Gewässer-Tipps Ökologie aquatischer Ökosysteme – Teil 1: stehende Gewässer
Hallo Barsch-Alarm-Gemeinde, heute möchte ich Euch in die Grundbegriffe von Hydrologie, Hydrobiologie, Limnologie oder eben zusammengefasst in die Ökologie aquatischer Ökosysteme einführen. Das wirklich Ärgerliche an Wissenschaften und Wissenschaftlern ist, dass sie sich oftmals hinter einer Vielzahl komplett unverständlicher Fachausdrücke geradezu „verschanzen“. Ich werde mich im folgenden bemühen, Licht in diesen wissenschaftlichen Begriffsdschungel zu bringen und grundlegende Prozesse allgemeinverständlich darzustellen . Der erste Teil der Artikelserie hat den Anspruch, die nachfolgend aufgelisteten Themen allgemeinverständlich darzustellen:
– Struktur und chemisch-physikalische Eigenschaften von Wasser
– Das stehende Gewässer im Jahresverlauf: Mixis und organismische Sukzessionen
An den Überschriften seht Ihr bereits, dass wir im Laufe des Artikels einige Begriffe zu klären haben werden. Um das Ganze von vornherein (hoffentlich) übersichtlich zu gestalten, beschränke ich mich im ersten Teil auf stehende Gewässer unserer Breiten – Meere und Fließgewässer gehorchen anderen Gesetzmäßigkeiten, diese sollen erst einmal ausgeklammert werden.
1) Das Molekül Wasser, Interaktionen zwischen Wasser-Molekülen
Was macht eigentlich das Besondere an einem Atom Sauerstoff und zwei Atomen Wasserstoff aus, unserem bekannten H2O…..?
Was wir in der Graphik sehen, sind sog. Wasserstoffbrückenbindungen…diese können sich ausbilden, weil das Sauerstoff-Atom als stark elektronegatives Atom die Tendenz hat, die Bindungselektronen einer chemischen „Normalbindung“ (sog. kovalente, oder Atombindung) etwas stärker an sich heranzuziehen, als es die Wasserstoff-Atome vermögen. Daraus resultieren Teilladungen: das Sauerstoff-Atom sichert sich ein „Minus“ an Ladung, während die Wasserstoff-Atome jeweils ein leichtes „Plus“ erhalten…..das Wasser-Molekül besitzt dadurch ein elektrisches Dipolmoment…..und das wiederum ermöglicht das Entstehen von Wasserstoff-Brückenbindungen.
Die Brücke entsteht jeweils zwischen einem leicht negativ geladenem Sauerstoff-Atom und einem leicht positiv aufgeladenem Wasserstoff-Atom, in der Graphik als rot-gestrichelte Anziehungskraft zwischen verschiedenen Wassermolekülen dargestellt…..die Bindung ist nur ein Bruchteil so stark wie eine Atombindung, aber sie hat wichtige Auswirkungen…Wasser erhält durch diese Bindungen seine „Zähigkeit“, seinen „Zusammenhalt“…
Im Verhältnis zu atmosphärischer „Luft“ ist Wasser ein etwa 800mal dichteres Medium…
2) Die Dichteanomalie des Wassers
Die vielleicht faszinierendste und für das Überleben von Organismen in stehenden Gewässern wichtigste physikalische Eigenschaft ist die sog. Dichteanomalie des Wassers.
Schauen wir uns gemeinsam einmal eine Graphik an, die uns auf der Y(vertikal, oben-unten)-Achse die Dichte, auf der X-(horizontal, links-rechts) Achse des Diagramms die zugehörige Temperatur anzeigt.
Mit einem Blick sehen wir, dass der höchste Punkt der Kurve, somit auch die höchste Dichte von Wasser, nicht bei 0 oder darunter, sondern bei +4°C. liegt….
Höchste Dichte ist an dieser Stelle gleichbedeutend mit höchstem Gewicht: +4°C kaltes Wasser sinkt deshalb zum Grund eines stehenden Gewässers….und gewährleistet dadurch eine nicht frierbare Zone, in der Organismen überleben können…denn jedes stehende Gewässer friert von der Oberfläche her zu.
