Meeresräuber Der Ostsee-Test
Samstag, 9.7.2005. Zusammen mit Felix bin ich nach Heikendorf bei Kiel gefahren. Pünktlich um 6.30 standen wir vor der MS Jan Cux, wo uns das Pure-Fishing Meeresangel-Team in Person von Kai Herrmann und Matthias Bielfeld und Dennis Martens erwartete. Unsere Mission war, für die Fisch&Fang zu dokumentieren, ob die neuen Gulp-Saltwater Wurm-, Krebs- und Fisch-Imitate mit Naturködern mithalten können, wenn es vom Kutter auf Dorsche geht. Für diesen Samstag waren optimale Bedingungen für ein Vergleichsangeln angesagt: 26 Grad, leichte Bewölkung und Windstärke 4 bis 5.
Das kam Kai und Mathias natürlich sehr gelegen. Denn für die Beiden stand natürlich eine Menge auf dem Spiel. Schließlich ernteten Sie für ihre eidesstattliche Erklärung in Sachen Gulp-Salzwasserköder mehr Unverständnis als Beifall. Auf der Fahrt zur ersten Drift habe ich die Kollegen denn auch gleich gefragt, wieso sie sich dieser Diskussion überhaupt ausgesetzt haben. Dazu Mathias: „Wir haben die ersten Gulp-Salzwasserköder vor drei Jahren getestet. Auf die hat aber leider erst mal gar nichts gebissen. Es folgten weitere Prototypen, bei denen das Fangergebnis ähnlich dürftig ausgefallen ist. Dann kam letzten Herbst ein Anruf aus der Pure-Fishing-Zentrale. Man teilte uns mit, dass jetzt eine Formel gefunden war, die Fische fängt und die jetzt in Holland, England und Frankreich gleichzeitig getestet werden sollte…
… Beim ersten Vergleich mit Wattwürmen fingen die Gulp-Köder in der Brandung 13 Platten, dazu noch Dorsch und Wittling, währen wir auf Naturköder nur 4 Platten hatten. Klar fällt das Ergebnis nicht immer so deutlich pro Gulp aus. Manchmal verschiebt sich das auch ein wenig zugunsten der echten Würmer. Aber unter dem Strich kann man wirklich sagen, dass die Dinger eine richtig gute Alternative zum Naturköder sind und manchmal wirklich besser fangen. Selbst in der Brandung. Diese Erklärung würde ich also auf jeden Fall wieder unterschreiben.“
Um ein möglichst objektives Ergebnis zu erzielen, sollten von Drift zu Drift immer andere Angler mit den Gulps- bzw. Naturködern fischen. So konnte gewährleistet werden, dass es nicht die bessere/schlechtere Angeltechnik eines Einzelnen über den Ausgang des Experiments entschied. Faktisch ballerte nun aber die Sonne – allen Wetterfröschen zum Trotz – aus dem Blau des Himmels und wir waren dankbar für jeden kleinen Windhauch, der sich erbarmte, die heiße Luft ein wenig durchzuwirbeln. Für Naturköderangler also schwierige Bedingungen, denn ohne dass das Boot durch den Wind über den Grund geschoben wird, haben es die Montagen schwer, Abnehmer zu finden. Deswegen stand schon im Vorfeld fest, dass der System- bzw. Köder-Vergleich kein wirklich objektives Ergebnis erbringen konnte, weil Schleppsysteme bei diesem Wetter allgemein keine Chance hatten, ein gutes Fangergebnis zu erzielen. Weil das Naturköderangeln aufgrund der also Flaute absolut keinen Sinn gemacht hätte, haben wir uns kurzerhand entschlossen, die Gulp-Köder als Beifänger und Nachläufer an unseren Pilkmontagen einzusetzen. Was als Köder-Vergleich geplant war, wurde nun zu einem Köder-Test.
Montagen
Wie viele andere Angler auch schwören die Pure-Fishing-Cracks beim Jiggen auf Montagen ohne Drilling am Pilker. Der wird nur als Lockkörper und Bleiersatz benutzt. Dadurch taumelt er noch etwas besser und lässt die Beifänger natürlicher spielen. Die klassische Montage hierfür besteht aus dem Pilker und zwei Beifängern darüber. Der Abstand zwischen Pilker und unterem Beifänger beträgt ca. 50 cm, der zwischen den beiden Beifänger ungefähr einen Meter. Um zu sehen, auf welche Farbe es am besten beißt, fischt man zumindest zu Angelbeginn mit zwei unterschiedlichen Farben (Schwarz und Rot, wahlweise ersetzt durch Gelb oder Pink).
Doch gerade bei kritischen Dorschen kann es Sinn machen, nur mit einem Beifänger zu operieren, der dann ca. 1 Meter über dem Pilker sitzt. Von dieser Montage geht die geringste Scheuchwirkung aus. Wenn das Meer daliegt wie ein Ententeich ist es wichtig, möglichst viel Spiel in den Köder zu bekommen. Das kann man fördern, indem man auf den Jigkopf am Beifänger verzichtet und ihn auf einen Einfachhaken zieht.
Damit die Gulps noch länger am Haken bleiben, kommen hier spezielle Haken zum Einsatz, bei denen zwei kurze Stücke Nylon am Schenkel angebracht sind, die vom Hakenbogen weg weisen (ähnlich wie bei Wurmhaken nur länger), so dass die Fische kaum eine Chance haben, den Köder vom Haken zu lutschen.
