Fangberichte Die Jagd nach dem deutschen Lachs-Rekord
die Tiere nach dem Sturm aufhalten. Aber ich weiß, dass wir in den nächsten Tagen Idealbedingungen haben. Also schnapp Dir ein paar Kumpels,
setz Dich in Dein Auto und komm ran hier.“ Okay. Okay. Der größte
Schleppfan bin ich ja nicht. Eigentlich werfe ich ja lieber. Aber:
Boot. Sonne! Ostsee!! Lachs!!! Also, großartig nachdenken habe ich da jetzt auch
nicht müssen.
Kurz den Steve, den David und den Veit alarmiert; den Kofferraum leer geräumt;
mittags darauf die Jungs abgeholt; über die Autobahn fast ganz bis nach
Wolgast geglitten (ein Segen, die neue Abfahrt von der A 20); da per
Telefon von der Fisch&Fang erfahren, dass beim Mathias Fuhrmann gerade der
Lachsrekord gefallen ist; in einem Anflug kollektiver Euphorie
beschlossen, den Rekord weiter nach oben zu treiben; ein paar Barsche
und Kleinzander im Wolgaster Museumshafen gedropshottet; bei FAMILA
Proviant eingekauft; in Hacki’s Ferienhaus zu Abend gespeist;
gefachsimpelt; geschlafen (oder auch nicht) und am Mi. um 2.35 hat dann
endlich der Wecker geklingelt. Um 3.00 waren wir in Hacki’s Wagen. Nach
zweimal Kaffeetanken an Rügener Tankstellen gegen 4.30 am Hafen.
Irgendwie hatte keiner von uns die Zeitumstellung auf dem Plan. Kein Thema. So gemütlich in den Tag reingleiten hat ja auch etwas Beruhigendes. Gegen 5 hat’s dann gedämmert. Am Horizont und auch dem Hacki. Denn ungefähr da haben wir bemerkt, dass da jemand den Bootsschlüssel aus dem Auto herausbugsiert haben musste. Aber seit Caspe 07 kann uns eigentlich ja nix mehr erschüttern. Und nach einigem Hin und Her haben wir dann ja auch um 10 die Rügener Kreidefelsen passiert. Mit dem Mitarbeiter des Monats – dem Ersatzschüssel.
Waren wir glücklich!
Und auch ein bisschen müde. Vor allem Veit und David, die vor lauter Nervosität nicht schlafen konnten. Bei einer 4 bis 5 aus Ost schaukelt das Boot manchmal ein bisschen.
Da kann es einem schon mal übel werden. Besonders mit einem gepflegten Schlafdefizit. Und so hat der David an diesem Tag schon auf der Fahrt zu den potentiellen Lachsgründen angefangen, sich in regelmäßigen Abständen über die Bordwand zu beugen, um eine Futterspur zu legen.
dass ein Foto von
einer dieser Sessions
zur Gemütserhellung
so manchen Lesers
beitragen würde. Aber
angesichts der Leiden
war da ausnahmsweise
mal Pietät angesagt.
David sei Dank hat’s dann auch ziemlich schnell geklingelt. Allerdings musste sich unser Lachsflüsterer erst einmal auf die Salmoniden einspeien. Nach einem kleinen Dorsch, hat sich eine gut 60 cm lange Meerforelle den Blinker geschnappt. Die durfte der Steve reinkurbeln, nachdem sich der Veit mit dem 40er Dorsch „gemessen“ hatte.
Weiter ging es. Immer geradeaus auf die See hinaus (zumindest haben wir nie merklich gewendet). Eine Stunde ohne Biss. Und noch eine. Und dann waren irgendwann mal alle müde. Während David und Veit unten in der Elite lagen, hat sich der Steve ein bisschen auf dem Rücksitz lang gemacht. Auf einmal kreischt eine Bremse auf. Und eine der links ausgelegten Downrigger-Rute ist krumm. Zum Glück kann ich bei der „Jagd“ nicht schlafen! Und schon allein um die Jungs aufzuschrecken bin mit einem Jubelschrei an die Rute gesprungen, hab sie aus dem Halter und somit auch an mich gerissen und den Hacki fragend angegrinst. „Lass den Fisch mal machen. Nicht zu früh Druck ausüben. Du merkst schon, wenn er mitkommt. Und immer schön mit dem Daumen bremsen.“ Gut und schön. Zwar hat der Fisch seinen Run nach 50 Metern abgebrochen. Aber an ein Heranpumpen war vorerst nicht zu denken. Zu massiv der Widerstand. Ich muss lachen. „Der deutsche Rekord, Hacki? Haben wir ihn?“
War das eine Arbeit. Über eine halbe Stunde lang hab ich den Fisch Meter um Meter herangeholt. Immer mit der Angst im Hinterkopf, dass der Fisch aussteigen und ich zum Horst der Exkursion werden könnte. Der Fisch muss raus! Doch irgendwie war das alles komisch. Keine großen Fluchten. Nur der heftige Gegendruck. Doofe Gedanken. Unterstützt durch mehrfach wiederholte Artikulation des unschönen Wortes „quergehakt“. Vorsichtig abgefangen durch ein freundlich gemeintes „Vielleicht…“. Zur Ermunterung. Aber es kam wie es kommen musste: Der Einzelhaken war knapp unter der Rückenflosse verankert. So stand der nur 80 cm lange „Huscher“ meist quer gegen meinen Zug und auch den des weiterfahrenden Bootes. Und so erklärt sich auch die Kombination aus zarten Fluchten und störrischem Verharren auf der Stelle. Zwar hab ich mich durch das späte Erkennen bzw. Akzeptieren der Tatsachen zum Halbhorst gemacht. ABER: „Meinen“ ersten Ostseelachs nimmt mir keiner mehr. („Meinen“ in Anführungszeichen, weil ich ihn ja nur rausgezerrt hab – viel mehr war es Hacki’s 29. dieser Saison.)