3) Die Zonierung eines stehenden Gewässers
Definieren wir anhand von Lebensbedingungen und Lagebeziehungen zunächst einmal das ufernah, uferfern, oben und unten in einem stehenden Gewässer…..denn ein Mehr an Bedeutung steht eigentlich nicht dahinter, wohl aber jede Menge Begriffe, die dem Griechischen oder Lateinischen entlehnt sind und einen Menschen ohne nicht-humanistische Schulbildung ganz schön fordern können…:
Wir wenden unseren Blick zunächst von links aus auf unser schematisiertes stehendes Gewässer:
1) Bruchwald; vor allem Weichhölzer, die gegen Staunässe an ihren Wurzeln nichts einzuwenden haben: Erlen und Weiden
2) Seggengürtel: darunter verstehen wir kleinere Gräser
3) bekannt
4) bekannt
5) das Substrat für unsere pflanzenlaichenden Fischarten
6) Characeen sind Armleuchteralgen, diese bilden die unterseeischen Wiesen
7) Mollusken=Weichtiere, also Muscheln und Schnecken
Damit haben wir zunächst einmal eine Gliederung vom Ufer aus ins Gewässer hineinlaufend…
Unser Blick schweift dann im Landbereich von links oben nach rechts unten:
- Erstmal eine Uferregion (Litoral), das zudem noch in Eu- und Sublitoral unterteilt wird; lat. litoralis = zum Ufer gehörend, eu heisst nichts mehr als „gut“, bedeutet also die Ansiedlungsfläche für Höhere Gefäßpflanzen, sub, na klar, unter, also der nächst unterhalb des Strand-/Küsten-/Uferbereiches gelegene…
- Mit dem Begriff Pelagial (gr. pelagos=Meer) bezeichnen Ökologen die Freiwasserzone, die eben uferfern liegt….
Bleiben unterhalb des Litorals noch die Begriffe Benthal und Profundal: Benthal steht für Boden, oft werden alle bodenlebenden Organismen auch als Benthos bezeichnet; das Profundal ist unsere Tiefenregion (lat. profundus=unermesslich tief).
Alle Unterteilungen des Begriffes Pelagial sowie die Begrifflichkeiten der trophogenen wie tropholytischen Zonen bedürfen eines etwas tieferen Verständnisses rund um den Begriff Kompensationsebene und sind sehr wichtig…..nähern wir uns:
Tropho- stammt als vorgeschaltete Silbe aus dem Altgriechischen und bedeutet soviel wie Nahrung, Ernährung….nun gehen wir einen beherzten Schritt zurück in die allgemeine Biologie und erinnern uns an folgendes:
Jedwedes tierische Leben wird nur durch vorhergehende Synthese-(also Aufbau-)Leistungen von Pflanzen ermöglicht: die Photosynthese…..Lichtenergie wird über ein recht kompliziertes System von Energieübergangen zwischen Molekülen dazu benützt, unter Verwendung von reichlich in der Atmosphäre vorhandenem Kohlendioxid und vorher gespaltenem Wasser (in H und O) Kohlenhydrate, also Zucker aufzubauen…jedes tierische Leben verwertet nur diese Erstleistung, die pflanzliche Primärproduktion! Und so ganz nebenbei wird noch der für viele Organismen lebenswichtige Sauerstoff frei…
In der Graphik ist die Sonne nicht sinnlos über- und einstrahlend gezeichnet: soweit die Lichteinstrahlung in unser schematisiertes Gewässer reicht, soweit reicht auch unsere trophogene Zone; genere, lat., bedeutet erzeugen…..in dieser Zone ermöglicht die vorhandene Lichtenergie höhere Produktion durch pflanzliche Organismen (Algen) als Abbauprozesse…also ein Plus in der Produktionsbilanz.
