Barsch Barsch: Vom Beifang zum Trendfisch
Der für mich schönste Süßwasserfisch hat viele Jahre Anlauf genommen, um ins Herz der Anglerschaft zu springen, aber jetzt ist der Barsch mittendrin im Angelbusiness. Man sieht es an der Anzahl der Barschberichte in der nationalen Angelpresse. Noch deutlicher wird sein Trendfisch-Satus aber sichtbar, wenn man sich die Händlerkataloge durchschaut und den Anteil der leichten Spinnruten ins Verhältnis zum restlichen Rutenprogramm setzt. Keine Ahnung, warum sich die Spinnangler nicht schon immer auf diesen Superfisch fokussiert haben. Für mich war er schon ziemlich am Anfang meiner Angelkarriere die No. 1.
Das Barschangler-Gen hat mir niemand vererben können. In meiner Familie wird weder geangelt noch gesponnen. Den ersten Fischkontakt ermöglichte mir der Vater zweier Söhne in Dänemark. Auf einer Mole mit der Stippe hantierend, muss er mich dabei beobachtet haben, wie fasziniert ich seinen Jungs beim Schollenfischen zugeschaut habe. „Lasst den Junge da doch auch mal ran.“ Neben einer Schollendoublette beim ersten „Wurf“ hing auch der kleine Johannes am Haken. Am nächsten Tag war ich stolzer Besitzer einer kurzen Angelrute und fing fortan meine Platten. Zurück in Deutschland bekam ich einen Jugendfischereischein übereicht. Mein Großvater vermittelte mich an einen Rentner und Herr Neumeister bildete mich zum Satzkarpfen und Aalangler aus. Wir angelten viel mit Würmern. Klar, dass da dann irgendwann mal ein Barsch beißen musste. Der kam bei Herrn Neumeister. Besonders begeistert war der nicht. Viel zu klein, als dass man ihn filetieren konnte. Aber der Zauberlehrling war hin und weg. So schöne Fische gibt es hier? Wie kann ich die regelmäßig fangen? Wie groß werden die? Was fressen die? Armer Herr Neumeister…
Soweit ich mich erinnere, fing ich meinen ersten Barsch wenig später auf ein Maiskorn an der Pose. Und dann beschloss ich, Ernst zu machen. Wenig später erstand ich das Blinker-Sonderheft „Barsch“ (erste Auflage) und las mich in die Materie ein. Barsch auf Blinker, Barsch auf Twister, Barsch auf Spinner, Barsch auf Gummifisch, Barschangeln am Rhein, Barschinferno am Schluchsee. Brutal. Und ich (damals ca. 13 Jahre alt) angle am Neckar, darf nur auf Friedfisch ran und wenn dann auch nur in Begleitung eines Erwachsenen. Doch da war im Verwandtenkreis keiner aufzutreiben. Und so verfolgte ich erstmal die Friedfischkarriere weiter. Meine Fibel: Das Blinker-Sonderheft „Friedfisch“. Bibberspitze, Stippe, Schwingspitze, Futter mixen, Rotaugen mit Teig, Laubengewitter mit Made, Karauschen auf Mais, Döbel mit Schwimmbrot oder Kirsche, Brassen, Brassen und nochmal Brassen. Irgendwann hatte ich die Schnauze voll.
Dass man im dreckigen Neckar zu der Zeit hätte Zander fangen können, war mir nicht bewusst. Damals musste man sich ja alles selbst erarbeiten und ich war als junger Angler relativ isoliert. Herr Neumeister lebte in Bayern, war Friedfisch-Spezialist und ich hatte in Heilbronn keinen Angel-Dozent. Der Schwabe an sich war zu der Zeit auch eher ein Geheimniskrämer. Die Angelegenheit geriet ein wenig ins Stocken.
Menschen, die Fische mit Spinnern und Blinkern fangen, waren für mich sowas wie Götter in Tarngrün. Bis ich mit 14 Jahren in einem Frankreichurlaub einem Mann zugeschaut habe, der einen kleinen Wolfsbarsch nach dem nächsten unter einem Boot herausgezockt hat. Auf Sicht und ich war live dabei. Unfassbar. Das sah jetzt soooo schwer auch nicht aus. Ich hatte trashige Wobbler dabei und lauter Zeug, dass die Wolfsbarsche nicht haben wollten. Aber die Lunte war wieder am Glühen.
Wieder daheim, habe ich mir ein paar Spinner gekauft, durch den Swimmingpool meiner Eltern gezogen und dann habe ich mich mit ein paar Kumpels an die Jagst fahren lassen. Dort kamen schon beim ersten Versuch die ersten Barsche und Döbel auf Kunstköder. Der Bann war gebrochen.
