Tipps & Tricks Baitcaster-Tuning: der Kugellager-Austausch – Stahl raus, Keramik rein!
Wer das Maximale an Wurfweite aus seiner Baitcaster herauskitzeln will, wird früher oder später über den Kugellager-Austausch nachdenken. Neben dem Umstieg auf eine leichtere (aber leider auch recht teure) Finesse-Spule stellt der Wechsel von Stahl- auf Keramikkugellager nämlich die effektivste und einfachste Methode dar, die Performance der Rolle zu steigern. Im Vergleich zu den in den meisten BCs verbauten Stahlkugellagern lassen Keramikkugellager die Spule noch leichter anspringen und länger rotieren.
Eigentlich geht der Einbau ganz einfach. Wer das zum ersten Mal macht, muss allerdings aufpassen, dass die Rolle den OP-Tisch nicht lädiert verlässt. Meine ersten – und hier auf Barsch-Alarm dokumentierten – Tuning-Versuche haben mich jedenfalls nicht nur richtig Nerven gekostet, sondern auch Spuren auf der Rollenachse hinterlassen. U.a. weil‘s inzwischen Instrumente gibt, mit denen man Kratzer auf der Achse vermeiden kann, habe ich mal ein kleines Update zum Thema Kugellager-Tuning verfasst.
Am Anfang steht die Auswahl des korrekten Kugellagers. Die besten kommen wohl von der Firma ZPI und gelangen über S.W.A.T. Fishing in den Handel (Händlerliste checken). Sehr populär sind auch die Kugellager von der Boca Bearing Company. Wenn man sich wie viele Boardies für die ABEC 7 Keramik-Lager von Boca entscheidet, kann man diese direkt in den USA über die Seite www.bocabearings.com erstehen. Auf der Website kann man dann das Rollenmodell in eine Suchmaske eingeben und bekommt das entsprechende Ergebnis ausgespuckt. Bis die Lager dann da sind, kann‘ aber eine Weile dauern. Und weil die Kollegen da die Rechnung nicht außen anbringen, muss man sich die Lager beim Zoll abholen. Das dauert hier in Berlin ca. 2 Stunden. Und kostet noch einmal 19 Prozent Steuern. Eine offizielle und unterm Strich nicht teurere Alternative stellt der Online-Shop www.rutenreparatur.de dar. Dieser Shop hat eine kleine aber feine Tuning-Abteilung, in der man auch die Boca-Lager findet. Zu den Abbildungen der Kugellager-Paare hat der Betreiber jeweils eine Auflistung mit den zu den Lagern passenden Rollen-Modellen beigefügt. Hier bekommt man übrigens nicht nur die Kugellager sondern auch jede Menge anderer Tuning-Artikel und Ersatzteile. Besonders für Abu-Caster ist dieser Shop eine sehr gute Adresse.
Egal wie – irgendwann ist man dann also im Besitz zweier unterschiedlich großer Kugellager, von denen eines in die Rolle eingesetzt werden muss und eines auf in den abnehmbaren Spulendeckel kommt.
Für die OP brauchen wir:
• Eine Zange zum Entfernen des Pins auf der Spulenachse – idealerweise eine mit Loch, durch das man den Pin drücken kann. (Weil ich mit Sicherheit noch öfters mal einen Lagerwechsel vornehmen werde, habe ich mir deshalb eine Spezialzange, die ihr unter der Bezeichnung Spool Pin Pliers im Internet bzw. auf bocabearings.com findet, aus den USA kommen lassen.)
• Eine Pinzette zum Lösen der Feder, die das andere Kugellager am Platz hält.
• Eine kleine Zange zum endgültigen Herausziehen des Pins.
• Einen Haken, mit dem man die orangen Gummis von den Lagern abzieht. (Diese sollen die Lager vorm Verschmutzen schützen, bremsen den Lauf der Spule aber auch ab.)
• Die Kugellager.
• Ein bisschen Stoff zum Achsenschutz.
