Fangberichte Das kleine Wunder von Wien
Zusammen mit dem Veit war ich vom 30.4. bis 1.5. in Wien. Genauer in der von Christoph und Peter Tuczai geführten Anglerwelt, einem Top-Fachgeschäft für Spinn- und Karpfenangler. Der Laden besticht durch ein sehr sorgfältig ausgewähltes Programm an den Wänden und in den Rutenhaltern. Und mit einem 30.000 Liter-Swimming-Pool zum Ködertesten (!!!). Hier standen wir am Samstag mit Frederic Julien vom Illex-Team, von dem man sich eine Menge abschauen konnte. Wie auch von den acht Schwarzbarschen im Becken, denen wir hakenlose Köder vorgesetzt haben, um den Besuchern zu zeigen, wie die Fische auf welche Köder, Montagen und Führungstechniken reagieren. Das war auch für uns sehr aufschlussreich und hat natürlich auch ein ganz kleines bisschen Spaß gemacht.
Das eigentliche Highlight folgte dann aber am Sonntag, dem Tag der Saisoneröffnung in Wien. Da wurde uns ein Teilstück der Alten Donau zur Verfügung gestellt, auf dem Frederic, Veit und ich die Besucher abwechselnd mit Booten herumfahren durften, um mit ihnen zu angeln. In der Zwischenzeit sollten die anderen Vorangler dann am Steg des Restaurants „Straßenbahnerbad“ Montagen und Köder im glasklaren Wasser zeigen bzw. als Ratgeber fungieren.
Nach kurzen Ansprachen durch den Präsidenten der Österreichischen Fischereigesellschaft und Vater Tuczai ging es dann auch los.
So schnell konnte der Frederic gar nicht schauen, da hatte ich mit meiner ersten Gruppe schon abgelegt…
…und ihm großzügig die erste Vortragsrunde überlassen.
Einen Fisch hat mir dieses Manöver aber nicht gebracht. Dafür war ich nach dem ersten Turn um die Erkenntnis reicher, dass es sich bei der „Alten Donau“ um ein extrem verkrautetes Gewässer handelt. Und dass die vielen Hechte anscheinend nicht so recht in Form waren.
Kein Wunder eigentlich. Denn „Tief Hannes“ hat seinem Namen mal wieder alle Ehre gemacht und schlechtes Wetter mitgebracht. Nachdem es am Morgen ja noch recht gut aussah, hat‘s gegen Mittag so stark geregnet, so dass sich die Bootsführer entschlossen, die erste Regenpause zum Rückzug zu nutzen.Bis dahin hatte ich gerade mal die eine fischfreie Tour mit Tibor und seinen Jungs machen können. Frederic und Christoph waren bei ihren kurzen Turns erfolgreicher.
Und dann kam – wie bereits erwähnt – der Regen. Während wir uns nach der Husche wieder am Steg aufbauten, zogen die Kapitäne nach und nach die Boote ab. Als der letzte weggefahren war, sah Christoph einen dicken Barsch, der unter dem Kahn gechillt hatte und vom abfahrenden Boot aufgeschreckt wurde. Ein richtig schöner. Um die 40. Da war sich Christoph sicher. Also Feuer frei. Und so flogen in den nächsten Minuten die verschiedensten Twitchbaits, Crankbaits, Softjerks und so weiter ins Wasser. Dann war der erste Enthusiasmus gebremst. Da sich die meisten Angler inzwischen auf den Weg nach Hause gemacht hatten bzw. es sich im „Straßenbahner Bad“ gemütlich eingerichtet hatten, konnten wir mit dem harten Kern ans Eingemachte gehen und zum Beispiel Fragen nach der idealen „Grammierung zum Twitchen“ beantworten.
Nebenher flogen natürlich immer noch die Köder vom Steg. Die erreichten aber halt maximal 1 m Wassertiefe und flogen auch nicht mehr wirklich weit, weil der Wind inzwischen hart von vorne kam.Die Kollegen wechselten jetzt den Angelplatz. Und es dauerte nicht lange, da konnte Julien einen kleinen Barsch vermelden.
