Bass Wenn (fast) alles Basst – Die Revanche (III): Keine Gnade!
Nach einer erwartungsgemäß beschissenen Nacht – in der jede Beinbewegung mit qualvollem Aufwachen bestraft wurde – und einem ausgewogenen Frühstück, das aus Ibu 600, Instantkaffe und Zigaretten bestand, ging‘s dem Krater erneut an den Kragen. Zum einen sollte die abwechselnde Gewässerwahl den Fischen eine Verschnaufpause gönnen (und somit unsere Chancen steigern), zum anderen hatten die Füße das Sagen und ihren Hilfeschreien waren ganz klar die Worte „Alles nur kein Alserio!“ zu entnehmen. Schlimm genug, dass sich gerade an diesem Tag nicht mal der Furz, des Furzes einer Wolke am Himmel herumtrieb. Hinzu kamen knapp 40 Grad bei absoluter Windstille. Petrus hat definitiv eine sadistische Ader.
Sonnencreme-Overdose, Shorts bis über die Knie und ab aufs Belly! Meine kläglichen Paddelbewegungen machten mich zum menschgewordenen No-Action Shad.
Mit entsprechend viel luggage (Mittagspause war in Planung) peilten wir zunächst eine schattige Bucht am Ostufer an, wo Fressalien, Getränke und Technik abgeladen wurden, um wenigstens für ein paar Stunden von der Sonne verschont zu bleiben.
Als wir das Equipment halbherzig im Gestrüpp verstreut hatten (die Essenstüte landete natürlich auf einem Feuerameisenhaufen), zog ein kleines Rudel Blackies die Uferkante entlang.
Wackywurm geschnappt, angeworfen, kurz absinken lassen, 3…2…1…*Tocktock*…Strike! Beim ersten Wurf entschneidert und dann auch noch vom Ufer – so muss das!
Keine Minute später, zappelte der nächste am Haken. Ein dritter aber ließ sich nicht zum Landgang überreden und so ging‘s mit zusammengebissenen Zähnen in die Flossen und weiter Richtung „magic corner“.
Die Resonanz auf Rubens Doubleclutch hielt sich diesmal in Grenzen und so wechselte auch er zu Weichplastik über, was ihm den ersten Fisch des Tages einbrachte:
Die kleinen Blackies schienen sich wirklich vermehrt in den oberen bis mittleren Wasserschichten herumzutreiben, also aktiv auf Nahrungssuche zu sein. Nichtsdestotrotz, hatte ein zackig gejiggter Ayu Easy Shiner am Texas Rig (3-5g Bullet) gegenüber Hardbaits die Nase vorn, wobei alle Bisse in der Absinkphase erfolgten.
Der Vollständigkeit halber schickte ich zwischendurch ein Krebsimitat am Skirted Jig in die Tiefen, es war schließlich nicht gesagt, dass sich am Grund keine größeren Fische tummelten.
Aber weil ein ausgefischter Wurf mit dieser Methode ungefähr das 3fache an Zeit kostete wie das Fischen im Mittelwasser und Ruben ordentlich Tempo vorlegte, gab ich dem Kribbeln in den Fingern nach und switchte wieder in den „Minnow-Modus“.
Die Algenfelder im Eck wurden ausführlich mit dem Noisey Flapper beackert, allerdings gelang es uns nicht, das Ereignis vom ersten Tag zu wiederholen. Trotz ausbleibender Attacke brodelte bei der jeder Kurbelumdrehung das Adrenalin, denn im Minutentakt ließ uns eine (den Platschern nach zu urteilen) kapitale „Dschungelsau“ an ihren Fressgewohnheiten teilhaben. Madwag und Frösche wurden ignoriert, für den Spinnerbait waren die Pflanzenfasern zu dicht. Ich denke, am frühen Morgen oder späten Abend stünden die Chancen besser.
Leise glitt ich ins hintere Drittel der Flachwasserzone, wo vereinzelt Pflanzenstränge aus dem sandig/schlammigen Boden bis zur Oberfläche ragen und sich am Rande des Plateaus auf einer kleinen Fläche zu einem wahren Bassparadies verdichtet haben. Bedeckt durch einen Krautteppich, hat man es mit einer uneinnehmbaren, grünen Festung zu tun, deren König ein verdammt gerissener Herrscher ist.
Denn nachdem sämtliche Angriffe meiner Großbaitarmee ins Leere gingen und ich einen weiteren Vertreter des „Fußvolks“ im Drill hatte, der die äußeren „Mauern von Green-Castle“ zum Einsturz brachte, schoss ein 45er Kaliber aus dem Schatten und stellte sich schützend vor die Tore seines Anwesens. Fressen wollte er den kleinen Artgenossen nicht, nur zeigen wer hier der Boss ist.
