Barsch Barsch-Forscher im Dienste der Wissenschaft
Letztes Jahr hat das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Einladungen an die Barschangler der Nation rausgeschickt bzw. aufgefordert, sich an einer Studie zu beteiligen, in der es um den Barschfang geht. Mir war nicht so ganz klar, was genau jetzt erforscht werden sollte. Aber ich wusste sofort, dass ich an dem Projekt teilnehmen will. Ist ja klar. Und so habe ich mich natürlich gefreut, dass ich eine Zusage bekommen habe. Mit der Zeit habe ich dann mitbekommen, dass ich wahrlich nicht der einzige bin, der da auf dem mit Hydrophonen ausgestatteten Geheimsee auf den Barschbestand losgelassen wird. Schon aus meinem Angelverein, dem AV Alter Spreearm, waren relativ viele Männer dabei.
Ich war wirklich sehr gespannt, was da passieren wird. Doch am Abend vor meinem Date mit den Versuchsbarschen, wollte ich kneifen. Es war starker Regen angesagt, heftiger Wind und ein drastischer Luftdruckabfall stand auch noch ins Haus. Zudem starte an dem Tag die Shimano-Händlermesse, wo ich eigentlich präsent sein sollte, mir aber einen Tag „forschungsfrei“ genommen hatte. Ich war der Null-Bock-Hannes und verfasste folgende Mail:
„Guten Abend Christopher,
ich hab mal ne Frage: Windstärke 4 bis 6 aus Ost, dazu Dauerregen plus Luftdruckabfall. Das ist doch kein Angelwetter. Ich bin eigentlich keine Sissy. Aber ich würde gern absagen und stattdessen arbeiten gehen. Ist das schlimm?
Johannes“
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten:
„Guten Abend Herr Dietel,
vielen Dank, dass Sie Ihre Bedenken geaeussert haben. In der Tat ist es bedauerlich, dass das Wetter morgen schlecht ist; dennoch ist es besser wenn Sie morgen teilnehmen koennten. Wir haben andere Angler, die morgen ebenfalls kommen. Und es wuerde uns beeintraechtigen, wenn weniger teilnehmen wuerden. Leider ist es uns so kurzfristig nicht mehr moeglich, den morgigen Tag zu verschieben. I hoffe jedoch, dass wenn Sie morgen doch teilnehmen, der Tag dennoch gut werden wird. Wir befinden uns am 5ten Tag der Studie, so dass die Fangzahlen noch hoch sind. Gestern hatten wir einen 42 cm, 0,99 kg Fisch und 17 Barsche ueber 30 cm. Zudem kommt Robert morgen vorbei, jedoch ist unklar, ob er es an einem anderen Tag schaffen wird, noch einmal vorbei zu schauen. Es ist jedoch sicherlich moeglich, Ihren Termin umzulegen.
Mit freundlichen Grussen,
Christopher Monk“
Aber ich bin ja dann auch schnell wieder bei der Sache, wenn man mir meine Bedeutung im Projekt klar erklärt. Also:
„Alles klar. Ich komme.“
So habe ich mich dann an einem Freitagmorgen bei Nieselregen ins Auto gesetzt, um diesen verwunschenen See zu suchen und den dann auch gefunden. Ich war viel zu früh vor Ort und musste erstmal vor verschlossenen Toren ausharren. Kurz nach mir kam ein Typ mit dem Mofa angeknattert. Wie sich rausstellte, hatte er eine ewig weite Fahrt hinter sich (ich glaube, er kam aus der Nähe von Potsdam). Spätestens da fand ich‘s mehr als überflüssig, dass ich mich drücken wollte. Von wegen „keine Sissy“…
Bei Kaffee und Plätzchen wurden meine Mitstreiter und ich (wir waren zu viert) dann von den Leitern des Experiments über die Spielregeln auf dem Wasser aufgeklärt: Es durften nur 2 Köder gefischt werden – ein Gummifisch und ein kupferfarbener Spinner. Namentlich ein 3er Mepps und ein kleiner Shaker in Arkansas Shiner. Für mich reduzierte sich meine Köderauswahl damit direkt von zwei auf einen. Der 7 Gramm-Kopf sollte es aber möglich machen, das durchschnittlich 4 m tiefe Gewässer komplett zu beackern, also sowohl am Ufer zu fischen, als auch an den Abbruchkanten – so vorhanden. (Ein Echolot hatten wir nicht an Bord, einen E-Motor hingegen schon.)
Bevor es losging, mussten wir noch einen Fragebogen ausfüllen. Dann endlich fiel der Startschuss. Regen fiel hingegen keiner mehr. Auch der angesagte Starkwind blieb aus. Umso peinlicher war mir mein vorabendliches Gezeter und es war dies endgültig der letzte Tag, an dem ich mir wegen einer Wettervorhersage die Vorfreude auf einen Angeltag versauen habe lassen. Es kommt eh immer anders als angesagt. Und außerdem macht auch Angeln im Wind Spaß, wenn man erstmal auf dem Wasser ist. Vor allem auf einem guten Wasser. Und das ist dieser kleine See zweifelsohne. Die Wissenschaftler haben berechnet, dass sich hier ungefähr 277 Barsche über 33,5 cm herumtreiben. Und weil es sich um ein Kleingewässer handelt, stehen die Chancen gut, dass man im Laufe eines Angeltages vielen von ihnen seine(n) Köder zeigt.
