Bass Schwarzbarschangeln-Tipps für Einsteiger – Das schwarze Fieber
Vorrangig im Internet schaut man im Zuge der „Barsch-Weiterbildung“ Amerikanern und Japanern zu, wie sie mit Finesse-Methoden auf Blackbass fischen, um das gelernte dann hier auf Barsche und Zander anzuwenden. Zwangsläufig kommt während der Rezeption der einschlägigen Videoclips der Wunsch auf, die Faszination, die das Schwarzbarschangeln auf die „Vorangler“ ausübt, einmal am eigenen Leib zu spüren. Deutsche Pioniere wie Michael Nau sind schon vor mehr als 30 Jahren nach Spanien gefahren, um dort bei Turnieren wie dem Caspe Bass mitzufischen. Heute sind immer mehr Menschen bereit, weitere Wege für größere Abenteuer zu gehen. Der Trend geht also eindeutig zum Zweitbarsch. Dafür wird inzwischen die ganze Welt bereist. In Europa liegen die heißen Blackbass-Pools z.B. in Spanien, Italien, Portugal. Wer die dicksten Dinger fangen will, muss nach Mexiko. Schwarzbarsche in Kuba fangen ist noch ein Geheimtipp. Ich habe meine ersten Schwarzbarsche in diesem Jahr in Frankreich gefangen.
Seitdem ich auf einem kurzen Abstecher mit Patrick Sébile ein paar wirklich schöne Exemplare verhaften konnte, hänge ich am Haken und springe da definitiv nicht mehr ab. Als letzte Barsch-Alarm-Aktion des Jahres möchte ich mit diesem Bericht den Versuch unternehmen, all diejenigen heiß aufs Schwarzbarschangeln zu machen, die noch „auf der Kippe stehen“. Ich habe viel zu spät geschnallt, was für ein oberkrasser Funfaktor in der Angelei auf diese Fische steckt…
Wenn man Schwarzbarschangler fragt, was sie so fasziniert an diesem Fisch, bekommt man fast immer die gleichen Antworten: „Diese Fische haben so etwas wie Intelligenz…“, „Schwarzbarsche sind nicht dumm!“, „Man braucht viel anglerisches Geschick, um die Fische zum Zubeißen zu überreden.“, „Es gibt keinen Fisch, der so wählerisch ist.“, “Schwarzbarsche können von einem Moment auf den nächsten von megaaggressiv auf stur umschalten und umgekehrt!“ „Die Bisse sind mal brutal, mal kaum wahrzunehmen.“, „Man muss so viel probieren, aber wenn man einmal das Pattern gefunden hat…“ usw.
Obwohl ich auf meinem Trip mit Patrick Sébile im Mai diesen Jahres nur zweieinhalb Tage Zeit gehabt habe, mich mal intensiv mit den Blackies zu befassen, habe ich viele Facetten dieser speziellen Angelei kennengelernt. U.a. habe ich 2,5kg-Klopper aus überschwemmten Büschen gelockt, um ihnen mehrfach dabei zuzusehen, wie sie meinen Köder einigermaßen interessiert begutachtet haben, um dann wieder abzudrehen. Und ich habe unglaublich harte Bisse auf Crankbaits bekommen. Mit einem über 50 cm langen Exemplar bin ich direkt mit einem sehr guten Fisch eingestiegen, habe aber auch erfahren müssen, wie schwer man sich als Zander- und Flussbarschangler mit den Anhieben tut und deutlich mehr Bisse versemmelt als verwandelt. Das hat immer doppelt weh getan, weil ich mit Patrick ich einen Lehrmeister im Nacken hatte, der hart mit mir ins Gericht gegangen ist – von dem ich aber auch in kurzer Zeit extrem viel lernen konnte:
Vormontierte Ruten: Im Ausland bekommt man im Gegensatz zu so manchem Bundesland keine Probleme, wenn man mit mehreren vormontierten und beköderten Ruten am Wasser aufschlägt. Das Minimum sind bei gutem Wetter eine Rute mit dem Texas-Rig, eine mit einem Crankbait und eine mit einem Oberflächenköder.
Bei schlechtem Wetter tauscht man die „Toppi“-Rute gegen eine Dropshot-Rute oder eine mit Carolina-Rig aus. Ein Krebs am Rubber-Jig ist auch immer eine gute Option. Und an manchen Tagen sind Spinnerbaits wohl eine Waffe. Ganz wichtig ist es, die richtige Schnur zu wählen. Zum Angeln auf kurze Distanz ist der Dehnungseffekt von Monofiler und Fluorocarbon ein echter Vorteil, weil die Fische ein bisschen am Köder ziehen können, ohne gleich gegen eine Wand zu rennen. Außerdem verliert man dank der Dehnung auch weniger Fische. Generell kann man deutlich gröber angeln als auf Flussbarsche. Die Schnüre dürfen also ruhig 5 bis 7 kg Tragkraft haben.
Leider etwas unscharf: die vordere Multi ist mit 35er Mono bespult.
