Rapfen, Döbel & Co. Rapfenfieber
Bis vor wenigen Jahren noch war der Rapfen ein eher unbekannter Fisch, der wenigen Spezialisten vorbehalten war, die wussten, wo man diesen gefräßigsten Räuber unter den Weißfischen antrifft. Das hat sich im Laufe der Zeit geändert: immer öfter sieht man Bilder von fetten Silberbarren und glücklichen Fängern. Und auch auf dem Barsch-Alarm ist seit einiger Zeit das Rapfenfieber ausgebrochen. So angelt zum Beispiel eine Splittergruppe bis zum Ende diesen Jahres ganz gezielt auf große Rapfen, um den "Barsch-Alarm Rapfen-King 2005" zu ermitteln.
Egal, was man von Hitparaden hält. Unter dem Strich steht fest: Der Rapfen macht sich breit in Deutschlands Gewässern und lehrt den Kleinfischschwärmen das Fürchten. Das kann uns Anglern eigentlich nur recht sein, denn dieser Fisch bietet nicht nur absolut geniale Drills, er ist oft auch nicht ganz so einfach zu überlisten und stellt eine echte Herausforderung dar. Aber Vorsicht: Wenn’s zum ersten Mal geklappt hat, wird man den Virus so schnell nicht mehr los!
Zum Verzweifeln…
brachten mich die räuberischen Kollegen mit dem unterständigen Maul nun schon öfters. Weil man aus Fehlern lernt, möchte ich Euch jetzt mal mit ans Wasser nehmen und einladen, die Konsequenzen aus meinem ersten Fehlschlag mit mir zu ziehen:
Zum ersten Mal ging’s für mich gezielt auf Rapfen, als ich mit zwei Freunden im Ländchen Rhinow (Havelland) auf Barsche und Zander angeln wollte. Dazu fischten wir unterhalb eines Wehres mit Twistern und Shads. Es war ein lauer Sommerabend und gegen 18 Uhr berührten unsere Köder zum ersten Mal das Wasser. Die Vorzeichen standen gut, denn immer mal sah man die Kleinfische auseinander spritzen – ein Schlüsselreiz für jeden Spinnfischer. Doch auf die über den Grund gezuppelten Gummis wollte einfach nichts beißen. Je später der Abend, desto heftiger und häufiger fuhren die Räuber in die Kleinfischschwärme. Inzwischen hatten wir ködertechnisch umgestellt und fischten mit Wobblern und Spinnern dicht unter der Oberfläche. Denn eins war klar: so derb rauben weder Zander noch Barsche. Und weil Hechte nicht in einer derartigen Dichte in der Havel vorhanden sind, konnte es sich bei den Räubern nur um Rapfen handeln. Als uns das klar war, machten wir es so, wie es einem die Lehrbücher vorschreiben und ballerten kleine Köder in die heißen Zonen, die wir dann turboschnell einholten. Doch die Bisse blieben aus. Dann wurde es allmählich dunkel. Der letzte Versuch mit einem Popper brachte immerhin eine Attacke. Das machte Mut, brachte aber an diesem Abend auch nichts mehr, denn wir mussten langsam los, bevor uns die Nacht komplett verschlucken konnte. Doch noch auf dem Weg zum Auto packte uns das Rapfenfieber – so einfach geben wir nicht auf!
Der zweite Versuch…
war ungleich erfolgreicher als der erste. So viel sei schon mal vorweggenommen. Diesmal waren wir früher an Ort und Stelle, um mehr Zeit zum Ausprobieren zu haben. In den Köderboxen befanden sich nun schwerpunktmäßig kleinere Popper und kleine, flachlaufende und schlanke Wobbler. Wir ersetzten die beim ersten Ausflug verwendete Geflochtene durch relativ feine monofile Schnur und versuchten es zuerst mit den Wobblern. Deise feuerten wir in die Strömung unterhalb des Wehrs und holten sie recht langsam ein – man muss ja was an der Taktik ändern. Das Rauben setzte nun auch langsam wieder ein und rumms. Da knallte auch schon der erste gute Fisch auf die Salmo Hornet im Weißfischdekor. Ein harter Drill mit vielen Fluchten kreuz und quer über den Fluss war der Anfang eines grandiosen Angeltags. Als der erste Rapfen dann gelandet war, schien es als hätten wir den Bann gebrochen. Denn jetzt folgte Biss auf Biss.
Als wir uns schon sattgedrillt hatten, wollte ich nur noch einmal nachschauen, ob auch was auf Popper geht. Ich knüpfte eine Double Striker von Cormoran an (die gefallen mir aufgrund der Feder am Schwanzdrilling, die im Wasser wie ein Fischschwänzchen aussieht, besonders gut) und warf ihn an eine Stelle, an der ich es den ganzen Abend ganz besonders derbe klatschen sah und…? Fast noch bevor der Köder die Wasseroberfläche berührte, war auch schon die Rute krumm. Zum krönenden Abschluss eines absolut erfolgreichen Zielfischangeltags hielt ich wenig später ein gigantisches Silbertorpedo in der Hand. Und spätestens jetzt konnten wir höchst zufrieden nach Hause gehen.