Mit dem Erfolg gleich am ersten Tag hatte irgendwie keiner so richtig gerechnet. Also Sektflasche auf und Prost! Und vor allem: Am Donnerstag war ja auch noch ein Tag. An dem wollten wir uns dann den deutschen Rekord holen, der da am Dienstag vom Team Boddenangeln auf über 20 kg in die Höhe getrieben wurde (übrigens auf dem Boot von unserem User RobertB auf seiner dritten eigenverantwortlich geführten Trollingfahrt für die Boddenangler). Gratulation von unserer Seite! Aber am nächsten Morgen sollte dann Schluss mit unserer vornehmen Zurückhaltung sein.
Auf zum deutschen Rekord!
Und für den haben wir dann auch wieder alles gegeben. Die Wohnung um 4 Uhr verlassen, den Mitarbeiter des Monats direkt eingepackt, zügig nach Stralsund gefahren, zwei schnelle Kaffeestops eingelegt, das Boot beladen, auf die raus auf Ostsee gebrettert, so dass wir diesmal gegen 8 am Fisch waren.
Und was dann kam, werde ich sicher nie vergessen. U.a. weil ich alles live gefilmt hab und mir die Aufnahmen immer wieder anschauen kann. Wie Hacki die Planer und ganzen Ruten ausbringt, Wie er den linken Downrigger mit zwei Ruten bestückt. Wie er beim rechten Downrigger eine Ruten runterlässt. Wie Steve das Boot steuert. Wie eine Bremse aufkreischt. Hacki’s „Strike!!!“ Wie David die Rute bekommt. Wie die nächste Bremse aufheult. Wie Hacki Veit die Rute in die Hand drückt. Und auch wie die dritte Bremse unser Lieblingslied singt und Steve das Steuer mit Hacki tauscht, der den Jungs präzise Instruktionen beim Drillen gibt. So geil! Und dann der Schreck: Veit’s Fisch ist ab. Vorfachbruch. „Das war ein großer. Das hast Du schon beim Einstieg gesehen. Ist der derbe reingeknallt.“ Die Aussage hat dem Veit bestimmt nicht weitergeholfen. Aber eigentlich gab’s in dem Moment keinen Freiraum für Sentimentalitäten. Denn David hat seinen Fisch an der Bordwand. Ein schöner Lachs. Hacki keschert. Fotos? Erst mal nicht! Alles muss schnell gehen. Denn irgendwann ist Steve’s Lachs vermutlich auch da. Wer aber 350 m Schnur von der Rolle zieht, könnte ein richtig Guter zu sein. Der deutsche Rekord? Jetzt etwa in echt???
„Auf jeden Fall 10 kg! Und das an dem kleinen Haken. Oh weia.“ Bei diesen Worten ist dem Steve das Zittern in die Knie gefahren. Unmittelbar. Aber trotzdem ist er cool geblieben und hat den Fisch dann souverän nach Hause gedrillt. Durch den Sucher meiner Kamera sehe ich einen riesigen Buckel! Erster Kescherversuch. Geglückt! Freudengeschrei an Bord. Umarmungsszenarien wie nach dem Tor zum Weltmeistertitel.
Und dann die Fotos. Erst David mit seinem Fisch.
Dann Steve mit seinem.
Und dann das Wiegen und Messen: 16,X Kilogramm (für ein genaues Wiegen war’s zu wackelig an Bord, beim Nachwiegen daheim brachte der Fisch noch 16,2 kg auf die Digitalwaage – wobei er da schon ausgeblutet und dehydriert war). Bei einer Länge von 1,17 m. Mit Sicherheit also einer der größeren deutschen mit der Angel gefangenen Lachse. Aber der Rekord bleibt auf Rügen. Uns doch egal! Zumal Veit noch eine Mefo drillen konnte,…
…wir zu allem Überfluss auch noch ein bisschen braun geworden sind und im Ernst eh keiner von uns so dreist war, bei seiner ersten Lachsexkursion auf den deutschen Rekord zu spekulieren. Umso abgefahrener, so ein bisschen dran gekratzt zu haben. Und wenn es nur kurz und nur in unseren Köpfen war.
Ich muss zugeben: So ungeil wie ich immer getan hab, ist Schleppangeln dann doch nicht. Und wenn mich nicht alles täuscht, werden wir vor dem Saisonende (sobald die Hornhechte da sind, ist an Lachsangeln nicht mehr zu denken) noch mal beim Hacki aufschlagen und die Ostsee nach dem König der Salmoniden abgrasen. Und mit Sicherheit ist dann auch wieder die magische Prinzenrolle dabei, ohne die der Steve nie auf die Ostsee fährt…
Für alle, die vorher auf Lachse fahren möchten oder sich mal ein paar nette Fotos anschauen wollen, lohnt sich ein Besuch auf www.angeln-exklusiv.de