Hecht Nachtangeln auf Hecht – wenn die Großhechte beißen
Aufgestachelt durch eine ausgiebige Raubfisch-DVD-Session, platzt es plötzlich aus mir heraus: „Komm, lass uns Hechtangeln gehen“ – an sich keine ungewöhnliche Aussage von mir.Nur die Uhrzeit ist etwas ungewöhnlich. Es ist Mitte Oktober und deutlich nach 21 Uhr- also dunkelste Nacht. Jetzt heißt es Nachtangeln auf Hecht.
„Ist das jetzt dein Ernst?“ Mein guter Freund und Angelkollege Danilo sieht mich ungläubig an. Als er merkt, dass ich es bierernst meine, willigt er schließlich breit grinsend ein. Unseren Kumpel Daniel können wir nicht von unserem Vorhaben begeistern. Skeptisch lächelnd bittet er um einen Fangbericht – sollten wir tatsächlich etwas fangen, wobei er das O bei „sollte“ deutlich in die Länge zieht. Knapp 30 Minuten später erfülle ich seine Bitte und vermelde einen knapp metrigen Heeeeeeeeecht – gefangen von Danilo mitten in der Nacht nach dem 2. Wurf. Trotz der Freude über diesen tollen Einstand, verbuchen wir den Fang erst mal als Zufall.
Zwei Wochen später, es ist bereits 21uhr, juckt es mich wieder in den Fingern. Ich rufe meinen Angelkollegen Holger an und frage ihn, ob er Lust hat, die Probe aufs Exempel zu machen. Keine Stunde später stehen wir an unserem Vereinssee. Meiner Euphorie folgt eiskalte Ernüchterung. Nachts auf Hecht angeln kann auch brutal sein.
Es hat nur knapp über 0 Grad und ein kalter Wind pfeift uns entgegen. Zudem verschleiert dicker Nebel die Sicht zusätzlich. Aber Spinnfischer kennen keinen Schmerz und so feuern wir unsere Köder ins Dunkel hinein. 30 Minuten später reißt ein Fisch meine Rutenspitze nach unten. Ich spüre die eindeutigen dumpfen Kopfschläge eines großen Hechtes. Als er zur ersten Flucht ansetzt, verneigt sich meine Spinnrute beängstigend. Doch leider federt sie kurz darauf zurück und ich spüre keinen Kontakt zum Fisch mehr. Nicht gerade jugendfreie Flüche hallen über den See.
Wir fischen noch eine halbe Stunde weiter, bevor es uns zu kalt wird und wir wieder zurück in Richtung Auto laufen. Als wir an der Stelle ankommen, an der wir begonnen hatten, beschließen wir doch noch ein paar Würfe zu machen. Die berühmten letzten Würfe.
Aber schon nach dem ersten Wurf höre ich Holgers Rute nach oben schnellen.
Für viele Spinnfischer ist der Hecht der klassische Augenräuber, dem man tagsüber nachstellt.
Wenn nachts die Spinnrute ausgepackt wird, dann soll es meist den Zandern an den Kragen gehen, die ja auch wiederum bevorzugt im Dunkeln auf Räubertour gehen. Aber auch der Hecht blüht manchmal nachts erst richtig auf- wie wir erstaunt feststellen konnten.
Unser Erfolgsrezept für eine erfolgreiche nächtliche Räuberpirsch werde ich nun im Folgenden erläutern.
Hechtangeln in der Nacht – das Gerät:
Grundsätzlich können wir natürlich die gleiche Ausrüstung verwenden wie am Tag.
Allerdings sollte man bedenken, dass ein Großhecht im Dunkeln viel schwieriger zu dirigieren ist als bei Licht. Eventuelle Drillfehler kompensieren kräftige Ruten und Schnüre mit hoher Tragkraft einfach besser.
Zudem haben wir die Erfahrung gemacht, dass vor allem die größeren Räuber im Schutz der Dunkelheit beißen – nur selten nahmen Hechte unter 80cm den Köder. Auch Wirbel und Stahlvorfach dürfen ruhig etwas stärker ausfallen.Während so mancher Hecht tagsüber dicke Stahlvorfächer und Spinnstangen als Täuschungsversuch enttarnt, scheint es ihn in der Dunkelheit nicht weiter zu stören. Eine etwas gröbere Vorgehensweise ist also nicht verkehrt.
Köder beim Nachtangeln auf Hecht:
Immer wieder hört und liest man, dass nachts besonders auffällige und laute Köder zum Erfolg führen sollen. Nicht selten liest man sogar von leuchtenden Ködern, die den Hechten den Weg zum Kescher zeigen sollen. Wir konnten allerdings feststellen, dass solche Köder nicht unbedingt notwendig sind, um nachts zum Erfolg zu kommen. Die besten Erfahrungen haben wir mit großen Gummiködern gemacht, die wir recht langsam knapp über Grund präsentierten.
Wir lassen die Köder also nicht wild durchs Wasser hüpfen, sondern holen sie recht monoton ein oder Jiggen in Slow-Motion über den Grund. Dadurch kann der Hecht die vermeintliche Beute besser orten.
Große Twister und 23er Gummifische bescherten uns reichlich Bisse. Das gemütliche Wackeln eines großen Gummiköders scheint also vollkommen auszureichen, um Freund Esox bei Nacht zum Köder zu führen und zum Biss zu animieren. Schließlich rasseln und leuchten echte Rotaugen ja auch nicht.
Natürlich kann ein Versuch mit Krawallmachern und Strahlemännern nichts schaden – aber notwendig sind sie definitiv nicht.
Seit der Veröffentlichung dieses Berichtes im Jahre 2009 bin ich noch auf zwei weitere Top-Nachtköder gestoßen: Tuben und Bucktailspinner!!