Das Ganze spielte sich direkt unter – eigentlich fast schon zwischen – meinen Füßen ab, mehr Naturverbundenheit geht nicht! Im Laufe der nächsten Minuten wurde mir klar: Das Plateau war voll mit umherziehenden Schwarzbarschen, die meisten zwischen 25 und 30 cm, eine Hand voll Fische knapp darüber und 2-3 Exemplare die für weiche Knie sorgten.
Sowas erlebt man weder vom Ufer, noch vom 40.000 Dollar Nitro Boot –> Belly 4 president!
Die kleinen ließen sich fangen, die großen Blackies machten (egal bei welchem Köder) kehrt. Glasklares Wasser und Mittagssonne sind natürlich keine förderlichen Faktoren, aber dieser Verhaltensunterschied brachte mich an den Rand der Verzweiflung.
Ich versuchte so unauffällig und natürlich wie möglich zu fischen, das bedeutete: Kleine Snaps, keine Bullets, keine Perlen und ein hochwertiger Suspender in gedeckten Farben. Fische bis 30 cm ejakulierten fast schon beim Anblick meines Illex Squirrel, den ich so abwechslungsreich wie es nur ging, durch die warme Brühe kränkeln ließ, manchmal schossen sie sogar nach der ersten Kurbelumdrehung drauf. Die Großen zogen gemütlich ihre Bahnen und entfernten sich sobald die Unterwasser-Harmonie durch Drills oder unvorsichtige Körperbewegungen meinerseits gestört wurde. Ich könnte schwören, dass in ihren Augen weit mehr zu erkennen war als reiner Instinkt.
Die bewusste Wahrnehmung der Situation klingt zwar übertrieben, aber anders kann man es nicht ausdrücken. Für manche sind Fische Beute, für andere (inklusive mir) ebenbürtige Gegner, kluge Spieler, die es zu besiegen gilt. Ihr kennt diese Momente, in denen sich ein Meterhecht an euren Bait pirscht, inne hält, kurz „überlegt“ und wieder abdreht. Wenn seine Augen sich bewegen und man das Gefühl hat, er würde einen „durschauen“. Man wird ertappt und kommt sich dumm vor. Das ist der Grund, wieso man bei Minusgraden und Regen alleine ans Wasser geht oder sein letztes Geld dafür aufbringt, um nach Italien zu fahren und mit Amputationsbedürftigen Beinen ins Belly steigt. Ich liebe es.
Egal, weiter im Text. Die Mittagssonne lief zur Höchstform auf, während wir unserem Tief entgegensteuerten. Als selbst der kleinste und dümmste Blackiebengel den Braten gerochen hatte und in der folgenden halben Stunde sowohl Doubleclutch als auch Squirrel versagten, konnten wir guten Gewissens die Angelpause einläuten.
Und wie vertreibt man sich als Angler die Angelpause? Genau…mit Angeln.
Schatten, Decke, Mukke, kühl…eh warmes Bier und Wassermelone mit Ameisenflavour sorgen höchstens 15 Minuten für Seelenfrieden. Danach beginnt es beim Anblick sich gegenseitig jagender Sonnenbarsche, in den Fingern zu jucken.
Kunstköder schienen nicht ihren Geschmack zu treffen, also in den Grabschänder-Modus wechseln und nach allem wühlen was die Erde hergibt. Würmer, Käfer, Motten.
Ein paar Crappies fanden ihren Weg in den Kescher aber nicht wieder raus. Rubens Gedanke, die hübschen Fischchen für einen guten Zweck zu opfern (Livebait) war zugegebenermaßen nicht besonders sportlich, aber – wenn man schon mal die Möglichkeit hat – doch ziemlich reizvoll.
Heuzutage hat man IMMER die Wahl, den Stress für die Tiere auf ein Minimum zu reduzieren (auf Drill und Fotos will man ja „leider“ nicht verzichten), und wer behauptet, er könne nicht ohne (lebendem) Köderfisch, kann eben nicht gut genug mit Spinnrute. Damit meine ich nicht unseren kleinen „Seitensprung“, sondern Holzköpfe die 365 Tage im Jahr (heimlich) ihre Hecht oder Wallerposen kreisen lassen. Genug der Moralpredigt, sonst gibt’s noch nen Sprung in der Glashauswand…
Passende Haken und Systeme hatte von uns sowieso niemand am Start und so ermahnte ich mich sportlich zu bleiben, hielt mir aber die Option für den „Notfall“ offen. Shame on me…
Weiter ging‘s mit Paddeln – aber nicht mit Fangen. Wir beschlossen, die heißen Stellen für die Dämmerung aufzuheben und erstmal das westliche Ufer genauer unter die Lupe zu nehmen. Auch da gibt es genug Spots, die für unkontrollierten Speichelfluss sorgen – zumindest rein optisch.
