Fangberichte Die „Hoe“ im Sommerkleid (Teil 2)


Nun also die Fortsetzung des ersten Teils: Wie undankbar Ansitzangeln auf Zander im Stillwasser sein kann, ist den meisten von euch sicher bekannt. „Jaaa kein Widerstand darf er spüren… Einzelhaken… Stahl? VERGISS ES!… Bügel auf… Wieso lässt der W*chser trotzdem los?!…“ – trifft auf einige Gewässer definitiv zu. Gott sei Dank sind wir in Amsti: das Wasser ist dreckig, Boote, Menschen und ins Wasser fliegende Fahrräder machen Lärm, Strömung ist irgendwie immer überall vorhanden… Weeeeeit entfernt von den Zuständen, wie sie teilweise an meinen Ex-Hausgewässern in Bayern herrschen.

Eine leichte bis Mittelschwere Spinn bzw. Grundrute von 2.40 – 3.00 m Länge samt passender Rolle und 0.25er – 0.35er Mono, erfüllt die recht bescheidenen Anforderungen. Im Hinblick auf die zu erwartende Durchschnittsgröße und ohnehin erbärmliche Kampf“kraft“ der Zander, macht eine Matchrute natürlich mehr Laune, kann allerdings unter Brücken oder ähnlichen, räumlich begrenzenden  Strukturen schnell zur „Nervensäge“ werden. Außerdem befinden wir uns in Holland, wo der Großhechtbestand bekanntermaßen nicht allzu beschissen sein soll. Wer hat schon Bock, das Duell gegen eine Metermutti bei Nacht zu verlieren und hilflos dabei zusehen zu müssen, wie der Überlebenswille eines ausgewachsenen Krokos seine Cyprinidenpeitsche zur„Hundeleine mit defektem Freigabeknopf“ werden lässt . Mit Nichten das gummikind…

Um nicht Gefahr zu laufen, dem womöglich auftretenden „Hummelsummen“ im Arsch nachzugeben, bleibt jede Art von Ablenkung (aka Spinningrod + Baits) im Zelt. Köfikanne, Eine TackleBox für alle zusammen, eine Rute für jeden… Viel mehr braucht Man(n) nicht, um in Amsterdam glücklich zu sein.

Pikehead, der alte Perfektionist, hat natürlich einen sauber ausgebleiten Waggler am Start, Simon und ich geben uns mit normalen Knicklichtposen mittlerer Gewichtsklasse (5-10 g Tragkraft) zufrieden. Ich habe ehrlich gesagt lieber etwas weniger „Körper“ im Wasser und kann dank der punktuellen Beschwerung von 1-2 Kugelbleien (auf zusätzliche Splitshots verzichte ich) auch mit hechttauglichem Gerät relativ weit werfen. Außerdem sinkt der Köfi somit nach dem Auswerfen bzw. Anzupfen langsam und unverfälscht ab. Soweit so gut, mal schauen ob sich das theoretische Geplänkel bewahrheitet.

Erster Halt: „Homespot“, die (bisher äußerst dankbare) Brücke am Nordkanal. Kurz loten, Stopperknoten justieren (ca. 50cm über Grund), abgemurksten Köfi piercen und ab die Post!
Die Montage plumpst – schön gestreckt (so wie ich es mag) – unter die Brücke . Der Floater steht wie ne Eins. Bügel zu, hinsetzten, Däumchen (und Kippchen) drehen. Doch dazu kommt es nicht. „Rick dein Schwimmer!!!“ Keine 2 Minuten hat‘s gedauert, bis der Stöpsel auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Ich greif zur Rute, bring die Schnur langsam auf Spannung. #Kurbel Kurbel Kurbel# (immer schneller) ZACK! HÄNGT!!! „Nichts Kleines!“ Die Daiwa Exceller ist zum Halbkreis gebogen, träge Kopfschläge und semiseriöse Fluchtversuche versprechen keine Fritte. Und voila: Im Kescher windet sich ein stattlicher, schön gefärbter Kanaldrache! Mit seinen 65 cm liegt er deutlich über dem Durchschnitt und bestätigt die altbekannte (zugegebenermaßen nicht immer zutreffende) „Nix geht über Natur“-Theorie. Der große Einzelhaken hat perfekt gefasst! Knipsen, realeasen → weiter geht’s!

