Fangberichte Abenteuer Nordkap – Bericht vom 1. Penn Norwegen-Cup in Havoysund
Bedingungsloses Abpilken in Norwegen und ein leidenschaftlicher Filigran-Angler. Das scheint sich so ein bisschen zu beißen. Aber wer einmal da oben war, der weiß wovon ich spreche, wenn ich hier von einem der faszinierendsten Angelreviere Europas schreibe. Seitdem ich im Jahr 2001 mit meinen Kumpels Felix und Floze das erste Mal den Weg in den Norden angetreten habe, sehen mich die Elche, Trolle und Fjorde ziemlich regelmäßig. Zuletzt in der Woche vom 3. bis 11.7.2009. Die Firma Pure Fishing, deren wunderbaren Produkte ich euch als Berkley-Teamangler ja gelegentlich prösentiere, hatte mich eingeladen, zusammen mit 23 anderen Mitarbeitern, Teamanglern, Fachhändlern, einem dreiköpfigen Journalisten-Team und drei Rute&Rolle-Lesern am ersten Penn Norwegen-Cup in Havoysund teilzunehmen – einem zweitägigen Wettangeln auf Dorsch, Heilbutt, Schellfisch, Köhler und Steinbeißer.
Als mich Pure Fishing Marketing Assistent Rainer Purkhardt darüber informierte, dass ich eingeladen war, war mir sofort klar, dass ich da natürlich mitkomme.Schon allein, weil man viel nördlicher kaum angeln kann. Schließlich liegt Havoysund fast am Nordkap. Außerdem wurde ich darüber informiert, dass es sich um eines der besten Heilbutt-Reviere Norwegens handelt. Und wie uns Michael Stahlberg auf der Hinreise über Frankfurt, Oslo und Alta bedeutete, krabbeln einem hier die dicken Fische nur so die Schnur hoch…
Zunächst einmal erlitten wir allerdings alle erst mal einen kleinen Temperaturschock. Als wir von Frankfurt nach Oslo flogen, erwarteten uns da zwar die gleichen schwülen 27 Grad, die wir aus Deutschlad gewohnt waren. Alta aber wartete mit einem Mix aus Nieselregen und Schauern und unbehaglichen 8 Grad auf. Willkommen am Kap!
Und so war es an den ersten beiden „Trainigstagen“ auch wirklich ungemütlich. So ungemütlich, dass ich meine Knipse nicht mit aufs Boot nehmen wollte. (Daran sollte ich auch während der „Competition“ nichts ändern, weshalb ich über dieses Event auch nur in Auszügen berichte.)
Die „Competion“
Unser Chef hatte sich ein interessantes Regelwerk ausgedacht, das ich mal kurz erläutern will: Es wurden Viererteams gebildet. Von diesen angelten immer zwei Mann auf einem Viererboot – also immer zwei Teams in einem Boot. Jedes Boot zählt als ein „Sektor“. Der erfolgreichste Angler erhält für seinen 1. Platz einen Punkt. Der Zweite zwei Punkte, der Dritte 3 und der Vierte 4. Es finden vier Durchgänge statt. Und am Ende gewinnt der Angler, der die wenigsten Punkte hat. Bei Gleichstand entscheiden die Punkte, die man für die gefangenen Fische bekommt. (Bei uns gab’s für einen Heilbutt 20 Punkte, für einen Steinbeißer fünf und für Dorsch, Köhler oder Schellfisch je einen Punkte.) Die Teams und die Bootsbesetzungen wurden ausgelost.
Ich stehe der Wettangelei an sich ja einigermaßen indifferent gegenüber. Einerseits macht’s schon Spaß, sich zu vergleichen. Andererseits freue ich mich gern mit meinen Mitanglern, wenn sie gut fangen und begebe mich ungern in Konkurrenz zu ihnen. Und außerdem „zwingt“ einem das Wettangeln das Fokussieren auf den Fang auf, so dass man den Blick für all die anderen schöne Dinge beim Angeln verliert. Auf wieder der anderen Seite intensiviert so ein Vergleich eben auch die Bemühungen, so dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass man einen schönen Fisch fängt…
Im Endeffekt hat’s mir dann halt schon Spaß gemacht und vielleicht habe ich diesem Cup auch meine ersten vier kleine Heilbutts zu verdanken, die mich zusammen mit einigen Steinbeißern und Dorschen nach den ersten drei Durchgängen auf den ersten Platz manövriert hatten.
