Salmoniden Wiedereinstieg ins Fliegenfischen
Seit Jahren geistert das Thema „Fliegenfischen“ in meinem Kopf herum. Ein paar praktische Erfahrungen habe ich ja schon gemacht. Da gab‘s mal nen Blitzwurfkurs beim Hechtsprung-Fliegenfischer-Experten Axel Kröschel. Dann war ich mal eine Woche mit meinen Eltern, Schwester ihrem Freund und meiner damaligen Freundin im Südtirol und habe mir den Ärger der gesamten Reisegruppe zugezogen, weil ich jeden Tag pünktlich zur Abendessenszeit mit Sedges auf die zum Abendschlupf aktiv werdenden Passer-Forellen gefischt habe, anstatt mich ordnungsgemäß an der Tafel einzufinden. Ich hatte auch schon einen legendären Tag im Forellenzoo, an dem ich mit einem schwarzen Streamer alle Teigangler in Grund und Boden gefangen habe. Und jedes Mal wenn ich im Sommer auf der Spree stehe und die Rapfen oder Alande zwar in die Brut gehen, von meinen Ködern aber nichts wissen wollen, habe ich mir geschworen, dass ich das mit der Fliege mal intensivieren muss. So ein kleiner Streamer müsste da doch unschlagbar sein.
Könnte sein, dass es dieses Jahr soweit ist. Weil mit dem Jochen endlich mal einer mitmacht. Mein Kollege aus dem Berkley Raubfischteam hat sich vor ein paar Tagen eine Billigkombo geschossen und hat mir am Montag von einem total guten Einstand am Forellenpuff erzählt. Er war am Samstag los und hat seine „progressive Shakespeare“ (O-Ton Jochen) mit einem Dutzend Bezahl-Forellen eingeangelt. Höchste Zeit, die alten Ruten rauszukramen und mitzuziehen!
Von Jochen habe ich gehört, dass er mit einem Schusskopf arbeitet. Dass er dahinter eine 40er Mono als Laufleine hat. Und dass er 20er Fireline als Backing verwendet. Dazu passt eine 30-Euro-Rute der Klasse 6/7 und eine Rolle aus dem gleichen Preissegment. Ganz schön basic und irgendwie auch cool. Der Einstieg in die Materie hat ihn so keine 100 Euro gekostet. Nachdem ich schon eine einsatzbereite Uralt-Kombo der Klasse 6/7 und außerdem eine jungfräuliche 5er-Kombo zuhause liegen hatte und eigentlich nicht mehr viel investieren musste, habe ich mir gedacht, dass ich mir den Luxus einer professionellen Beratung gönne. Also bin ich am Mittwoch um 11 Uhr zu*morefly.com in die Joachimstaler gefahren. Dort habe ich mich dann vom netten Herrn Fiebig in Sachen Backing, Fliegen, und Vorfächer beraten lassen.
Ich hatte eine Menge Fragen im Zusammenhang mit der ungefischten Kombo. Meine Schnur ist eine schwimmende WF. Ist das ok zum Streamern? Oder hätte ich eine sinkende Schnur nehmen sollen? Und was schaltet man dahinter? Wie verknotet man das Ganze? Und wie sehen die Vorfächer aus? Reicht da eine Fluorocarbonschnur oder muss es was Verjüngtes sein?
Nachdem geklärt war, dass ich mit meiner Schnur gut beraten bin, kam schönes Backing auf die Spule. Das wird mit einem ganz normalen Spulenknoten angebunden. Ca. 20 m.
Dann verbindet man Backing und die Flugschnur mit dem Albright-Knoten.
An die Flugschnur kommt dann ein Loop (eine Schlaufe), in das man das Vorfach einschlauft.
Dieses Loop befestigt man über eine Art Stretch-Netzstrumpf, den man über die Schnur stülpt. Zur Fixierung zieht man dann ein Stück Silikonschlauch herunter und sichert das noch mit Sekundenkleber ab.
Dann wird das Vorfach Schlaufe in Schlaufe mit der Flugschnur verbunden.
Ans Ende des Vorfachs kommt ein kleiner Ring.
Und an diesen Ring kommt ein kurzer 30 cm langer Leader aus Fluorocarbon. An den FC Leader bindet man dann die Fliege.
