Zander Überleg nie, ob Du anhauen sollst
Ein Zucken in der Schnur. Ein Biss??? Nicht lange nachdenken. „Just set your hook properly und hau an.” Paff. Die Rute schneidet die Luft in zwei Teile. Und direkt singt die Rolle ihr schönstes Lied. Die Schnur rast von der Spule. Die zum Twistern entfremdete Berkley Vertic mit der Aktion einer Jerke biegt sich im Halbkreis.
Alter, was ist das nur? Weit und breit kein D-Zug in Sicht. Und von U-Booten in unseren Seen hätte die Zeitung mit den vier Buchstaben bestimmt nicht an mir vorbei berichten können. Der Zander meines Lebens? Dafür kam der Biss recht seltsam. Und das Herunterstieben fehlt genauso wie die heftigen Kopfrüttler. Ein Hecht kämpft auch anders. Ein Wels? So viele hab ich da noch nicht gefangen. Aber die paar fühlten sich anders an. Wobei… Da war doch gerade Schleim an der Schnur zu sehen als der Fisch kurz nach oben kam. Ein Verdacht lag nahe und sollte sich auch ziemlich schnell bestätigen…
Ich hatte ein Silberfischchen geratzt, das meinem Köder zu nahe kam und auch noch meine Schnur touchierte. Nach 10minütigem Drill auf Biegen und Brechen lag das Teil dann erschöpft neben dem Boot, den Haken in der Rückenflosse tragend.
Zugegeben: Das hat Spaß gemacht. Wenn ich mich für den Fang dieses Fisches auch nicht wirklich rühmen kann und will. Eigentlich habe ich Euch mit dieser Einleitung ja auch nur die Bilder von dem heftigen Drill zeigen wollen, um jetzt endlich die Kurve zu einem wirklich relevanten Aspekt beim Zanderzuppeln zu nehmen: dem Anhieb.
Wie Ihr sicher wisst, hat der Zander ein extrem hartes Maul. Die Bisse kommen nicht immer so derb und deutlich, wie man sich das wünscht. Wer also nicht beim leisesten Anzeichen einen kräftigen Anhieb abrufen kann, wird mit vom Haken gezogenen Gummifischen oder sich im Drill losschüttelnden Zandern für seine Schlafmützigkeit bestraft. Dafür, dass der Anhieb wirklich durchkommt, kann man einiges tun. Das fängt mit der richtigen Geräte-Kombination an, geht über die Rutenhaltung beim Jiggen und hört beim Pumpen im Fitnessstudio auf
Die System-Konfiguration
Fangen wir mal beim Haken an. Der darf einerseits nicht zu dünndrahtig sein. Andererseits muss er filetiermesserscharf sein, um eine Chance zu haben, in den Gaumenknochen im Zandermaul einzudringen. Super sind die Profi-Blinker-Jig-Köpfe, aber auch die von Rozemeijer sind ultrascharf. Auch die roten VMC-Haken erfüllen ihren Zweck. Dünne Aberdeenhaken hingegen mögen theoretisch zwar schnell eindringen. Praktisch biegen sie sich oft schon beim Anhieb auf. Denn wenn Ihr mit einer harten Rute (und nur mit der treibt Ihr den Greifer weit genug in den Knochen) voll durchzieht, sind Haken, Knoten und Wirbel einer extremen punktuellen Belastung ausgesetzt. Dieser müssen alle Komponenten gewachsen sein. Der Aberdeenhaken ist das eindeutig nicht.
Was für die Haken am Jigkopf gilt, sollte auch beim Kauf von Angstdrillingen beachtet werden. Ausgediente Wobblerdrillinge, die schon mal aufgebogen waren, sind genauso ein Sicherheitsrisiko wie Mini-Drillinge der Größe 8 und kleinere Modelle. Je nach Gummifischgröße verwende ich Haken der Größe 2 bis 6. Hervorragende Modelle kommen von Gamakatsu. Aber auch hier sind die roten und eckigen VMC-Modelle eine gute Alternative.
Auch beim Thema Wirbel gibt’s ein bisschen was zu beachten. Ich rate allen, die Finger von billigen Fertigstahlvorfächern zu lassen! Die meist grünen Dinger sind deshalb billig zu erstehen, weil die Bestandteile nicht viel kosten – was nicht wirklich für Qualität spricht. Gute Erfahrungen habe ich mit den Cross Lock Snaps von Berkley gemacht. Aber ich kenne auch Angler, die auf einen Karabiner verzichten und stattdessen mit einem Wirbel und einem Sprengring operieren, in den sie den Jigkopf einfädeln.
