Barsch Barschangeln im Mai: Libellenlarven im Fokus
Eins vorweg, dieser Beitrag ist in Teilen recycled aus einem Posting aus dem Jahr 2016 – da die Informationen hier immer aktuell sind und meine Beobachtungen sicherlich vielen Barschanglern nützlich sein können, kommt aus aktuellem Anlass des bevorstehenden Monats Mai die Version 2.0. Der folgende Beitrag bezieht sich vor allem auf folgende Gewässertypen: Große Naturseen, Kiesgruben, Tagebauseen und generell Gewässer mit reicher Unterwasserflora und wenigstens stellenweise vorhandenem Schilfgürtel sowie guter bzw. hoher Sichttiefe im Frühjahr.
Der Mai ist ein schwerer Monat zum Barschangeln – die Fische haben schon abgelaicht oder sind gerade dabei, die großen Barschschwärme haben sich aufgelöst – in den großen Seen hat die Frühjahrszirkulation stattgefunden, das Wasser ist überall gleich temperiert und die gängigen Fangplätze sind meist noch verwaist. Irgendwie wollen die Barsche noch nicht so recht. Aber im Mai bietet sich mit ein wenig Glück die Gelegenheit, wirklich große Barsche zu fangen – ich habe über einen Zeitraum von knapp einem Jahrzehnt mit den hier beschrieben Vorgehensweisen Jahr für Jahr meine größten Barsche fangen können. In meinen Hausgewässern in Sachsen und Mecklenburg stehen die Mai-Barsche in großen Seen im Schilf und in ganz flachen Buchten auf großen Krautfeldern und das hat einen besonderen Grund:
Irgendwann Anfang Mai beginnen die Libellenlarven mit ihrer Wanderung ans Land, um zu schlüpfen und davonzufliegen. Bevorzugte Plätze der Libellenlarven sind große Krautfelder mit vorgelagertem Schilfgürtel die ihnen ein gutes Nahrungsangebot und Versteckmöglichkeiten bieten. Auf diese Eiweiß-Leckerbissen sind die Großbarsche nach meinen Beobachtungen dann völlig eingeschossen. Die Schlupfphase der meisten Libellenarten ist aber nur ca. 2-4 Wochen kurz.
Eine Beobachtung spielt aus meiner Sicht eine wichtige Rolle: die Barsche, die auf Libellenlarven stehen, beißen in der Regel NICHT auf schnell geführte Köder (Wobbler, Spinner, Lipless Cranks usw.). Großbarsche, die Libellenlarven fressen, fressen in der Zeit der Schlupfphase nichts anders und sind meist prall gefüllt mit Insektenlarven.
Die beste Fangzeit für Libellenlarven-Barsche
Ca. 10~15 Uhr, wenn die Sonne am höchsten steht und das Wasser am stärksten erwärmt wird und auch die Libellenlarven und andere Insektenlarven am aktivsten sind. Ideal ist ein Angeltag ohne oder mit wenig Wolken und wenig Wind. Die Barsche suchen dann auf den ausgedehnten Krautfeldern mit vorgelagertem Schilfgürtel nach Libellenlarven und dort können wir sie dann auch fangen.
Libellenlarven können bis 7~8cm lang werden und bewegen sind im kühlen Wasser eher langsam, sie können auch Freiwasser gut schwimmen. Je nach Beschaffenheit des Untergrundes passen sie ihre Farbe an – meist sind sie rostbraun, schwarz, grün, gelb usw. Zur besseren Anschaulichkeit hier ein Youtube Video von schwimmenden und jagenden Libellenlarven:
Bewährte Fangmethoden mit Libellenlarven-Imitaten
Zuerst wäre hier die Seitenarmmontage zu nennen – Neu-Denglisch „Kickback Rig“ – diese bewährte Montage ist erstmalig im Angelbuch „So fängt man Barsche“ von K. Mansfield beschrieben, das in der engl. Originalausgabe 1954 erschienen ist (Quelle 3).
Ein ca. 50~70cm langes Vorfach aus 0.20er~0.25er monofiler Schnur mit kleinem Offset-Haken (z.B. Owner RIG N HOOK #4 oder ähnliches Fabrikat gleicher Größe) wird montiert. Dazu kurzer, ca. 15~20 cm Seitenarm mit 7~20gr Blei, je nach gewünschter Wurfweite. Iidealerweise sollte man ein schlankes Dropshot-Blei benutzen. Diese Form versinkt nicht so gut im Kraut und sammelt auch weniger davon ein. Mit der Seitenarm-Montage komme ich mit 0,08er geflochtener Hauptschnur und 20gr Blei ca. 60~80 Meter weit, je nachdem wie der Wind steht.
