Barsch Die Hibbel-Technik – Zackig auf Barsch
Mit dem ersten Startseitenbericht im Jahr 2010 möchte ich euch einen Führungsstil für No-Action-Shads vorstellen, den ich als meinen wohl größten angeltechnischen Fortschritt des zurückliegenden Angeljahres einstufen würde, wenn mich jemand fragen würde. Meine Kumpels und ich haben das Ding „Hibbel-Technik“ genannt. Zum einen, weil der Köder kaum zur Ruhe kommt. Zum anderen, weil er auch lethargische Barsche „hibbelig“ und aggressiv macht. Der grundlegende Unterschied zum Faulenzen oder Jiggen liegt darin, dass der Köder bewusst unkontrolliert fallen darf. Der Verlust des Köderkontakts wird hier Methode.
Darauf gekommen bin ich auf Arbeit: Bei meinen Produktvorführungen an den Testbecken diverser Angelgerätehändler sahen No-Action-Shads immer besonders überzeugend aus, wenn ich sie schnell mit kurzen zackigen Sprüngen über den Boden zupfte und an schlaffer Schnur fallen ließ. Sie schlugen dabei richtige Salti und standen dann entweder auf dem Kopf oder kippen zur Seite weg, um beim nächsten Hopser zu einer Seite auszubrechen. Mein Standard-Spruch: „So viel zum Thema „No-Action“…“ Tatsächlich wundert man sich aber auch wirklich, wie hibbelig so ein No-Action-Shad tanzt, wenn man ihm aktiv Leben einhaucht. In der Angelpraxis provozieren die hektischeren und unkoordinierten Ausbrecher der No-Action-Shads oft deutlich mehr Bisse im Vergleich zum durch seinen Schaufelschwanz gebremsten Action-Shad. Deshalb pflege ich seit letztem Sommer einen ziemlich aggressiven Umgang mit den schlanken Softies. Dabei vermische ich Techniken wie Twitchen, Jerken oder auch Pilken mit dem Jiggen und Einleiern.
„Hibbel-Technik“-Basics
Die Technik ist eigentlich ganz einfach: Anstatt den Köder über die Rolle oder ein mehr oder ein weniger zügiges Anheben der Rutenspitze zu beschleunigen, gebe ich ihm einen oder mehrere Kicks, indem ich die Rutenspitze scharf anreiße. Ganz wichtig ist, ihn dann an SCHLAFFER Leine nach unten stürzen zu lassen. Barsche stehen Kopf auf diese hektische Fluchtbewegung in Kombination mit der annähernd vertikalen Absinkphase – wobei: Wenn man sich das einmal genauer anschaut, ist der Fall nicht wirklich vertikal. Der Gummifisch dreht sich beim Absinken oft noch um seine eigene Achse und zischt dann schräg nach unten weg.
Zweieinhalb Hibbel-Varianten
Das Köderverhalten in der Absinkphase wird von Form und Gewicht des Bleikopfes bestimmt. An schweren Köpfen schrauben sich die schlanken V-Schwanz-Gummis fast senkrecht herunter und wechseln beim erneuten Anzupfen nur leicht die Richtung. An leichten Bleiköpfen kurven sie in einer Schleife zum Grund. Durch ein bewusstes Auswählen des Bleikopfes lässt sich die Technik also perfekt auf die entsprechende Angelsituation ausrichten:
I. Aggro-Hibbeln
Das Fischen mit überbleiten No-Action-Shads ist eine schnelle Methode und immer dann erfolgreich, wenn wir es mit hochaktiven Fischen zu tun haben (Mai bis September). Die Attacken auf die ultraschnellen Gummis entspringen vermutlich keinem Hungergefühl, sondern sind als instinktgesteuerte Handlungen (so genannte „Reaktionsbisse“) zu betrachten. Schwarmfische können es sich einfach nicht leisten, ein fliehendes Fischchen entkommen zu lassen. Besonders gut geeignet ist die Methode z.B. bei der Barschsuche im Freiwasser, über Kraut oder auf Sandbänken:
a. Freiwasserbarsche: Wenn ich das Umfeld eines Futterfischschwarms einmal schnell nach Barschen abscannen will, brauche ich einen schnellen Köder, der die Wassersäule einigermaßen zügig durchkämmt. Dazu verwende ich dann ziemlich schwere Bleiköpfe (je nach Wassertiefe zwischen 5 und 20 Gramm). Solange ich nicht weiß, auf welchem Niveau die Barsche unterwegs sind, lasse den Köder nach dem Auswerfen meist bis kurz über den Grund absinken und reiße ihn dann in mehreren Schritten nach oben. Dabei lasse ich ihn immer wieder ein kurzes Stück fallen und fange ihn dann so früh ab, dass ich mit mehreren Rucken ein gutes Stück der Wassersäule absuche. (Die „Steigphasen“ sind also länger als die Absinkphasen.)
b. Kraut-Barsche: Wenn man Barsche aus dem Kraut kitzeln will, zieht man den Köder mit zur Seite gerichteter Rutenspitze an, um ihn beim Aufnehmen der Schnur (die Rutenspitze wandert dabei nach vorne) kurz sinken zu lassen. Dann stößt er durch den nächsten Rutenzug wieder nach vorne. Die Bisse kommen dabei in allen Phasen. Hierzu verwende ich ebenfalls relativ schwere Bleigewichte (je nach Tiefe 5 bis 10 Gramm) mit denen ich den Gummifisch schön beschleunigen kann, die ihn in den kurzen Absinkphasen aber nicht im Eiltempo ins Kraut reißen.
c. Sandbank-Barsche: Oft lieben es die Barsche wenn man den No-Action-Shad am schweren Kopf durchs Flachwasser zupft. Die Rutenbewegung fällt natürlich etwas sparsamer aus aber ebenso ruppig aus. Oft nehmen die Barsche den Köder in der Phase, in der die Schnur schlaff durchhängt und machen sich erst beim nächsten Zupfer bemerkbar. (Da hängen sie dann schon am Haken.)
