Fangberichte Drei Tage am Hauptbarsch
Als ich das letzte Mal (Anfang September) mit David am Peenestrom war
und mich mit Barschlegende Karlheinz aka Oppi über das derzeitige
Barschangeln unterhalten habe, viel die Antwort recht ernüchternd aus:
„Ich fahr jetzt noch nicht raus. Lohnt sich doch alles nicht. Ich warte
auf den HAUPTBARSCH!“ Aha. Werden wir ja sehen, dachte ich. Doch Oppi
behielt Recht. Tatsächlich haben uns die Barsche damals ziemlich im
Stich gelassen. „Das lohnt sich erst im November so richtig. Da werdet
ihr dann richtig abräumen“, so Oppis Trost.
Der Hauptbarsch? Ein Boddenphänomen! Jedes Jahr zieht er von der Ostsee
und den Bodden in die angeschlossenen Gewässersysteme, bildet hier
große Schwärme und lehrt den Kaulbarschen, Plötzen und Krebschen dann
das Fürchten.
Nun denn. Bis November haben wir es nicht ganz ausgehalten. Schließlich hat Hacki mich schon mal vor zwei Wochen angerufen und mir von einem sensationellen Barschtag auf der Entenfarm (eine unserer bevorzugten Hecht- und Zanderplätze am Strom) berichtet, an dem es die 40er nur so gehagelt hat. Eine Woche später war David mit einem Kumpel in Karlshagen (noch etwas nördlicher im Strom) und hat einen Tag der Extraklasse abgegriffen, an dem die Barsche völlig außer Rand und Band waren. Und so konnte ich es kaum erwarten, dass es endlich mal wieder rauf in den hohen Nordosten geht. Natürlich in der Hoffnung, ebenfalls einen solchen Tag zu erwischen.
Letzten Donnerstag war es dann soweit. Zusammen mit Hacki ging es raus aufs Wasser. Erster Wurf an der Entenfarm: 35er Barsch. Kein Foto. Denn es würden ja noch ohne Ende dicke Dinger folgen. Von wegen. Alles, was da kam, waren ein paar Zander bis 60 cm. Vom Hauptbarsch allerdings fehlte jede Spur. Es blieb bei dem 35er.
Am nächsten Tag ging es mit Lars, Berthold und Volker aus Magdeburg aufs Wasser. Wir probierten es gleich mal vor der Haustür. Erster Ankerplatz: Fehlanzeige. Das Selbe beim zweiten. Beim dritten auch. Und auch beim vierten. Ich war mir schon sicher, dass wir hier wohl nicht fündig werden. Doch beim fünften Versuch, waren wir plötzlich voll am Fisch.
Die Fische bissen auf den Twister am Schwimmkopf genauso wie auf den schnell gezupften No-Action-Shad. Die größten Räuber aber wollten unbedingt einen grünen 5 cm-Kopyto – am liebsten, wenn der von Lars über den Grund gezupft wurde.
Wir verließen diesen Ankerplatz nur einmal, um im Karlshagener Hafen kurz einen Kaffee zu uns nehmen. Dann ging es weiter.
Zum Schluss hatten alle Fraktionen einen netten Haufen Filetbarsche zusammengeangelt, die wir uns dann abends mit Bratkartoffeln und Sahnemeerrettich haben schmecken lassen.
Das gab Kraft für den nächsten Tag, an dem David und ich ein kleines Mietboot nahmen, um uns pünktlich um acht wieder in Richtung Hauptbarsch zu manövrieren. Waren wir gespannt. Schließlich können sich die Dinge am Strom über Nacht schlagartig verändern. Denn sobald der Wind dreht oder schwächer wird, hat das Auswirkung auf die Strömungsrichtung bzw. ihre Geschwindigkeit. Und das wiederum hat zufolge, dass sich die Fische umstellen.
Prompt gab es an der ersten Stelle auch direkt mal keine Bisse. Obwohl die Strömung mit der vom Vortag übereinstimmte und es eigentlich nur nebliger als gestern war.
Also schnell mal umsetzen. Diesmal war die Welt schon nach dem zweiten Versuch in Ordnung. Mehr als das! Denn was sich in den nächsten 8 Stunden vor unseren Rutenspitze abspielen sollte, war einfach wunderbar. Zwar waren die ganz großen Barsche offensichtlich noch nicht am Set. Aber wenn ich von einem 30er-Durchschnitt schreibe, übertreibe ich kein bisschen.
Ausgehungert? Wütend? Oder einfach nur übermotiviert? Egal. Jedenfalls setze es Biss auf Biss auf unsere Köder. Apropos Köder: Zum Testen hatten wir ein paar der neuen Berkley-Ami-Kits im Gepäck – Rundumsorglospakete für Spinnangler, deren Inhalt auf Siliconbasis auch Blei und Haken beiliegen.
Und damit lagen wir wohl voll im Trend. Denn egal, ob wir die Dropshot-Würmer oder das Texas-Material ausprobierten, es hat funktioniert. Oft kamen dabei richtig schöne Fische heraus.
Aber Angeln war dann doch interessanter. Und so folgte ein Barsch auf den nächsten. Zum Schluss wurden unsere Köder dann immer verwegener. Und selbst auf die Powerbait-Schlange in electric grape am extrem kurzen Haken kamen immer wieder beherzte Bisse. Allerdings blieben da dann wirklich nur die Fische hängen, die den Köder so richtig haben wollten. Mal gingen die Fische auf den Kopf.
Manchmal nahmen sie die Teile aber auch komplett. So verbirgt sich in diesem Maul hier…
… ebenfalls der ziemlich lange Köder.
Am nächsten Tag – es war inzwischen Sonntag und David und ich waren wieder zu zweit – hat es zwar gleich auf Anhieb geklappt. Schon am ersten Ankerplatz kam ein Fisch auf den nächsten.
Allerdings ließ das Beißen im Verlauf des Tages etwas nach, was vielleicht daran lag, dass sich nun auch die Hechte eingefunden hatten. Allerdings war auch das Whoiswho der Hechtanglerszene am Start. Und so konnten wir live bestaunen, wie das aussieht, wenn Manneglasauge einen knappen Meter dressiert.
Irgendwann waren wir dann aber auch durch. Und so ging es glücklich und zufrieden wieder in den Museumshafen, wo wir dann das Boot festmachten und dann das Auto für die Heimfahrt beluden. Und drei Stunden später waren wir wieder in Berlin.
Und das Beste daran: Das war eigentlich erst die Vorhut des Hauptbarsches! Denn der wartet noch ein bisschen da draußen, bis es sich richtig lohnt, in den Peenestrom zu schwimmen. Seine große Stunde schlägt, wenn das Kraut im Uferbereich abgestorben ist und die kleinen Fischchen dann aus ihren Verstecken ins Tiefe ziehen. Dann kommen die dicken Klopper oft scharenweise in unsere Reichweite. Und dann ist nicht nur Oppi Karlheinz pünktlich zu Stelle…