Soweit ich mich erinnere, lagen zwei Spinner und zwei Gummis im Starterset. Oder waren es drei?
So oder so – nach ca. 10 Minuten musste ich die Wissenschaftler mit der Bitte anfunken, mir mit dem Versorgungsboot Gumminachschub anzuliefern. Hecht-Alarm! Ich bekam gleich ein ganzes Shaker-Paket und fischte während der Anlieferzeit mit dem Spinner. Einigermaßen unmotiviert zwar und das änderte sich auch nicht. Ansagen gab’s nämlich keine. Nicht mal einen Fehlbiss. Ich schätze, dass ich über den ganzen Tag keine 10 Würfe gespinnert habe. Und das obwohl ich während der Mittagspause erfuhr, dass der Mofa-Man, seines Zeichens ein eingefleischter Spinner-Spezi, richtig abräumte mit dem Kupferteil. Vor dem Start noch unzufrieden mit der Farbe (wegen des bedeckten Himmels), fand er mit jedem Fisch mehr Gefallen am Kupferblatt und zog teilweise einen Barsch nach dem nächsten aus der Zone vor dem Schilf. Am Ende des Tages hatte er nicht nur mehr Barsche gefangen als ich, sondern auch einen etwas größeren Fisch als meinen Topfisch, von dem ich die Länge vergessen habe. Knapp über 40 war er.
Dafür hatte ich in Sachen Hecht die Nase vorn. Ich hatte 22 Barsche…
…und irgendwas um 15 Hechte.
Viele Fritten zwar, aber auch einen 70er. Wobei ich den zweimal fing. Innerhalb von 10 Minuten an exakt dem selben Spot. Und einen Waller hatte ich auch kurz drauf.
Zum Mittagessen hat dann tatsächlich noch Herr Arlinghaus vorbeigeschaut und eine Bratwurst mit uns gegessen und ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert.
Ihr kennt ihn sicher als „Anwalt“ der Angler. Er stellt sich oft vor uns und weist die Öffentlichkeit auf die öknomische und soziale Bedeutung des Angelns hin. Seinerzeit war er ganz groß im Spiegel (online) und hat von den nichtangelnden „Angelfans“ richtig Feuer bekommen. (Leider finde ich den Link nicht mehr.)
Hier stellt er seine Forschung vor:
Aber zurück zum eigentlichen Thema, dem Tag auf dem Forschungssee. Unterm Strich war’s nicht nur ein abwechslungsreicher Angeltag, sondern auch ein lehrreicher: Das Vertrauen in den Köder und die Beherrschung des Ködertyps ist mindestens so entscheidend sind wie der Köder selbst. Mir wurde an diesem Tag vor Augen geführt, dass Barsche auch heutzutage noch voll auf Rotation stehen. (Das Untersuchungsergebnis bestätigt übrigens, dass der Spinner über den ganzen Zeitraum des Experiments gesehen mit dem Gummifisch mithalten konnte.) Und so fische ich seit meiner Teilnahme am Barsch-Experiment wieder öfter mit Spinnern auf Barsch, greife umso überzeugter zum Jig-Spinner und angle ziemlich oft mit Spinnerbaits. Wie man auch in der neusten BATV-Folge sehen kann mit Erfolg. U.a. habe ich meinen größten Barsch des Jahres 2016 mit einem Spinnerbait erwischt.
Hier geht’s zur Auswertung der Barschforschung:
http://www.ifishman.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/2017/Barschforschung_Monk_Endfassung.pdf
Und hier ein Video, dass die Barschbewegungen und die Angler-Moves zeigt (Die blauen Punkte repräsentieren die Barsche, und die orangen und roten Punkte zeigen die Position der Angler auf dem Versuchssee. Die schwarze Kontur zeigt die Uferlinie des Sees. Die Spuren hinter allen Punkten verfolgen die letzten 10 Minuten der Bewegung der Barsche bzw. Angler. In der rechten unteren Ecke wird die jeweilige Uhrzeit angegeben.):
Im Gegensatz zu den meisten anderen Anglern habe ich meine besseren Barsche nicht in der Uferregion erwischt, sondern im Freiwasser in der Seemitte. Ich habe mir an dem Tag oft einen Wobbler gewünscht anstatt des Spinners. Aufgrund des Erkenntnisgewinns bin ich inzwischen aber sehr glücklich über die Ködervorgaben der Wissenschaftler.
Ich bedanke mich dafür, dass ich mitmachen durfte. Es hat wirklich Spaß gemacht. Sorry for Sissyism, Christopher!
PS: Ich fände es cool, wenn da noch ein paar andere Teilnehmer mal was dazu schreiben würden. Evtl. habt ihr ja auch was für euch mitnehmen können?