Und jetzt kann‘s losgehen:
Kugellager I
Das Kugellager befindet sich in der Abdeckung (unter der Magnet- oder Fliehkraftbremse) und wird herausgenommen, indem man die Feder erst mit einem Angelhaken anhebt…
…und dann mit einer Pinzette herausfummelt. Dabei sollte man aufpassen, dass das Ding nicht wegspringt.
Dann kann man das Kugellager leicht entfernen. Einfach die Abdeckung umdrehen. Dann ein bisschen schütteln, bis das Originallager rausfällt.
Bevor man das neue Kugellager einsetzt, entfernt man noch das Schutzgummi. Das geht ganz einfach mit einem einigermaßen großen Haken, den man zart ins Gummi einsticht, um dieses dann abzuziehen.
Jetzt einsetzen und dann wieder mit der Feder fixieren.
Bingo. Kugellager I ist schon einmal ausgetauscht!
Kugellager II
Das auf der Spulenachse sitzende Lager ist etwas kniffliger. Es wird mit einem Pin auf der Achse gehalten. Diesen Pin herauszudrücken, erfordert mehr Druck als einem lieb ist. Wenn man das mit einer normalen Zange macht, besteht die Gefahr, dass man abrutscht und dabei die Achse demoliert oder den Pin verbiegt. Ich habe mir sagen lassen, dass der Kugellagerwechsel nichts bringt, wenn die Achse beschädigt ist – wobei ich sagen muss, dass meine durchs Tuning leicht angekratzten Revo’s schon weiter schmeißen als die ungetunten. Dennoch: Man will die Rolle ja nicht beschädigen. Deswegen die Zange mit dem Bolzen und dem Loch, durch das man den Pin dann durchschiebt.
Zur Sicherheit kann man ein Stück Stoff nehmen und ein Loch durchstechen aus dem der Pin herausschaut.
Dann wird kräftig gedrückt, bis der Pin hörbar „ausrastet“.
Jetzt kann man ihn mit einer Zange abziehen. Ich habe hier wieder ein Stück Stoff drüber gelegt, damit auch der Pin nicht zerkratzt.
Geschafft.
Jetzt das alte Lager runternehmen und das neue Lager (Gummis abziehen) auf die Achse schieben.
Zum Reindrücken des Pins sind die zwei kleine Aussparungen an der Seite der Zange.
Das dicke Ende des Pins kommt natürlich in die Aussparung, mit der man Druck ausüben kann, so dass man das dünne Ende durch die offene Kerbe drücken kann.
Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, habe ich die Zange vor diesem Schritt noch ein wenig getunt und oben und unten einen Stoffpuffer mit Tesafilm fixiert. Nicht dass die Achse trotz Spezialwerkzeug Schaden nimmt.
Und jetzt: Sauber am Pin ansetzen und reindrücken.
Fertig!!!
Für die Keramikkugellager gibt’s spezielle Gleitmittel, die für die extrem glatte Oberfläche gemacht wurde. Das lässt die Lager schneller drehen als herkömmliches Öl, das ja eigentlich dazu da ist, sich in die kleinen Rillen zu setzen, die man auf der Oberfläche eines Stahllagers sieht, wenn man sich das mit dem Mikroskop anschaut. Allerdings muss man häufiger „Nachschmieren“, wenn man auf solche High Speed Öle setzt. Von Öl sagt man übrigens, das schon ein Tropfen ausreicht, um die Rolle gutmütiger performen zu lassen. Wie sich das mit dem High Speed Öl verhält, werde ich bald sehen.
Am Wasser wollen die Rollen mit den neuen Lagern dann erst einmal beherrscht werden. Als ich damals meine Premier I zum ersten Mal getestet habe, war ich jedenfalls ganz schön überrascht von der Leichtläufigkeit und ehrlich gesagt auch ein bisschen überfordert. Ich rate jedem, der den Lagerwechsel vorgenommen hat, erst einmal vorsichtig zu beginnen und eine etwas defensivere Bremseinstellung zu wählen. Meine Revo MGX würde ich am liebsten gleich mal ausprobieren. Geht aber nicht. Noch liegt Eis auf dem Kanal. Aber ich bin tierisch gespannt, wie sich mein neuer Rennschlitten im Baitcaster-Stall wirft. Sicher sehr geil…