Echolot Die große Echolot-Diskussion – Isses unfair?
Ein Vorfall aus dem wahren Leben: Ich stehe mit meinem Kollegen Veit im Ruderboot auf einem Brandenburger See. Wir befischen eine Kante, die wir mit dem Echolot ausgemacht haben. Es beißt nicht schlecht. Wir fangen ein paar kleinere Zander um 50 cm und auch den einen oder anderen Barsch. Auf einmal wird es laut! Ein älterer Angler hat sich unbemerkt angepirscht und wütet nun gegen uns. Wir sollen sofort das Echolot abschrauben. Das sei hier verboten. Auf Nachfrage erteilt er uns die Auskunft, dass vor ein paar Jahren eine Anglerin, die mit Echolot und Gummifisch unterwegs war, in einer Woche unverhältnismäßig viele Zander gefangen hat. Auf Drängen des ansässigen Anglervereins kamen Echolote auf den Index. Da uns der Fischer, bei dem wir die Karte gekauft haben, nichts von einem Echolotverbot gesagt hat, haben wir uns eine Weile mit dem Mann gestritten, dann aber doch klein beigegeben. Angeln soll ja Spaß machen und nicht stressen.
Dass so ein Echolot erhebliches Konfliktpotenzial in sich birgt, durfte ich im Verlauf meiner Karriere als Teamangler und Angeljournalist aber noch viel öfter erfahren. Mit diesem Artikel, der so ähnlich auch schon in der Fisch&Fang zu lesen war, möchte ich eine Diskussion anregen. Befürworter und Gegner sind herzlich dazu eingeladen mit der Kommentarfunktion ihre Argumente zum Besten zu geben.
Was kann ein Echolot überhaupt leisten?
Große Räuber orten: Vertikalangler fangen tatsächlich die Fische, die sie auf dem Lot sehen. Sie können sich oft schon auf den Biss einstellen, wenn die eine Zandersichel sehen. Selbiges gilt beim Wallerklopfen, wo man plötzlich einen Balken zum Köder aufsteigen sieht und sich auf den Einstieg vorbereiten kann. (Wenn der Fisch nicht abdreht.) Auch große Hechte kann man gezielt anfischen, wenn man eine große Sichel auf dem Lot gesehen hat.
Zander-Alarm!
Schwarmräuber stellen: Den Barschangler in mir interessieren ganz andere Bilder. Ich halte an, wenn ich Futterfischansammlungen sehe. Diese manifestieren sich oft als Bälle (Baitballs) oder Wolken auf dem Lot und können ganz klein oder riesengroß ausfallen.
Klassischer „Baitball“. Hier mit Anhang.
Das sieht nach einem Festtagsschmaus für Barsche aus!
Das aber auch.
Ein Grinsen zaubern mir kleine Sicheln zwischen aufgespalteten Wolken aufs Gesicht. Denn dabei handelt es sich meistens um Barsche, die gerade am Rauben sind. In solchen Momenten kann ich sogar genau die Wassertiefe bestimmen, in der der Köder laufen muss.
Raubende Barsche!
Wenn sich ein Fischschwarm glockenförmig auftürmt, handelt es sich um ruhende Barsche, die es zu aktivieren gilt.
So sehen Barsche aus, wenn sie sich über dem Grund auftürmen.
Aber auch im Salzwasser leistet das Lot wertvolle Dienste bei der Gruppenfahndung. So wäre ein Kutter ohne Echolot bei den Dorschanglern nur halb so beliebt, weil er die Schwärme und Wracks nicht finden würde. Auch beim Kleinbootangeln ist das Lot eine große Hilfe. Zwar ziehen fressende Dorsche schnell durch. Hat man aber einmal einen Schwarm gescannt, weiß man, in welcher Tiefe die Fische gerade unterwegs sind. Hält man sich dann an diesen Tiefenbereich, steigen die Fangchancen beträchtlich.
Ein paar Dorsche auf 35 bis 40 Meter!
Strukturen erkennen: Kleine Hügel, Rinnen, Löcher, „Inseln mit hartem Grund“ inmitten des Schlamms etc. sind Punkte, die die Fische bevorzugt ansteuern, weil sich hier die Nahrung sammelt, weil die Jagdposition strategisch gut ist oder weil sie ihnen Schutz vor der Strömung, Sonneneinstrahlung etc. bieten.
Schöne 2-Stufen-Kante. Unbedingt anangeln – auch wenn kein Fisch zu sehen ist!