Für mich kommt eigentlich nur der Grinner in Frage, mit dem ich einen Karabiner an der Hauptschnur befestige. Und der sieht so aus:
Auch die Hauptschnur muss der Belastung standhalten. Deswegen fische ich beim Zanderangeln mindestens eine 12er Fireline, wenn Wind und Strömung das zulassen auch gern eine 15er oder 17er.
Die beste Haltungsnote
Wenn das Material auf den Zielfisch abgestimmt ist, steht bereits die erste Grundvoraussetzung für ein sicheres Haken. Die zweite ist eine gute Ausgangsposition für den harten Anhieb. Logisch ist ja, dass man die Rute so weit wie möglich vor dem Körper haben muss, um sie im Bedarfsfall nach oben schwingen zu können. Dennoch sieht man viele Angler, die beim Jiggen über die Rute davon absehen, ebenjene in der Absinkphase des Gummis wieder abzusenken. Wenn der Biss des Zanders kommt, haben diese Kollegen viel weniger Luft zum Ansemmeln wie solche Angler, die die Rutenspitze in der Absinkphase unter kontrollierter Schnuraufnahme wieder in die Ausgangsposition führen. Am einfachsten macht man es sich, wenn man viel über die Rolle fischt und die Rute ungefähr parallel zum Wasser hält (je steiler der Winkel, desto deutlicher sind allerdings die Bisse).
Nicht ganz unwesentlich ist auch die Ausrichtung der Rute. Um möglichst direkten Kontakt zu halten, zeigt die Rutenspitze im Normal- und Optimalfall immer leicht versetzt zum Köder.
Härte zeigen
Das dritte Geheimnis erfolgreicher Zanderbissverwandler ist die richtige Dosierung des Anschlags. Während man beim Barschangeln aufpassen muss, dass man mit dem Anhieb keine zu großen Löcher in die pergamentartigen Seitenbereiche des Mauls reißt, ist beim Zanderzupfen im Falle eines Anfassers voller Durchzug angesagt. Meine Freunde vom Peenestrom sagen dazu, man solle dem Zander „ordentlich Eine reinwiehern“. Ein schönes Bild, denn wenn der Anhieb durchkommt, sollte sich der Zander wie ein bockiges Pferd gegen die Power stemmen müssen und sich auf die Schwanzflosse statt auf die Hinterbeine stellen. Ein Anhieb auf Distanz ist genau richtig auf das Zandermaul abgestimmt, wenn die Rute die Luft hörbar schneidet. Je näher der Biss am Boot erfolgt, desto lässiger kann man anhauen. Trotzdem gilt beim Thundern immer das Motto: „Lieber zu stark als zu schwach!“
Guten Morgen!!!
Das Letzte, was man beim Zanderanschlagen dann noch lernen muss, ist das Aufrechterhalten der Konzentration – auch wenn mal ein paar Stunden Keiner anklingelt. Beim kleinsten Störgeräusch muss die Reaktion dann kommen. Der Anhiebreflex muss also in Fleisch und Blut übergehen. Nur wer beim kleinsten Zupfer heftig anschlägt, wird auf Dauer beim Zanderzupfen erfolgreich sein. Der junge Mann da unten kann das schon ganz gut.
Bei meinem ansonsten recht entspannten Kumpel und Kollegen Torsten Schadowski geht das soweit, dass er nachts aufwacht, weil er im Traum einen Biss kassiert hat und dem vermeintlichen Fisch im Schlaf einen ordentlichen Hieb verpasst hat.
Übrigens helfen gut ausgebildete Reflexe auch im normalen Leben. Mir zum Beispiel neulich abends in meiner Küche: Es ist ca. 21 Uhr. Ich will mir einen Tee machen und stehe vor dem Ikea-Board, auf dem nicht nur meine Teeboxen stehen, sondern auch das Olivenöl, diverse Essigsorten, eine Flasche 103er, Sojasoße, Tabasco… Hoppla. Plötzlich neigt sich das Bett. Eine Flasche fällt herunter. Mit einem Reflex leite ich sie ins Waschbecken um. Die andere Hand befindet sich schon am Regal und hält die restlichen Flaschen davon ab, es der Vorhut nachzumachen. Statt eines Scherbenmeeres auf einem schmierigwürzigen Essig-Tabasco-Soja-Öl-Teppich gab’s lediglich einen kleinen Schreck. Viel besser!
Zwar lässt sich nicht vermeiden, dass man bei Beachtung dieser Ratschläge mal einen Fisch querhakt, aber erstens gibt’s Schlimmeres und zweitens bringen diese Tipps auch mehr Zielfisch…