 

Hoch mit dem Glas(auge).
…und den spikes – Wenn sie bei mir auch nur ansatzweise so fotogen wären…
Einer der wenigen Momente in denen alles still steht – die Luft knistert…
…bevor der nächste „Blitz“ einschlägt

5 Minuten später scheppert es bei Niko. Der erste Fisch im gewohnten Spinnruten-Format, der zweite ebenfalls deutlich drüber! „Seele baumeln lassen“, „Füße hochlegen“, „Kräfte tanken“ – was bin ich nur für ein Schandmaul! Die einige Zeilen zuvor angepriesene „ENTspannung“ hat sich soeben ihrer ersten drei Buchstaben entledigt. Wie Ameisen laufen wir auf dem schmalen Betonstreifen umher, „Gib mal Köfi!“, „Pass auf, meine Rute!“, „Dein Schnurbogen ist schon über mir“… hallt es im Sekundentakt durch den Tunnel. Und wie in den meisten Fällen hat auch diesmal die Hektik das zur Folge, was Hektik immer zur Folge hat: Irgendwas geht schief. Bzw. HÄNGT schief. Genauer gesagt Kopfüber… Die Köfikanne… Fuck. Ein pike(head) im „Blutrausch“ ist eben nicht mehr Herr seiner Sinne, wenn‘s ums „Beutemachen“ geht. Deckel offengelassen, Eimer umgekippt…Baits weg…Glück für die Rotaugen, Pech für die Boys. Doch ein Hecht(kopf) wäre kein Hecht(kopf), wenn er nicht kurz vor Dämmerung zur Höchstform aufläuft… Ohne großes Geplänkel, schultert Niko seinen Rucksack, schnappt sich den Kübel, schwingt sich aufs Bike und schießt – wie es sich für einen Hecht gehört – Richtung Rotaugenschwarm. Simon nutzt die Gunst der Stunde und macht sich auf den Weg, um Kippen zu holen, denn leider Gottes hat der Glimmstängelkonsum binnen weniger Tage unüberschaubare Ausmaße angenommen, was in Kombination mit dem fehlenden Schlaf und einer Ernährungsweise (die sich irgendwo zwischen der eines übergewichtigen Trailerpark-Methjunks und deutschen Dauerhartzers mit MC-Donalds Gutscheine-App bewegt) eigentlich nach einer zweiwöchigen Entgiftungskur am Nährstofftropf, irgendwo im Allgäu verlangte…

Das gummikind hat derweil die wichtigste, selbstloseste und verantwortungsvollste Aufgabe zu meistern: Spotwache! (#fürdiegang<3). Nachdem ich zuvor einen weiteren Take in den Sand gesetzt hatte, war Ruhe eingekehrt. Kein Zupfer… Ich nuckle an meinem Bier und starre auf das regungslose, neongelbe Lichtchen unter der Brücke. Eine ganze Stunde lang… Zwischendurch werfe ich um und  kurbele ein paar Mal ein, um Leben in die Bude zu bringen. Ohne Erfolg.

Kurz bevor es komplett dunkel wird – ich wäre beinahe weggepennt – höre ich über mir die rostigen Fahrradbremsen der anderen beiden quietschen. Niko trampelt samt prall gefüllter Köfikanne den Abhang runter. 30 fingerlange Rotaugen zappeln in den Plastikmaschen. Respekt dafür Brudi!!! „Ein Hecht muss tun, was ein Hecht tun muss!“

„Lass weiter, hier is nix mehr zu holen!“, lege ich den Jungs ans Herz und so packen wir ohne lange zu zögern unseren Kram und machen uns auf den Weg zur knapp 600 m entfernten Schleuse, wo es für mich am Vortag über ein halbes Dutzend Bisse innerhalb weniger Minuten gehagelt hat.

