Fangberichte Die Russen sind da


Endlich! Endlich ist es wieder Abend und man kann drei Schritte gehen ohne um seinen Kreislauf fürchten zu müssen. Das Tackle liegt im Auto und der Weg zur Mutter aller Hotspots ist eigentlich nicht weit. Aber auf dem Weg zum Angeln ist jede rote Ampel eine echte Nervenbelastung; wertvolle Sekunden verstreichen, in denen die Räuber schon weiter gezogen sein könnten und das alles nur weil die Kartoffeln nicht gar werden wollten. Das mir solche Gedanken an diesem Tag durch den Kopf gehen würden, hätte ich eine Woche zuvor nicht für möglich gehalten.

„Komm doch ein paar Tage bei uns vorbei, wir haben in Haren ein Ferienhaus gemietet.“, hatte meine Mom mir angeboten. „Ja, mal gucken wie ich Zeit habe“, war meine ausweichende Antwort. Erstmal gucken wie man da so angeln kann, wäre wohl treffender gewesen, aber so was sagt man seinen Erzeugern ja nicht. Die Internetrecherche förderte nichts Brauchbares zutage, außer das Haren an der Ems der Ort mit der wohl höchsten Anzahl an Alkoholvergiftungen ist, da es die Heimat des berühmt berüchtigten Schloss Dankern ist.

Denjenigen von Euch, die im Westen der Republik die Schulbank gedrückt haben oder noch drücken, dürfte das Standartklassenfahrtszielziel aller einfallslosen Lehrer ein Begriff sein und alle anderen sind um eine nutzlose Information reicher. Aus anglerischer Sicht interessant ist, dass die Ems in Haren schon mit dem Dortmund-Ems-Kanal verbunden ist, also kanalartig befestigte Uferstrukturen vorherrschen.

Dabei hat man sich allerdings nicht überall an den ursprünglichen Flussverlauf gehalten, sondern besonders ausladende Kurven einfach durchstochen, so dass zahlreiche Altarme entstanden sind.

Wie mir CatchandReleaseIt im Forum verriet, stehen die Raubfische im Sommer vor den Krautfeldern im Uferbereich. Da ich in einer Bierlaune dem russischen Freund einer Freundin, die ebenfalls in der Ecke waren, versprochen hatte mit ihm angeln zu gehen, fand ich mich am Morgen des ersten Tages auf einem Angelhocker wieder, wo ich gerade eine Plumpsangel montierte, anstatt meine neue Skeletor zünftig einzuweihen. Die Sache hatte allerdings auch etwas Lehrreiches, denn ich musste feststellen, dass die Krautfelder am Ufer Spinnfischen nahezu unmöglich machten. Barsche waren auf jeden Fall da, aber während ich mit der Spinnrute dauernd Kraut fing, hatte Denize an der Matchrute teilweise Biss auf Biss. Neben den Barschen waren es vor allem feiste Rotaugen, die sich für die Maden interessierten.

Spinnfischen an der Strecke fiel also raus und ich musste mir etwas anderes einfallen lassen. Nach dem Studium der Karte entschied ich mich es am „Neuen Hafen“ zu versuchen – ein Spot, der sich mit einer Steinschüttung, zahlreichen Schiffsanlegern nebst Schiffen, sowie wenig Uferbewuchs als zum Spinnfischen erheblich einfacher präsentierte. Es roch förmlich nach Barschen. Besonders interessant schien eine Stelle zu sein, die ich für mich sofort nach der Ansicht als „Mutter aller Hotspots“ bezeichnete. Steinschüttung, ein kleiner Einlauf, eine schwimmende Arbeitsplattform, ein festgelegtes Schiff und eine Spundwand auf ungefähr 150 qm Fläche dürften verdeutlichen, warum mir diese Bezeichnung sofort einfiel.

Erster Wurf, da war doch was… Fisch! Zwar nur ein Schniepel, aber ein Einstand nach Maß für die Skeli und mich.

Leider gab es dort auch reichlich Hänger, so dass auf jeden Fisch ungefähr ein Abriss kam. Auf eingeleiertes Gummi gab es keinen Bisse.

Nach ein wenig Gestöber in der Köderkiste förderte ich einen kleinen sinkenden Salmo Wobbler zutage, den ich mal reduziert gekauft hatte, der allerdings für meinen Hometurf gänzlich ungeeignet ist und deshalb bis jetzt ein sehr geruhsames Leben hatte. Während ich ihn gerade auf seinen Jungfernflug vorbereitete, polterte es hinter mir plötzlich gewaltig, eine Sekunde später kam im breiten russischen Akzent die obligatorische Frage: „Schon was gefangen?“. Ich drehte mich um und erblickte drei eindeutig osteuropäisch aussehende Typen im Format Kleiderschrank. Spontan entschloss ich mich den Rüffel für die laute Annäherung zu vergessen und sagte stattdessen: „Nee, ich glaube hier gibt’s nix…“.

