Hecht April-Hechte: Alarm im Flachwasser
Das Bombenwetter in der ersten Aprilwoche hat eindeutig zum Angeln aufgefordert. Doch was tun? Die Brandenburger Barsche ärgern? Zur Zeit ein recht mühsames Unterfangen – das hatten die letzten Ausflüge gezeigt. Aber man könnte es ja auch mal an der Müritz versuchen. Schließlich hat man an der Mecklenburger Seenplatte die Hechtschonzeit aufgehoben. Und weil es nicht viel gibt, was einen Hechtdrill im Flachwasser toppen kann, wird das Hechteln die nächsten Wochen dominieren. Um zu sehen, wie weit die Muttis schon unter Land kommen, ging’s zusammen mit Felix für zwei Tage auf Hechtkursion.
Vom Fischer erfuhren wir, dass der Wetterwechsel (von Hochdruck auf Tiefdruck) den Fischen in den beiden Tagen vor unserer Ankunft das Maul vernagelt hat. In der Phase davor hatte es immer wieder dicke Zander gesetzt. Und ein paar gute Hechte wurden wohl auch gefangen. Die Zander kamen hauptsächlich aus dem Mittelwasser. Die Hechte bissen in Tiefen um 6 Meter, kamen aber auch vom Grund hochgeschossen, wenn man über größeren Tiefen im Mittelwasser fischte. Barschtechnisch ging auch hier oben schon eine ganze Weile nichts mehr.
Die Hoffnung
Wir hofften darauf, dass die dicken Muttis sich schon auf den Weg ins Kraut gemacht hatten, um hier für Nachwuchs zu sorgen – schließlich berichtete uns der Fischer, dass die kleineren Hechte da bereits seit einiger Zeit zugange sind und man normalerweise die Tage zählen können müsste, bis die Walzen hier Einzug halten. Allerdings war das Wasser mit 8 Grad noch recht kalt. Nachts kühlt es in Mecklenburg eben dann doch immer noch bis kurz vor den Gefrierpunkt ab. Versuch macht klug. Und weil wir ja beide so auf die dicken Frühjahrsbarsche stehen, haben wir jeder eine Barschpeitsche und eine Hecht/Zander-Rute mit ins Boot genommen.
Der Plan
Auf der Gewässerkarte waren schnell ein paar heiße Kanten und schöne Löcher ausgemacht, die wir jetzt beangeln wollten. Nachdem wir die Fische auch aufgrund des schönen Wetters in den Tagen zuvor nicht mehr im ganz Tiefen vermuteten, suchten wir uns Stellen in Wassertiefen zwischen 2 und 5 Metern aus. Vor allem Krautbänke mussten in der Nähe sein, denn hier spielt sich in nächster Zeit das Hechtleben ab.
Das Wasser war relativ klar, der Grund sandig, teilweise extrem verkrautet. Ein klarer Fall für dunkle Köder. Und so montierten wir schwarze Kopytos in 6,5 cm für die Barsche und 10er bis 15er Flummies für die Hechte und Zander. Ködertechnisch waren wir uns also einig.
Während ich konsequent den Gewässergrund beackern wollte (der Dickbarschhoffnung halber), hatte Felix geplant, seinen Köder mit ziemlicher Geschwindigkeit und unregelmäßigen Spinntopps über dem Kraut durchs Mittelwasser zu führen. Der Vorteil meiner Herangehensweise war, dass ich immer auch auf einen Zander hoffen durfte. Felix hatte indessen kein Problem mit Kraut am Köder. Um es mal voraus zu nehmen: Hechttechnisch hielt sich das alles die Waage. Von den Zandern und Barschen ließ sich keiner motivieren.
Der Verlauf
Felix fuhr uns an den ersten Hotspot, ein ca. fußballfeldgroßes Loch, das mitten in der Ebene von 3 auf 5 m abfällt. Kaum war der Anker im Wasser, flog auch schon mein Barsch-Jäger in Richtung Kante, die wir, der längeren Absinkphase halber, von oben nach unten abfischten. Dazu haben wir relativ zentral im Loch geparkt. Wir versetzten das Boot relativ häufig, so dass wir den Wind beim Jiggen stets im Rücken hatten, um möglichst wenig gegen Schnurbögen ankämpfen zu müssen. Hier oben war’s nämlich dann doch zugiger als erwünscht.