Und wäre mein Butt aus dem letzten Durchgang nicht um 4 cm an unserem Mindestmaß vorbeigeschrammt, hätte ich den Pott nach Berlin geholt. Die fehlenden 20 Punkte machten aber den Unterschied zu meinem Teamkamerad und Penn-Teamangler Kai Hermann aus, mit dem ich im letzten Durchgang in einem Boot um den Titel fighten durfte. Er hat mich dann doch recht deutlich geschlagen und das Ding am Ende dann auch gewonnen. Am Ende kam dann der vielzitierte undankbare 4. Platz heraus. Zweiter wurde Pascal Grillot. Matthias Brockhaus schnappte mir verdientermaßen den Dritten vor der Nase weg. Schließlich hatte er die meisten Punkte von uns allen gesammelt. Und der nach dem 3. Durchgang zweitplatzierte Alex Reister wurde Fünfter.
Aber dafür war mein Team (Kai Herrmann, Markus Lotz und Dieter Reichel) das zweitbeste im Klassement! Bei uns war auch auch der Sieger mit dabei.
Und die rote Laterne haben wir auch noch abgeräumt! Viel mehr war da also wirklich nicht drin :-D
Fazit: Der aus dem Wettbewerbsgedanken entfachte Ergeiz trieb uns tatsächlich zu anglerischen Höchstleistungen an und bescherte uns allen viele gute Fische, von denen wir vielleicht ein paar weniger gefangen hätten, wenn wir nicht so intensiv dran geblieben wären.
So z.B. Michael aka Alex, der mit zwei Butts aus der 30kg-Klasse zum ungekrönten Heilbutt-King wurde. (Hier ausnahmsweise mal ganz ohne Butt.)
Oder auch Rainer, der den Schwung aus der Competition mit in die restlichten Tage genommen hat, und uns deshalb diese schönen Bilder liefern konnte:
Wer Heibutts fangen will braucht erstmal Hal!
Apropos Butt: Von Alfred, unserem Betreuer vor Ort, erfuhren wir, dass es einige unter uns geben muss, die einen besonders guten Draht zum weiblichen Geschlecht haben müssen. Denn Heilbutts fängt man einer norwegischen Sage nach nur mit „Hal“, einer geheimnisvollen Kraft, die durch den intensiven Kontakt zu einer Frau auf den Fänger übertragen wird und ihn zum erfolgreichen Heilbuttdompteur werden lässt. Gefeiert wurden in den norwegischen Fischerdörfern dementsprechend auch nicht die Männer, die die Butts mit nach Hause brachten, sondern ihre Frauen. Dieser Tradition folgen wir natürlich gern! Deshalb an dieser Stelle ein Dank von allen Heilbuttbezwingern an unsere Fischerbräute! Ihr seid die Besten! (Wir konnten ja immerhin fast 50 Heilbutts fangen. Die größten davon waren über 30 kg schwer und ca. 1,40 m lang.)
„Abangeln“ auf Dorsch & Platte
Nachdem der Pokal vergeben war, blieben uns noch drei Tage zur freien Verfügung. An denen ging ich dann meiner wahren Passion nach und konzentrierte mich aufs Angeln mit Skeletor und Rock Sweeper auf Stegdorsche und Sund-Schollen.
Stegdorsche auf Blinker und Gummi
Das war dann wieder voll mein Ding. Vom Steg aus durfte ich immer wieder schöne Dorsche drillen. Die Bissfrequenz entsprach ungefähr der bei einem herausragenden Tag auf Zander oder Hecht. So alle 10 bis 15 Würfe kam ein Fisch. Die beiden größten Dorsche waren über 80 cm lang. Fotos gibt’s von denen leider keine, weil ich gegen 3 Uhr nachts allein auf der Steganlage herumturnte. (Ich hatte mittags geschlafen und war dafür nachts zu fit, als dass ich den Fischbestand vor der Haustür hätte ignorieren können. Und weil’s so nah am Nordpol im Sommer einfach mal 24 Stunden hell ist, lässt es sich fast zu jederzeit ganz gut angeln – von den Phasen absoluten Wassertiefstandes mal abgesehen.)
Im Verlauf des Urlaubs hat’s dann immer mehr von uns auf den Steg gezogen. Besonderen Spaß daran hatte Alex R., der am letzten Abend den Dorschen mit dem durchs Mittelwasser gezogenen Gummifisch ganz schön eingeheizt hat.
Immer wieder schön, wenn der Angelnachwuchs so viel Freude zeigt.
Andere Angler hatten mit den Dorschen weniger Glück. Aber in Norwegen kommen auch weniger talentierte Menschen zu ihren Fängen. Man muss ihnen nur eine Rute mit einem Paternoster in die Hand drücken und schon fängt’s an zu zappeln.
