Gewässer-Tipps Winterauszeit – Kajakangeln: Aggro-Jiggen und Livebaiting in Südthailand
Es ist kalt. Nicht nur etwas frostig oder ein kühler Herbsttag, sondern die Finger tun mittlerweile richtig weh. Der Rotz friert an der Nase fest und wenn man zulange an einer Stelle steht, spürt man wie die Bänder im Knie nicht mehr ganz so geschmeidig ihre Arbeit ausführen und uns signalisieren: Lass es jetzt einfach sein, es reicht! Zu allem Überfluss fangen die Ringe an einzufrieren, man wirft Perücken und der Fisch lässt einen im Stich. Keinen Zupfer über Stunden und so langsam keimt die unbequeme Frage auf, die wir in unserem Hobby gerne mal zu versuchen zu verdrängen: die Sinnfrage. Trotzdem würden mir unter normalen Umständen hundert vernünftige, nachvollziehbare Begründungen einfallen, die diese Frage mit Leichtigkeit wegschubsen. Du bist an der frischen Luft, du bewegst dich, du bist in der Natur, die Vögel, dein Gehirn kann abschalten… aber gerade kann es vor allem eins: Einfrieren!
So erging es uns auch in heimischen Gefilden und nach meinem letzten Angeltrip in die Niederlande (Ultralight vs. Ultraheavy) fiel ich zeitweise in ein anglerisches Loch. Mein Dickbarschrevier ließ sich auch nur noch schwer was entlocken und nach dem letzten frostigen Blanktag auf dem Belly war es dann endlich soweit: Meine Freundin und ich starteten in unseren Jahresurlaub mit der Destination: Thailand, Andamanensee!
Nachdem ich eine weitere Reiserute, Ersatzbraid, ein paar Testköder meines Kumpels, Handschuhe, Zange und Neoprenschuhe fürs Riff zusammen hatte, konnte es losgehen. Meine Freundin übernahm neben ihrer eigenen Combo gnädigerweise all die weiteren elementaren Dinge, die ich aufgrund des Tackleanteils in meinem Gepäck hätte schmerzlich verzichten müssen. Äh falsch, ich hätte sie vermutlich schlichtweg vergessen und mich dann schmerzlich geärgert.
Unser Trip sollte sich nicht nur auf das Angeln konzentrieren, da wir auch noch weitere Leidenschaften pflegen. Schnorcheln, Bücher lesen und Surfen stand ebenfalls auf unserem Programm, welches sich jedes Mal genauso spontan wie auch ungeplant ergab. Tatsächlich hatten wir uns nur eine großräumige Region und dann unterwegs die verschiedenen Inseln ausgesucht. Von dem Inselarchipel nahe der Grenze zu Malaysia (Tarutao National Park), ging es innerhalb eines Tagestripp über Land weiter nach Norden bis zur Insel Koh Phayam, wo wir die letzten 12 Tage verbachten und neben der Kajak- und Bootfischerei unerwarteter weise auch einen einen smooven 4-6 Fuß Beachbreak für Surfrookies vorfanden. Doch dazu später mehr.
Über Bangkok mit Zwischenlandung angekommen in Trang, fuhren wir nach einer Zwischenübernachtung am nächsten Morgen bereits mit der Fähre zur ersten Insel.
Den ersten Tag akklimatisierten wir uns bei leckerem Thai-Food und Baden und Schnorcheln im kristallklaren Wasser. Die Sonne schaffte es in kurzer Zeit, unserem Körper das benötigte Vitamin D zu geben und der Wohlfühlfaktor stieg ins Unermessliche. Auch wenn meine ersten Versuche, mit einem Maxrap im Flachwasser hinter dem Riff etwas zu erbeuten scheiterten, blieb ich guter Dinge. Beim Schnorcheln stellte ich auf der ersten Insel fest, dass die Räuber wohl hinter dem Riff standen und ein seriöser Versuch wohl unweigerlich ein Bott oder ähnliches erforderten.
