Barsch Das doppelte Köpfchen – Extrem-Twistern mit vorgeschaltetem Bleikopf
Doppelschwanz-Twister imitieren kleine Krebse – eine der Lieblingsmahlzeiten von Barschen und Zandern, logisch, dass die fangen. Unter Twistern mit dem Doppelkopf aber, konnte ich mir so gar nichts vorstellen, bis ich auf der letztjährigen ANSPO die Männer vom Profi Blinker-Team traf, die mir von einer revolutionären Erfindung erzählten – einem Vorschalt-Bleikopf zum Jiggen.
Das „damals“ neuste Produkt aus der Profi Blinker-Schmiede kommt eigentlich recht unscheinbar daher. In eine Bleikugel haben die Entwickler eine Öse und das oberste Glied eines Karabinerwirbels eingegossen. Der Winkel von Öse zum Wirbel beträgt ca. 135 Grad. Das gute Stück gibt es in drei Gewichtsklassen: 6, 9 und 12 Gramm. Auch Ihr werdet Euch jetzt sicher fragen, wie diese getunte Bleikugel das Jiggen revolutionieren soll. Auf den ersten Blick kaum vorstellbar. Da herrschte akuter Klärungsbedarf, dem Michele Legierie und Roland Lorkowski auf der ANSPO bereitwillig nachkamen.
„Die Vorteile liegen klar auf der Hand: man hat mehr Gewicht und kann den Köder somit weiter werfen, in stärkerer Strömung bzw. größerer Tiefe fischen.“, bedeutete mir Profi Blinker-Mitarbeiter Micha Legierie. „Besonders bei Gegenwind – und der spricht ja meist für gute Fänge – bekommt man mit dem vorgeschalteten Bleikopf auch recht leichte Twisterköpfe auf Weite, die einem ohne zusätzliche Beschwerung wieder ins Gesicht zurückfliegen würden.“ Noch während ich mich fragte, warum man, wenn man schon über ein derart großes Sortiment an unterschiedlich schweren Bleiköpfen verfügt, nicht gleich einen schwereren Kopf wählt, kam die Erklärung: „Besonders Barsche und Zander inhalieren Ihre Beute eher, als dass sie sie reißen. Man kennt das ja noch von den Videos mit dem Flying Lure. Da hat man gesehen, dass der Barsch den unbeschwerten Köder richtiggehend angesaugt hat. Und genauso läuft das auch bei den Zandern und Barschen hierzulande. Das heißt: je weniger Blei am Köder hängt, desto leichter fällt es dem Fisch, die Beute einzuverleiben. Indem man das Gewicht auf zwei Bleiköpfe aufteilt, erreicht man, dass der Fisch zunächst nur den Kopf mit dem Haken ansaugen muss, um das Gummi zwischen die Zähne zu bekommen.“ Das klang logisch.
Dem aber noch nicht genug. Als Herr Lorkowski die Ausführungen seines Kollegen hörte, kam er zu uns und fügte noch einen weiteren Vorteil des Doppelkopf-Systems an: Barsche und Zander versuchen immer, ihre Beute in die Enge zu treiben. Erst, wenn sie glauben, dass das fliehende Fischchen keine Chance hat, zu entkommen, stoßen sie zu. Deshalb kommen die meisten Bisse beim Twistern auf die Stachelritter auch, kurz bevor, oder sogar genau in dem Moment, wenn der Bleikopf auf dem Boden aufschlägt. Die Verfolger haben ihre Beute dann in einer Position aus der es eigentlich kein Entrinnen gibt. Wenn sie von oben zuschlagen, drücken sie den Kleinfisch praktisch gegen eine Wand. Je schneller der Jigkopf von oben nach unten fällt, desto schwerer haben es die Räuber, die Beute zu verfolgen und desto eher verlieren sie das Interesse an der Jagd auf diesen Köder. Da nun schwere Köpfe schneller fallen als leichte, stehen wir vor einem Problem, wenn wir der Strömungs-, Wind- oder Gewässertiefe halber genötigt sind, schwerere Gewichte zu verwenden. Auch hier greift das Prinzip Doppelkopf. Dadurch nämlich, dass das Gewicht auf zwei Köpfe verteilt wird, hat das System aus zwei Köpfen eine größere Oberfläche als ein einzelner gleich schwerer Kopf. Dies wiederum führt dazu, dass das Doppelkopf-System im Wasser mehr Widerstand bietet, deshalb langsamer fällt und die Fische eine bessere Chance haben, es zu verfolgen. So erhöht sich quasi zwangsläufig die Bissrate. Versuche im Aquarium haben eindeutig bewiesen, dass diese Theorie auch wirklich einen Bezug zur Praxis hat.
