Fangberichte „Ama et fac quod vis!“ – am Forellenbach
„Ama et fac quod vis!“ – Das ist ein altes lateinisches Sprichwort und bedeutet: „Liebe und tu, was du willst!“ Worauf Kaiser Augustinus diesen Ausruf vor Jahrhunderten bezog, weiß ich leider nicht. Mich erinnerte er, als ich neulich über meinen Lateinvokabeln brütete daran, dass ich schon viel zu lange nicht mehr das getan habe, was ich liebe. Gemeint ist Angeln. Kurz zur Vorgeschichte. Im Rahmen meines Studiums hole ich zurzeit das Latinum nach, welches man in der Schule noch so unfassbar gutmütig hinterhergeworfen bekommt. Ich würde gerne mein 14jähriges Ich dafür ohrfeigen, dass es sich damals für Französich und gegen Latein als zweite Fremdsprache entschieden hat. An dieser Stelle sei allen jungen Lesern, die eventuell einmal studieren wollen empfohlen: MACHT LATEIN!!!
Ok, zurück zum eigentlichen Thema. Ich war zu lang nicht mehr am Wasser. Dazu kommt, dass mein Angelverein ein generelles Kunstköderverbot bis Anfang Mai verhängt hat. Na toll… Ein Blick auf den Kalender ließ mich aufschrecken. Bald 15ter März. Da war doch was! Richtig, Ende der Salmonidenschonzeit in Rheinland-Pfalz! Wieso nicht einen Besuch in der Heimat mit spannendem Forellenfischen in wunderschöner Natur verbinden? -Ich hatte einen Plan.- Zwei Telefonate später war alles geklärt. Ich werde am 16ten März die Forellensaison an einem kleinen privaten Forellenbach eröffnen!
Schon stand ich in Gedanken bis zu den Oberschenkeln im kühlen Nass. Noch nie war ich so schnell vom Schreibtisch auf mein Sofa gehechtet. Schnell das Tackle richten, so als ob es in 10 Minuten losgeht! Eine kleine Hand voll Jigs, 2 JDM-Twitchbaits, ein gemischtes Päckchen Keitech, ein paar Needle Weights und Haken, sowie eine Hand voll Spinner, die dem ganzen High-Tech Kram am Bach schon öfter gezeigt haben wo es lang geht, in die Versus Box gestopft.
Die Megabass Intimidater mit ihrem maximalen Wurfgewicht von 14 Gramm stand noch, vom letzten Barschfischen montiert, einsatzbereit im Rutenhalter. Ich war sowas von bereit! Schade, dass es noch 96 unendliche Stunden dauern sollte, bis ich den Forellen auf den Leib rücken würde. Die nächsten Tage habe ich mich mehrmals dabei erwischt, wie ich im Lateinkurs davon träumte einen Anhieb zu setzen, vor unterspülte Ufer zu werfen, oder große Forellen durch die Pool-Brille zu beobachten. Zum Glück spielte sich all dies nur in meinen Gedanken ab, sonst hätte mein Zucken und Wedeln wohl ähnlich schräge Blicke auf sich gezogen, wie meine einteilige Spinnrute im Zug gen Heimat. Mir war es egal, dass das Schmuckstück im Zug einen Sitzplatz für sich belegte. Ich hatte nurnoch Forellen im Kopf!
Die am Morgen darauf folgende Autofahrt zum Bach kam mir wie eine Ewigkeit vor. Wie kann man für 25km, mit gefühlter Schallgeschwindigkeit, nur gefühlte 1847 Stunden brauchen??? Ich wollte endlich fischen!!!
Eine gefühlte Ewigkeit später ist es soweit. Mein Vater lässt mich am unteren Ende der Bachstrecke raus, er wird von oben mit dem Fischen beginnen. Ich genieße erst einmal die Sonne und setzte mich neben den Bach.
Konzentriert montiere ich meine Rute, knüpfe ein Fluocarbonvorfach an die Hauptschnur und ans Ende einen kleinen Fin-S Fish. Auf geht‘s zum ersten Gumpen!
Aber irgendwie wollen die Forellen im Unterlauf nicht so wie ich. Ich kann zwar einige durch die Poolbrille beobachten, nur anbeißen will keine. Und so bleibe ich an den ersten 3/4 schönen Gumpen ohne Fisch. Dabei erschien mir der Wasserstand nahezu perfekt. Ich fange an zu grübeln. Nebenbei wate ich langsam den Bach hinauf, werfe alle potentiellen Unterstände an. Plötzlich sehe ich eine Flanke aufblitzen, in der gleichen Sekunde meldet mir die Rute einen Anbiss. Die erste Forelle hat zugeschnappt. Ein kleiner Regenbogen konnte dem Minijig nicht widerstehen. Ich mache ein kurzes Foto und hake sie noch im Wasser ab.