Dann schwappte die „weiche Welle“ über Deutschland herein. Erst in Form weißer und gelber No-Name-Twister und steifer Shads, später dann Mann’s Gummis, Turbotails und Attractoren. Plötzlich waren Massenfänge möglich. Ich erinnere mich noch ziemlich gut an meinen ersten richtigen Gummibarschflash: Ich hatte tagsüber bei 35 Grad und strahlendem Sonnenschein an einer Kiesgrube gefischt mit Gummifisch (an der Mono) und einer Fliege als Beifänger und einen Barsch nach dem nächsten gefangen. Die kleinen auf die Fliege, die großen auf den 10 cm langen Stino-Shad. Am Abend lag ich dann brotfertig und total beseelt auf der Couch und wollte eigentlich dem Sonnenbrand entschlummern. Doch immer wieder bin ich aus dem Halbschlaf gerissen worden – durch ein Zucken in meinem Arm. Der Anschlagreflex. Da war er!
Wenn es irgendetwas gebraucht hat, um den Barschwahn in mir völlig zu entfesseln, dann war das jetzt geschehen. Dass ich einige Jahre später mal ein Forum für Berliner Barschangler auf die Beine stellen würde, das vom Sparten-in-der-Sparte-Forum zum größten deutschsprachigen Raubfischforum im Internet heranwachsen sollte, habe ich da freilich noch nicht geahnt. Genauso wenig hätte ich mir damals vorstellen können, dass ich dem Barsch bis nach Spanien hinterherfliege.
Für mich war’s Anfang der 2000er schon grenzwertig, jeden Tag 70 km nach Brandenburg zu düsen (ich wohne seit 2000 in der Hauptstadt), um mir dicke Barsche auf den Waldseen zu erkämpfen, am Abend wieder heimzufahren, um das selbe Programm am nächsten Tag abzuspulen. Damals haben meine Kumpels und ich noch weitgehend allein auf Barsch gefischt. Gut. Manchmal hat da jemand einen Spinner durchgekurbelt oder einen Blinker. Aber kleine Gummifische durchs Mittelwasser gezogen hat da kaum jemand. Geschweige denn, dass da jemand Mono vor die Geflochtene geschaltet hätte.
Daran, dass ich ein bisschen Konkurrenz auf dem Barschsee bekommen habe, bin ich mit meiner Berichterstattung und dem Betreiben meiner Website selber schuld.
Macht ja aber nichts. Im Gegenteil. Barsche sind ja omnipräsent. Außerdem ist der Köder- und Methoden-Dschungel inzwischen so dicht, dass ich bei fast jedem Besuch im Forum selber etwas lerne. Zwar war ich durch einen Zufall einer der ersten Dropshotter im Land. Und auch das Suspendern habe ich früh zu schätzen gelernt. Aber das Softjerken habe ich mir genauso zeigen lassen wie T-Rig-Angeln auch. Rubber-Jigs habe ich durch die Community kennengelernt und den Chebu-Zug hätte ich auch fast verpasst, wenn ich nicht auf einem Barsch-Alarm-Treffen aufgepasst hätte.
Kein Wunder, dass so viele Leute meine Passion teilen. Als Barschangler kann man die unterschiedlichsten Gewässertypen beangeln. Wir befischen ihn heute mit System A und B und haben noch Plan C, D und E in petto. Und am nächsten Tag machen wir es ganz anders. Keinem Fisch kann man mit so vielen verschiedenen Methoden und Ködern auf die Schuppen rücken. Das Gerät wird immer feiner. Die Ruten wiegen keine 100 Gramm mehr. Die Rollen keine 200. Sogar Baitcaster bauen sie für uns, damit wir die leichten Köder richtig weit schmeißen können, ohne auf die Annehmlichkeiten einer Cast-Kombo verzichten zu müssen.
Wir müssen nicht anfüttern, können selbst in der Großstadt mit nur einer Rute und ein paar Ködern ans Wasser gehen und unseren Spaß haben. Denn darum geht’s dem Barschangler von heute doch. Um Spaß. Nicht unbedingt um dicke Fische. Klar fangen wir alle am liebsten die Großen. Aber wenn wir ein bisschen mit der Rute wedeln können und es dann nur auf Toppies, weightless Würmer, geschliffene Creatures oder geburnte Cranks geht, haben wir richtig was gekonnt. Egal wie groß die Fische sind.
Ich bin gespannt, was die nächsten Jahre bringen. Ein Trend geht ja zum Beispiel zum Zweitbarsch. Aber das ist ein anderes Thema. Sind wir froh, dass wir unseren Flussbarsch haben. Hoch die Tassen!