Große Tubes eignen sich hervorragend um langsam und bedächtig den Grund nach kapitalen Entenschnäbeln abzusuchen. Damit sie aber nicht gleich ins Kraut einsinken, sondern schön langsam abtrudeln, tausche ich den von Werk aus schweren Bleikopf, einfach gegen einen leichteren aus. Ich reduziere, je nach Wassertiefe und Wind, von ca. 50 Gramm auf 10 bis 15 Gramm. Außerdem montiere ich je nach Größe der Tube (und ich fische meist mit recht großen Tuben von 20cm + ) einen oder zwei Angstdrillinge wie bei einem 23er Gummifisch.
Geführt wird die Tube mit sachten Jigbewegungen.
So konnte ich im Jahr 2010 innerhalb einer Woche 2 Meterhechte für die reduzierte Tube begeistern.
Es ist mehr ein Heben und Senken mit der Rute als „echtes Jiggen“.
Wie gesagt, haben sich auch große Bucktails ebenfalls als guter Hechtköder für die Nacht erwiesen. Der Vorteil: wir haben kontinuierliche Druckwellen, aber auf einer konstanten Linie. Also keine großen Tiefenwechsel in der Köderführung. Das wiederum heißt, der Köder ist für den Hecht einfacher zu orten.
Ich führe den Bucktail so schnell oder besser gesagt langsam, dass die Blätter gerade so rotieren.
Der erste Versuch mit Bucktail endete mit einem prächtigen Hecht von 110cm auf meinem Konto und es sollte nicht der letzte bleiben.
Damit das nächtliche Hechtangel-Abenteuer nicht frustriert oder sogar im Krankenhaus endet, gibt es auch hier ein paar Dinge zu beachten:
1. Nehmt nicht zu viele Köder mit ans Wasser. Eine Handvoll Vertrauensköder reichen absolut aus. Zu viel Gepäck ist beim nächtlichen Spinnfischen mehr hinderlich als von Vorteil.
2. Eines der Wichtigsten Utensilien ist eine gut funktionierende Kopflampe. Achtet auf geladene Batterien- am besten auch Ersatz mitnehmen. Denn verweigert die Kopflampe aufgrund leistungsschwacher Batterien die Arbeit, müsst ihr vorzeitig den Heimweg Richtung Auto antreten. Und das macht ohne Licht keinen großen Spaß.
3. Trotz der Kopflampe, solltet ihr für ihre ersten Ausflüge unbedingt ein Gewässer wählen, dass ihr gut kennt. Damit meine ich nicht nur unter Wasser, sondern vor allem darüber. Gibt es aus dem Boden ragende Wurzeln oder ist das Ufer an einigen Stellen nicht trittfest? Ihr wollt ja schließlich euren Personal-Best brechen und nicht eure Beine. Ein befreundeter Karpfenangler musste einst von seinen Angelkollegen ins Krankenhaus gefahren werden- Grund: ein Schritt zu viel in Richtung des steilen Ufers.
4. Und so ergibt es sich von selbst, was das Wichtigste ist, das ihr dabeihaben solltet. Einen Begleiter- nicht nur aus Sicherheitsgründen. Wenn ihr bei völliger Dunkelheit einen großen Hecht drillt, werdet ihr bei der Landung für jede helfende Hand dankbar sein. Außerdem wollt ihr bestimmt auch ein Erinnerungsfoto von eurem Fang haben ;-)
Die Stellen um Hechte in der Nacht zu fangen
Eine alte Lehrbuchweisheit (Ostfriesenweisheit ;-) besagt, dass man beim Angeln die entlegenen Stellen aufsuchen soll, weil die Fische in stark befischten Bereichen vorsichtiger werden oder sie sogar gänzlich meiden. Aber egal, was man von dieser Aussage hält – im Schutz der Dunkelheit, fressen die Räuber auch an Stellen, an denen man tagsüber oft leer ausgeht. Wir haben unsere besten Fänge direkt am Parkplatz und im Badebereich unseres Vereinsgewässers gemacht. Das hat den großen Vorteil, dass man nachts keine langen Wanderungen um das Gewässer machen muss. Das Gute liegt nachts so nah.
Ach ja – wo wir gerade am Parkplatz sind: Holger hatte ja dort diesen gewaltigen Biss. Als ich meine Kopflampe einschalte, kann ich die stark gekrümmte Rute erkennen. Holgers Miene ist plötzlich sehr konzentriert.
„Das ist einer von den guten“, murmelt er vor sich hin. Immer wieder kreischt die Bremse auf. Ich leuchte aufs Wasser und suche nach dem Hecht. Als plötzlich ein großer Schädel die Wasseroberfläche durchbricht, muss ich kurz schlucken. So ein Anblick wirkt im Schein einer Kopflampe noch viel imposanter als am Tag. Der Fisch schießt noch einmal laut platschend davon, bevor ich ihn gleich beim ersten Versuch packen kann. Ufff…
Ein Jubelschrei zerreißt die nächtliche Stille. 110cm misst der dicke Esox – Holgers größter an diesem Gewässer.
Wie bereits erwähnt, sind wir erst sehr spät im Jahr (2008) auf das Erfolgsrezept Dunkelheit gestoßen. In den folgenden Jahren erwies sich das nächtliche Großköderwerfen weiterhin als enorm erfolgreich. Egal ob im Sommer oder Herbst – nachts beißen die dicken Hechte!
Wagt doch auch mal das etwas andere Abenteuer mit der Spinnrute bei Nacht – aber wundert euch nicht zu sehr, wenn sich die scheuen Großhechte auf einmal besonders bissig zeigen.