Doch hatte ich gar keine Zeit über Schnurbögen und ähnliches nachzudenken. Kaum war der Köder das erste Mal angezupft, schon war die Barschpeitsche richtig krumm, was der noch auftackelnde Felix mit einem zufriedenen Lächeln registrierte. Ein 65er Hecht war’s. Das hätte schlechter anfangen können. Und das Beste daran: Es ging gerade so weiter.
Aus diesem „Pool“ zogen wir in der nächsten Stunde einen Hecht nach dem anderen. Alles Fische zwischen 30 und max. 70 cm. Die Fritten fielen derart zornig über unsere Köder her, dass es fast schon weh tat, diesen Spot aufzugeben. Aber hier war definitiv nichts Dickes zu holen und wir wollten ja nach den größeren Exemplaren suchen.
Also auf zum nächsten Spot, einer ca. 200 m langen und 3 m tiefen Rinne, um die das Wasser so um 2 m tief ist. Hier hatten Angler vor einigen Tagen einen richtigen Prügel gefangen. Doch auch hier wurden die Hechte nicht größer.
Also weiter zur nächsten Stelle. Diesmal ein langsam abfallender Hang. Hier ging’s von 3 auf 8 m runter. Harter Grund. Theoretisch optimal für Zander. Faktisch gab’s aber wieder nur Hechtchen. Inzwischen hatten wohl schon 40 Fritten unsere Köder zu genau inspiziert.
Aber Fritten-Pumpen macht hungrig. Höchste Zeit also für eine Stärkung. Und deshalb verwandelte Felix das Angelboot in ein mobiles Highend-Steakhouse. Mit dem Gaskocher und einer Pfanne zauberte er uns binnen weniger Minuten herrlich rosa Rumpsteaks mit Gnocchi.
Dann ging’s weiter. Und was soll ich lange labern. Aus dem dicken Frühjahrshecht ist erstmal nix geworden. Die Brummer wollten einfach nicht. Dafür waren die Fritten umso wilder. Nach dem ersten Angeltag standen ca. 60 Hechte zu Buche, so dass wir zu dem ersten Zwischenfazit kamen: Der Nachwuchs hier oben ist präsent. Und zwar überdurchschnittlich gut. An der Bisswunde da unten seht Ihr, dass die dicken Hechte vor ihren pubertierenden Artgenossen keinen Halt machen.
Am zweiten Tag unserer Hechtkursion wollten wir noch viel intensiver im Tiefen suchen. Jetzt war’s so richtig windig. Zuerst aber noch ein Versuch auf Barsch. Nach 20 Minuten ohne (Hecht-)Zupfer war klar: Auch die Mecklenburger Fritten haben ihre Launen. Was gestern noch für Begeisterung gesorgt hatte, brachte heute keinen Fisch. Ein mühsamer Angeltag bahnte sich an, an dessen Ende wir dann auf den Fang von ca. 10 kleineren Hechten zurück blicken konnten.
Das Fazit
Zunächst einmal bleibt festzuhalten, dass die Fischer an der Müritz wirklich dafür gesorgt haben, dass der Bestand an Hechten dem womöglich bald einsetzenden Angel-Touristen-Strom auch gerecht wird. Einige Stellen der Seen da oben sind wirklich hechtverseucht, so dass das Aufheben der Schonzeit schon fast notwendig ist, um anderen Fischen wieder eine Überlebenschance zu lassen. Aus diesem Grund hat uns der Fischer übrigens eindringlich gebeten, die dicken Hechte auch mitzunehmen, wenn wir denn welche fangen. Sie können nichts mehr zur Arterhaltung beitragen und stellen aus seiner Sicht nur noch eine Bedrohung für den Nachwuchs bzw. die anderen Fische dar. Der Laich dieser Großfische dient übrigens in erster Linie dazu, den Nachwuchs der Fritten durchzufüttern. Denn diese laichen stoffwechselbedingt erheblich früher ab und vergreifen sich dann am Dickhechtlaich bzw. an der frisch geschlüpften Brut. Das hätten wir na klar nicht getan. Schließlich wollen wir Angler eben öfter mal nen Dicken fangen. Und wenn keine mehr drin sind, wird das schwer.
Angeltechnisch betrachtet, geht es wohl in ein paar Tagen los im Flachwasser. Mit der nächsten Schönwetterperiode dürften sich die dicken Muttis dann zu den Krautbänken aufmachen. Wer es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, wird dort bis in den Mai voll auf seine Kosten kommen.