Die Kompensationsebene erhält nun auch schnell ihren begrifflichen Sinn: hier, und genau nur hier, halten sich Produktion und Abbau die Waage, das Nullsummenspiel unseres schematisierten Gewässers in bezug auf die Produktionsbilanz…
Nun bleibt uns noch die tropholytische Ebene über…ihr habt es geahnt: hier gibt es kaum noch Produktion, sondern überwiegend Abbauprozesse (lysis=Abbau)….sofern das funktioniert, unter Sauerstoff-Verbrauch…meistens aber unter sauerstoffreien, also anaeroben Bedingungen…
Zuletzt bleiben noch die Vorsilben Epi- und Bathy- für das Grundwort Pelagial-, also Freiwasserschicht: einmal epi (oberhalb), einmal bathy (tiefen-, grundgerichtet), also unterhalb der Kompensationsebene gelegen.
So, jetzt noch etwas sehr Wichtiges: verwechselt bitte nicht die Kompensationsebene mit der Sprungschicht, zu der wir noch später kommen werden…..die erstere hängt ausschließlich mit der Tiefe der Lichteinstrahlung und somit dem Verhältnis zwischen Primärproduktion und Abbauprozessen zusammen, die letztere ausschließlich mit den temperatur-/dichtebedingten Schichtungsphänomenen unseres Grundstoffs Wasser….
Dann können wir als nächstes mal einen entspannten Blick auf ein schematisiertes Nahrungsnetz mit integriertem Energiefluss werfen:
Zuerst einmal haben wir links und rechts Teilketten zu besprechen: links die Grazing-Kette, also Fraßbeziehungen (Räuber-Beute), rechts die Detritus-Kette (Detritus, lat. das Abgeriebene=organische Schweb- und Sinkstoffe im Wasser). Die Grazing-Kette finden wir vor allem überhalb der Kompensationsebene, die Detritus-Kette unterhalb derselben und verstärkt im Grundsediment bzw. den Bodenschichten des Gewässers.
Die Primärproduktion liegt, wie bereits erwähnt, ausschließlich beim Phytoplankton, also pflanzlichen Kleinstlebewesen (Algen), daher stehen diese logischerweise an der Basis des Nahrungsnetzes.
Diese werden zunächst von herbivorem Zooplankton (also tierischen Pflanzenfressern) eingestrudelt und verwertet: z.B. Wasserflöhe und viele Ruderfußkrebse….diese stehen dann auf der nächsten Ebene carnivorem („fleischfressendem“) Zooplankton zur Verfügung…unser letzter Abnehmer sind Fische, die sich an allen Nahrungsebenen bedienen.
Spätestens nach ihrem individuellen Ableben landen alle Organismen der linken Seite in der rechts dargestellten Detritus-Kette. Natürlich leisten Bakterien hier den Hauptteil der Abbauleistung. Sie wiederum werden hauptsächlich von Protozoen (einzelligen Tieren, z.B. Wimpern- oder Rädertierchen) abgeweidet. Fische und carnivores Zooplankton bedient sich in Form der Protozoen wiederum auch gern aus der Detritus-Kette.
Nun schauen wir uns das Ganze im charakteristischen Jahresverlauf an…
4) Mixis und Sukzession im Jahresverlauf
Nun haben wir es also erst mal wieder mit zwei ärgerlichen Fremdwörtern zu tun…
Mixis beschreibt das Durchmischungsverhältnis unseres schemitiserten Sees im Jahresverlauf, Sukzession (lat. succedere = ineinander übergehen) die Abfolge von pflanzlichen und tierischen Lebensgemeinschaften im Jahresverlauf.
Die stehenden Gewässer unserer Breiten sind faktisch dimiktisch (also zweifach durchmischt, und zwar im Frühling und im Herbst).
Mitten hinein, hier ist der…
4.1 Frühling – Frühjahrszirkulation
Wir betrachten einen vollständig durchmischten (miktischen) Seekörper von der Oberfläche bis zum Grund. Überall ist Sauerstoff im Überfluss, die Temperaturunterschiede in den Schichten von der Oberfläche bis zum Grund sind vernachlässigenswert gering, es existieren keine Schichtungsphänomene aufgrund von Temperatur- oder Dichteunterschieden. Der See erwärmt sich langsam über die +4 °C.-Marke hinaus, bei der die Möglichkeit zu einer Vollzirkulation besteht.
