.
Schliesslich wird der Fisch gebändigt. Ich find’s zwar schade, dass offenbar kein generelles releasen (=zurücksetzen) von Haien stattfindet, aber das war schon beim Einsatz der Gaffs klar. Jetzt wird erst mal auf den gelungenen Fang angestossen und dann beschliesst der Kapitän spontan, noch zu den Delfinen rauszufahren, die er auch nach 10 Minuten gefunden hat. Was man dann auch immer wieder sieht, sind fliegende Fische und dann sogar die Fontäne eines blasenden Wals! Das war jetzt aber ein schöner Abschluss eines Strandurlaubs (fast) ohne Angeln. Der Hai wurde übrigens auf dem Fischmarkt der ortsansässigen Berufsfischer verkauft und wog 91 Kg bei 3,20 m Länge. Ich habe ihn als Grossaugen-Fuchsschwanzhai identifiziert.
Bootstour von Puerto de Mogan: Shalina-Yachting
Autor: Tilman Fliegel, Spinnfischen auf Raubfische, http://home.intergga.ch/til