Lauter vs. leiser Aufprall: Schwarzbarsche lauern in umspülten oder überhängenden Büschen und Bäumen auf Insekten oder Frösche, die aus den Ästen fallen bzw. vom Ufer ins Wasser springen. Wenn es platscht, werden sie in unregelmäßig beangelten Gewässern auf jeden Fall zum Köder hingezogen. Patrick lässt die Köder deshalb manchmal in hohem Bogen aufs Wasser klatschen, damit der Aufschlag besonders laut ausfällt. An stark befischten Gewässern sind die Barsche viel vorsichtiger. In Spanen, wo in der Saison jedes zweite Wochenende ein Wettkampf stattfindet, verscheucht man die Barsche mit dieser Strategie. Hier hat es sich bewährt, den Köder aufs Ufer zu werfen, und dann vorsichtig ins Wasser zu zupfen.
Der hat ca. 2 m vorm Ufer gebissen. Patrick hat ihn mit einem Wobbler rangeholt. Den wollte der
Fisch aber nicht haben. Also den Magic Swimmer in hohem Bogen aufs Wasser klatschen lassen und
warten. Tatsache. Der Fisch dreht ab! Und nach ein paar Sekunden hat’s dann an der Leine gezogen.
Hindernisfischen: Gute Schwarzbarschspots sind leicht zu erkennen. In einem Gewässer mit gutem Bestand, kann man davon ausgehen, dass jedes Hindernis einen Fisch birgt. Interessant ist also die Uferzone. Unter jedem überhängenden Ast, in jedem umspülten Busch, in jeder noch so kleinen Schilfinsel, unter jedem Steg, unter jeder Seerose etc. kann ein Barsch stehen – und wenn das Wasser darum herum noch so flach ist. Sind die Fische motiviert, reicht es aus, den Köder vors Hindernis zu werfen. Oft ist die „Strike Zone“ aber viel enger abgesteckt. Die Barsche sitzen dann träge im Hindernis und reagieren nur auf eine Beute, die ihnen GENAU vors Maul fliegt. Weil man oft nur einen Versuch hat, sind gute Wurf-Skillz gefragt! Beispielsweise sollten Skipping und Pitching keine Fremdworte sein.
Aufprall – Rute krumm: Der hier hat sich den Flatt Shad direkt vor dem Baum im Hintergrund geschnappt.
Freiwasserangeln: Am zweiten Tag unserer Tour hat das Hindernisfischen nicht geklappt. Mehr oder weniger aus Verzweiflung habe ich dann einen Crankbait angeknotet und durchs Freiwasser gezogen. Das war an diesem Tag der Schlüssel zum Erfolg. Wenn sich die Fische aus ihren Einständen heraus auf Nahrungssuche begeben, ist der Crankbait ein hervorragendes Mittel, sie zu suchen. Ich habe ihn einfach durchgekurbelt. Und zwar ziemlich schnell. Patrick fand am Anfang, dass das zu schnell sei. Nach dem zweiten oder dritten Bass durfte ich aber unbehelligt weiter munter an der Rolle drehen.
Das hat an diesem Tag am besten funktioniert. Im Allgemeinen scheint ein gemächlicheres Tempo beim Spinnfischen mehr Barsche zu bringen. Jedenfalls kann man mit einem Crankbait vom treibendem Boot eine Menge Wasser absuchen und sich so immer mal wieder einen Fisch herauspicken.
Köderführung: Ob man mit Softjerks, Wacky Rig oder reverse geriggten Würmern, dem Texas- oder dem Carolina-Rig angelt – es ist immer besser, wenn die Köder eher trudeln bzw. schweben, anstatt durchs Wasser zu zucken. Wenn man Patrick z.B. nach der korrekten Köderführung fürs Texas oder Carolina-Rig fragt, hat er eine klare Meinung: Das hektische Gezupfe, mit dem man Flussbarsche aus der Ruhe bringt, kann man sich klemmen. Schwarzbarsche sind eine komplett andere Spezies. Das sind keine Hektiker! Besonders die großen Exemplare beißen am ehesten, wenn man den Köder langsam anzieht und an gespannter Schnur fallen lässt. Der größte Fehler beim Angeln mit Gummis ist eine zu schnelle Führung. Schwarzbarsche können die Montage unheimlich gut orten. Wenn sie Appetit haben, kommen sie aus recht großer Distanz zum Köder. Wenn sie aggressiv sind, schlagen sie dann auch sofort zu. Das sind sie aber selten. Sie schauen sich genau an, was sie fressen sollen. Wenn man ihnen zwischen den einzelnen Zügen nicht ein paar Sekunden Zeit gibt, das Gummi zu inspizieren, fängt man nur die aggressiven Fische.
Auch ungeflavourte Gummis werden nach intensiver Begutachtung inhaliert.