Ein kleiner, versteckter Wasserfall, der von den Steinen in den See rieselte, erfüllte lehrbuchmäßig alle Kriterien eines tauglichen Hochsommerspots: kühles, sauerstoffreiches Wasser und ein paar Baumstämme in nächster Nähe, na wenn da mal kein Fisch ist…
Und dort war kein Fisch. Wir beackerten den Spot 30 Minuten lang aus allen Winkeln, in allen Tiefen mit den gängigen Baits. Niente. Sind Schwarzbarsche tatsächliche solche Kältemuffel? Gäbe es in diesem Tümpel auch nur eine Forelle, wäre sie auf diesen 10 m² zu finden gewesen. Aber Forellenbarsche sind eben Barsche und keine Salmoniden.
Langsam schoben wir uns die Uferlinie entlang und erreichten den nächsten Hotspot. Doch so hot er auch aussah, so kalt war die Schulter, die er uns zeigte…
Zwei dickstämmige Bäume im Wasser füllten die komplette Bucht, dicht bewachsene, überhängende Äste machten die Steilwand größtenteils nur mit geskippten Baits erreichbar.
Wobbler hatten hier keine Chance, Texas-Rig funktionierte nur mit fixiertem Bullet.
Eigentlich ein Paradies für Schwarzbarsche, könnte man meinen…
Ausgiebiges Fischen (im Rahmen unserer Möglichkeiten) blieb erfolglos und bei näherer Betrachtung fällt auch auf wieso: Lichtmangel!
Die einzige Tageszeit, zu der Sonnenstrahlen in nennenswertem Ausmaß auf diese Bucht treffen, ist der frühe Vormittag. Schon nach wenigen Stunden verschwindet das Pseudo-Paradies bereits im Schatten – bis zum nächsten Morgen.
Das erklärt auch die Tatsache, wieso die Äste hier nicht annähernd so veralgt sind wie ein paar hundert Meter weiter im nördlichen Teil des Sees. Die Pflanzen haben einfach zu wenig Licht. Daraus ergeben sich weniger Kleinstlebewesen, was wiederum zur Abwesenheit von Futterfisch führt und somit letztendlich dazu, dass die Schwarzbarsche keinen Grund haben, sich hier aufzuhalten. Man darf außerdem nicht vergessen, dass die Großmäuler im Süden der USA andere Temperaturen gewohnt sind und was für die meisten heimische Fischarten wie ein Sommer-Segen scheint, muss nicht den Klimaansprüchen der „Ausländer“ gerecht werden.
Aber: Keine Garantie, alles Theorie (hihi ein Reim). Sollte es euch an den Krater verschlagen, probiert die Bucht (vor allem in der Früh) auf jeden Fall aus. Ich hatte sie zwar auch vormittags mit ein paar Würfen angetestet, was aber sicher nicht reicht, um ihr den „Scheiss-Stelle-Stempel“ aufzudrücken. Das gleiche gilt für den Wasserfall – zur richtigen Zeit wird das Frischwasser sicher seine Vorzüge haben.
Während wir uns langsam dem „magic tree“ näherten und ich auf den Madwag als Waffe des Vertrauens umstieg, schickte Ruben einen der zuvor erbeuteten Crappies zum Schwimmunterricht.
Die Chance, einen Kapitalen ans Band zu kriegen, war damit zwar gegeben, andererseits minimierte er sie durch seine undurchdachte Montage im „Wird-schon-irgendwie-gehen“-Stil, was mich irgendwie ärgerte, wenn man bedenkt, dass die Biggies keine Fließbandware sind und er den von mir erfragten Rat am Ende sowieso nicht beherzigt, sobald etwas „Aufwand“ im Spiel ist. Manchmal ist der Junge sturer als Klarwasserzettis nach einem Wetterwechsel.
In diesem Fall egal, denn weder Gummi noch Sonnenbarsch brachten uns den ersehnten Biss.
Die Dämmerung schlich sich ein und ich beschloss, den Creatures einen Versuch an den Kanten des Plateaus zu geben. Ich war mir sicher, dass die Flachwasserzone vor allem nachts ein Gourmetbuffet für unseren Zielfisch bereithielt. Während Ruben weiterhin hochkonzentriert die Baumlücken mit Köfi „teebeutelte“, schleifte mein Reins Ring Craw langsam über den sandigen Grund und bescherte mir nach kurzer Pause ein zaaghaftes Nippen, dass sich innerhalb weniger Sekunden zu einem konstanten, schneller werdenden Ziehen entwickelte und den richtigen Zeitpunkt für den Anhieb signalisierte. ZACK! SITZT! Ordentliche Gegenwehr ließ die erhoffte „Kröte“ vermuten, tatsächlich war der Feinschmecker aber noch minimum 6-8 cm von den 40 entfernt. Verkauft hatte er sich an der leichten Rute jedenfalls gut. Bis dato warscheinlich der „größte Kleine“, mit einem hübschen, ausgeprägten Seitenstreifen und respektabler Sprungkraft.
Am meisten freute mich aber, dass meine Taktik gefruchtet hatte. Selbstvertrauen in der Kategorie Schwarzbarsch um einen Balken erhöht, TOP!
