Gewässer-Tipps Fischereimanagement an den Talsperren des Ruhrverbands – Teil 2
Letzte Woche im ersten Teil ging es um das Fischereimanagement an den Talsperren im Allgemeinen und speziell um Hecht und Zander. In diesem zweiten Teil erfahrt ihr mehr über die Barsche und Seeforellen in den Ruhrverbandstalsperren. Übrigens beginnt jetzt die Seeforellensaison an den Talsperren (Start: 16. März). Wer es schon immer auf eine der schönsten und kampfstärksten Salmoniden im Sauerland versuchen wollte, für den ist das die ideale Gelegenheit. Die wichtigsten Infos vom „Insider“ findet ihr praktischerweise in diesem Interviewauszug. Also viel Spaß beim Lesen!
Clemens Strehl: Wie ist die Situation der Barsche in den großen Talsperren?
Markus Kühlmann: Wie bereits erwähnt, wird das Wasser in den Talsperren immer klarer. Barsch und Hecht sind die Gewinner bei dieser Veränderung des Lebensraums. Sie benutzen beide auch das Auge zum Jagen und profitieren somit von dieser Entwicklung. Ich bemerke ganz stark die Tendenz, dass die Barschbestände in allen Talsperren deutlich ansteigen. Die Barsche sind sehr großwüchsig und weisen keinerlei Verbuttungstendenzen mehr auf, wie es in der Vergangenheit gewesen ist. Es sind mittlerweile viele große Fische da. Wir haben in den Talsperren teilweise Barschbestände, die bis zu 50% der Fischbiomasse ausmachen. In der Möhnetalsperre ist der Flussbarsch sogar die häufigste Fischart und wird wirklich kapital. Über ein Kilo ist hier schon fast Standard. Allgemein liegt die Durchschnittslänge in den Talsperren bei 25-30 cm.
Kleiner Talsperrenbarsch
Clemens Strehl: Das Auffinden der Barschschwärme in großen Stauseen ist nicht leicht. Haben Sie Tipps, wo sich die gestreiften Räuber in den einzelnen Jahreszeiten bevorzugt aufhalten?
Markus Kühlmann: Im Winter steht der Barsch recht tief. Im Frühjahr, zur Laichzeit bewegt er sich zum Ufer hin. Ende März steht er dann tagsüber in Tiefen zwischen ca. 3 und 12 Metern. Zum Laichen geht er dann ins ganz flache Wasser. Nach der Laichzeit hat er natürlich Hunger und muss seine Energiereserven wieder auffüllen. Sobald die Fischbrut da ist, steht er flach und raubt oberflächennah. Das geht bis in den Sommer hinein. Dann sieht man vor allem zum Abend hin die Barschschulen parallel zum Ufer, wie sie ganz massiv hinter der Brut her rauben. Wobei die größeren kapitalen Barsche zurückhaltender sind und immer ein bisschen tiefer stehen als die jüngeren Barsche. Nachher zum Herbst hin, je nachdem, wie der Wasserstand in den Talsperren ist, wird die Brut auch gezwungen ins Freiwasser zu gehen, weil sie am Ufer die Deckung verliert. Insbesondere die Barsch- und Rotaugenbrut steht im Spätherbst draußen im Freiwasser. Das ist quasi eine pelagische Phase, in der man den Barsch dann auch draußen findet. Sehr gut für den Barschfang ist im Herbst der Übergangsbereich vom Flachwasser in die Tiefwasserzone, den wir Halde nennen. Der Barsch steht hier tagsüber oft strukturgebunden mit dem Rücken zum Felsen. In den Dämmerungsphasen geht er dann auch gerne ins Freiwasser zum Rauben. Mit dem Fortschreiten des Jahres geht er zum Winter hin wieder auf zunehmende Tiefen bis auf 20/30 Meter.
Clemens Strehl: Was war der größte Barsch aus einer Ruhrverbandstalsperre, von dem Sie gehört haben?
Markus Kühlmann: Im vergangenen Sommer zeigte mir ein Angler an der Möhnetalsperre einen Barsch von 51 cm, den er beim Spinnfischen vom Ufer aus gefangen hatte. Wir fangen hier zudem immer wieder mal Barsche von 2 bis 2,5 Kilo.
Dicker Barsch, gefangen bei Hegebefischungen
Clemens Strehl: Man hört immer öfter von schönen Seeforellenfängen u.a. aus der Möhne- und Biggetalsperre. Wie haben sich die Seeforellenbestände in der Vergangenheit entwickelt und wie schätzen Sie das zukünftige Potential der Seeforelle als Sportfisch ein?