Als wir auf Koh Muk, unserer zweiten Insel, mit dem Speedboot am Pier ankamen und uns ein Tuktuk zum Resort suchten, sah ich es. Etwas zugewachsen, etwas angerostet und ausgebleicht aber dennoch eindeutig stand es da: Sportfishing Boat Guiding! Nachdem wir unseren Bungalow im Resort bezogen hatten, begab ich mich zur Bar und suchte freundlich aber zielstrebig J das Gespräch zur hilfsbereiten Resortleiterin. Auf meine Frage nach der Möglichkeit eines Bootscharters lächelte sie uns an und schloss ihr Handy an den Flachbildschirm, der an Wand auf der Restaurantterasse hing, an. Zu sehen waren Touristen mit krummen Ruten und kreischenden Rollen in der Hand, ein laut lachender Kapitän und jede Menge dicker Maquerels. Auf sehr angenehme und unkomplizierte Weise wickelten wir den Deal nach den klassischen örtlichen Bedingungen ab. 2500 Baht (ca. 65 Euro) für 8-9 Stunden effektives Angeln auf See, Leihgerät bei Bedarf (welches wir glücklicherweise nicht benötigten….), Kleinteile (Paternoster, Grundblei), Benzin, reichlich Wasser und das Lunchpaket. Da der Kapitän beruflich Guide und Fischer ist, war von vornerein klar, dass die Fische verwertet würden. Auch das Fischen mit lebendigem Köderfisch gehört dort einfach dazu und meiner Meinung nach sind wir als ausländische Gäste nicht in der Position, uns dort einzumischen. Falls mit diese zwei Facts also jemand nicht ganz d’accord sein sollte, bitte ich darum, an dieser Stelle nicht weiterzulesen. Zurück zum Fisch.
Die Nacht vor dem ersten „richtigen“ Fischen war wirklich grausam. Wem geht es nicht so von euch? Die Aufregung, die uns wie kleine Kinder am Tag vor etwas Großem packt, lässt uns kein Auge zu tun. Vielleicht seid ihr alle davon glücklich befreit aber selbst vor Angeltripps in der Heimat bin ich abends so voller Vorfreude, dass an durchgehenden, tiefen Schlaf fast nicht zu denken ist. Irgendwie schön, denn mir wird dann immer klar, wie geil doch unser Hobby ist.
Wir trafen uns zur blauen Stunde morgens am Strand mit Til (der hieß wirklich so, allerdings ist das wohl ein gängiger Thai-Name), der bereits den Motor unseres Longtail-Bootes anwarf und unsere Ruten (Shimano XTC Monster mit 6000 Penn Conflict und einer Daiwa Megaforce 100 gr WG mit einer 3000er Daiwa Freams) verstaute. Endlich ging es los und bei der Fahrtwind in der Morgendämmerung sauste uns um die Ohren. Trotz rudimentärer Englischkenntnisse verstanden wir uns mit Til über die Sprache des Hobbys trotzdem relativ schnell. Er zeigte auf einen Felsen und schmiss dabei die Pumpe an, welche stetig Wasser in eine Tiefkühlkiste pumpte und das Livewell darstellte.
Er gab jedem von uns ein Paternoster und ein dickes Blei, welches wir ans Ende unserer Braids knoteten. Til besaß und besitzt bis heute vermutlich kein Echolot. Braucht er auch gar nicht. Er steuerte eine Meerenge (man beachte die Dimension: geschätzte 2 km breite Meerenge…) zwischen zwei kleinen Inseln an und nach mehrmaligem korrigieren wies er uns an, die Rollen zu öffnen. Kaum hatten wir Grundkontakt, zuckte es in den Blanks und wir fingen mehrere kleine, tunaartige Fischchen mit gelben Flossen. Die ca. 25 cm langen Fischchen kamen dann unverzüglich in den Livewell und blieben die Bisse aus, wurde eine erneute Drift angesetzt. Es stellte sich heraus, dass es sich bei der Fangzone tatsächlich nur um einen kleinen markanten Bereich handelte. Außerhalb dieser Zone gab es entweder keine Bisse oder die „falsche“ Fischart. Til hatte gut Lachen als Anna erfolgreich das Livewell füllte, während ich einen Minigrouper nach dem anderen entließ.
Dies schien auch die lauthals lachenden Crews der Nachbarschiffe zu amüsieren. Scheint wohl nicht so üblich dort zu sein, dass die Männer von ihren Frauen beim Köfiangeln abgezogen werden. Wenn die wüssten, wie ich zuhause oder in Amsterdam manchmal kassiere J .