Und auch der Veit hatte ein Plätzchen gefunden, an dem er drei Würfe hintereinander ein paar kleine Nachläufer auf seinen Wobbler hatte…
… und sein Gesprächspartner prompt auch einen kleinen Barsch fing.
Sollte sich da doch noch eine Fischchance auftun? So ganz leer wollte ich eh nicht ausgehen. Und so schnappte ich mir die feinste Demorute und fummelte einen kleinen Illex- Jig-Haken mit zwei Fluorocarbon-Weedguards aus der Box, den ich mir aus dem Laden mitgenommen hatte. Der sollte einen kleinen 2 Inch Power-Minnow ins Rennen schicken. Das ganze sah dann mehr aus wie eine Larve mit zwei Fühlern als ein kleines Fischchen und gefiel mir gut. Auch der erste Eindruck beim Vertikalfall vor dem Steg war überzeugend. An dem leichten Jig trudelt der kleine No-Action-Shad gerade in der richtigen Geschwindigkeit zum Flachwasserangeln zum Grund. Und zwar eine Kreiselbewegung beschreibend. Das konnte ich vor meinen Füßen schön beobachten. Ich befand mich noch in der Testphase und warf den Köder nur ein paar Meter raus, um mir anzuschauen, wie sich der Minnow an diesem Köpfchen am schönsten bewegt.
Um die Spannung ein bisschen zu steigern, schalte ich für einen Abschnitt auf Präsens um:
Der Köder ist nur ca. 3 Met entfernt. Da nehme ich einen Schatten war. Ca. 1 m hinter dem Haken. Ich zupfe ganz leicht an. Der Schatten nähert sich und manifestiert sich als guter Barsch. Er steht nun 50 cm hinter meinem Köder. Ich habe nicht mehr viel Raum. Der Jig liegt jetzt schon ca. 5 Sekunden da. Da kommt der Barsch plötzlich heran. Schiebt sich ganz langsam in Richtung meines Jigs. Dann sind es noch 30 cm. Noch 20 cm. Ich zittere ein bisschen an der Schnur. Noch 10 cm. 2 cm. Alles in Zeitlupe. Der Barsch stupst den Köder vorsichtig an. Ich mache nichts. Und er? Er saugt ihn an. Deadsticking auf Sicht! (Wie am Vortag im Testbecken trainiert.) Das hatte ich noch nicht so oft. Umso schöner, dass der Anhieb dann auch sitzt.Und dass da eine Leiter am Steg war, die der Veit erklimmen konnte, um den Fisch zu landen.
Sollte das der Barschklops gewesen sein, den Christoph vorhin unter dem Boot ausgemacht hatte? Ich vermute das ja fast. Ganz unstolz war ich beim Fotografieren dann offensichtlich nicht.
In dem Moment hätte ich auch ganz Wien umarmen können, weil es nach mindestens 2 Stunden Flachwasserangeln vom selben Fleck wie ein Wunder war. Vor allem aber, weil das einer meiner schönsten Bisse überhaupt war. Selten wars so spannend gewesen. Selten hatte ich so eine klare Sicht auf die Ereignisse. Und selten haben sich so viele extrem nette Leute mit mir mitgefreut. Zu meinem Ausruf: “ Ich liebe Wien!“, stehe ich auf jeden Fall auch zwei Tage nach dem Biss noch. Ich würd‘s nur gern noch besser kennenlernen. Zwar waren wir dreimal hervorragend essen und haben dabei Spareribs, Henderl mit Paprikagröstl, Rinderbraten mit Knödeln und Wienerschnitzel im XXL-Format verhaftet, Obstler gekostet, verschiedene Biere probiert, uns ein bisschen das Wasser angeschaut – aber Wien selber haben wir ja noch gar nicht zu Gesicht bekommen. Das wird sich nächstes Jahr aber ändern. Denn wenn nichts dazwischen kommt, sind Veit und ich auch zu nächsten Saisoneröffnung in Wien. Und dann hängen wir einen oder zwei Tage dran. Das ist beschlossen.
An dieser Stelle noch mal Danke an die Familie Tuczai und die lieben Leute aus dem Anglerverein. Das hat uns allen sehr großen Spaß gemacht.