Markus Kühlmann: Sehr gut, die Entwicklung und der Bestand nimmt zu. Wir züchten immer mehr Seeforellen und haben dadurch die Besatzmaßnahmen erhöhen können. Die Seeforelle ist für mich in den Talsperren mit der Raubfisch der Zukunft. Insbesondere die Bigge-, Henne-, Sorpe- und die Listertalsperre sagen der Seeforelle zu, weil bei denen im Sommer auch noch im kühlen Tiefenwasser genügend Sauerstoff vorhanden ist und das Nahrungsangebot (Maräne und Rotauge) stimmt. Das ist wichtig für die Seeforellen. An der Möhne hingegen bildet sich im Sommer eine ausgeprägte Sprungschicht, unterhalb der quasi kein Sauerstoff mehr im Wasser vorhanden ist. Hier ist der Lebensraum für die Seeforelle also nicht so günstig. Aber dadurch, dass wir die Seeforellen im großen Stil selber züchten, kann ich mir den „Luxus“ erlauben, auch die Möhnetalsperre jedes Jahr mit Seeforellen zu besetzen. Und der Bestand entwickelt sich auch hier erstaunlich gut. So konnten die Angler hier in der Vergangenheit immer wieder gute und auch große Seeforellen fangen. Die Seeforelle wird sich aber in der Möhne in absehbarer Zeit nie so gut entwickeln wie in den anderen Talsperren. Dadurch, dass die Talsperren sich verändern und z.B. der Zander der Verlierer ist, weil der Lebensraum für ihn ungünstiger wird, wird der Lebensraum für die Seeforelle aber immer günstiger. Daher sehe ich die Seeforelle langfristig als eine Art Ersatz für den Zander in der Funktion als großer Raubfisch der tieferen Wasserschichten und des Freiwassers.
Seeforelle aus der Biggetalsperre
Clemens Strehl: Das heißt, die Seeforelle raubt bevorzugt in tieferen Wasserregionen?
Markus Kühlmann: Das ist jahreszeitenabhängig. Im Frühjahr kommt sie ins Flachwasser, um an den Uferpartien zu jagen. Da hat man die Chance, sie auch vom Ufer aus zu erwischen. Ansonsten steht sie tief im Freiwasser. Sie geht natürlich auch zeitweise an die Oberfläche, insbesondere abends. Dann kann man sie auch recht gut rauben und springen sehen. Das passiert vor allem, wenn Schwärme von Maränen in der Dämmerung an der Oberfläche nach Insekten schnappen und nach Plankton suchen. Dann geht die Seeforelle hinterher und raubt nach diesen Futterfischen.
Clemens Strehl: Wie würden Sie vorgehen, wenn sie mit Kunstködern auf Seeforelle fischen wollten? Ich frage deswegen, weil sich ja jederzeit auch ein Hecht den Köder schnappen könnte. Das Stahlvorfach ist also unvermeidlich?
Markus Kühlmann: Beim Barschangeln gibt es mit dem Stahlvorfach eben solche Diskrepanzen. Ich will nur folgendes aus tierschutzrechtlichen Gründen dazu sagen. Es kann immer mal sein, egal womit ich fische, dass sich auch mal ein Hecht an dem Köder vergeht. Der müsste dann ohne Stahlvorfach mit abgerissener Schnur und Drilling im Maul durch die Gegend schwimmen. Ich weise daher aus tierschutzrechtlichen Gründen ausdrücklich darauf hin, dass bei uns das Fischen mit Kunstködern, Spinnern, Wobblern usw. nur mit Stahl- oder Kevlarvorfach gestattet ist. Hartmono-Vorfächer und ähnliche Alternativen sind meiner Ansicht nach noch kein gleichwertiger Ersatz. Wir kontrollieren auch die Einhaltungen der Bestimmungen und bitten alle Angler um Verständnis und Beachtung der Bestimmungen.
Sportfischer mit Seeforelle
Clemens Strehl: Welche Talsperre würden Sie dem Raubfischneuling empfehlen?
Markus Kühlmann: Das ist schwer zu sagen. Also Bigge-, Henne-, Sorpe- und Möhnetalsperre sind absolute Top-Raubfischgewässer. Jede hat Schwerpunkte. Bei der Möhne ist der Hecht am stärksten, an der Sorpe und an der Henne ist es der Zander und an der Bigge vielleicht die Seeforelle. Im Bezug auf den Barsch merken wir, dass er in der Möhne immer besser geht und er auch als Angelfisch einen immer größeren Stellenwert einnimmt, weil eben immer mehr kapitale Barsche vorkommen. Das ist an keiner anderen Talsperre so ausgeprägt. Trotzdem kann man überall auf alle Arten fischen und auch erfolgreich sein.
Das Tolle an unseren Talsperren ist die Vielfalt der Fischbestände und somit der Angelmöglichkeiten, eben das Angelparadies Sauerlandtalsperren!
Das war der zweite Teil der Serie. Nächste Woche geht es mit dem dritten Teil weiter.
Petri Heil,
Euer Clemens