Fangberichte Die Ostsee-Meter – Vorgeschmack auf’s Barsch-Alarm-Treffen
Wie sich das gehört, unternimmt man als Veranstalter eines Anglertreffens möglichst alles, damit sich die Teilnehmer im Nachhinein noch lange danach Geschichten erzählen. Und das macht man gerne. Besonders wenn sich die Vorbereitungsmaßnamen so gestalten wie gestern. Da bin ich nämlich noch lange vor dem Morgengrauen durch Nebelbänke und über unbefahrene Landstraßen nach Kröslin geeimert, um mich mit Hacki zum Reviercheck zu treffen. Der hatte mich eingeladen, einmal an einer der inzwischen schon legendären Hechttrolling-Touren auf die Ostsee teilzunehmen, so dass ich Euch hier einmal davon berichten kann. Was das mit unsrem Treffen zu tun hat? So eine Tour ist auch bei unserem Ausflug an den Peenestrom vom 7.11. bis 9.11.2003 im Angebot (Anmeldung hier im Forum).
Und ich kann Euch sagen, wer sich das entgehen lässt, ist selber schuld – es sei denn der Brötchengeber zahlt zu wenig: Um kurz nach 6 war ich am Hafen. Wenig später traf auch Hacki ein. Während wir das neue Trollingboot klar machten, wollte ich natürlich wissen, wie er unsere Chancen auf ein Hecht-Inferno einschätzt. Und da verklärte sich sein Blick. Viel Kraut sei zu erwarten. Und auch ne Menge Wind. Dazu noch Regen. Alles andere als Idealbedingungen also. Doch was dann folgte, war – auch wenn Hacki abschließend von einem „mausigen Tag“ sprach – ein absolut geniales und super krasses Hechtangel-Event der Sonderklasse…
Um es gleich vorweg zu nehmen: Insgesamt fingen Rüdiger, Jörg, sein Vater und ich sieben dicke Hechte. Davon vier über einen Meter. Zwei kamen schon ganz knapp an die magische Marke heran. Der kleinste war ca. 85 cm lang. Zwei Angler schraubten ihre persönliche Bestleistung gleich ganz gehörig nach oben. Und hätte sich nicht gleich am Anfang ein riesiges Exemplar direkt nach dem Biss aus dem Wasser katapultiert und dabei den Haken abgeschüttelt, wäre der 1,12 m lange Hecht von Rüdiger nicht der dickste Fisch gewesen, den wir wieder in die Fluten entlassen hätten.
Jetzt, da ich selber einmal dabei war, kann ich endlich aus eigener Erfahrung über die Angelei auf die Ostseehechte berichten:
Man muss sich das einmal vorstellen: Da gibt es tatsächlich eine fast schon eigenständige Hechtspezies, die sich komplett auf das Leben im Salzwasser eingerichtet hat. Diesen Hechten reicht es zum Überleben, dass der Salzgehalt der Ostsee hier durch das vom Festland kommende Süßwasser ein wenig niedriger als ganz weit draußen vor der Küste ist. Ein ausschlaggebender Motivationsfaktor für diese Umstellung vom Leben im Süßwasser zur Existenz im Meer ist mit Sicherheit das Nahrungsangebot. Denn die Ostseehechte finden alles, was sie brauchen, um extrem gut abzuwachsen und so eine gesunde Population zu bilden. Vor allem die fetten Heringe, aber auch Flundern, Garnelen, Barsche, Dorsche, Tobiasfische usw. beschleunigen das Wachstum derart, dass ein „Ostsee-Meter“ evtl. nur 4 Jahre alt ist. Im Süßwasser braucht er dazu, je nach Nahrungsangebot, bis zu 10 Jahre.
Und genau auf diese Hechte hatten wir es abgesehen. Ca. 20 km vor der Küste, über einem Riff bei der Greifswalder Oie fanden wir einen Platz, an dem das Angeln unter den schwierigen Wetterbedingungen „einigermaßen möglich“ war (O-Ton Hacki). Nachdem wir das erste Mal unsere Wobbler an den Ottern ausgebracht hatten, wurden wir aber zunächst einmal vom BGB zurück gepfiffen. Die freundlichen Herren erkundigten sich nach den Fahrzeugpapieren, dem Führreschein, den Angellizenzen und schließlich auch danach, was wir mit unseren Gerätschaften denn so anstellen wollten. Nachdem dieses halbstündige Intermezzo erfolgreich überstanden war, konnte es richtig los gehen.
Unsere relativ großen Schwimmwobbler (Firetiger-Design, Redhead oder Goldfisch) ließen wir an den Auslegern parallel zum Boot laufen. Dazu kamen meist noch zwei Köder, die wir direkt hinter dem Boot her schleppten. Im Schraubenwasser sozusagen. Des starken Windes wegen blieb uns nicht wirklich viel Raum: nur auf einer Schleppstrecke von ca. 250 m liefen die Köder so, wie sich Hacki das vorstellte. Nämlich ohne dass der Wellengang sie aus dem Takt bringt. Denn die Riffhechte mögen am liebsten kerzengerade laufende Köder, die sie sauber anpeilen können.
Und schon am Ende der ersten Schleppstrecke fuhr es in eine der vielen Ruten. Jörgs Vater war der erste, der sich mit einem Ostsee-Monster messen durfte. Anstatt Schnur zu nehmen, stellte sich dieser Hecht einfach nur rein. Da gab es zunächst kein Vor und auch kein Zurück. Anfangs dachten wir deshalb auch schon mal kurz an einen Baumstann oder etwas Ähnliches. Irgendwann aber verrieten zwei Kopfstöße, dass da doch etwas Lebendiges hängen musste. Nur mit Mühe konnte unser Routinier an Bord den Fisch in Richtung Boot manövrieren. Doch irgendwann gab sich der Hecht geschlagen und Hacki konnte dann ein 1,05 m langes Exemplar keschern. Der Bann war gebrochen. Und das verdammt schnell.