Mit einer Menge guter Argumente pro Doppelkopf im Gepäck, fuhr ich von der ANSPO nach Hause. Kurz darauf besorgte ich mir ein paar Köpfe aus jeder Gewichtsklasse. Schließlich wollte ich sehen, was dran ist, an dieser Marktneuheit. Und an einem Tag, an dem die Barsche recht weit vom Ufer des Wannsee standen, schlug die Stunde des Doppelköpfchens. Während die Kollegen mit Tiroler Hölzl und Köfis oder Walkerblei mit einem Twister am Vorfach zuwerke gingen, wollte ich da draußen dank des Doppelkopfes mit direkter Verbindung zum meinem Köder fischen, ohne mit Kanonen (in Form von XXL-Jigköpfen) auf Spatzen schießen zu müssen.***
Die ersten Versuche im Flachwasser überzeugten mich weiter von dieser pfiffigen Entwicklung. Tatsächlich sinkt der Köder auch mit größerem Gewicht relativ langsam am. Das Köderspiel wird vom zusätzlichen Gewicht nicht beeinträchtigt. Dann die ersten richtigen Würfe. Klar, dass ich mit dem Ding erheblich weiter rauskam, als ohne die Zusatzbebleiung. Genauso logisch ist, dass man den Köder umso besser kontrolliert, je schwerer er ist. In ca. 40 m Entfernung zum Ufer fischte ich einen Twisterkopf der Größe D in Kombination mit einem Vorschaltblei von 12 Gramm an einer feinnervigen 3 m Rute und 10er Geflochtener. Beim Testfischen überzeugte das doppelte Köpfchen insgesamt aber voll und ganz. Die ersten Barsche ließen nicht lange auf sich warten. Nicht, dass ich die Kollegen um mich herum in Grund und Boden fischte, aber im Gegensatz zu ihnen, war ich der einzige, der da draußen im Graben wirklich jiggte. Zum Vergleich konnte es auch nur schwer kommen, denn Twisterköpfe mit dem nötigen Gewicht für diese Distanzen und barschgerechter Hakengröße gibt es meines Wissens nicht. Außerdem hatte ich immer direkten Köderkontakt und musste mir nicht erst einen Eimer voll Köderfischchen zusammensenken.
Ein paar Tipps noch:
Das Vorschaltblei sollte aus zwei Gründen immer schwerer sein als das Twisterköpfchen. Zum einen nutzt man den entscheidenden Vorteil (nämlich dass die Fische den Twister durch das Splitten des Gewichts leichter inhalieren) am besten, je weniger Gewicht am Köder hängt. Zum anderen spürt man an der geflochtenen Schnur bei Verwendung eines schwereren Twister- als Vorschaltkopfes den Aufprall des Twisterkopfes mit dem Köder kurz bevor man das Auftreffen des Vorschaltkopfes registriert. Dies führt dazu, dass man ständig denkt, ein Fisch hat zugepackt, obwohl man nur das Auftreffen des Bleies spürt. Außerdem sollte man den Doppelkopf nach harten Drills und krassen Hängern auswechseln, sonst könnte der fest eingegossene Karabiner beim Kampf mit dem nächsten (Groß-)Fisch brechen.
Somit hat die Theorie wirklich Bezug zur Praxis. Mit dem doppelten Köpfchen ist es möglich, auf weite Distanz und unter schwierigen Bedingungen fein zu twistern. Moment. Um genau zu sein, angelt man ja insgesamt mit relativ viel Gewicht. Nur: die Fische merken’s nicht.