Wie bereits erwähnt, barg der Spot alles was das Zander- (und Anglerherz) begehrt: Tiefen bis gut über 6 Meter direkt unterhalb der Schleuse (wo selbst bei geschlossenen Toren, gelegentliche – durch den Spalt verursachte Wasserverwirbelungen – stattfinden), harter, kiesiger Grund in den flachen Uferzonen (die zur Mitte hin abrupt auf mehrere Meter abfallen), Holzpfosten (auf Höhe des genannten Dropoffs), Beton- und Holzkonstruktionen, sowie Spundwände und kleine Stahlbrücken. Eigentlich genug Obstacles, um locker 2 Ruten pro Person scharf zu stellen und nebenher noch Platz für ein paar Würfe mit der Spin zu haben. So konnten wir uns aber recht großzügig verteilen und die „10-20 Minuten pro Fleck-Strategie“ fahren. Gesagt, getan.
Ich ließ die Montage an der ca. 2 m tiefen Kante ab, die quasi als Verlängerung zum Betonvorsprung gesehen werden kann auf dem wir uns – in gut 4 m Höhe über dem Wasser – befanden. Niko feuerte seinen Bait an die selbe Kante, jedoch 10 m weiter, unmittelbar vor den Holzpfahl, wo ich am Vortag die Bisse hatte. Simon nahm die flache Uferpartie in Angriff. Das große Warten begann.

Naja, „Groß“ ist definitiv das falsche Adjektiv: Nach 5 Minuten, ziehen 2 von 3 Posen ihre Bahnen unter der Oberfläche – Fressenszeit! „Shit, weg“ grölt das gummikind, während pikehead das magische „JAP!“ von sich gibt. Und wieder: Deutlich über dem Durchschnitt! Abgesehen von der äußerst dankbaren Frequenz, war es ein gutes Gefühl seine Vermutungen bezüglich der vorsichtigeren „Alt“fische bestätigt zu bekommen. Bei 6 Amsterdam Besuchen, konnten Simon + Gefolge, vielleicht 3 oder 4 Zander jenseits der 60 verbuchen und das bei Gesamtfangzahlen im dreistelligen Bereich! Wir haben keine 2 Stunden gefischt und hatten bereits 3 Fische zwischen 50 und 65 auf der Speicherkarte, wohlgemerkt auf gerade mal paar Quadratmetern Kanal gefangen! Zufall? Unwahrscheinlich…

Kaum ist Nikos Pose wieder draußen, geht sie erneut auf Tauchstation. Der geborgene „Schatz“ liegt ebenfalls bei Mitte 60. „Was ist looooos?!“ Wir wussten es würde funktionieren, aber eine derartige Frequenz und vor allem Durchschnittsgröße hatten wir nicht erwartet!

Hold me like a Barra…
…oder wie in den guten alten Jugendfischer-Zeiten.

Es wird kalt, so ganz ohne Bewegung (ist man ja fast nicht mehr gewohnt als Fulltime-Spinnfischer)…  Zwischendurch gibt es Zeitintervalle von ca. 30 Minuten in denen sich GAR NICHTS tut. Sobald aber ein Knicklicht abtaucht, braucht man nur noch von 10 runterzuzählen bis es ihm die anderen gleichtun. Ich verliere noch einen kleinen Zetti kurz vor der Landung und setzte (trotz angemessener Wartezeit) eine Hand voll Anhiebe ins Leere, Simon ebenso. Mittlerweile treiben sie auch in 70 cm Tiefe ihr Unwesen und lassen uns im Minutentakt aufspringen. In angebrachten Zeitabstände setzen wir die Fallen um. Direkt vor den Schleusentoren schaut es einfach zuuu geil aus! Was die Position des Stopperknotens angeht, haben wir uns im Verlauf der Session immer weiter „runtergearbeitet“. Mittlerweile liegen unser Fischchen in 6-7 m tiefem Wasser (vermutlich) auf Grund und werden von der kaum vorhanden, aber dennoch zirkulierenden Strömung in Zeitlupe über den Boden geschliffen → funzt auch!