Nachdem wir ausreichend Köder gefangen hatten, fuhren wir zum eigentlichen Angelplatz. Dort zeigte mir Til, welche Montage er fischte. Zwei Einzelhaken der Größe 2/0 bis 4/0 wurden mittels No-Knot auf ein nylonummanteltes Stahlvorfach gezogen. Der Abstand der Haken betrug ca. 10-15 cm (abhängig von der Köfigröße) und am Ende wurde das Stahlvorfach mittels Quetschhülse an einen Wirbel geknüpft, welcher wiederum die Verbindung zur Hauptschnur darstellte. Nach dem Beködern ließ er den Fisch 3-5 Meter abtauchen, nahm dann ein Stück Styropor, das den Köfi am weiteren Tieftauchen hindern sollte und gleichzeitig als Bissanzeiger diente. Und dann kam das Warten. Wir verspeisten den Reis mit Hühnchen, die Bananen und tranken fleißig Wasser. Und warteten. Ich fing an nebenbei auf etwa 40 Meter zu jiggen und warf ein paar Hardbaits aber außer Windstille und Sonne tat sich nichts.
Etwa drei Stunden tat sich relativ wenig beziehungsweise gar nichts und Til beschloss, den Spot zu wechseln. Wir fuhren eine halbe Stunde mit Vollspeed in eine andere Richtung auf eine andere Insel zu, bis wir laut Til auf einer Art Plateau ankamen. Wir brachten die Ruten aus und beobachteten die See. Plötzlich sah man gelegentlich große Platscher in der Ferne, Fliegenfische und andere Schwarmfische schossen auseinander und die räuberischen Aktivitäten an der Oberfläche mehrten sich. Die Ruten, welche in Rutenhaltern auf dem Dach standen, waren jetzt unter stetiger Beobachtung und die Spannung war zum Zerreißen gespannt. Jeden Moment konnte….
„SSSSSSSSSSSS“…. die Conflict jaulte aus allen Löchern und die STC stand plötzlich krumm. Der Fisch begann, nur wenige Sekunden nachdem er den Köfi genommen hatte, mehrfach aus dem Wasser zu springen. Die Sprungserie des Sails (dt. Fächerfisch) war wirklich super spektakulär. Vor allem, wenn man so etwas zum ersten Mal live sieht! Was für eine Artistik, was für eine dynamische Peformance, die uns da in der Mittagshitze geboten wurde! Schnell nahm ich Kontakt zum Fisch auf und dieser legte sich auch gleich mächtig ins Zeug. Nach der ersten geflüchteten 50 Metern (in gefühlt 3 Sekunden) schloss ich vorsichtig die Bremse ein wenig und sofort zeigte sich der Fische erneut durch mehrere Sprünge.
Ich übernahm wieder die Kontrolle und langsam (Til warnte mich, dass sie leicht ausschlitzen) zog ich ihn zum Boot heran. Während Anna erfolgreich den Auslöser der Kamera betätigte und Til das Gaff vorbereitete, ließ er sich endlich seitlich an das Boot führen. Teamwork auf höchstem Niveau.
Nach der Landung waren wir natürlich alle überglücklich. Nicht nur der Fänger, auch der Kapitän konnte sich das Grinsen nicht verkneifen, war aber wohl in Gedanken schon bei der nächsten Drift.
„Go go, let’s catch another one!“ Top Kapitän, top Einstellung, und schnell reichte er mir ein weiteres Fischchen, dass ich unter seinem beflügelnden „Marlin, Marlin“ auf die Reise schickte.