Oft sieht man an solchen Spots keinen Fisch auf dem Lot. Fischt man sie aber trotzdem mal an, klingelt‘s in der Rute. Mit ein bisschen Übung erkennt jeder Anfänger gute Strukturen, weshalb ich Echolot-Einsteigern auch empfehlen würde, nicht den ganzen Tag nach Sicheln zu suchen, sondern nach Strukturen.
Spannend und aufschlussreich zugleich: Schleppen und Glotzen.
Wer den ganzen Tag gute Plätze anfischt, fängt meistens mehr als ein Durchschnittsecholotbenutzer, der den Tag in die Sichelsuche investiert und versucht, einzelne Fische zu fangen.
Hier hat mir das Lot ein Plateau gezeigt.
Großgewässer erschließen: Hochwertige Modelle verfügen über ein integriertes GPS. Dank dieser Funktion kann man potentielle Fangplätze zielgenau ansteuern, weil Plateaus, Rinnen, Steinhaufen, Wracks usw. auf den Seekarten vermerkt sind. Wer Strömungen, Wind und Sonneneinstrahlung mit den Strukturen in Beziehung setzt, erkennt auf der Seekarte ganz genau, wo z.B. der beste Platz am Plateau ist oder welchen Teil der Rinne man besonders intensiv befischen sollte.
Rute krumm dank Echolot?
Diesen Wrackdorsch hätte man ohne GPS jedenfalls nicht erwischt.
Alles kein Selbstläufer!
Soviel zur Theorie. Praktisch gehören schon ein bisschen Erfahrung und technisches Verständnis dazu, um die Bilder auf dem Bildschirm in Fangerfolge umzumünzen. Das fängt mit der Bedienung an. Um wirklich tolle Bilder zu generieren, muss man sich mit seinem Lot auskennen und das Potential auch ausschöpfen. So ein modernes Echolot ist wie ein kleiner Computer. Da gibt’s eine Menge Konfigurationsmöglichkeiten. Man muss sich mindestens zwei Abende Zeit nehmen und mit der Bedienungsanleitung und dem Echolot auf der Couch gemütlich machen. Dann geht man am besten alle Menüpunkte durch und hat so einen guten Überblick.
Ganz schön was los aufm Lot? Aber was genau ist das jetzt?
Auch die Interpretation der Bilder ist Erfahrungssache. Schließlich wird die dreidimensionale Realität in ein zweidimensionales Bild übersetzt (3D-Lote einmal ausgenommen). Zum Beispiel ist für ein Echolot Entfernung gleich Tiefe. Bedeutet, dass Fische, die sich im wahren Leben deutlich über dem Grund aufhalten, sich aber am Rande des Geberkegels befinden, als knapp über Grund stehende Sichel angezeigt werden. Diese Sichel ist dann aber weniger gekrümmt als eine Sichel, die einen Fisch anzeigt, der direkt unter dem Boot steht. Das zu wissen, ist gut. Dennoch lauert die Fehlinterpretation an allen Ecken. Ich würde mal behaupten, dass kein Echolotnutzer der Welt davor gefeit ist, Friedfische anzufischen, die er für Raubfische hält.
Das war ein Brassenschwarm!
Hier hat’s mit dem Zandererkennen geklappt.
Außerdem sollte man das „Einzugsgebiet“ eines Lotes nicht überschätzen. Der Kegel, den ein „normaler“ Geber erzeugt, ist relativ schmal. Je flacher es ist, desto kleiner ist also der Bereich, den das Lot erfasst. Aber auch in einer Tiefe von 10 Metern werden nur ein paar Quadratmeter auf den Bildschirm gezaubert. Will man z.B. einen Barschberg wirklich minutiös abscannen, muss man dementsprechend intensiv darauf herumkreuzen. Wer das macht, verscheucht mit Sicherheit einen ganzen Haufen Fische. Und: Selbst wenn man ganz klare Räuberechos auf dem Bildschirm hat, muss man die Fische erst einmal fangen. Dazu benötigt man den richtigen Köder und die richtige Angelmethode. Beim Barschangeln ist das teilweise sehr komplex. Oft beißen die Burschen sehr selektiv auf einen bestimmten Köder, den man in einer ganz bestimmten Geschwindigkeit/Kadenz führen muss. Das werden auch echolotroutinierte Hecht- und Zanderangler bestätigen. Im Endeffekt sind es immer die Qualitäten des Anglers, die darüber entscheiden, ob ein Fisch beißt oder den Köder ignoriert.
Fangneid als Auslöser der Diskussion?