Danach kann ich eine Zeit lang keine Forelle zum Anbiss überreden. Trotzdem genieße ich die wärmende Sonne. Der Bach plätschert gemächlich dahin und ich merke wie ich in einen Zustand vollkommener Entspannung übergehe. Am nächsten Gumpen sollte sich das ändern…
Ich sehe schon von weitem, dass ein umgestürzter Baum eine schöne Rückströmung erzeugt. Darunter ist das Wasser gut einen Meter tief. Ich gehe in die Knie und mache mich zum Wurf bereit. Keinen Fehler jetzt, ein zu lösender Hänger im überhängenden Baum würde meine Chancen in diesem Gumpen zerstören. Ich konzentriere mich, hole kurz Schwung und der kleine Jig landet eine Handbreit vor dem Baum. Schnell straffe ich die Schnur und warte auf das Auftreffen am Grund. Aber soweit kommt es gar nicht. Eine starke Forelle hat meinen Fin-S volley genommen und gibt sofort Vollgas. Sowas habe ich lange nicht mehr erlebt. Meine Kontrahentin fetzt das dünne Geflecht nur so von der Rolle. Sie spurtet locker 10 Meter Bach aufwärts. Ich bin total perplex. Dann reagiere ich endlich und beginne den Fisch mit hoch erhobener Rute zu dirigieren. Mehrmals gelingt es der Kapitalen beinahe sich unter eine Wurzel zu flüchten. Der Drill kommt mir ewig vor, immer wieder muss ich die Forelle Schnur nehmen lassen, mein dünnes Fluovorfach soll nicht reißen. Ich merke wie mein Gegenüber an Kräften verliert. Schnell führe ich sie heran und lande sie per Hand. Wow, was für ein Fisch. Ich mache ein schnelles Foto und schon verschwindet sie wieder in ihrem Gumpen. Knapp 40cm, ein Traumstart!
Doch was danach geschah, stellte alles was ich an dem Bach zuvor erlebt hatte, in den Schatten. Zunächst treffe ich auf halber Strecke des Baches meinen Vater, der auch schon einige schöne Forellen überlisten konnte. Ich will ihn ein wenig in das Fischen mit kleinen Jigs einweihen und so fischen wir die verbleibenden Gumpen zusammen ab. Ich gebe ihm meine Megabass Combo in die Hand; „Boah, ist die leicht“, entfährt es ihm.
Wir suchen uns einen schönen Gumpen. An dieser Stelle blockiert ein großer Stamm den Bach. Das Wasser steht fast, es ist weit über einen Meter tief, am Grund liegt Kies. Ideale Voraussetzungen für meinen No-Action Shad! Ich sage: „Schau, du schnippst das Teil vorsichtig vor den Ast und fängst an zu jiggen. Wie beim Zander angeln!“ Doch mein Vater kommt nicht sofort mit dem leichten Jigkopf zu Recht und so übernehme ich die Rute wieder für ein paar Würfe. „Du musst darauf achten, dass du keinen Schnurbogen entstehen lässt“ erkläre ich gerade, als ich einen guten Biss bemerke. Ich setzte einen beherzten Anhieb, denn die Attacke kommt fast auf voller Wurfdistanz und ich habe knapp 20 Meter weit geworfen. Sofort spüre ich starken Widerstand. Der Fisch bleibt am Grund. Er will unter den zuvor erwähnten Baum flüchten und ich muss mit aller Kraft dagegen halten. Die Intimidater biegt sich so sehr, dass ich um mein Fluovorfach fürchte. Und der Zug des Fisches lässt einfach nicht nach, ich rechne jede Sekunde damit dass mein Vorfach reisst. Dann jedoch kann ich meinen Gegenüber dazu bewegen stromauf in meine Richtung zu schwimmen. Ich wate dem Fisch ein paar Meter entgegen, was ein Monster für diesen Bach! Nie zuvor konnte ich hier eine Forelle über 45cm landen. Immer wieder nimmt mein Gegenüber Schnur, mein Vater ist ebenso aufgeregt wie ich. Dann bekomme ich die Forelle in einem günstigen Moment an der Schwanzwurzel zu greifen. Ich ziehe sie ins seichte Wasser und atme erstmal durch. Vorsichtig entferne ich den Jig aus dem Maulwinkel. Schnell vermesse ich die Forelle. 51 cm. Bach PB. Unfassbarer Drill.
Ich schwebe auf Wolke 700. Deswegen muss die Forelle auch ein Abschiedsküsschen über sich ergehen lassen, als ich sie nach kurzem Fototermin release.
Langsam lassen wir den Angeltag ausklingen. Jeder von uns kann noch einige Forellen landen und schöne Eindrücke schöpfen.
Auf der Heimfahrt habe ich schon beschlossen, das mache ich jetzt öfter. Einfach mal entspannen, auch wenn‘s spannend bleibt. Ich kann‘s nur empfehlen!