Ob es an der Sonne lag, die mein Gehirn weichkochte oder am Adrenalin, das meine Wahrnehmung veränderte, vermag ich nicht zu sagen. Den folgende Oberfail und das Gelächter nehme ich jedoch gerne auf meine Kappe. Wir saßen im vorderen Tail des Longtails und beobachteten unsere Ruten. Da zeigte ich auf die an uns vorbei treibende Pose und sagte ich zu Anna: „Schau mal. Die Köfis sind so fit hier, die überholen sogar unser Boot.“ Noch während ich sprach wurde mir die Unsinnigkeit meiner Aussage bewusst. Und auch Til fuchtelte und ruderte wild mit den Armen. Ich nahm die STC und kurbelte… einen, wie mit dem Filetiermesser, sauber halbierten Köfi ein. Til konnte sich berechtigterweise das Lachen kaum verkneifen J
Etwa zwanzig Minuten danach bekam Til einen Biss auf seine Handline, den er aber leider nicht verwerten konnte und im selben Moment kam unser Lieblingssong: SSSSSSSSSSS… und die STC stand erneut krumm! Nachdem ich den Anschlag gesetzt hatte, übergab ich Anna die Rute. Mit der Kamera in der Hand durfte ich genießen, wie sie mit bis ins EVA gekrümmter Rute in der Hand im Heck des Bootes stand. Ihren Gesichtsausdruck, als der Fisch locker eine Dauerflucht nach der anderen in die Tiefe hinlegte, werden wir beide wohl nie vergessen. Die folgenden Bilder erklären das aber doch alles viel besser!
Was für eine Rakete! Und mit geschätzten acht Kilo (laut Til) nicht nur ein richtig guter Fisch, sondern zugleich noch Annas erster großer Meeresfisch. Wir waren begeistert. Sowas hätten wir uns niemals erwartet und die Kampfkraft dieser Fische ist einfach unbeschreiblich, was wir noch öfters zu spüren bekommen sollten. Die Fische gaben wir dankbar der Küchencrew, die auch direkt die Filets marinierte und den Grill anwarf und für alle Gäste, die mochten, Fischfilets grillte. Frischer Sail, außen knusprig, innen saftig mit einem Koriander-Zitrone-Sößchen und dazu einen Fruchtshake. Ich habe an diesem Abend das erste Mal in meinem Leben zwei riesige Teller Fisch ohne Beilagen gegessen.
Einfach ein Gaumenerlebnis. Am Folgetag liehen wir uns ein Resort-Kajak und machten uns auf die Suche nach einer Höhle, in die man bei Ebbe hineinfahren konnte. Diese Höhle, deren Eingang sich an der steilen sehr hohen Felswand befand, entpuppte sich als Tunnel der uns zu einem im Felsmassiv verborgenen Strand führte. Dieses „Loch“ in dem wir standen, entstand durch für Thailand typische Verkarstung des Kalkgesteins, wie man es in kleinerer Dimension in Form von (Einsturz) Dolinen auch auf den Kalkböden der schwäbischen Alp vorfindet (gleicher Effekt, wie beim Blautopf). Geo-Offtopic Ende.
Wirklich beeindruckend, einen kleinen Fleck Wald zu haben der ringsum durch 70-80 Meter hohe Steinwände begrenzt wird. Auch komisch; die Horden auftauchender chinesischer „Pfadfinder“ und ihr System beim Verlassen des Strandes nicht verloren zu gehen J
Auf dem Rückweg vom „Hidden Beach“ hielten wir noch an ein paar Stellen entlang der Steilküste und Anna bekam auf ihren Maxrap einen harten Biss. Als ich sie so mit vollkrummer Rute im Kajak vor mir sah, begann ich schon mal alles für die Landung klarzumachen. Ich holte die Zange und den Lipgrip hervor, zückte die Kamera und bereitete mich auf die Landung eines großen Fisches im Doppelkajak bevor. Der Fisch legte sich mächtig ins Zeug, doch Anna manövrierte ihn zielsicher auf mich zu. Was frühstücken die hier eigentlich? Dies war mein erster Gedanke beim Anblick dieses Baby-GT`s… in meinem ganzen Anglerleben habe ich noch nie geschätzt 4 Pfund Fisch so Alarm machen sehen. Muss man mal gesehen haben, kann man nicht beschreiben. Einfach heftig, was die wohl mit einem anstellen, wenn sie mal Laufen lernen…
Nachdem wir uns in den folgenden Tagen ein wenig eingelesen hatten, wollten wir ursprünglich nach Tarutao, der Hauptinsel des Tarutao Nationalparks. Diese ist aufgrund der Fährbootverbindung nur über die Insel Koh Lipe zu erreichen. Im Nationalpark darf man angeln, aber nicht kommerziell fischen und es gibt nur eine Unterkunft, die von den Park-Rangern verwaltet wird. Leider stellte sich nach drei Tagen heraus – (Koh Lipe hat zwar schöne Buchten und Schnorchelmöglichkeiten, aber ist touristisch auch stark frequentiert), dass aufgrund ausbleibender Nachfrage (wie kann das möglich sein?) – keine Fahrten mehr von Koh Lipe nach Koh Tarutao angeboten wurden. Trotz vielem Fragen in verschiedenen Fährboot Reisbüros konnten wir nirgends eine Überfahrt klar machen. Am ersten Tag von den drei Tagen auf Koh Lipe lernten wir allerdings in einer Wäscherei einen Mann kennen, der selber Angler ist. Er vermittelte uns an einen Bekannten von ihm und nach ein wenig Handeln konnten wir zu den üblichen Bedingungen einen Boot chartern. Diesmal hieß der Kapitän des Longtails Mong. Auch sein Boot war ca. 7 Meter lang, verfügte über einen vor Öl nur so tropfenden Motor mit einem langen Ausleger mit dem daran befindlichen Propeller. Das Sonnendach, Livewell und ausreichend Wasser und Bananen waren erfreulicherweise ebenfalls wieder im Paket.