Die Temperatur liegt inzwischen bei unter 10 Grad. Der sommerliebende Aspius(fan) friert sich einen Ast. pikehead entlockt dem „Schleusen-Schloss“ noch zwei kleine Vampire, gummikind legt seine Rute auf der mittleren Betonplatte ab, macht den Bügel auf, geht über die Brücke zurück zu den anderen Zwei, sieht wie nach 10 Minuten das Knicklicht absäuft, sprintet zurück, kurbelt im Eifer des Gefechts die Schnur nicht zügig genug ein und versaut den Anschlag. Langsam aber sicher, lassen sich die Gedanken an einen warmen Schlafsack nicht mehr unterdrücken. „10 Minuten noch“ sind – in einem Zeitraum von ca. Eineinhalbstunden 5 Mal ausgesprochen – keine besonders zuverlässige Strategie, um den bitternötigen Schlusspfiff ertönen zu lassen. Irgendwann um 2 Uhr nachts machen wir die „Schleuse(n)“ dicht und entlassen die wenigen, verbliebenen Glücklichen zurück in die Freiheit. Der Plan war aufgegangen, Test bestanden! Ebenfalls (und erneut) gefruchtet hatte pikeheads „Liebe zum Detail“, der sich als einziger die Mühe gemacht hat seinen Waggler sauber  auszubleien, während Simon und ich uns auf die „holländische Unbeschwertheit“ der Zettis verließen. Von der Anzahl der Bisse her, war es zwar ein recht ausgewogenes Verhältnis, jedoch neigten einige Fische (worunter vermutlich auch viele kleine waren) dazu, Posen mit mehr Widerstand eher loszulassen. Nichts was wir nicht irgendwo erwartet hätten, Zettis bleiben eben Zettis – auch im „Holy Holland.“ (Unser geliebtes Nachbarland weiterhin als „Hoe“ zu bezeichnen, wäre nach diesem Abend wohl nicht mehr fair gewesen).

Das vorletzte, letzte Tag

Beflügelt von den gestrigen Durchschnittsgrößen, geht’s nach einer Portion Pulverpancakes an die Brücke des Vertrauens. Wie erwartet, lassen uns auch heute die Räuber nicht im Stich (wenn auch die Beissbereitschaft nicht mehr ganz so groß ist wie in den Tagen zuvor).

Hold me like a Neuralisator (Blitzdings aus „Men in Black“)
Scheiss auf Joggen – „Zander-Curls“ für Leib und Seele.

Die Selbe Brücke, bringt – vom anderen Ufer aus befischt – ebenfalls ein paar Bisse, scheint jedoch deutlich dünner besiedelt. Auch die nächsten 600 Meter bis zur Schleuse zeigen sich wenig gnädig, ebenso die Schleuse selbst… Tagsüber ähnelt die Enge unterhalb der Tore eher einem reißenden Bergfluss, Wasser strömt rein und raus. Boote müssen durch. Mit den üblichen 3-7 g kommt man jetzt innerhalb der Schiffsrinne nicht weit (genug runter), gleichzeitig sind die flachen Stillwasserbereiche bei Sonnenschein wohl kaum so attraktiv wie nachts. An der Strömungskante stehen 100 pro paar Zettis… Beißen wollen sie nicht. Die Erkenntnis, ob ein wenig Ausdauer zum gewünschten Erfolg geführt hätte, bleibt uns leider verwehrt, denn keine 5 Würfe später ertönt die Lautsprecheranlage: „Stop fishing and leave the area…“ – bla bla… Ab zum Bahnhof, ins „Barscheck“. 10-minütiges, hochkonzentriertes „Drop&Jig“ endet mit einem halbstarken Streifenträger auf Easy Shiner.

Barschbitch mit Backenpiercing.