Aber (!): für aerobe (sauerstoffbedürftige) Abbauprozesse im Grundsediment gibt es jetzt die erste 2/4-Chance im Jahr, dass überhaupt Sauerstoff in diese Region vordringen kann….später klappt das nicht mehr.
Nährstoffe, die einstmals im Seesediment verborgen waren, können unter den herrschenden Bedingungen im gesamten Seekörper frei flottieren: von den freigesetzten Nährstoffen profitieren zuerst Kieselalgen und kleine einzellige Grünalgen. Fraßdruck durch Zooplankton ist erst einmal recht gering. Etwas später kommt dieses kräftig auf und sorgt über Fraßbeziehungen für ein erstes Klarwasserstadium.
4.2 Sommer – Sommerstagnation
Die chemisch-physikalisch interessanteste Zeit….warum, werdet ihr gleich hören…schaut erst mal auf die Graphik:
Dramatische Veränderung……wir sehen eine oberflächennahe Schicht, die noch vom Wind durchmischt wird und zirkulieren kann (das Epilimion), eine ausgebildete Sprungschicht (das Metalimnion), sowie eine nicht durchmischte Tiefenzone (das Hypolimnion). Der Begriff Limnion stammt von gr. limne, Teich, See.
Wenn wir uns noch kurz daran erinnern, dass epi- überhalb, meta- mittlerere, inmitten und hypo- unterhalb positioniert bedeutet……haben wir den Fachwissenschaftlern schon wieder einmal den Schneid abgekauft.
Ok, eine Kompensationsebene soll eine Sprungschicht ja nicht sein (s.o.), aber was zum Teufel ist die Sprungschicht denn eigentlich?
Schauen wir wieder auf die Graphik….da sehen wir erst mal ein rot gestricheltesTemperatur-Knie, das uns auch schon den Schlüssel liefert…..von den Oberflächen-Schichten läuft nach unten ein Temperatur-Gradient….prima, jetzt schauen wir zur Rückbesinnung noch mal auf die Graphik unter 1) und sehen: Dichte von Wasser ändert sich mit der Temperatur, bei +4 °C. liegt das Dichte-Maximum.
Das heißt: dadurch, dass das Temperaturgefälle tiefere Gewässerschichten immer kühler und somit auch dichter (schwerer) macht, gibt es für die Sommerwinde eine natürliche Begrenzung ihrer Einwirkungsmöglichkeit von der Oberfläche her……die Trägheit des niedriger temperierten Wassers behält ab einer gewissen Tiefe die Oberhand, es ist ja dichter und schwerer als die darüberliegenden Schichten: bis hierhin und nicht weiter….eine Sprungschicht kann sich ausbilden.
Kann sich ausbilden, denn: unser Modellgewässer sollte schon mindestens 8-10 Meter tief sein…flache Seen, die z.B. nur 2-4 m durchschnittlich tief sind, bilden keine Sprungschicht aus.
Wer einmal im Binnengewässer als Taucher unterwegs war und gesehen hat, wie eine Sprungschicht vor seiner Brille als sichtbar physikalisches Phänomen gewabert hat, wird das sicher niemals vergessen…
Die weitere Besonderheit an der Sommerstagnation ist: unterhalb der Sprungschicht existiert eine Nährstofffalle, kein Nährstoff, der sich unterhalb derselben befindet, kann nach oben gelangen….und steht Organismen für Wachstumsprozesse in den oberen Regionen, dem Epilimnion, eben nicht zur Verfügung.
Ihr könnt es Euch die Schichtungssituation sogar dramatisch vorstellen, wenn ihr wollt: sowohl einzellige Algen als auch z.B. Wasserflöhe (Zooplankter) müssen ständig in Bewegung bleiben, um die durch ihr Körpergewicht hervorgerufene Absinktendenz auszugleichen. Gelangen sie unter die Sprungsschicht, ist die Messe gesungen: Algen haben kaum noch Licht, die Zooplankter zu wenig Sauerstoff, sie sterben ab und gelangen in die Detritus-Kette.