Am nächsten Morgen liefen wir zum Treffpunkt, wo Mong uns schon erwartete. Auf dem Weg zu seinem Boot, legten wir noch einen Stopp ein, um Eis zum Kühlen des Fangs und der Getränke einzuladen. Nach kurzer Zeit hatten wir den Hafenstrand verlassen und erreichten auch schnell den ersten Spot. Entlang der Riffkante ließen wir unsere Fliegenpaternoster hinab und schnell kamen die ersten „Gelbflößler“ zutage, beziehungsweise wanderten diese direkt weiter in den Livewell. Dieser wurde diesmal allerdings von einer menschlichen Pumpe betrieben. Das Wasser lief langsam ab und alle ca. 30 min füllte Mong mit seinem Kanister wieder frisches Wasser nach. Die Herkunft meines ersten Bisses werde ich allerdings nie erfahren, denn irgendwas rauschte nach dem Biss unaufhaltsam ins Riff und setzte sich mitsamt Montage fest. Während ich wieder mal am Knoddeln war, sorgten Mong und Anna für die Köderfische. Als wir ausreichend Köfis gefangen hatten, fuhren wir entlang der Insel, bis wir am äußersten Punkt mit Blick auf weiter entfernte Inseln ankamen. Während ich noch mit Riggen beschäftigt war (wir fischten wieder das identische System des vorherigen Trips), hatte Mong schon den ersten Sail an seiner Handline, der ihm jedoch nach kurzer Zeit wieder ausstieg. Auch ich hatte direkt einen Fehlbiss, konnte jedoch nach dem Anhieb nur das halbierte Fischchen einholen. So furios, wie es los ging, so schnell flaute es auch wieder ab. Auch dieses Mal blieben wir wieder über Stunden ohne Fisch. Einziges „Highlight“ war ein vermeintlicher Fehlbiss. Das Surren meiner Bremse riss mich aus dem hitzebedingten Dämmerzustand (der Rest der Crew hatte sich klugerweise in den Schatten verkrümelt). Doch kein Sail, kein Barrakuda und auch keine Spanish Maquerel, sondern ein Seeadler hatte sich den oberflächennah schwimmenden Fisch gekrallt. Und ließ ihn glücklicherweise auch gleich wieder los!
Gegen Nachmittag fuhren wir eine weitere Stelle an, wo wir mit der Strömung über ein Unterwasserriff drifteten und immer wieder erneut ansetzten. Nach zwei Fehlbissen, das Pech klebte mir an diesem Tag wirklich an den Fingern, war es Mong der den ersten Fisch fing. Die Fische hatten wir scheinbar gefunden, aber gefangen waren sie noch nicht. Kurz vor Ende bekam ich noch einen Biss auf die 100 gr Rute, die wir nebenbei auch noch ausgelegt hatten. Der Fisch nahm sofort einige Meter Schnur und ich hielt dagegen, wie man mit einer 22er Braid eben dagegen halten kann, wenn ein Pferd davon galoppiert. Der Fisch ging sofort auf Tiefe und war dort nur unter größtem Druck vom Grund zu lösen. Schließlich löste er sich langsam und begann mit dem für Tunfische typischen „Kreisen“.