Ich verlor noch einen weiteren Fisch gleich zu Beginn des Drills (Größe nicht abschätzbar) entlang der Abbruchkante und ließ mich immer wieder von den Platschern in der Seemitte zu Freiwasserwürfen mit Wobbler verleiten. Die raubenden Fische waren alles andere als klein, ob es sich dabei tatsächlich um Blackies handelte, ließ sich nicht 100 % sagen. Das wird sich beim nächsten Besuch zeigen…
Ich pflügte weiter meinen Krebs über die Sandbank, während Ruben im Eck versuchte, den (mittlerweile wieder) aktiv raubenden Dschungelriesen mit Köfi zu überzeugen – leider ohne Erfolg.
Nachdem der letzte Rest Gelbstich am Himmel einem dunklen Violett gewichen war und sich die ersten Sterne über uns ausbreiteten, beluden wir die Bellys, entließen die restlichen Crappies in die Freiheit und paddelten langsam Richtung Heimufer, natürlich nicht, ohne die Atmosphere des Kraters aufs Vollste zu würdigen.
Wenn man bei Dunkelheit zwischen den schwarzen, waldumsäumten Steilufern durchs Wasser gleitet, lässt das Gefühl der Sehnsucht nicht lange auf sich warten. Sehnsucht nach Etwas, das ich nicht kategorisieren könnte, vielleicht nach Reisen und Erlebnissen, die (hoffentlich) noch vor mir liegen, vielleicht auch nach einem Leben abseits von Hektik, Alltagsroutine, Technik und verdrehten Wertvorstellungen. Man fühlt sich wie auf einem weit entfernten Stern und doch kommt einem alles sehr vertraut vor. Alles wirkt auf eine angenehme Art bedrohlich, verwunschen, magisch und surreal. Fernweh und tiefer, innerer Frieden halten sich die Waage, man hat das Gefühl angekommen zu sein und gleichzeitig noch viel weiter zu wollen. Nachts auf dem Wasser, geht für mich eigentlich die Sonne auf. Krater, du geile Sau!
#backtoreality – Meine Füße waren dermaßen gef****, dass ich am liebsten bis zum Abreisetag im Belly sitzen geblieben wäre, dann hätte man auch gleich die ursprüglich geplante nightsession in die Tat umsetzen können. Allerdings musste ich zugeben: Wir hatten uns mit diesem Vorhaben ein wenig übernommen. Nach 12 Stunden auf dem Wasser, ist man weder physisch noch mental in der Lage, konzentriert weiter zu angeln, erst recht wenn das Fischen in der Dunkelheit gute Gewässerkenntnis voraussetzt und den eigenen Sinnen Höchstleistung abverlangt. Möglich wäre es, lukrativ eher nicht.
Ein beschwerlicher Aufstieg, der uns gefühlte 20 Spinnennetze in die Fresse zauberte (Keine Ahnung, wo die Dinger herkamen), war der letzte liebevolle Gruß des Kraters, dessen Abschied alles andere als leicht fiel. Das anfänglich geglaubte Low-Stock-Loch hatte sich als dicht besiedelte Schwarzbarschstube entpuppt – ein kleiner See, mit großem Potential. Bis zum nächsten Jahr!
No mercy!
Ungeachtet unserer angeschlagenen Verfassung, gab es am Plan für den letzten Tag nichts zu rütteln. Keine Gnade in jederlei Hinsicht! Bis dato hatten wir es nicht einmal bei Sonnenaufgang ans Wasser geschafft. Eigentlich eine Schande, wenn man bedenkt, dass uns nur vier Angeltage (und dann auch noch im Hochsommer) zur Verfügung standen.
Heimfahren, Ausladen, Essen, Tackle vorbereiten – auch diesmal ging vor halb 1 das Licht nicht aus. Drei Stunden später klingelten die Wecker. Überraschenderweise, stand – der sich sonst im „Dauer-Relaxo-Modus“ befindliche – Ruben wie eine 1, während ich weitere 30 Minuten vergebens versuchte, der Realität zu entfliehen. Aber weil das Wort „Gnade“ für diesen Tag aus unserem Wortschatz gestrichen worden war, schickte ich meinen Oberkörper mit ein paar saftigen Backpfeifen in den 90 Grad Winkel. Im Vergleich zu meinen aufgequollenen Fußnarben und verbrutzelten Oberschenkeln, kamen mir diese aber eher wie ein sanftes „Wachküssen“ vor.
Ohne zu übertreiben lässt sich sagen, dass ich tatsächlich kaum mehr laufen konnte, aber Zeit zum rumheulen und genesen gab es im Anschluss genug, jetzt ging es darum, den letzten Tag bis aufs Blut auszukosten (wortwörtlich).
Für unsere Verhältnisse überraschend pünklich, kamen wir am Alserio an, um mit einem neuen Parkplatzproblem konfrontiert zu werden. Irgendeine Art Fischerfest hatte für massive Absperrungen gesorgt und natürlich beinhaltete das unsere einzige, kostenfreie Parkalternative. So wuselten wir im Halbschlaf eine Weile durch die engen Straßen und fanden schließlich irgendeine Gasse, wo Ruben nach dem Abladen die Karre abstellte.