Und so ging es gerade weiter: als Nächstes klingelte es an einer Rute, die direkt über meinem Kopf im Rutenahalter saß. Ich schlug an und nachdem der Fisch saß, gab ich Rüdiger die Rute. Wir hatten vereinbart, dass hier an Bord dem Alter Respekt gezollt wird, und so kam Rüdiger in den Genuss eines schweißtreibenden Drills. Mindestens eine Viertelstunde duellierte er sich mit dem Meeresbewohner und büste dabei die gewonnenen Meter immer wieder ein. Nach zehn Minuten musste er sich schon Kommentaren erwehren wie: „Mann, lass Dich mal nicht so feiern!“ Oder: „Fotografier ihn von vorn. Der hat nen ganz roten Kopf.“ Jedenfalls gab Rüdiger alles und konnte sich dann irgendwann über einen richtig schönen Klops freuen. Sein Hecht maß stolze 1,12 m. Und weil Rüdiger ein Herz für große Hechte hat, schwimmen die – wie fast alle Hechte, die wir gefangen haben (meine ja sowieso) – heute noch in der Ostsee.
Dann waren Jörg und ich wieder an der Reihe. Schließlich wieder Jörgs Vater. Doch das ging dann alles schon weniger zackig. Und es sollte auch nicht mehr ganz so im Abräum-Modus weitergehen. Denn entgegen der Vorhersage des Wetterdienstes verschlechterten sich die Wetterbedingungen. „Ab jetzt müssen wir uns die Fische hart erarbeiten, Leute.“ Hacki sprach’s und ging mit vollem Elan zu Sache. Auftackeln, abtackeln, Wobbler zu Wasser lassen, Boot wenden und wieder von vorne. Das war die Hauptbeschäftigung der nächsten Zeit. Immer wieder fuhren wir über das Riff. Dann hatte es wieder für Rüdiger geklingelt. Wie immer wenn einer von uns drillte, tuckerte das Boot ganz langsam weiter, so dass die Ausleger dem drillenden Angler nicht in den Weg kommen konnten. Und Ihr ahnt es sicher schon: Mit einem lauten Klicken löste sich eine Schnur aus einem Clip und so fand sich Jörg parallel zu Rüdi im Drill. Doch leider stiegen beide Hechte aus. Zuerst der von Rüdiger. Dann katapultierte sich auch noch der Fisch von Jörg aus dem Wasser und entledigte sich des Wobblers.
Weiter ging’s. Jetzt war ich endlich wieder an der Reihe. Nicht dass man den Kollegen den Drill nicht gönnt. Aber wenn man drei mal zugeschaut hat, befindet man sich schon auf Betriebstemperatur. Als dann der nächste Fisch zufasste, schnappte ich mir die Rute und schlug an. Sofort war mir klar: das ist ein etwas kräftigerer Fisch als mein erster. Denn erst mal zog der Kollege tüchtig Schnur von der Rolle. Und da eh schon mindestens 60 m draußen waren, ging es mir nicht anderes als Rüdiger. Der Drill artete in Arbeit aus. Jeden Meter, den ich gewann, holte sich der Fisch zurück. Aber ich will es jetzt auch nicht spannender machen als es war: zum Schluss landete er im Kescher und maß genau einen Meter.
Den Schlusspunkt setze Jörg mit einem weiteren guten Fisch. Doch dann war es höchste Zeit, abzubrechen. Das Wetter wurde immer rauer und wir wollten ja schließlich alle wieder heil an Land ankommen. Das taten wir nach einer ca. eineinhalbstündigen Achterbahnfahrt. An Land waren wir alle schwer begeistert. Nur Hacki fand das alles nicht so berauschend. „Aber was willst Du machen – bei dem Wetter.“ Naja. Wenn das ein schlechter Tag war, dann überlass ich es mal Eurer Phantasie, wie ein guter aussieht. Gedrillt hat es bei uns jedenfalls ganz ordentlich.
Die 350 Euro, die Hacki für so eine Ausfahrt aufruft, mögen zwar nicht ganz billig sein. In Anbetracht der Einmaligkeit eines solchen Ausritts ins Revier der Ostsee-Meter aber, ist das meines Erachtens voll in Ordnung. Das schnelle Boot ist fast schon ein Luxusliner. Und neben dem vielen Sprit investiert sich Hacki auch selber voll für seine Gäste und rödelt an Bord wie ein Blöder. Otter raus, Wobbler in Position bringen, übers Riff heizen, Hechte keschern, vom Haken lösen, übergeben, fotografieren, selber mal ins Bild halten und releasen… das alles ist harte Arbeit. Ich hab jedenfalls halb soviel gemacht und verspüre trotzdem ein Ziehen in meinen Armen.
Ich bedanke mich auf jeden Fall mal an dieser Stelle auch im Namen der Kollegen an Bord, Hacki! War eine geile Nummer und sicher nicht das letzte Mal, dass ich mit Dir da raus bin.
P.S. Beim Barsch-Alarm-Club-Treffen fährt Hacki für 300 Euro mit uns auf die Ostsee. Entsprechendes Wetter vorausgesetzt. Bis jetzt sind noch Plätze frei. Und die Hechte stehen dort das ganze Jahr. Nur zum Laichen zieht es sie in den Bodden.