Tackle-Tipps Abu Revo Premier II – die perfekte Baitcaster?!
Als mir die Pure Fishing-Außendienstler in diesem Herbst die überarbeitete Revo Premier gezeigt haben, war ich zunächst einmal sehr angetan: 10 statt 6 Kugellager (darunter auch Lager, die die Kurbel runder laufen lassen), die beiden Knaufe aus Moosgummi, eine Spulenbremse, die jedes noch so kleine Weiterdrehen mit einem „Einrastgeräusch“ quittiert, genauso leicht wie die „alte“ Premier und optisch noch ein bisschen schöner. Ganz klar: An meine Cast-Ruten müssen solche Teile ran.
Als Team-Angler der Firma Pure Fishing steht mir quasi als Belohnung für die Messeauftritte und die sonstige Arbeit für das Unternehmen jedes Jahr ein gewisses Budget zur Verfügung, innerhalb dessen ich mich mit neuem Tackle eindecken darf. Weil ich inzwischen endlich auch gemerkt habe, wie viel Spaß das Baitcasten macht und die Firma enorm viel für diese Angelei entwickelt hat, habe ich mir fürs nächste Jahr fast ausschließlich Zeug bestellt, das mich auf diesem Sektor weiterbringt. U.a. auch zwei Abu Revo Premier II. Keine 10 Minuten nachdem die Rollen und Ruten endlich bei mir waren, war eine der neuen Premiers auch schon mit 10er Fireline bespult, an eine Urban Spirit Cast bis 12 Gramm montiert und ein Gummifisch am 7-Gramm-Kopf angeschraubt. Also ab ans Wasser. Testen…
Ich konnte es wirklich kaum erwarten, bis ich am Neuköllner Schifffahrtskanal stand. (Zum Glück hab ich da nur 3 Minuten Fußweg.) Mit meiner alten ungetunten Premier kann ich den Kanal mit 7 bis 8 Gramm, offener Spulenbremse und ¾ geschlossener Magnetbremse inzwischen überwerfen. Was würde mit der neuen gehen?
Also ran an meine Lieblingsbrücke, Magnetbremse ¾ zu, Spulenbremse auf, den Button runterdrücken, die Schnur mit dem Daumen fixieren, sachte ausholen, locker durchschwingen, loslassen und jetzt fliiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeeeg!
Von wegen. Der Absturz erfolgte bei ca. 7 Metern. Krass. Was ne Scheiße!!! Ein erster Anflug von Enttäuschung. Naja. Nochmal das Ganze. Vielleicht hab ich ja nur mies geworfen. Diesmal waren es so ca. 8 Meter. Oh neeeeeeeee. Da hilft jetzt wohl nur noch eins: Die Magnetbremse voll aufreißen! Und ziiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeeh. Nö. Eben nicht. Zwar flog der Köder ein bisschen weiter. Aber eben nur ein bisschen. Und es wurde nicht besser. Das andere Ufer war absolut nicht erreichbar. Zwar gab’s überhaupt keinen Tüddel mehr – so wild wie ich auch geworfen habe. Aber was nützt denn das, wenn die Wurfweite nicht stimmt? Sollten die echt das Bremssystem so verändert haben, dass auch der neuste Neueinsteiger keinen Tüddel mehr hinbekommt? Frust pur. Was soll ich denn jetzt mit den Rollen anfangen? Und wo bekomme ich jetzt noch alte Premiers her? Muss man sich da jetzt echt schnell welche sichern, weil Abu nie mehr so geile Baitcaster wie die alten Premiers bauen wird???
Wieder zuhause angekommen hatte ich einen Rettungs-Plan: Kugellager bestellen, das Ding tunen und dann schauen, was passiert. Eine Woche später waren die Lager da. Jetzt der Einbau. Ein krasser Eingriff. Ich hätte nie gedacht, dass man so viel Kraft (ja fast schon Gewalt) anwenden muss, um den Pin herauszudrücken, der das eine Lager auf der Spulenachse fixiert. Da ist ein bisschen Angstschweiß geflossen. Aber dann waren beide neuen Lager drin.