Nichtsdestotrotz lagen wir gut in der Zeit und durchbrachen noch unter rosarotem Himmel die spiegelglatte Oberfläche. Beim Anblick des morgendlichen Bergpanorames schlich sich eine Portion Reue ein, nicht täglich um diese Zeit am Wasser gewesen sein. Aber tatsächlich wäre das ohne Verzicht auf die Abendstunden kaum möglich gewesen.
Wir starteten wie gewohnt mit den Seerosen am Westufer und nahmen uns vor, die Strecke bis zum Haus gründlich und in aller Ruhe abzufischen.
Bereits nach den ersten Würfen war klar, dass wir – was das Aufstehen angeht – die richtige Entscheidung getroffen hatten. In der Hoffnung auf aktive Großfische, ballerte ich den weightless Madwag in den Wasserwald und wurde auf Höhe der Seerosenkante mit dem ersten Abnehmer belohnt (wenn auch nicht in erhoffter Größe).
Auch Rubens Wahl fiel auf den Riesentwister, allerdings mit roten- anstatt blauen Glitzerpartikeln. Ob diese minimale Farbabweichung bei schwachen Lichtverhältnissen einen Unterschied macht wage ich zu bezweifeln, abschreckend wirkte sie jedenfalls nicht, wie sich ein paar Sekunden später zeigte:
Es folgten ein paar weitere Halbstarke, sowie einige Fehlbisse, die ich aber dank des weightless Wacky- angebotenen Yamamoto Senko, zuverlässig wieder wettmachen konnte. Diese „Nachschmeisse-Taktik“ war definitiv eine Bank! Reagierte man schnell genug, konnte man mit fast 100 %iger Warscheinlichkeit die Verhaftung des Übeltäters voraussagen. Sie machte dermaßen viel Spaß, dass ich eine Weile vom „eigentlich Kurs“ abkam und jeden Ring an der Oberfläche als Herausforderung zu einem Duell sah, das ich in den meisten Fällen für mich entscheiden konnte. Frequenzfischen at it´s finest mit locker über 10 Blackies als Ergebnis.
Ein schlechtes Gewissen bekam ich jedes Mal, wenn aus den Seerosen ein Geräusch drang, als hätte man eine Schwimmnudel mit vollem Karacho aufs Wasser geklatscht und die Wellen sich in einem Umkreis von 10 Metern ausbreiteten. Dann wurden entsprechende Stellen mit dem Madwag oder Noisey Flapper angeworfen – leider ohne Erfolg. Für Spinnerbaits war die Botanik zu dicht, abgesehen davon sagte mir mein Gefühl, dass die Biggies nicht darauf reinfallen würden, einfach weil das Wasser zu klar und der durchschnittliche Angeldruck zu hoch waren.
Nächstes Jahr werden die Tackleboxen mit XXL-Softjerks, mehreren Froschvariationen und Riesenwürmern in verschiedenen Ausführungen gefüllt sein. Für einen Versuch im Freiwasser (der sich für uns bei so kurzer Angelzeit kaum gelohnt hätte, da man erst Plätze und Tiefen ermitteln müsste) bieten sich hochwertige Swimbaits im Sonnen- und Schwarzbarschdekor an.
Wenn irgendwie möglich, solltet ihr auf unnötige Montageteile wie Bleie, Perlen usw. verzichten, dafür sind die abgebrühten Alserio-Urgesteine meines Erachtens nach zu kritisch. Krebse mit vorgeschaltenem Bullet/Skirted Jig etc. dürfen natürlich nicht fehlen, allerdings schienen die Blackies viel mehr auf Fischimitationen und Würmer eingeschossen, zumindest tagsüber. Ich denke, dass Craws vor allem im Frühjahr punkten, wenn wenig Brutfische unterwegs sind und das Wasser entsprechend kühl ist. Jetzt im Hochsommer wuselte es überall vor Lauben, Sonnenbarschen und Babybass. Der Fokus lag also eher auf beschuppter Beute. Ein gejiggter Gummi oder getwitchter Wobbler, wurde der sommerlichen Jagdbereitschaft auch eher gerecht. In der Dämmerung hingegen, sind an entsprechenden Stellen die „Gummikrustis“ erste Wahl.
Nimmt man die Halbstarken als baitdezimierenden Beifang in Kauf, kann man die im Cover verborgenen Großfische bestimmt auch mit kleinen Ködern beangeln, vor allem wenn sie der Brutfischgröße entsprechen. Allerdings läuft man so auch Gefahr, extrem misstrauische Exemplare durch die Drills ihrer kleineren Artgenossen zu verscheuchen. Ich denke 20 cm wären bei ausreichender Ausdauer nicht übertrieben, man müsste sie nur zur richtigen Tageszeit anbieten.