(In echt musste da übrigens fast jeder einmal ran ans Kleinviehgeschirr, um sich genügend Köderfische zusammenzuangeln.)
Im Aquarium auf Platte
Das mit am Abstand abgefahrenste Angeln aber war das Schollenzocken im Havoysund. Hier lagen echte Monsterplatten auf dem Grund, die man bei Sonnenschein und Windstille im kristallklaren Wasser auf 4 bis 8 Metern Wassertiefe am Grund relaxen sah. Vom driftenden Boot befischten wir die bis zu 4 kg schweren Platten im Familienpizza-Format auf Sicht. Gleich bei der ersten 400m langen Drift konnten Robert, Alex, Patrick und ich fünf ordentliche Havoy-Teller verhaften.
Allerdings erwischten wir keinen von den allergrößten Koffern, die da unten im Sand lagen. Die waren verdammt vorsichtig und reagierten besser auf das den Sand aufwirbelnde Blei als auf unsere Köder. Und als dann die Strömungsgeschwindigkeit anstieg, bekamen wir zu spüren, dass das Plattendriften vor Ort so seine Tücken hat. Mit zunehmender Strömung wurde auch unsere Driftgeschwindigkeit schneller, was wiederum zur Folge hatte, dass die Fische unsere roten Gulp! Alive!-Seeringelwürmer mehrheitlich nur noch kurz anfassten, anstatt sie voll zu nehmen. Damit man hier mehr als ein paar Zufallsfische fängt, muss also alles passen: Wind, Wasserstand, Tageszeit und Strömung.
Zu gern hätte ich mich noch ein paar Wochen in diese Angelei eingefuchst. Doch blieben uns nur noch zwei recht kurze Versuche, bei denen wir nicht wirklich richtig fett zuschlagen konnten. Dennoch bleiben mir unvergessliche Bilder im Kopf. So zum Beispiel von einem Schollenquartett, das sich im Mittelwasser um meine beiden Würmer stritt, um dort nur an den Würmern herumzuzerren. Immer wieder geil wurde es auch, wenn sich so ein Klodeckel aus der Ü-50-Kategorie aus dem Sand löste (wenn die Dinger daliegen sieht man manchmal nur die Augen) und sich auf den Weg zum Blei machte, um dann nach einigen Metern des Beschnupperns das Interesse zu verlieren. Übrigens waren sich die Platten köderunabhängig ziemlich defensiv eingestellt und bissen auch auf Heringsfetzen oder Garnelen nicht wirklich aggressiv. Am erfolgreichsten waren immer noch die Gulp!-Seeringelwurm-Imitate, die auch die skandinavischen Guides vor Ort an Bord hatten, von denen wir uns zum Schollendriften inspirieren ließen.
Wobei wir alle gerne mal getestet hätten, wie es sich mit echten Wattwürmern gestaltet hätte. Aber zum wathosenfreien Plümpern war das Wasser mit 6 Grad einfach ein paar Grad zu kalt.
Dorsch, Steinbeißer und Butt für alle
Bis auf das Rute&Rolle-Team uns zog es die meisten Reiseteilnehmer ungeachtet dieser extrem spannenden und kräfteschonenden Angeloption mit Aquarium-Optik zu den Dorsch-, Steinbeißer- und Heilbuttgründen. Auch dabei gab’s immer wieder schöne Fische.
Vor allem der Dorsch war nun allgegenwärtig.
Mit Adleraugen beobachteten die beiden Opis aus der Muppet Show von ihrer Loge aus, wer da was von seinem Ausflug mit in den Hafen brachte.
Wobei manche Seeungeheuer auch gar nix von uns zu befürchten hatten und nach einer kurzen Fahrstuhlfahrt durch die komplette Wassersäule wieder am Grund herumgurken durften.
Auf Heilbutt im Nebel des Grauens
Nicht unerwähnt bleiben, sollte auch unser kurzer Ausflug zum Trollsund, wo wir ganz gezielt auf fette Heilbutts angeln wollten. Der fand am zweiten Sonnentag statt und führte uns ca. 20 km vor den Heimathafen über das Meer zu zwei Inseln. Der Ausritt hat in den mit 50 PS motorisierten Aluschüsseln richtig Laune gemacht.
Schon von Weitem hat man dann gesehen, dass die Inseln in eine weiße Watte eingehüllt waren.
Als wir näher dran waren, entpuppte sich das Phänomen als eine riesige Nebelschwade, die dicht über dem Wasser hing.