Müsste ich mich in Amsti auf einen Gummi festlegen, wäre es definitiv der 4 Inch Easy Shiner in Greenpumkin/Chartr… Die Farbe fängt und fängt…(fast) egal wo, egal wann und egal was… Sowohl im Trüben, als auch im Klaren. Ihre Bestleistung erbringt sie meiner Meinung nach zur Dämmerung, sowie tagsüber bei sonnigen Lichtverhältnissen und (leicht) getrübtem Wasser. Nicht umsonst wird das Dekor mittlerweile von einigen Herstellern „kopiert“. Ein absoluter Allrounder der in keiner Tacklebox fehlen darf. Mindestens genauso gut – aber eben auch fast doppelt so teuer – lief der Spoontail Shad (Nories) in High-Vis Chartreuse. pikeheads absoluter Geheim-Favorit, der fängt wo andere Shads versagen… Hochfrequentes Paddelschwänzchen & ausgeprägte Rolling Action des Bodys, sind eine explosive Mischung, wenn‘s darum geht Numbers zu machen oder an harten Tagen das Ruder herum zu reißen. (Fat) Swing Impact, Sexy Impact, Fox Zander Pro Shad (7cm) und reins Bubbling Shad haben sich ihren Platz in der Tacklebox ebenfalls verdient. 2-3 Inch bringen zwar in der Regel mehr Bisse, werden aber häufig von kleineren Barschen attackiert, auf deren „Drills“ und Talent – Gummipäckchen im Stundentakt zu leeren – ich gerne verzichten kann.

Und wir verzichteten – wenn auch unfreiwillig – auf jegliche Art von Drill… Der Himmel zieht zu, die Räuber sich zurück… Plötzlich zeigt sich unter dem Betonvorsprung, die Flanke eines Fisches, welche ich – wären wir nicht in Europa – im ersten Augenblick einem Striper zugeordnet hätte. Tatsächlich handelt es sich aber um eine Meeräsche deren Maße sich jenseits von allem bewegen was ich bis dato kannte. Ohne mich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, würde ich ihr die 75 geben, nur verständlich, dass 10 Sekunden später der Snap durch einen Einzelhaken ersetzt wird und 3 Brotflocken durchs Wasser kreisen. „Biss!“ gibt uns Niko leise zu verstehen. Die Schnur zieht ab, der Anhieb sitzt, die Vigore geht krumm! Irgendwie zu lasch für ne Meeräsche oder? In der Tat: Der meist verhasste aller Cypriniden durchbricht die Oberfläche. Augenblicke später der nächste Schleimer und dann auch noch im Doppelpack… Simon war mit „Brotshop“ (zu faul zum umbinden) eine Etage tiefer unterwegs, wo die Brassen offensichtlich ebenfalls fleißig zugegen sind und kommt – zeitgleich mit Niko – in den Drill„genuss“. 3 „Russensnacks“ sind – ohne, dass der Russe einen fängt – ein guter Grund weiter zu ziehen.

bream double

Ab zur NSDM Werft, dem „heiligen Gral“ der Amsterdamer Zanderspots. Aufgrund der Tatsache, dass 90 % aller Bisse bis zu diesem Zeitpunkt in vergleichsweise flachen und windgeschützten Bereichen erfolgt sind, haben wir den Besuch der „Garantie-Oase“ bewusst aufgeschoben. Jetzt allerdings – wo das Beissen zunehmend verhaltener wurde – galt es herauszufinden, ob die Werft sich nicht doch als „Retter in Not“ herausstellen könnte. Ich halt es kurz: Drei Leute, Eine Stunde, 0 Bisse… Langsam aber sicher liebes Holland wird es Zeit für die Wiedertaufe auf deinen Spitznamen…

Zurück zum Südufer, ab zur „Bigbarschbucht“ → Tote Hose! Auf dem Weg Richtung Bahnhof, noch schnell nen Hafen abklappern. Easy Shiner direkt an den Schiffstau, kurz absin…BOOM…ein guter Mittdreißiger hat sich wohl den Zuwachs, seiner – ohnehin schon KRANKhaft ausgeprägten – Wampe erhofft. Der Färbung nach zu urteilen, muss es sich bei dem Kugelbauch nicht zwangsläufig um die Folgen eines Lebens „in Saus und Braus“ handeln…Krebs und Bandwürmer soll‘s ja auch noch geben…