Meinen größten Bass habe ich z.B. auf einen reverse geriggten Wurm gefangen,…
…der ca. 10 Sekunden lang in 25 cm tiefem Wasser 30 cm vorm Ufer gestanden hat. Der war eigentlich für einen kleineren Blackie Exemplar gedacht, den ich auf Sicht angeworfen hatte und das ihn einigermaßen interessiert verfolgt hat. Und auf einmal kam der Bulle, der sich das ganze aus ca. 5 m Entfernung angeschaut haben muss, aus dem Kraut gespurtet und hat dem kleinen Nahrungskonkurrenten den Köder vor der Nase weggeschnappt.
Tatsächlich mein erster Blackbass. Da kommt Freude auf.
Die meisten Fische habe ich aber auf einen Crankbait (Crankster 55) gefangen. Größtenteils im Freiwasser. Auffällig war, dass 4 von 5 Fischen schon nach der dritten Kurbelumdrehung zugeschlagen haben. Sie müssen durch den Aufprall des Wobblers auf den Köder aufmerksam geworden sein und haben ihn gepackt, noch bevor er seine volle Lauftiefe erreicht hat. Vielleicht hat die laute Tungsten-Rassel bei der schnellen Ortung auch noch eine Rolle gespielt.
Das funktioniert natürlich nur, wenn die Fische im Freiwasser aktiv sind. „Original“ Schwarzbarsch-Cranken sieht anders aus. Dabei sucht man sich Steine, Hölzer und andere Strukturen im Wasser, von denen der Wobbler abprallen kann und wobbelt diese gezielt an. Die Bisse kommen dann meistens, nachdem der Köder das Hindernis touchiert hat und dabei eine Unregelmäßigkeit in seinem Lauf erfahren hat.
Bissverwertung: Ich habe eine Menge Bisse auf Gummis versemmelt, weil ich den Anschlag zu früh gesetzt habe. Anders als beim Barsch- oder Zanderangeln gilt es, den Anhieb stark zu verzögern. Der jahrelang antrainierte Anschlag-Reflex muss also unterdrückt werden. Stattdessen nimmt man Fühlung auf. Patrick meint dazu, dass die Schwarzbarsche fühlen müssen, dass unser Köder ihnen etwas Widerstand leistet. Das macht sie erst so richtig heiß und animiert zum Schlucken. Die Schnur muss also immer auf Spannung bleiben, wenn man mit dem Bass mitgeht. Wenn man den Fischen Leine gibt, ohne Kontakt zu halten, gehen genauso viele Anhiebe ins Leere wie wenn man sofort anschlägt.
Anhieb: Ich angle viel vom Boot aus. Oft mit mehreren Kollegen zusammen. Damit ich nicht als Polbrillenabräumer in die Geschichte eingehe, habe ich mir angewöhnt, nach oben anzuschlagen. So gehen beim Schwarzbarscheln viele Versuche ins Leere. Rechtshänder richten die Rutenspitze beim Anhieb nach links vorne aus und ziehen mit einem Schwung, bei dem sich der Oberkörper nach links dreht, nach hinten durch.
Drill: Patrick dreht die Bremse seiner Rollen komplett zu. Nach dem Motto: „Der Fisch muss raus!“ werden beim Drill keine Kompromisse gemacht. Dazu passt dann auch das Gerät. Das muss so ausgelegt sein, dass man einen Fisch in der jeweiligen Situation schnell über den Kescher führen kann. Da Schwarzbarsche um einiges kräftiger sind als unsere Barsche, kann man die ganz leichten Barschruten zuhause lassen. 30-Gramm-Ruten sind für Einsteiger das Minium. Die nimmt man dann vorrangig dort, wo sich die Schwarzbarsche nicht ins Holz, Schilf und Kraut oder zwischen Seerosen flüchten können. Wer voll im Hindernis angelt, sollte seine leichte Hechtjerke verwenden.
Landung: Weil die Barsche vor der Landung richtig Rabatz machen, muss der Kescher groß genug sein. Den hat man ja auch in erster Linie für den Fang des Lebens dabei. Wobei Patrick generell nicht so viel von der Handlandung hält, weil man die Fische länger drillen muss, sich eher mal einen Haken in die Finger rammen lässt und damit weder sich selber noch dem Fische einen Gefallen tut.
Fazit: Schon allein wegen der harten Drills, der vielen Methoden, die man anwenden kann und der unterschiedlichen Dimension der Bisse macht das Schwarzbarschangeln unheimlich Spaß. Kein Wunder also, dass die Amis so abgehen. Kein Wunder auch, dass in vielen europäischen Ländern so ein Kult um diesen Fisch gemacht wird. Ich habe die volle Dimension noch lange nicht erschlossen, kann aber sagen, dass Spinnfischen viel mehr Spaß nicht machen kann. Falls ihr also grad an der Urlaubsplanung seid: So ein Blackbass-Trip ist kaum zu übertreffen und eine tolle Alternative zum Barschangeln, aber auch mit Vorsicht zu genießen, weil’s bislang noch keine Medizin gegen das schwarze Fieber gibt!