Als Köder verwendet man natürlich Libellenimitate und da existiert idealerweise der Keitech Hog Impact. Alternativ funktionieren zum Beispiel auch Lunker City „Hellgies“ und Reins „G-Tail Saturn“ und „Rockvibe Saturn“, also Köder in Wurmform oder ähnliches designte Köder.
Der Keitech Hog Impact und Hellgies haben die typische Libellenlarvenform mit den kleinen Beinchen. Erstgenannter ist zusätzlich noch aromatisiert und deshalb sind die beiden meine Favoriten. Mit schlanken Streamern von 4-7 cm länge habe ich ebenfalls gute Fänge gehabt. Eher schlecht sind Köder in Schockfarben und Motoroil (da auch fluoreszierend). Darauf oft beißen oft Hechte und scheuchen in meinen Stammgewässern eher die Barsche.
Der Köder wird nach dem Auswerfen LANGSAM über den Grund geführt: eine Kurbelumdrehung maximal und immer wieder Pausen bis 10 sec. einlegen! Die Bisse kommen meist vorsichtig. Der Fisch hakt oft selbst, wenn schwereres Blei verwendet wird (+15gr). Mögliche Beifänge, die ich alle schon selbst am Band hatte: Hecht, Döbel, große Rotfedern (+35cm), große Weißfische, Schleie, Karpfen, Zander …
Nochmal: Wichtig für den Erfolg ist hierbei die langsame Köderführung, um die Bewegungsmuster der Libellenlarve zu imitieren (siehe Videos).
Alternativ funktioniert auch die Dropshot Montage relativ gut – besonders vom Boot aus – die Wurfweite ist allerdings beschränkter als mit der Seitenarmmontage. Weil meine Hausgewässer im Frühjahr oft sehr klar sind, mit Sichttiefen von 15-20 Metern, bevorzuge ich das Angeln vom Ufer mit weiten Würfen. Die Scheuchwirkung von Boot und Angler ist ein nicht unerheblicher Faktor, den es zu beachten gilt.
Ende Mai 2016 hab ich mit hier beschriebener Methode in einem Tagebausee bei Leipzig einen 45.5cm Barsch gefangen. Weil ich ihn mitnehmen musste, konnte ich auch nochmal in den Magen gucken. Und wie zu erwarten: Er hatte einen kleinen Barsch, eine Libellenlarve und eine Steinfliegenlarve/große Mückenlarve (?) im Magen sowie nicht mehr zu identifizierbaren Brei.
Wie bin ich darauf gekommen?
Nach der Lektüre div. wissenschaftlicher Aufsätze und Studien zum Fressverhalten von Barschen hatte ich gelernt, das der größte Teil der Nahrung im Barschleben aus Wirbellosen und nicht aus Fischen besteht (siehe Quelle 1) . So war es naheliegend sich eingehender mit dem Fressverhalten von Barschen im Frühjahr zu beschäftigen – zuallererst sind mir vor vielen Jahren die Libellenlarven beim Hechtangeln im Mai aufgefallen, die mir an den Watstiefel hochgekrabbelten und zwischen den Beinen herumschwammen. Dazu dann immer wieder Nachläufer von Monsterbarschen, die aber nie wirklich gebissen haben.
Als ich dann aber mal das Glück hatte, einen mit Hechtmontage zu fangen, war die Untersuchung des Mageninhalts dann sehr aufschlussreich – Libellenlarven ohne Ende. Und dann habe ich zusammen mit einigen Freunde angefangen, mit bemerkenswerten Ergebnissen zu experimentieren. Ich habe diese Fangmethode mit Freunden über mehrere Jahre immer wieder an verschiedenen Stellen getestet. Es ist echt so: Wenn die Barsche im Libellenfressmodus sind, versagten fast alle anderen Fangtechniken an unseren Hausgewässern.
Vielleicht hilft meine Erfahrung dem einen oder anderen Angler und mit ein wenig Glück kommt dann sowas bei raus:
Empfohlene Literatur/Quellen:
The feeding behaviour of large perch Perca fluviatilis (L.) in relation to food availability: a comparative Study , Hendrik Dörner,Søren Berg, Lene Jacobsen, Stephan Hülsmann, Mads Brojerg, Annekatrin Wagner
https://link.springer.com/article/10.1023/B:HYDR.0000008608.22869.99
kostenpflichtig
Der Fisch und sein Fangplatz
https://www.amazon.de/Fisch-sein-Fangplatz-Ekkehard-Wiederholz/dp/3828915957
So fängt man Barsche
https://www.amazon.de/f%C3%A4ngt-man-Barsche-Kenneth-Mansfield/dp/B0000BLAW8/
Noch kurz zu meiner Person: Martin Hoehne, Jahrgang 1975, in Mecklenburg aufgewachsen, gesamte Kindheit im Sommer am Inselsee bei Güstrow und am Krakower See verbracht, ab 1995 zum Studium in Dresden und jetzt seit 12 Jahren in Leipzig.