Hängebauchschwein.
survival of the smartest

Bis auf den „Metastasen-Moppel“ tut sich nix mehr und wir beschließen – basierend auf den bisherigen Erkenntnissen – ein wenig tiefer in die Stadt vorzudringen um uns den flacheren, schattigeren und etwas wärmeren Grachten zu widmen. Ziemlich interessant ist dabei der Bereich ums Nemo Museum, wo eine vergleichsweise große Wasserfläche als Knotenpunkt mehrerer Wasserstraßen dient und entsprechend viel Struktur bietet. Trotz sehr magerer Bissausbeute kann Simon einen Zetti dingfest machen, während Niko und ich die flach auslaufende, Sandbank direkt vor dem Museumsgebäude mit Crank- und Twitchbaits ins Visier nehmen:

Zäh wie es läuft, kämpfen wir uns von Spot zu Spot ohne auch nur im Entferntesten belohnt zu werden. Die „Hoe“ ist wieder „back im Biz“… Kurz vor der  Mündung ins Ij-Meer, gelangen wir an eine Eisenbahnbrücke, deren – nennen wir es mal – „markanter Eigengeruch“ (eau de toilette ist hier durchaus wörtlich zu nehmen) Daumen und Zeigefinger zügig Richtung Nasenflügel wandern lässt. Der Protagonist aus „Das Parfüm“ hätte vermutlich darum gebettelt, sich mit zubetonierten Füßen ins Wasser werfen zu lassen. Ersoffen wäre er wohl kaum, tiefer als 1,5 m ist es hier nicht. Vielleicht aber hätte er sich durch die Zahlreichen Eisenstangen und scharfkantigen Felsen tödliche Verletztungen zugezogen – auch gut! Einige unserer Gummis müssen hier jedenfalls ihr Leben lassen, fast jeder Wurf endet mit einem unlösbaren Hänger. Der Vorrat an 5G Jigs neigt sich dem Ende zu und so versuchte ich mit 7g das beste aus der Situation zu machen. 2 Bisse am Rande der Betonplatten habe ich verhauen, bevor dem Shiner „die Lichter ausgehen“. Simon stellt sich etwas geschickter an, Niko punktet mit 3g Kopf und Spoontailshad. Auf 7 Fehlattacken kommen 2 Fische. Wie immer miese Bilanz, doch in Relation zu den letzten 3 Stunden eine ordentliche Ausbeute!

Dort wo es nach Pisse stinkt, Nories Spoontail Bisse bringt.

Innerhalb von 20 Minuten gibt’s knapp 10 Bisse für 3 Leute, was in etwa der „normalen“ Amsti-Laune entspricht. Ein paar Pedal-Treter weiter, der nächste Auslauf. Die Besonderheit, liegt hier im bis knapp über die Wasseroberfläche angebrachten Straßenfundament, was zum einen für ordentlich Schatten sorgt und zum anderen die Bootsdurchfahrt ausschließt. Nur 1-2 Meter betonfreie „Streifen“ bieten Raum zum Angeln. An leichten Köpfen lassen sich die Baits ein Stück weit in die „Höhle“ platzieren und während ihrer Absinkphase tiefer hinein dirigieren. Dass Solche Spots IMMER Fisch halten, bestätigt sich schon innerhalb weniger Minuten, als ich meinen Shiner im Zeitlupentempo entlang der Mauern über den Grund schabe:

Und es haaat Toooock gemacht.
Public perch – Mal eben so den größten Barsch des Trips gejigged!