Meter um Meter gewann ich an Schnur und Mong setzte sicher zur Landung an. Immer wieder erstaunlich, wie viel Power doch in den nicht allzu großen Fischen drin steckt.
Am nächsten Morgen hatten wir einen neuen Masterplan. Da Tarutao offensichtlich nicht zu realisieren war, disponierten wir grob um und entschieden uns dazu, über das Festland etwa 350 km nördlich nach Koh Phayam zu fahren. Auf dem Weg dorthin fand ich die Facebook-Homepage eines Belgiers, der dort seine Angeltouren anbietet und stellte die Weichen schon mal auf Fisch. Nachdem wir ankamen, einen Roller gemietet hatten, machten wir uns auf den Weg zu unserem Resort. Mit Holzbungalows mit Meerblick, einem für Gäste zur Verfügung stehenden Kajak, weißem Sandstrand und surfbaren Wellen bot sich uns eine überraschend große Bandbreite an Bespaßung, wie man sie sich im Paradies eben wünscht.
Mit Danny, dem Belgier, hatten wir gleich für den zweiten Tag ein Date geplant und fuhren mit ihm und zwei seiner einheimischen Guidingpartner zu ihren Spots.
Casting mit Light Tackle und Schleppen standen auf dem Plan. Wir waren noch keine 5 Minuten unterwegs, da schepperte es gewaltig, doch der ca. 1,20 Barrakuda stieg mir leider aus. Da er im Drill von zwei weiteren Fischen ähnlicher Größe verfolgt wurde, drehten wir noch eine weitere Runde, doch es tat sich nichts mehr. Wir fuhren immer neue Stellen in Ufernähe an und warfen Minnows, Stickbaits und Popper. Hier ein Needlefisch, da ein kleinerer GT, aber die wirklich Dicken wollten an dem Tag einfach nicht. Zuletzt zeigte mir Danny noch einen Felsen, der in der „Nähe“ unseres Resorts lag. Dieser war in Sichtweite unseres Standes und mit dem Kajak – „unter mittlerer Anstrengung“ – erreichbar. Versuchsweise warf ich mal einen Easyshiner am beschwerten Offsethaken Richtung Felsen und bekam auch sofort einen Biss. Ein schön gefärbter Grouper hatte sich den Gummi sofort geschnappt und es eröffneten sich plötzlich ein paar Möglichkeiten am Spot „vor der Haustür“.
Am nächsten Tag lieh ich mir bei den Schweden nebenan allerdings erst mal ein 7“ Malibu und vergnügte mich in den smooven Wellen, die von Tag zu Tag besser wurden. Ein Hobby, dass ich leider nicht so oft pflegen kann, da der Heidelberger Swell doch oft zu wünschen übrig lässt. Dennoch ein toller Sport, der einem physisch und koordinativ einiges abverlangt. Doch der Angler in mir drängte mich schon am nächsten Tag wieder zum Fisch. So belud ich also das Kajak mit Wasser, Ködern, Zange und meiner Rute, band alles fest und startete direkt vor dem Resort am Strand. Starten trifft es nicht ganz, denn tatsächlich überraschte mich in meiner Fischgeilheit ein gutes Set Wellen und machte mich zunächst mal mit dem Geschmack von Salzwasser vertraut. Ohne Euphemismus könnte man auch sagen: Ich bekam erst mal eine Runde Schleudergang in der Waschmaschine und hatte meine Lektion gelernt. Sand ausspucken und erneut versuchen. Dieses Mal kam ich unbeschadet durch die Brandung und kam, einen Wobbler schleppend, nach ca. 45 Minuten am Felsen an.
Dort drehte ich zwei Runden und warf mit allem was die Hardbaitbox hergab zunächst jedes Eck gründlich ab. Ich fing ein ernüchterndes: Nichts. Und davon leider erst mal einiges.
Wegen der Strömung, band ich mich an einer Boje fest und trank erst mal einen Schluck Wasser. Der Felsen war eigentlich eine Erhöhung des Riffs das unter Wasser fortlaufend den Felsen mit dem Festland verband. Alles in allem etwa von 2 m Richtung Bucht auf 15 Meter abfallend. Plötzlich spritzten Fischchen auseinander und ich tauschte schnell die Wasserflasche gegen die Spinnrute ein. Der erste Wurf brachte direkt einen ganz passablen Mutanten-Horni, „Long Tom“ oder Needlefish.