Wie bereits anfangs erwähnt, war unsere Hardware nicht für den Einsatz im „Vietkong“ ausgelegt und so reduzierte ich jene Würfe, die weiter als mehrere Meter ins Seerosenfeld gingen, auf ein Minimum.
Als die Sonne langsam erahnen ließ, welche Temperaturen der Tag mit sich bringen würde, war ich in einen vielversprechend aussehenden „Uferpool“ vorgedrungen, wo sich mehrere, dicke Baumstämme unter Wasser kreuzten und tief hängende Äste für ausreichend Schatten sorgten.
Es dauert nicht lange, bis ich die ersten Schwarzbarsche zu Gesicht bekam. Keine Ausnahmefische, aber dennoch deutlich größer als der bisherige Durschnitt. Ein kleines Rudel von Tieren zwischen Mitte 30 und Anfang 40. So unauffällig wie ich nur konnte, schwang ich meinen Senko in die Coverlücke, wobei ich darauf achtete, den Köder nicht direkt über ihren Köpfen eintauchen zu lassen, das – so hatte sich gezeigt – kam nicht bei allen Exemplaren gut an.
Sofort war das Interesse geweckt, einer von ihnen – natürlich der kleinste – schoss in Richtung vermeintlicher Beute und blieb wider Erwarten wenige Zentimeter davor stehen. Der Senko sank verführerisch, mit leicht zitternden Enden zu Grund, der Bass folgte aufmerksam, indem er seinen Standwinkel veränderte. Sobald der Bait den Boden erreicht hatte, verlor der Mittdreißiger augenblicklich das Interesse und verschwand wieder im Schatten. Ich zockte die Gummiwurst ein paar Mal an, jedoch ohne Erfolg.
„Ich muss tiefer ins Cover“ dachte ich und skippte die „Salzstange“ (na gut sie kam nur einmal auf) unter den überhängenden Ast. Aus (berechtiger) Angst hängen zu bleiben, animierte ich sie nach einigen Sekunden mit leichten Zupfern und ließ sie anschließend wieder sinken. Dieses Spiel wiederholte ich, bis mein Haken wieder im Blickfeld war, aber nicht alleine!
Hinter ihm „klebte“ der Anführer der Truppe, auf jeden Fall 40+! Eine anspruchsvollere Situation hätte es wohl kaum sein können. Pralle Sonne, kein bisschen Wind, 80 cm flaches, glasklares Wasser und meine Schwimmfestung samt Flossen keine 2 Meter vom Antlitz des PB-Barsches entfernt. Ich handelte intuitiv, gönnte dem Wurm noch einige Sekunden „Eigenregie“ und hauchte ihm dann den wohl bisher leichtesten Ruck meiner Spinnfischerlaufbahn ein, sodass ich wirklich einen Moment lang überlegen musste, ob die Bewegung tatsächlich übertragen worden war. Ja war sie, denn im nächsten Moment verschwand der Wurm auf Nimmerwiedersehen im Fischmaul – Adrenalin frei!
Doch nicht für lange – einen Augenblick später, blies der Blackie den Happen raus, wie ein Russe seine Sonnenblumenkernschalen (meine Mama ist aus Moskau, ich darf das sagen) und drehte sich gelassen um. Abfuck!!! Wieso hat er ihn nicht drinbehalten? Hätte ich anschlagen sollen? Normalerweise gehen unverzögerte Anhiebe immer ins Leere und abgesehen davon, hätte ich kaum so schnell reagieren können…
Über des Rätsels Lösung, musste ich mir nicht lange den Kopf zerbrechen, bzw. kannte sie schon seit gut 2 Stunden. Denn genauso lange hing der Wurm am Haken, bevor ihn sich dieser Fisch packte…
Dank der Sprungbereitschaft von Schwarzbarschen, hält selbst ein mit 2 Ringen oder an der Spirale Fixierter Wurm allerhöchstens zwei Drills aus, oft jedoch nicht mal einen… Der Vormittag hatte mich über ein halbes Päckchen gekostet, wenigstens ein Senko sollte als Reserve für den Abend dienen. So hatte ich auf den letzten, aufgezogenen Bait 2 Fische gefangen und ihn anschließend an der Luft bei praller Sonne am Rutenring baumeln lassen. Von Salz und Flavour war nicht mehr viel übrig, selbst die Farbe hatte sich binnen kurzer Zeit von Grünbraun/Schwarz zu „Dünpfiff“-Braun geändert. Anders lässt sich das Misstrauen der Fische bei einem sonst so vehement attackierten Köder kaum erklären. Tageszeit und Location trugen sicher auch irgendwo ihren Teil dazu bei, aber das Ausspucken ist mit ziemlich hoher Sicherheit dem fehlenden Geschmack zu verdanken.
Dieser Vorfalle hatte gereicht, um die komplette Mannschaft stutzig zu machen, immer hektischer drehten einzelne Tiere ihre Runden, bis sie sich in alle Richtungen verteilten und der Pool – bis auf einen gedemütigten Trottel mit Gammelfüßen – komplett leer war.