Alternativ zur mittlerweile schon klassischen Jig-Montage kam ein Nachläufer-System zum Einsatz. Hier wird der Pilker-Drilling durch ein ca. 20 bis 40 cm langes Vorfach ersetzt, an dem dann ein Köder am Einzelhaken (in diesem Fall ein Gulp-Watt- oder Seeringelwurm) hinterher geschliffen wird. Über dem Pilker befinden sich auch hier ein oder zwei Beifänger im selben Abstand wie bei der Jig-Montage. Diese Montage eignet sich am besten bei etwas stärkerer Strömung und weniger Vorsichtigen Dorschen, da sie das Spiel des Pilkers und der Beifänger etwas beeinflusst.
Eine Wurmangel wollten wir aber dennoch ins Rennen geschickt wissen. Beim Naturköderangeln wird der Köder ja einfach am Boot heruntergelassen und hinter eben jenem hergezogen. Damit immer Grundkontakt hergestellt werden kann, verwendet man ein schweres Blei (je nach Driftgeschwindigkeit so zwischen 300 und 1400 Gramm).
An einem bis zwei Seitenzweigen werden ca. 30 cm lange Vorfächer angebracht, die bis zu einer gewissen Driftgeschwindikeit mit gelben oder roten Lockperlen und Spinnerblättern verziert sind. Dem Blei folgt dann noch ein längerer Nachläufer (Vorfachlänge ca. 1,5 bis 2 m).
Wenn Strömung und Drift zu stark werden, muss man auf die Spinnerblätter als Lockkörper verzichten, da der Druck da unten dann zu groß wird und sich die Lockwirkung in eine Scheuchwirkung verwandelt. Auf die Haken kamen in unserem Fall natürliche Watt- oder Seeringelwürmer. Natürlich kann man auch hier die Wurmgeschmack tragenden Gulp-Köder verwenden.
Ablauf des Experiments
Bei der ersten „Drift“ gingen wir – wie fast alle Angler auf dem vollbesetzten Kutter – leer aus! Na das fing ja gut an. Doch schon beim zweiten Anlauf hatte der Kapitän der Jan Cux den Fisch gefunden. Ratzfatz waren die ersten Ruten krumm. Der Wind war jetzt auch noch stark genug, um eine Doublette an die Naturköderangel zu „zaubern“. Bis hierhin waren wir guter Hoffnung, den Vergleich durchziehen zu können. Doch diese konnten wir spätestens nach einer Dreiviertelstunde ohne weitere Bisse auf die mit Gulp und/oder echten Würmern bestückten Naturköder-Montagen begraben. Was wir dann auch taten. Nicht zuletzt, weil es um uns herum gut gebissen hat und die Dorsche auch gut auf die beschriebenen Pilkmontagen ansprangen. Wir hatten das Glück, im Bug zu stehen. So konnten wir hervorragend den Bereich zwischen Backbord und Steuerbord, den so genannten Kipppunkt, ausfischen. Hier bekamen wir auch die meisten Bisse, wobei die Fische manchmal besser reagierten, wenn wir aktiv mit der „Drift“ pilkten und manchmal wütend auf die gegen die „Drift“ gehaltenen Köder ballerten.
Wir testeten eigentlich die ganze Palette an Gulp-Saltwater-Würmern, -Krebsen und –Fischen. Zwar fingen wir auf alle Köder, doch am besten bewährten sich die twisterähnlichen Gulp Grubs in Rot und Schwarz, was eventuell auf die ruhige See zurückzuführen ist. Denn durch ihren beweglichen Schwanz geht auch bei wenig Drift eine hohe Lockwirkung aus. Während am Morgen noch die roten Grubs am meisten Dorsche produzierten, kippte das Ganze am Mittag. Ab dem Moment, an dem die Sonne richtig vom Himmel brannte, fingen plötzlich ihre schwarzen Pendants am besten. Anscheinend nahmen die Fische am Morgen, als das Wasser noch nicht so vom Licht durchflutet war, die rote Farbe besser wahr. Als die Lichtverhältnisse dann auf „Vollbeleuchtung“ schwenkten, bildete Schwarz einen besseren Kontrast.
Fazit
Für Kai und Matthias gibt es sicher Schlimmeres, als dass man hier Argumente für das Versagen der Naturköder anführen muss. 48 maßige Gulp-Dorsche und mindestens noch einmal so viele, die das Maß nicht erreichten, von viereinhalb Anglern (Felix hat es auch nicht immer hinter seinem Arbeitsgerät gehalten) sprechen eine deutliche Sprache: Die neuen Gulp-Salzwasserköder funktionieren einwandfrei.
Über Gulp…
Natürlich fangen normale Twister auch nach der Erfindung von Gulp noch ihre Fische. Doch die Pure-Fishing-Experten sind der Meinung, dass Gulp doppelt wirkt. Zum einen können die Fische das dem natürlichen Geruch der Würmer, Fische und Krebse nachempfundene Aroma des Köders wahrnehmen und ihn so leichter aufspüren. Zur Geruchslockwirkung gesellt sich der optische Reiz in Farbe und Form der auf Stärkebasis aufgebauten Köder. Umgekehrt registrieren die Dorsche den Köder oft auch optisch, um dann umso beherzter zuzugreifen, wenn sie den Geschmack bzw. Geruch wahrnehmen.
Special Guests
Mit dabei waren übrigens auch Andi Wagenhofer nebst Tonmeisterin Vroni, die Aufnahmen Terranova machten.
Gerätekiste des Pure-Fishing-Teams:
Schnur: 40er-Mono oder besser 15er Fireline in Flame Green oder Pink bzw. 13er Fireline XDS.
Rolle: Relativ große Stationärrolle mit stabiler Achse , z.B. aus der Mitchell ALU-Reihe / zum Naturköderangeln eine große Multi
Rute: zum Pilken eine leichte Karpfenrute (z.B. Berkley Cherrywood) oder relativ lange Pilkruten wie die Mitchell Poseidon Pro in 3,3 m, die man auch zum Naturköderangeln einsetzen kann.