Dann kam nicht mehr und ich überlegte mir etwas Neues. Sollte ich die ganzen Gummis und Jiggköpfe umsonst und nie genutzt mitgeschleppt haben? Mitnichten, immerhin hatte ich zwei Tage zuvor damit gefangen. Und so hängte ich diesmal einen Savagear Sandeel mit 20 Gramm Kopf ein (die Strömung war einiges stärker als zuvor) und feuerte ihn entlang der Riffkante. Absinken lassen bis zum Grund und dann in schnellen Jiggbewegungen ohne Grundkontakt durchs Freiwasser schießen lassen. Ich bekam schon beim ersten Wurf einen heftigen Biss doch der Fisch stieg im Drill leider aus. Ich zog den Gummi, der heftige Schnitte hatte, erneut auf und setzte zum zweiten Wurf an. Einmal Grundkontakt, aggressives Freiwasserjiggen und BAM, etwas hatte sich den Sandeel einverleibt. Um den Fisch nicht im Riff zu verlieren, drillte ich ihn ziemlich hart und konnte den ersten Grouper (Riffbarsch) an diesem Spot fangen.
Der Sandeel tat seinen Job und beförderte noch mehr der äußert bunt gefleckten Stachler ins Kajak.
Und auch die rotbraunen Kollegen mochten den turboschnell gejiggten Sandeel. Danke an der Stelle an pikehead/Nicho für die Empfehlung. Fangmaschine!
Ich blieb noch weitere 2 Stunden am Spot bis mir das Wasser ausging. Anfängerfehler, ich musste zurück. Zumal ich diesmal gegen die Strömung paddeln musste. Trotzdem fing ich insgesamt 12 Grouper bis maximal 50 cm auf Sandeels. Der 5er ES fing erneut. Allerdings nur noch einen Fisch, denn, wer hätte es gedacht, er wurde mir nach einem weiteren Fehlbiss quasi entrissen ;).
Ich besuchte den Felsen in den letzten verbleibenden Tagen noch ein weiteres Mal und die Grouper waren zahlenmäßig wieder äußerst zuverlässig und machten das Kajakangeln echt zu einem tollen Erlebnis. Schneller als befürchtet kam dann auch der Zeitpunkt, an dem wir unsere Rücksäcke packen mussten und uns auf den Weg zum Flieger nach Bangkok begaben. Mittlerweile sind wir wieder im Job, wurden brutal akklimatisiert (ich hatte erst mal 3 Wochen Grippe). Lediglich der sich hartnäckig haltende Badehosenabdruck, die Fotos und das Schreiben dieses Berichts erinnern an einen unvergesslichen Urlaub.
Ausblick
Die Bestände in Thailand, und da will ich keine Illusionen verbreiten, sind natürlich nicht vergleichbar mit anderen Orten. Dies meine ich in dem Sinne, dass dort bis vor kurzem (wahrscheinlich partiell noch immer) mit Dynamit gefischt wurde. Auch die industrielle Fischerei hat den Beständen hart zugesetzt, was die meisten Locals mir eben erzählten. Allerdings erfuhr ich auch, dass seit zwei Jahren „Fishing Restrictions“ gelten, welche die thailändische Regierung erlassen hat. Diese schreiben Mindestmaschengrößen bei Netzen, Fangtechniken und Schongebiete vor, um die Bestände zu schützen. Laut Danny, dem vor Ort seit acht Jahren ansässigen belgischen Guide, ist dies auch spürbar. Die Futterfischschwärme werden immer dichter, die Anzahl kleiner gefangener GTs und auch die der Barrakudas nimmt laut seiner Aussage spürbar zu. Letztendlich entscheiden die thailändischen Behörden durch ihre konsequente oder nicht konsequente Umsetzung der Restriktionen über die Weiterentwicklung der Bedingungen. Aber: Immerhin tut sich was!
Euch allen ein tolles Angeljahr 2017 und immer ein strammes Seil!
Euer Simon / Aspiusfan
Fotos: Anna (Annaahoi), Simon; Bericht: Simon