Fangberichte Das Street Fishing
Wir leben in einer urbanisierten Welt, in der jedes Individuum in der Masse der Gesellschaft verschwindet. Man kennt kaum mehr den eigenen Nachbar und Kommunikation außerhalb des Bekanntenkreises ist kaum vorhanden. Gespräche mit Personen aus dem Haus gegenüber, also „Wildfremden“ kommen sehr selten zu stande. Die Verstädterung gibt uns doch so viel, nimmt jedoch die Kommunikation untereinander. Man lebt für sich, ohne auf sein Umfeld zu achten. Kopfhörer ins Ohr und von der Musik beschallen lassen, alles andere ist egal.
Dieser Prozess lässt sich in ländlichen Gegenden kaum beobachten. Man grüßt Unbekannte beim Bäcker, Unterhält sich an der Einkaufskasse und ist allgemein offener für Gespräche. Alles ein wenig familiärer. Es scheint fast so, als wäre die städtische Kommunikationsbarriere auf dem Land wie weggeblasen.
Ich bin ein sehr konversationsfreudiger Mensch, doch im urbanen Geflecht geht auch meine Offenheit unter. Seit dem ich jedoch nach der Uni oder der Arbeit mit der Spinnrute die stadtnahen Gewässer bei uns in Mannheim befische, habe ich dutzende neue Menschen kennengelernt und zahlreiche Gespräche geführt. Es scheint so, als wäre die Angelrute soetwas wie ein Zauberstaub der jegliche Barrieren bricht und zu Gesprächen gerade so einläd. Ob Jung oder Alt, Mann oder Frau hier gibt es kaum Unterschiede, alle bleiben stehen und schauen zumindest kurze Zeit zu. Was mich erstaunte, selbst Frauen in meinem Alter bleiben stehen und fragen los wie Wilde. Gespräche starten meist mit der uns allen bekannten Frage „Und, beißen sie?“, enden oft aber in ganz anderen Themenbereichen. So unterhält man sich über die dauerhaften Verspätungen der Bahn, die Sinnlosigkeit mancher Gesetze und vieles anderes. Mitlerweile ist das Angeln für mich viel mehr als nur die Köder zu wässern oder Fische zu fangen, es wird zu einer Art Kommunikationsbörse.
Es verwundert viele, dass 10 Meter neben dem städtischen Großwaldjungel geangelt wird. Nicht nur das Street Fishing erlebt gerade einen richtigen Boom, auch andere Hobbys breiten sich um urbanen Geflecht aus. So kann ich von einer sehr netten Begegnung mit einem professionellen Fotograf berichten. Er fotografiert alles, was in der Stadt und naher Umgebung zu finden ist. So fand er auch mich und wollte dies in Bildern festhalten. Nett nachgefragt hatte ich natürlich kein Problem damit für ihn Modell zu stehen. Wir unterhielten uns über unser Equipment und tauschten Wissen übers Angeln und die Fotografie aus. Ich hatte weder Ahnung von Fotografie, noch wusste er wie man Angelt und worauf es dabei ankommt. Es machte dennoch Spaß und war an diesem fangarmen Tag eine schöne Abwechslung. Wir haben Emailadressen ausgetauscht und er hat mir einige Fotos zukommen lassen. Das Ergebnis lässt sich durchaus sehen und möchte ich euch nicht vorenthalten.
Street Fishing verbindet und neben zahlreichen neuen Anglerkollegen trifft man auch den einen oder anderen Menschen, der einen an diesem Tag einfach bereichert.
Die zuvor angesprochen urbane Kommunikationsbarriere wird gebrochen und entspannt die so oft gehemmte Stimmung.
Für mich der ausschlaggebende Grund diesen Bericht zu schreiben.
Liebe Grüße
Christopher