Der Sonne nach zu urteilen, war es bereits Mittag und somit höchste Zeit aus dem Wasser zu kommen, ein kurzer Abstecher zur Villa stand auf dem Programm. Wir mussten essen, etwas Zeug packen und – falls denn noch Zeit blieb – Powernapping betreiben.
Ich kann euch sagen, dass diese Hin- und Herfahraktionen tierisch auf den Sack gehen und richtige Zeitfresser sind. Die komplette Prozedur dauert so lange, dass es sich kaum lohnt, das Gewässer zu verlassen, was auch der Grund dafür ist, wieso wir uns bis zum letzten Tag für die später-anfangen-aber-durchfischen-Variante entschieden hatten. Aber wie gesagt, heute no mercy!
Das Powernapping verlief so, dass ich Fingernägelkauend auf der Couch den Uhrenzeiger beobachtete, während Ruben vermutlich schon in die REM-Phase überging. Nach fast 2 Stunden, musste ich mir ordentlich auf die Finger klopfen, nicht mit einem Wasserglass zufällig über sein Bett zu stolpern – ich fischgeiles Arschloch.
Als die von mir sowie schon viel zu großzügig angesetzte 16:30 Grenze (Eigentlich hatten wir uns auf 15 Uhr geeinigt), um fast eine weitere halbe Stunde überschritten worden war, schritt ich zur Tat und imitierte die Geste eines zufriedenen Theaterbesuchers in unserem Schlafzimmer. Keine Reaktion. Kurzzeitig dachte ich echt, er wäre tot. Aber nach weiteren, gefühlten 20 Klatsch-Salven verschafften erste Grunzlaute Erleichterung. Erleichterung für mich, nicht für Ruben. Er hätte meinen Weckruf wohl am liebsten als Alptraum abgetan. Sry myman, the duty is calling! Vier Tage Urlaub und wir fühlten uns wie zwei Wochen Auslandseinsatz in Afgahnistan. Nächstes Mal müssen wir das irgendwie anders angehen.
Während ich auf der Couch saß und meine Fresse hielt (auch wenn ich am liebsten mit der Peitsche geknallt hätte), richtete Ruben – mit einer Miene, hinter welcher eindeutig der Wunsch steckte, mich auf eine Streckbank zu schnallen – sein Zeug in typischer Rubenmanier.
Um kurz vor 6 waren wir im Wasser, jetzt hieß es Zähne zusammenbeißen und Vollgas geben. Das südwestlich/südliche Eck lag im Fadenkreuz. Aus dem ganz einfachen Grund, dass dort die Sonne als letztes hinschien (Ostufer auch, aber das war zu weit) und wir bereits im März den Tipp bekommen hatten, die Fischerei in den Abendstunden dorthin zu verlegen.
Der Seerosengürtel ist dort mindestens dreimal so breit und das Wasser an der Kante entsprechend tief, ob uns das entgegenkommt?
Ich lasse die Katze aus dem Sack: NEIN! Wie angenommen, erschwerte die riesige Fläche an Pflanzen die Entscheidung und zwang uns in minimum 30 -50 m Entfernung zum Ufer zu fischen.
Mit Sicherheit treibt sich dort mindestens genauso, wenn nicht sogar mehr Fisch herum als am Nord/West-Ufer, allerdings sind sie vermutlich weiträumiger verstreut, sowie mit Belly und unserem Gerät kaum zu erreichen.
Den einzig verwertbaren Spot, bildet eine schmale Gasse, die als Bootsdurchfahrt zu einem weiteren Privathaus am Seeufer dient. Dieser Engpass ist nur 1-2m breit, an seinen Rändern „faden“ die Lilien aus, sodass man selbst mit unserem Equipment durchaus seriös fischen kann.
Zum Ende hin durchbricht er grabenartig ein wenig Landmasse (Gras und Schilfinseln) und mündet schließlich in einer Art „Vorteich“, welcher aber leider schon zum Privatgelände gehört, auf dem sich ebenfalls ein üppig gefülltes Bootshaus befindet. Vielleicht wohnt dort der Erzfeind vom Mafiaboss am Westufer? So wie im Film „Lucky Number Slevin“, nur halt am See. (Anschauen wer ihn nicht kennt!).
Egal. Jedenfalls ließ ich es mir nicht nehmen, diesen Durchgang entlang der Seerosenkanten mit meinem Easy Shiner abzuklappern. Für Hardbaits waren es zu viele Pflanzen, der Madwag erschien mir in dem klaren, flachen Wasser fast zu aufdringlich. Nach 2-3 Grundkontakten, spürte ich plötzlich starken Wiederstand. „Fuck schon wieder son Scheiss Seerosenstängel…“ Von Wegen, jetzt kommt der ausgelutschteste Satz moderner Angelliteratur: „Der Hänger setzte sich in Bewegung“. Leider gibt es manchmal keine passendere Beschreibung für dieses Phänomen.