So. Und jetzt ab auf die Piste nach Potsdam. Es war nicht schwer, Jochen von einem erneuten Ausflug nach Niemegk zu überzeugen. Wir hatten nur knapp zwei Stunden. Das sollte reichen zum Reinschnuppern. Die beiden Stunden gingen schnell vorbei. Bei mir in erster Linie, weil sich ein Ärgernis ans andere reihte. Es war windig. Ich hatte nur die 5er-Rute dabei. Die Forellen standen ziemlich weit weg vom Ufer. Meine Würfe sind ständig in sich zusammengebrochen.
Ich habe meinen Streamer bestimmt 5 mal aus dem Gebüsch gefingert. Die Schnur hat sich dauernd in so einem bescheuerten Verschlusssystem am Jackenärmel verfangen.
Jochen hingegen kam bestens klar mit seinem Schusskopf und der etwas schwereren Kombo.
Und dann waren die zwei Stunden auch vorbei. Das war recht ernüchternd. Eine Forelle hat sich erbarmt, eine Nymphe zu nehmen, ist ihrem unausweichlichen Schicksal aber nochmal von der Schippe gesprungen. Der Rest war Grütze.
Am Tag danach war Theorie angesagt. Youtube angeschmissen und rein in die Materie. Ein paar Wurftechniken anschauen. Für den Einstieg sind der Rollwurf und der Überkopfwurf relevant.
Meine Recherche nach einem nähergelegenen Forellen-Etablissement mit fliegenfischerrookiefreundlicher Teicharchitektur hat mich wieder einen Tag später nach Grünheide geführt. Genauer in die Forellenanlage „Klein-Wall“ (die Koordinaten fürs Navi: Klein Wall, 15537 Grünheide / Tel.: 033632 – 210).
Diese lebt von ihrem rustikalen Charme, wird aber schrittweise modernisiert. Viel wichtiger ist dem Einsteiger, dass er nach hinten durchschwingen kann. Und da die Teiche durch recht schmale Dämme voneinander getrennt sind, kann man das hier mit bestem Gewissen tun.
Keine Bäume. Keine Sträucher. Und ein sehr netter Betreiber, der das Angeln mit allen Ködern außer Köderfischen erlaubt.
Na dann mal los. Ich hatte wieder nur die 5er Kombo aufgebaut, die schwerere aber vorsichtshalber im Gepäck. Die habe ich zum Glück nicht gebraucht. Obwohl es auch recht windig war, bin ich schon viel besser klargekommen. Dem Videostudium sei Dank. Außerdem braucht man wohl echt ein paar Stunden, um von den schnippsigen Bewegungsabläufen vom Spinnfischen wegzukommen. Zwar war’s immer noch ziemlich wild.
Und einen Baum habe ich auch gefunden…
Aber Spaß hat’s auf jeden Fall gemacht.
Und es ist echt nicht so, dass die Forellen auf alles gebissen hätten. Auf Nymphe hatte ich exakt eine.
Auf Bachflohkrebs keine.
Auf bunten Streamer keine. Auf Mühlkoppe keine. Auf den Wooly Bugger mit nem kleinen Köpfchen hat’s aber voll gut gebissen. Zumindest im Regenbogenland.
Bei den Lachsforellen und Saiblingen hat auch nur der unscheinbare schwarze Streamer Fisch gebracht. Aber da hat’s fast nicht gebissen. Perfekt!
Ich habe mein verjüngtes Vorfach übrigens durch ein 17er Fluorocarbon-Vorfach ersetzt, weil ich ein bisschen tiefer runter wollte und das Profi-Vorfach außerdem dann doch recht gekringelt auf der Oberfläche lag. Bis ich das gestreckt hatte, war der Streamer schon fast am Ufer.
Nächste Woche gibt’s ein Forellenessen für meine Freunde. In die Salmonidenkarte vom DAV werde ich dieses Jahr wohl auch zum ersten Mal investieren. Das wird jetzt sicher nicht meine Hauptdisziplin. Aber ein bisschen besser will ich schon noch werden. Falls mich jemand coachen will – ich bin abrufbereit :-D
Und hier noch ein paar Impressionen von der Forellenanlage Klein Wall, die beweisen, dass man nur ein Auge fürs Detail haben muss, um sich auch an künstlich angelegten Gewässern wohlfühlen zu können.