Auch bei Simon knallts, und zwar gewaltig! So eine Kirsche lässt sich am L Rütchen und 8 lb Braid kaum liften, pikhead muss – samt Kescher – einen amtlichen Sprint einlegen. Mitten in der Fußgängerzone Kammschupper ärgern – DAS ist Amsterdam! Am Bahnhof dann noch schnell einen (gar nicht mal so beschissenen) Döner zwischen die Zähne, bevor es wieder auf die Fähre Richtung Norden geht. Der Plan ist, den Nordkanal über unsere „Hausbrücke“ hinaus zu befischen. Wer weiß, vielleicht finden sich dort ja noch ein paar „magic corners“… Wäre bitter, die Option nicht in Erwägung zu ziehen, schließlich hat die Strecke bisher verhältnismäßig am meisten Fisch gebracht! Nimmt man sich ausreichend Zeit, kann man vermutlich auch auf den monotonen Abschnitten Sternstunden erleben. Explizit große Hechte, treiben bekanntermaßen „mitten im Nirgendwo“ ihr Unwesen, erst Recht wenn Tonnenweise Köfis die Oberfläche zum kochen bringen und üppige Ufervegetation vorhanden ist. Gemütlich legen wir 1-2 Kilometer zurück, bis sich uns ein Augenschmaus von Spot offenbart: Ein Knick im Kanal – etwa doppelt so breit wie der Rest der Strecke. Schilfufer, Flachwasser, Seerosen und – als Kirsche auf dem Sahnehäubchen – zwei feedernde Holländer. Hier muss Fisch stehen.

Kleine Spinnerbaits und Stickies scheinen die vernünftigste Option. Jede Sekunde rechnen wir mit einem Einschlag. Passieren tut nichts. Ich kraxle auf die andere Seite der Schleuse (die eine starke Verengung darstellt) und kurble den Spinnerbait langsam entlang des bewachsenen Ufers ein. Zwei aggressive Anfasser lassen den Puls in die Höhe schießen. Der nächste Wurf mit ES bringt Gewissheit: Kleinbarsch… Kleinbarsch mit dem Appetit eines Bären, der anstelle von Honig eine halbe Hanfplantage vertilgt hat. Da ist bei bestem Willen nichts mehr zu machen…

Wir nutzen die Brücke für einen Uferwechsel, zu verführerisch wirkt der kleine Altarm auf der anderen Seite. Strömungskante, Kraut, Totholz, Büsche und Seerosenfelder… Das „Dubai“ für jeden Hecht… aspiusfan crankt irgendeinen hässlichen, quitschgelben Wobbler durch den Tümpel. „FUCK MAN HABT IHR DAS GESEHEN? 70ER…VORBEIGESCHOSSEN“… Während Simon auf einen Nachfasser hofft, bin ich bereits ein paar Büsche weiter und schicke den DUO Pencil 85 ins Rennen. Es ist so wunderbar idyllisch. Das einzige was die harmonische Stille durchbricht ist das Klicken der Rasseln meines Stickbaits. Clack, Clack, Clack…Pause….Clack, Clack, Clack… WAAAAATZ! Die Oberfläche – endlich kann ich es sagen – EXPLODIERT! Adrenalinrausch auf höchstem Niveau! Nix auf Biegen und Brechen, nur ne Fritte! Trotzdem: #topwaterüberalles

Stickies weghauen – was man in Holland eben so macht…

Für Simon gibt’s – nach einer kleinen Befreiungsaktion – noch einen Schniepel auf Wobbler. Niko kommt ebenfalls (fast) auf seine Kosten, als ein weiterer Pincher knapp am Stickie vorbeischießt. „Veni vidi catchi“ würde ich sagen. Mittlerweile dämmert es und nach einer kurzen Pause, kommt der erste Niesel. Sintflut ist laut Wetterbericht angesagt… Hausbrücke und Schleuse fallen somit weg. „Morgen ist ja auch noch ein Tag“

Das Allerletzte (Tag)

…Ja aber keiner, den man sich als letzten Urlaubstag wünscht: Nach einer Nacht, in der wir gefühlten 200 km/h Wind und 100 l Regen/m² standhalten mussten, bedurfte es in der Früh keines Blickes aus dem Zelt um zu wissen, dass uns nichts anderes übrig blieb als liegen zu bleiben und abzuwarten. Das Wetter als „schlecht“ zu bezeichnen wäre in etwa das selbe gewesen wie mit UL-Rütchen auf Goliath Grouper zu angeln. Es war der gottverdammte Weltuntergang! Äste flogen umher, die Wände des Palastes klappten (ein paar Heringe hatten sich verabschiedet) im Minutentakt nach oben und erinnerten uns daran, dass es – am Ende des Tages – doch „nur ein Zelt“ ist…