Jetzt nix wie runter. Zuerst aber mal die Euphoriebremse voll zudrehen! Nicht dass ich wieder so hart lande. Die Spulenbremse und die Magnetbremse habe ich dafür direkt voll aufgedreht. Erster (defensiver) Wurf: keine 10 m. Zweiter (schon etwas dynamischerer) Wurf: Maximal 12 m. Und es wurde nicht viel besser. Obwohl ich mich im Vorfeld auf eine weitere Enttäuschung eingestellt hatte, hatte ich jetzt richtig schlechte Laune: ‚Nix wie heim. Mach Dir nen Milchkaffe. Gönn dir ein Stück Zucker extra. Kauf Dir beim Bäcker nen Apfelkuchen oder einen mit Streuseln und leg die Baitcaster erst mal beiseite. Mach Dir irgendwie trotzdem nen schönen Samstag, schau Dir halt ein paar Angelvideos an und geh dann abends zu Deiner Freundin, koch ihr was Feines und lass Dich trösten. Aber nerv jetzt nicht rum und kotz bloß nicht den ganzen Tag wegen der Rollen ab, Alter!’
Noch auf dem Weg zum Bäcker kam dann aber wieder so was wie Kampfgeist in mir auf. ‚So leicht lasse ich mich von einer Rolle nicht schlagen! Auch von keiner Baitcaster nicht. Vielleicht gibt’s ja im Rolleninneren noch einen Mechanismus, der die Kraft der Magnetbremse reguliert. Irgendein Rädchen oder einen Button.‘ Oben angekommen, hab ich den Kuchen dann erst mal in der Küche abgelegt, die Rolle geschnappt, das Ding aufgeschraubt und ???????? Wie geil ist das denn !!! Da ist ja tatsächlich so ein Stern mit kleinen Schiebereglern, die fast alle in der äußeren Position justiert sind. Eine zusätzliche Zentrifugal- oder Fliehkraftbremse!!!
Die muss ich vor lauter Austausch-Stress beim Lagerwechsel übersehen haben. Also mal rasch nach innen drücken.
Sofort wieder Schuhe anziehen. Runter zum Kanal stürmen. Schnell. Schnell. Ausholen, locker durchschwingen und jetzt fliiiiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeeeeeeeg! Gefühlte 30 Sekunden der Glückseeligkeit später küsst der Jig nach schier endlosem Flug die gegenüberliegende Spundwand. Jawoll! Alles gut. Ich hab mich zwar total zum Horst gemacht, aber das hat ja Keiner mitbekommen. Und außerdem habe ich nun zwei so supergeile Baitcaster, dass mir das mit den Irrungen und Wirrungen jetzt auch egal ist.
Fazit: Die neue Premier hat ein dreifach regulierbares Brems-System und kann so sehr fein eingestellt werden. Unser User stockfischer hat mir eine schöne PN über die einzelnen Bremsfunktionen geschickt, die ich hier 1:1 reinkopiere: „Die mechanische Bremse wirkt permanent auf die Spule. Die Zentrifugalbremse bewirkt, dass sich die Spule am Anfang nicht überschlägt, da die Zentrifugalgewichte durch die hohe Anlaufgeschwindigkeit nach außen gedrückt werden und somit bremsen. Am Ende, wenn die Spule langsamer wird, und die Zentrifugalgewichte nicht mehr durch eine starke Fliehkraft nach außen gedrückt werden, wirkt eher die Magnetbremse auf die Spule. Sie verhindert ein Überdrehen am Ende des Wurfes.“ Die Kombination von Magnet- und Zentrifugalbremse ist zwar nix Nagelneues. (Mir wurde soeben zugetragen, dass die Firma Pflüger schon etwas länger Rollen mit beiden Bremsen im Angebot hat.) Aber super ist das natürlich trotzdem. (Wenn man es weiß.) Bevor ihr euch also irgendeine kleine Super-Multi in Japan bestellt, solltet ihr vielleicht mal so ne neue Revo Premier in die Hand nehmen. Ihr könnt die ganze Zumhorstmacherei ja dann einfach überspringen und das Ding gleich auf kleine Köder einstellen…
Übrigens: Die neue Premier wiegt mit 190 Gramm 11 Gramm mehr als die alte. 6 Gramm davon machen auf jeden Fal schon mal die vier zusätzlichen Lager aus. Die Spule ist auf jeden Fall genauso leicht wie bei der alten (mit ca. 200m 10er Fireline bespult, bringt sie 16 Gramm auf die Waage).