Die Konsequenzen…
sind recht schnell gezogen. Sie betreffen in erster Linie das Material und die Köderführung. Rapfen sind wirklich extrem vorsichtige Fische und als solche offensichtlich ziemlich schnurscheu. Deshalb sind monofile Schnüre einfach besser zum Rapfenfang geeignet, besonders dann, wenn man es mit so abgebrühten Kollegen wie unseren Havelrapfen zu tun hat. Wenn man weiche Ruten mit einer semiparabolischen Aktion verwendet, kann man bis auf 18er runtergehen, denn die Rute und die Dehnung der Schnur puffern viel von der Power der Rapfen ab und bringen die Fische dann auch "nach Hause". Wer aber ganz auf Nummer sicher gehen will, sollte eine 22er bis 25er wählen. Ködertechnisch sind kleine Wobbler (Länge: 3 bis 6 cm) meines Erachtens fast unschlagbar. Dabei habe ich besonders gute Erfahrungen mit dem abgebildeten Salmo-Wobbler (allerdings im Weißfsich-Dekor) gemacht. Sie imitieren am natürlichsten ein kleines angeschlagenes Fischchen und wecken so anscheinend relativ selten Misstrauen bei den Rapfen. Im Sommer sind flachlaufende Modelle ideal, denn die Räuber fahren von unten in die sich an der Oberfläche sonnende Fischbrut. Wenn man den Köder ein klein wenig tiefer anbietet, prallen die Rapfen zuerst auf ihn, was die Chancen auf einen Biss natürlich erhöht. Besonders gut fingen wir auf Wobbler in natürlichen Farben und in rot.
Dass Rapfen nur auf ganz schnell geführte Köder gehen, halte ich für eine Mär. Gerade in fließenden Gewässern knallen die Bomber auf gaaanz langsam geführte Köder, die man gegen die Strömung führt. Sogar auf Wobbler, die wir einfach in der Strömung stehen ließen, folgten Bisse. Gern gehen die Kollegen auch auf die Wobbler, wenn sie gemütlich quer zum Wasserfluss angeboten werden und ihr Weg einen leichten Bogen beschreibt. Und auch die Popper fangen am besten, wenn man sie langsam übers Wasser ruckt und den erzeugten Schallwellen die Zeit gibt, sich unter Wasser auszubreiten und die Räuber anzulocken. Eine andere Technik ist, den Popper mehr oder weniger gleichmäßig übers Wasser zu ziehen. Auch dass kann wuchtige Bisse produzieren. Das Angeln mit den Oberflächenködern ist na klar extrem genial, da man die Bisse nicht nur im Handgelenk spürt, sondern auch sieht, wie die Räuber den Köder attackieren. Allerdings ist die Fangquote etwas schlechter als mit Wobblern, weil die Fische den Köder oft verfehlen.
Hotspot Wehr
Jetzt aber noch mal zum Angelplatz an sich. Rapfen brauchen Sauerstoff und lieben daher Plätze, an denen eine ordentliche Strömung herrscht und gleichzeitig das Nahrungsangebot stimmt. Deshalb sind Wehre immer einen Versuch wert. Unterhalb der Staustufen sind ideale Voraussetzungen gegeben: das herunterfallende Wasser sorgt für eine höhere Sauerstoffkonzentration und spült jede Menge Nahrung mit hinunter. Das sind teilweise schon kleine Fische, die durch das Hinabrauschen vom Wehr halb betäubt sind, aber auch Nahrungspartikel, die wiederum die Kleinfische am Platz halten, gibt’s hier in Hülle und Fülle. Das Futterangebot für die Räuber ist damit überdimensional groß. Kein Wunder also, dass sich die Rapfen hier besonders wohl fühlen. Deshalb sind Wehre für den Rapfenangler was der Barschberg für den Barschangler darstellt: die absoluten Hotspots eben. Ein kleiner Tipp noch: Wenn direkt in der Strömung gar nichts geht, jagen die Rapfen oft in den ruhigeren Bereichen (z.B. kleinen Buchten) oder an der Strömungskante. Dann wirft man einfach den Köder stromab, lässt ihn an loser Schnur abtreiben und holt ihn ein, wenn ihn die Strömung in diese Bereiche geführt hat.
Wenn Ihr auch ein Wehr in Eurer Nähe wisst und es dort auch noch klatscht und platscht, versucht es doch mal auf Rapfen. Doch zu Eurem eigenen Schutz noch mal eine Warnung: sobald ein Fisch an der Angel tobt, bricht das Rapfenfieber auch bei Euch aus.