Blaualgen sind neben Grünalgen die Profiteure der Gewässersituation. Einen entscheidenden Vorteil haben aber Blaualgen: sie können Stickstoff fixieren…und sogar unter die Sprungschicht tauchen, um dort, im sauerstoffreduzierten Milieu, Nährstoffe aufzunehmen, an die keine andere Algengruppe herankommt: die Blaualgenblüte eutropher (überdüngter) Gewässer und deren Grundvoraussetzungen heben wir uns in den Einzelheiten vielleicht für Teil 2 des Kompendiums auf…Eutrophierung und Stoffkreisläufe.
Ein weiterer Vorteil von Grün- und Blaualgen gegenüber Kieselalgen ist, dass ihre Einzelzellen sich bei vielen Arten zu Zellverbänden zusammenlagern…das bietet Schutz gegen das gefräßige Zooplankton. Letzteres hat zu Beginn des Sommers noch ein ganz anderes Problem: da es im späten Frühjahr durch eigene Fraßaktivität für ein Klarwasserstadium gesorgt hat, können Fische die begehrten Zooplankter (Hauptnahrungsmittel für die Jungfischstuben) wesentlich besser optisch auflösen. Der Druck auf das Zooplankton wächst, davon profitieren wiederum die Algen (Phytoplankton). Durch dessen Populationsdichte ist das Wasser im Sommer immer trüber (weniger sichttief) als im Frühjahr.
Anwendungsbeispiel zur Sprungschicht: Tolle Theorie, kein praktischer Nutzen, hör ich Euch jetzt rufen….Abwarten…
Wir begeben uns zum Angeln auf einen größeren und tieferen See im Sommer…mit sicher ausgebildeter Sprungschicht.
Wir haben es auf die großen Freiwasser-(Pelagial-)Raubfische abgesehen…aber in welcher Tiefe angeln wir, und wenn wir uns festlegen, warum auf dieser Tiefe? Klar, dort, wo der Futterfisch steht (sagt uns unser Echolot)……aber warum steht der Futterfisch im Sommer eigentlich dort…..Und was machen wir, wenn kein Echolot verfügbar ist?
Er steht, ihr habt es geahnt, kurz über der Sprungschicht, natürlich auch noch in den Schichten darüber….warum, werden wir gleich sehen…
Die Erklärung ist recht einfach: aus den trophogenen (produzierenden) Schichten des Epilimnions fallen immer wieder geschwächte oder bereits verstorbene Phyto- wie Zooplankter herab. In zunehmender Tiefe wird die Temperatur des Wassers geringer und somit die Dichte höher…..das heisst, dass sich der passive Fall durchs Wasser für die gehandicapten Organismen immer mehr verlangsamt…….sie fahren auf einer abwärts gerichteten Nahrungsautobahn immer weiter, bis sie an die „Sprungschicht“ gelangen…und dort bleiben sie aufgrund des physikalischen Phänomens erst mal im Stau hängen, der Durchtritt durch die Sprungschicht dauert seine Zeit.
Das bedeutet aber auch: hier stehen im Freiwasser die Weissfischschwärme, darunter oder daneben der Raubfisch….zwei Mautstellen auf dieser Nahrungsautobahn. Hier wird gefressen, was das Zeug hält, bevor alles Fressbare ins Hypolimnion verloren geht.
Also: Zur Ermittlung der Sprungschicht bedarf man nicht einmal eines Echolots…..lasst ein Thermometer an einer ausreichend langen und beschwerten Schnur hinunter….bei einer Temperaturänderung von 3-4°C. auf etwa einen Meter habt ihr sie gefunden…sucht sie nicht überhalb von 6-7 Metern.
Noch einmal, zur Rückbesinnung: Die Tiefe eines Gewässers ist ausschlaggebend dafür, ob sich überhaupt eine Sprungschicht ausbildet! Und wir reden hier von stehenden Gewässern, nicht etwa Flussseen! In welcher Tiefe genau eine ausgebildete Sprungschicht liegt, hängt mit der jeweiligen Tiefe des betrachteten Gewässers zusammen…es gibt keine Faustregel dafür, lediglich überhalb von 6-7 Metern Tiefe wird sie wohl nie liegen.