Irgendwann beruhigte sich der – scheinbar bis in die Zehnspitzen zugekokste Petrus – und öffnete uns ein Zeitfenster, das wir zum Frühstücken und Aufbrechen nutzten. Um es kurz zu machen: Es lief UNTER ALLER SAU. So schlecht, dass wir nicht mal die Motivation aufbrachten Fotos von den einzigen 1,2 Fischchen zu machen die sich im Zuge ihres Hungerstreiks an unsere Haken verirrten.

Endgültig vorbei war es dann zu jenem Zeitpunkt, als folgendes Bild entstand. :

Der Russe im Regen…

Der Titel, ebenso schlicht wie das Fangergebnis. Trocken, wie keiner mehr von uns. 0 % Rotaugen, 100 % Regen. Kein Ansitz. Kein Gar nichts. Nur noch Dusche, Schlaf und ab nach Deutschland!

Ihr seht, die „Hoe“ ist nicht immer leicht rumzukriegen. Aspiusfan hatte bisher das Glück, auf hungrige Mäuler zu treffen, aber Amsterdam kann auch anders. Eine leichte Steigerung ist – wie auch vom ersten aufs zweite Mal Bassen – gegeben, das Ende der Fahnenstange aber lange nicht in Sicht. Den Paukenschlag gibt’s dann im September. Schwör…

Danke fürs Durchhalten! Vielleicht haben sich ja bei dem ein oder anderen von euch die Angel-Antennen aufgestellt und ihn/sie dazu bewegt, auch einen Versuch in der wohl schönsten Hafenstadt Mitteleuropas zu starten. Vielleicht vermissen manche von euch den Großfisch und finden‘s scheisse. Vielleicht aber haben ein paar von euch gecheckt, dass es beim Streetfishing nicht um den Fang des Lebens geht, sondern um das Gesamtpaket. Um die Stadt, in all ihren Facetten. Um den Lärm, um den Dreck, um die wunderschönen Sonnenuntergänge am Horizont des IJ-Meers. Um die Menschen, um die Kultur, um das Essen. Um jene Fische, die ein hartes Los gezogen haben und mit dem zurechtkommen müssen, was WIR aus ihrem Zuhause machen. Um das Leben zwischen Häusern, Brücken und Kränen, wo tausende Schicksale und Wege existieren, sich kreuzen, sich beeinflussen, sich anziehen, sich abstoßen oder in völliger Isolation verlaufen. Für ein paar Tage bist du Teil dieses Systems, lässt dich treiben mit dem Strom der Stadt. Aber du schlenderst nicht wie die anderen Touristen über die Brücke und übersiehst, was sich darunter befindet. Du entdeckst, was anderen verborgen bleibt: Das stille, schmutzige Atlantis am Grund der trüben Grachten.

 

Auf Snackjagd.

 

#nowordsneeded

Cheers und TL!

gummikind

Wie immer sehr interessant zu lesen der Roman. Weiter so!
Absolut geiler Bericht. Mehr gibts dazu nicht zu sagen. Außer: Bitte mehr davon :)
Toller Schriftstil! Davon könnte ich eine ganze Bibliothek lesen! MEHR DAVON!!!
Geil! Hat mich top unterhalten echt super Report. Danke dafür ;-) Jungs.
Gruß &amp; TL
Patrick
Einfach nur super geschrieben...das kann süchtig machen, mehr davon !
Schließe mich allen an, richtig gut geschrieben mit reisend zu lesen einfach gut.
gerne mehr.
Einfach herrlich, danke dafür!!!!
dankeeschön! :)
Super erfrischend Geschrieben ein augenschmaus!
Danke, Danke, Danke für diesen geilen, packenden, lustigen und bockmachenden Artikel! Richtig gut geschrieben, macht einfach Spaß die Artikel zu lesen!:)
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