II. Slo-Mo-Hibbeln
Mit einem leichten Köpfchen (3 bis 5 Gramm) nimmt man das Tempo aus dem Spiel und verändert auch die Flugkurve in der Landephase. Diese Hibbel-Variante ist oft mein bestes Mittel, um träge Großbarsche an den Haken zu locken – im Sommer wie im Winter:
a. Träge Sommerbarsche: Aufgrund von Sauerstoffarmut und einem Überangebot von Futterfischen sind die dicken Barsche im Sommer oft sehr faul und extrem schwer an den Haken zu locken. An zähen Tagen fische ich den No-Action-Shad an extrem leichten Bleiköpfen und zupfe ihn ein oder zweimal ziemlich heftig an. Dann lasse ich ihn absinken. Die Kombination aus einer schnellen Fluchtbewegung und dem langsamen „Ausgleiten“ hat schon so manchen Barsch ans Band gebracht – sowohl im Freiwasser als auch am Grund, im Flachen wie im Tiefen.
b. Dicke Winterbarsche: Bei der Suche nach dem dicken Winterbarsch lasse ich mir noch ein bisschen mehr Zeit und führe den Köder etwas bedächtiger. Da ihr Stoffwechsel durch das kalte Wasser sinkt, haben jetzt auch die dicken Moppel einen reduzierten Nahrungsbedarf. Wir müssen also den Instinkt ansprechen und einen Reaktionsbiss provozieren. Gleichzeitig müssen die Fische den Köder bequem verfolgen können. Eine knifflige Aufgabe, aber nicht unlösbar. Meistens zupfe ich den No-Action-Shad nur einmal zackig an, um ihn dann fallen zu lassen. 50 Prozent der Bisse kommen dann in der Absinkphase. Die anderen 50 Prozent erspiele ich mir mit dem am Boden liegenden Köder. Manchmal animiert sie ein leichtes „Anhibbeln“ des Gummis – ein zartes Schütteln aus der Rutenspitze, das sich über die kontrolliert schlaffe Schnur auf den Schwanz des No-Action-Shads überträgt. Das funktioniert am besten, wenn der Köder in kleinen Steinen verkantet ist oder im Schlamm steckt. Das Schabegeräusch bzw. die kleinen Schlammwölkchen in Kombination mit dem leicht schwingenden Schwänzchen sind oft der letzte Kick, den die Dicken brauchen.
II 1/2. Beide Varianten in the Mix
Zum gezielten Weißfischangeln suche ich mir im Sommer flache Schmuddelbuchten, in denen sich die Fischbrut stapelt und mische die beiden Varianten: Der Köder wird schnell angerissen, aber am leichten Bleikopf angeboten. Das mögen besonders Brassen und Rapfen gerne. Während Rapfen den Köder meistens in den Sinkphasen nehmen, steigen die Brassen erstaunlicherweise fast immer beim Anzupfen ein.
Bleikopf-Feinheiten
Neben dem Gewicht nimmt auch Bleikopfform entscheidenden Einfluss auf das Absinkverhalten und den Landeanflug des Köders. Am Rundkopf taumelt er ziemlich steil und meistens leicht spiralförmig nach unten. Der Schwanz weist nach dem Aufprall zunächst senkrecht nach oben. Auf hartem Grund kippt er dann oft zur Seite ab. Im Schlamm bleibt der Gufi kopfüber stehen. Damit sollte man an besonders heißen Stellen auf jeden Fall spielen und den Gummifisch nicht sofort wieder anzupfen. Stattdessen lässt man ihn sondern nach dem Aufprall kurz stehen bzw. abkippen. Eine wesentlich sanftere Landung legen die Köder mit den oben spitzen und unten abgeflachten Power-Jigs von Berkley hin. Sie lassen die Gummis in einer weiten Schleife zum Grund gleiten und auf dem Bauch landen. Das gibt den Fischen noch mehr Zeit.
Bissverwertung
Bei beiden Hibbel-Varianten kommt es oft zu brettharten „Schepperbissen“. An den schweren Köpfen schlagen sich die Barsche quasi selber an. Wenn sie sich den Köder in einer Phase schnappen, in der die Schnur durchhängt und ihn dann noch nach oben mitnehmen, merkt man jedoch gar nichts. Dafür kann man den Biss aber am Zusammenbrechen der Schnur erkennen. Dann heißt es schnell Schnur aufnehmen und einen Anhieb setzen.
Geräte-Tipps
Das permanente Rütteln und Reißen kann Schleimbeutelentzündungen hervorrufen, wenn man mit zu langen und damit kopflastigen Ruten fischt. Kurze Ruten von 1,8 bis maximal 2,1 m beugen dem vor. Außerdem lassen sich die Kicks mit kuren Ruten besser dosieren. Damit die Rute die Rucke aus dem 1:1 auf den Köder überträgt, muss sie steif sein. Da man oft die durchhängende Schnur auf die Rolle zieht, ist eine Rolle mit einer hohen Übersetzung angesagt. Je feiner die Schnur, desto freier bewegt sich der Gummifisch. Dabei sollte sie das maximale an Tragkraft mitbringen, was feine Schnüre hergeben, denn es kommt gar nicht so selten vor, dass sich große Fische auf kleine Köder stürzen.
Wenn ihr das noch nicht versucht habt, dann probiert’s spätestens im Sommer einmal aus! Ich war wirklich überrascht, wie heftig die Barsche die ultraschnellen Köder attackiert haben. Und das an Tagen, an denen vorher kaum was gebissen hat.