Als wir durch die Mauer fuhren war von der Sonne nix mehr zu sehen. Stattdessen war’s kalt, feucht und grau. Nachdem wir nach einer Stunde nur einen kleinen Butt am Haken hatten, der sich auch noch abschüttelte, hab ich dann einen ersten zarten Versuch gestartet, meine Kollegen im Boot davon zu überzeugen, dass es in der Sonne doch viel schöner ist. „Wir sind doch echt doof. Da scheint einmal die Sonne und wir fahren freiwillig in den Nebel des Grauens.“
Nach einem halbstündigen Gejammer hatte ich sie soweit. Wir verabschiedeten uns vom Rest in Richtung Havoy mit dem Plan, auf dem Heimweg noch ein bisschen zu Dorscheln. Die Sichtweite betrug nun ca. 40 Meter. Aber gleich würde ja die Sonne wiederkommen. Vielleicht noch 100 Meter. Nö? Okay. Dann aber bestimmt in spätestens 200 Metern. Nö! Aus die Maus. Die Sonne war verschwunden. Jetzt wurde die See auch immer rauer. Also schnell mal die anderen über das miese Wetter informieren, zum Rückzug animieren und dann nix wie in den Hafen. Auf dem Heimweg war es uns allen ziemlich mulmig zumute. Salz in den Augen, Wasser im Boot, Wind von schräg vorne – ziemlich ungemütlich und auch leicht beängstigend, wie schnell sich das Wetter ändern kann in Norwegen.
Ohne Kartenplotter wären wir da draußen absolut verloren gewesen. Ich würde soweit jedenfalls nicht mehr rausfahren ohne so ein Ding an Bord. Und damit bin ich nicht allein. Auf den Schreck gab’s dann erst mal ein Bierchen und ein bisschen angelfrei. Für die meisten jedenfalls. Andere konnten es nicht lassen und wurden für ihren Eifer beim Heilbutt- und Dorschangeln in den windgeschützten Buchten auch belohnt.
Das war geil!
Jede Gruppenreise produziert natürlich eine Menge kleiner Geschichten, die einem auch im Nachhinein zum Schmunzeln bringen. Ich erinnere die hier mitlesenden Teilnehmer nur an „Burnely Snipes“, „Thermo Grüppen“ oder „Alex & Martin“ – selten so gelacht!
Alles in allem war’s mal wieder echt super da oben. Nicht nur weil’s landschaftlich und fischtechnisch einfach mal ne andere Hausnummer ist als ein Brandenburger Barschsee (wobei ich mich auf die jetzt auch schon wieder freue). Es war auch super organisiert. Dafür bedanke ich mich nochmal im Namen des ganzen Teilnehmerfeldes bei Organisator Patrick Schäfer (Penn-Meeresteam-Mitglied und Inhaber von Angelreisen Schäfer), den Koordinatoren Rainer und Heiko, unserem Guide Matthias und natürlich auch beim Chef, der das Ganze möglich gemacht hat. Besten Dank auch noch an Tourismusminister Alfred, der sich wirklich rührend um uns bemüht hat.
Ich habe auf der Zugfahrt von Frankfurt nach Berlin beschlossen, ab jetzt wieder jährlich gen Norden zu ziehen. Kann sogar sein, dass ich nochmal ganz gezielt zum Schollenangeln ans Nordkap düse. Weil schöner geht’s echt kaum…
Filmmaterial im Netz!
Wer noch ein bisschen mehr über die Reise erfahren will, findet einen Film von Holger Höhner auf bissclips.de und hier einen von Markus Lotz.
Und jetzt noch ein Gruß an alle Beteiligten!
Als da wären: Das Rute & Rolle-Team in Person von Sven Kloer und Holger Bente (www.fish-maps.de), Holger Höhner von Bissclips.TV (www.bissclips.de), der einen kleinen Film über unser Abenteuer produziert hat, Andreas Borgers (www.grueppen.de), Michael Meissgeyer (www.am-angelsport.de), Kai Häffner (www.tackle-import.com), Alexander Reister (www.mur-angelgeraete.de), Hartmut „Hardy“ Brockmann, Dieter Reichel, Benny Reeb, Markus Lotz, Werner Pürschel, Matthias Brockhaus, Kai Herrmann, Patrick Schäfer, Rainer Purkhardt, Heiko Jakob, Michael Stahlberg, Bernhard Gißler, Jan van de Bovenkamp, Robert Wiepel, Pascal Grillot und Rob Wyatt .
PS: Wen es jetzt gelüstet, sich das alles mal selber anzusehen, der bucht über Angelreisen Schäfer (http://www.schaefer-angelreisen.de). Matthias (in Kürze unter http://www.mb-guiding.de erreichbar) guidet dort noch bis in den September und führt seine Gäste in die fängisten Methoden auf Heilbutt und das Revier an sich ein.