Zum Schluss müssen wir uns noch einem ganz unangenehmsten Aspekt dieser Diskussion widmen. Dem Thema „Fangneid“. Der würde natürlich überhaupt nicht aufkommen, wenn alle unsere Gewässer einen gesunden Fischbestand aufweisen würden. Das tun viele Gewässer aber leider nicht mehr. Sie sind überfischt, von Kormoranen leergefegt, werden immer klarer und nährstoffärmer. Da ist es schon verständlich, dass ein Angler dem anderen keine Schuppe gönnt. Gerade als Angeltourist hat man mit dem Phänomen zu kämpfen, dass die Eingesessenen ihre Fische „verteidigen“ wollen. Und wenn das nicht klappt, muss das Echolot zur Rechtfertigung unterschiedlicher Fangergebnisse herhalten.
Fazit: Geht’s beim Angeln denn nicht auch ums Fischefangen? Tut man denn nicht auch sonst alles Mögliche, um den Fangerfolg zu optimieren? Wo fängt Unfairness an? Ist es schon unfair, die Fisch&Fang zu lesen? Oder sollten Internetforen verboten werden, weil sich die Angler hier gegenseitig schlau machen? Sollte man Japan-Wobbler und aromatisierte Gummifische verbieten? Muss der wirklich faire Angler nicht zurück zur Glasfaserrute und dem abgesägten Esslöffel kehren? Alles rhetorische Fragen! Natürlich will jeder das Maximale aus einem Trip herausholen. Das Lot kann dabei unheimlich wertvolle Dienste erweisen. Aber man muss sich auch immer erst einmal in die Materie einarbeiten. Ohne Fleiß gibt’s auch mit dem Echolot keinen Preis. Und Fleiß darf immer auch belohnt werden!
6 Tipps für Einsteiger
Sicheln statt Symbole: Den Fisch-Symbol-Modus gilt es als allererstes zu deaktivieren. Hier werden viele Dinge als Fisch interpretiert, die absolut nicht fangbar sind (von der Mülltüte bis zum Seegrasbüschel).
Sensitivity / Empfindlichkeit anpassen: Wenn das Bild rauscht, kann man die Sensitivity zurückschrauben. Ein guter Ausgangswert sind 75 Prozent.
Greyline interpretieren lernen: Zwar stehen Räuber auch mal über schlammigem Grund, wer die Bodenhärte identifizieren kann, angelt aber häufiger im „Ergfolgsterrain“, sprich über hartem Grund und kann auch Muschelbänke erkennen.
Kleine Temperaturunterschiede beachten: Gerade im Frühjahr und im Winter sollte man ein Auge auf die Temperaturanzeige haben. Fische registrieren schon kleinste Unterschiede und halten sich dann sehr gern an den wärmsten Stellen auf.
Auch ein preiswertes Echolot erkennt Strukturen: Zum Erkennen guter Strukturen braucht man kein ein Highend-Echolot. Als hauptberuflicher Angeljournalist und Teamangler, habe ich selber natürlich ein etwas besseres Modell mit Farbdisplay und GPS-Funktion, aber kein 3D-Lot. Auch ich bin nicht gleich so hoch eingestiegen. Am Anfang tut’s vielleicht auch ein Modell mit verschiedenen Graustufen.
Es gibt inzwischen auch ganz tolle Lote, die nicht viel mehr als 200 Euro kosten. (Gebrauchte Modelle kann man oft noch günstiger „schießen“.) Wenn man diese technisch beherrscht und sauber einstellt, sieht man auch auf preiswerten Modellen Futterfischansammlungen oder große Einzelfische. Nicht so genau wie auf meinem HDS. Aber immer noch genau genug, um ein gutes Gefühl für den Angelplatz zu haben. Und das gute Gefühl ist ja immer so wichtig, weil es motiviert und die Konzentration ansteigen lässt.
Der Indianer in uns muss immer wach sein: Auch wenn die Kiste an Bord ist, sollten Augen und Ohren offen bleiben. Als hauptamtlicher Barschangler bin ich geeicht auf auseinander spritzende Fischchen und unter der Wasseroberfläche entlang hetzende Schatten. Ich registriere mit Freude jedes angedeutete Schmatzgeräusch und habe hektisch abtauchende Wasservögel sofort auf dem in meinem Kopf integrierten Dietel-Radar. Das sind viel konkretere Hinweise auf raubende Barsche als ein paar kleine Sicheln am Grund. Wenn ich hier schnell genug bin und meinen Köder punktgenau serviere, ist mir der Fang sicher.