Denn vor meinem geistigen Auge sah ich die Jungs schon Tauwürmer aufziehen und Barsche killen. Um meiner Aussage die nötige Glaubwürdigkeit zu verleihen warf ich den Wobbler mitten ins Hafenbecken, wo ich mir ziemlich sicher sein konnte keinen Barsch zu erwischen, da bis dato alle Fische an der Steinpackung gebissen hatten.

Diesmal auch, denn als der kleine Feuertiger die Packung erreicht hatte, gab es auf einmal einen heftigen Schlag nebst anschließenden Widerstand, der sich so gar nicht nach Barsch anfühlte – ein Hecht hatte sich den Wobbler gegriffen und führte im lauwarmen Wasser drei Meter und der Rutenspitze einen Heidentanz auf.

Nach kurzem, heftigem und von russischen Ausrufen begleiteten Drill konnte ich den Fisch landen. Nach dem schnellen Foto setzte ich den Fisch zurück, was meinen Zuschauern offenbar sehr suspekt war. Egal. Kurz darauf hauten die Jungs ab und ich konnte endlich damit beginnen, gezielt den Uferbereich zu beackern.

Neben weiteren Barschen ließ sich auch noch ein etwas kleinerer Hecht verführen.

Erwartungsgemäß fühlten sich die Gestreiften an und unter den Anlegern am wohlsten. Riesen waren zwar nicht dabei, aber es war trotzdem tolles Angeln, zumal sich die Fische in dem warmen Wasser in Topform präsentierten. Auffällig war, dass nur kleine kugelige Wobbler konstant gut fingen, während Spinner und kleine Gummis nur hin und wieder einen Fisch brachten.

In den nächsten Tagen suchte ich auf der Karte ähnliche Strukturen, fand allerdings keinen Spot mehr wie diesen und kehrte jeden Abend für ein bis zwei Stunden dahin zurück. Wie nicht anders zu erwarten, traf ich jeden Abend auf die Russen, die mit wachsender Verzweifelung und zunehmender Unfreundlichkeit dabei zusahen, wie ich konstant meine Fische fing, während sie mit ihren Teleruten der Marke Baumstamm, 40er Drachenschnur und Stahlvorfächern – dick genug um eines der dort verankerten Schiffe abzuschleppen – vollständig abblankten. Offensichtlich waren sie davon überzeugt, dass der Salmo das Geheimnis darstellte und fingen an, Geld für das kleine Goldstück zu bieten. Für das Gebot von fünfzehn Euronen erhielt der Russe mit dem dicksten und grünsten Stahlvorfach den Zuschlag. Die Karte für die Woche hatte zehn der Wobbler drei Euro gekostet.

Nachtrag:

I: Eigentlich hab ich was gegen Stereotypen, aber es war genauso wie beschrieben und deshalb ist es wohl bloß ein zufälliges Beispiel…

II: Fotos sind mit dem Handy gemacht sorry für die Quali…
 

J
  • J
    Jan
  • 25.07.2006
Ups, da geht's wohl mit der Autorenschaft ein wenig durcheinander. Ich hab den Artikel jedenfalls, wenn ich mich recht erinnere, nicht verfaßt, auch wenn freundlicherweise mein Name drunter steht. Habe da eher Crusher im Verdacht... :wink:
T
abwohl der schreibstil ganz nach jan "riecht".

egal von wem der artikel - toll ist er allemal. fein, fein. :D
Z
ja ein schöner bericht und petri zu den fischen! :D
C
Na Crusher ... dann hat´s ja geklappt mit den Fischen ... fein :D
C
Danke für die Blumen! Jan hat Recht. Zwar sind wir Namensvettern und ich hatte die e-mail an jd mit Jan unterschrieben, deshalb konnte ers (jd) net wissen-me studid.
Mache mich jetzt zur Weser auf (Oberweser-Oedelsheim) um meinem anderen Elternteil meine Aufwartung zu machen - ma gucken was da so geht.
Ach! Student müsste man sein :D
D
hoffe, du hattest nen schönen angeltag - den irrungen und wirrungen zum trotz :)
G
schöner bericht!
macht spass den zu lesen. :D
M
.. geschickt Fontanes Romantitel eingebastelt .. :wink:

<b>PETRI Crusher !</b> :)
T
Hab es erst jetzt gelesen. Endlich mal ein Bericht aus dem Emsland. JA den Ruf hat man als Emsländer weg, ein Säufer zu sein. Bei Schloss Dankern ist Sylvester immer richtig was los. Alle Bungalows sind vermietet und dan nsteigt da immer ne riesen Sause. Vor 2 Jahren hab ich da auch gefeiert.

Ich hab in Lingen bisher erst einen Hecht im Kanal gefangen und du kommst mal ebnd so daher und machst das auch. Petri! Ich hoffe du hattest Spaß im Emsland
T