Alles klar? Dann mal los, der Sommer steht vor der Tür…und die Galerie kann bestimmt noch was verkraften…
Im Sommer kommt es zu Sauerstoffschwund im unterhalb der Sprungschicht gelegenen Bereich (dem Hypolimnion), denn die Sprungschicht ist eine echte Barriere und der Sauerstoff kann nicht mehr in die unterhalb der Sprungschicht gelegenen Bereiche diffundieren (sich passiv ausbreiten)….Solange es noch möglich ist, werden die Abbauprozesse aerob (unter Sauerstoffversorgung und -verbrauch) durchgeführt, nach komplettem Aufbrauchen des Sauerstoffs nur noch anaerob. Innerhalb des Sediments (der tieferen Bodenschichten) herrschen fast immer sauerstofflose Zustände: dadurch werden die Euch bekannten Faulgase wie Methan (CH4) und Schwefelwasserstoff (H2S) gebildet. Ihr seht schon an den Strukturformeln: da ist kein Sauerstoff-Atom mehr enthalten…
Nun ist es Zeit für den Herbst…
4.3 Herbst – Herbstzirkulation
Ein kurzer Blick besagt: eigentlich alles wie im Frühling. Stimmt auch soweit, nur dass die Algen-Leitarten wieder andere sind…Grün- und Kieselalgen haben ihr Maximum überschritten, Kieselalgen können sich wieder besser ausbreiten, weil im Jahresverlauf die Lichtintensität nachlässt und sie dies gegenüber anderen Algengruppen begünstigt.
Wichtig ist: es gibt wieder einen vollständig durchmischten Seekörper, Sauerstoff steht also auch grundwärts gerichtet zur Verfügung…für aerobe (also sauerstoffbedürftige) Abbauprozesse…also auch wieder am Boden des Gewässers.
Zu dieser Jahreszeit zeigt unser See wir ein zweites Klarwasserstadium. Die Sauerstoffkonzentration im gesamten Wasser steigt wieder an, denn die Temperatur des Wassers sinkt, die zweite Vollzirkulationsphase des Jahres ist in Entstehung…. kälteres Wasser kann natürlich auch mehr Sauerstoff als wärmeres lösen.
Wie im Frühling können die aus den Abbauprozessen freigesetzten Nährstoffe wieder frei im gesamten Seekörper flottieren…..die Nährstoffallee Sprungschicht existiert nicht mehr.
Zu Ende des Herbstes haben wir dann in etwa eine gleichmäßige Temperatur des Seekörpers bei 4°C….Herbstzirkulation.
Nun bleibt uns nur noch die kalte Jahreszeit…
4.4 Winter – Winterstagnation
Auf unserem Gewässer liegt Eis, wir sehen ein nur leichtes rot-gestricheltes Temperaturknie. Die unteren Gewässerregionen kühlen nicht unter 4°C ab, die zugrundeliegende Dichteanomalie des Wassers ist die Lebensversicherung für alle Organismen.
Kurz unter dem Eis fällt noch Licht ein und sogar im Winter gibt es noch ein begrenztes Maß an pflanzlicher Primärproduktion durch Algen. Aber auch die Abbauprozesse laufen weiter, es hat sich ja inzwischen so einiges am Gewässergrund angesammelt (abgestorbene Organismen, Laub etc.). Da auf der Oberfläche des Gewässers Eis liegt, das eine Diffusion von zusätzlichem Sauerstoff ins Gewässer verhindert, kann es auch im Winter zu Problemen mit der Sauerstoffversorgung kommen. Im Winter haben wir die zweite Stagnationsphase des Jahres…
So, das war Teil 1 des Kompendiums….lang ist’s geworden und hoffentlich nicht unübersichtlich oder unverständlich.
Versorgt mich bitte mit reichlich Feedback…welche Teile waren zu ausführlich, welche Teile kamen vielleicht zu kurz? Was war interessant, was vielleicht weniger oder überhaupt nicht? War alles anschaulich erklärt oder etwa unverständlich…?
Gruss an alle