Träge, kräftige Kopfschläge, gepaart mit dem Gefühl einen riesigen Müllsack am Haken zu haben, schlossen den geplanten Zielfisch aus. Die STL Pro Trout Lite (2-17g) war zum Halbkreis gekrümmt und definitiv mit der Zugkraft des Gegners überfordert. Lange hielt der Fight nicht an, ich spürte wie sich mit einem sanften Ruck die Verbindung zum anonymen Kämpfer löste. Verf***** Scheisse…
Frustriert leierte ich den Gummi ein, doch als ich ihn mir entgegenkommen sah, rutschte mein Herz in die Hose: Ein Hechtmonster jenseits der 1,15 m Marke, hatte sich in aller Seelenruhe dahinter geklemmt, keine 5 Zentimeter vom Shad entfernt. Weil das nicht reichte, beschleunigte das Tier gemütlich und umschloss den hinteren Teil mit seinen Zähnen, gerade so, dass der Schwanz verschwunden war und der Shiner wie ein Zahnstocher aus ihrem 15 cm breiten Kiefer ragte.
Kurz darauf spuckte sie ihn aus, machte kehrt und stellte sich zwei Meter weiter zwischen die Seerosen.
Was sollte ich jetzt tun? Ich hatte nur eine Hand voll Baits dabei, wovon ¾ in dieser Situation unbrauchbar waren. ‚Servier der Hechtin den falschen Köder und sie ist für immer weg.‘ Eine zweite Chance bekommt man bei so einem Hecht in der Regel nicht. Beziehungsweise, die hatte ich schon vertan…
Man muss bedenken, der Fisch war bereits gehangen…am Einzelhaken…und 30er Fluo…ohne es auch nur ansatzweise beschädigt zu haben…
Ein Stahlvorfach hatte ich dabei – ich wusste aber, dass es für immer den Abschied bedeuten würde. Die Versuchung war groß, beim Fluo zu bleiben. Aber ich wusste ebenso, dass das Verscheuchen nicht halb so schmerzhaft wäre wie der Fischverlust auf Grund von eigener, bewusster Dummheit – in diesem Fall für beide Seiten.
Ich tat das Richtige und clippte mit zittrigen Händen ein kurzes Stück Flexonit in den Snap. Den selben Bait wollte ich ihr nicht vorsetzen, das Format allerdings sollte ähnlich sein. Ich montierte den Boot-Tail Magic Swimbait (Lake Fork Trophy Lures) in gedecktem Hellgrün/weiß Dekor. Vom Lauf und von der Konsistenz her auf jeden Fall ein erwähnenswerter Bait, allerdings hatte ich ihn während des Trips aus irgendeinem Grund so selten gefischt, dass ich keinen einzigen Fisch drauf fing. Vielleicht war die stark flankende, druckvolle Aktion zu viel für den Sommer. Und auch dieser Hecht änderte das nicht. Ich denke, die einzige erfolgsversprechende Methode wäre (wie immer) ein lebender Köfi an freier Leine gewesen, aber man kann nicht alles haben – that´s fishing!
Nach drei unterschiedlich ausgefischten Würfen, tat die Hechtdame das, was jeder von euch kennt und hasst: Dieses langsame Flösseln und Abdrehen. Signalisieren, dass sie die Nase voll hat. Schweren Gemüts, ließ ich sie von dannen ziehen, ohne ihr nachzuwerfen. Gefangen oder nicht – das sind Momente, für die wir fischen. Im nächsten Jahr dann, meine Liebe!
Im Schnelldurchlauf ackerten wir uns die Seerosen entlang, um noch ausreichend Zeit für das äußerste Eck zu haben, wo uns schon von Weitem, ein großer, optisch vielversprechender Pool entgegenwinkte. Für das Stück, dass wir in knapp 40 Minuten „abfischten“ empfehle ich euch einen ganzen Tag, zu viele Seerosen…
Bei beiden schwächelte die Konzentration enorm, die Dialoge hielten sich ebenfalls in Grenzen. Man musste sich zwingen, aber wollte auch nicht aufhören, einfach weil es die letzten Stunden auf dem Wasser waren. Und so schoben wir uns durch einen weiteren Kanal, der zu einer malerischen Bucht führte, die ich im Zuge unserer Abgeschlagenheit leider nicht mehr abgelichtet habe. (An dieser Stelle generell wieder sry für viel zu wenig Fotos):
Bild 40 „Mosesstyle – dahinter liegt die Lagune“
Die Gegebenheiten hatten alles, was einen guten Bass-Spot ausmachte, aber tatsächlich fingen wir dort keinen einzigen Fisch. Wundert euch aber nicht, wir fischten wirklich unter aller Sau. Unabgesprochene kreuz und quer Würfe, hektische Bellybewegungen und das Gefühl, unter Zeitdruck zu stehen, machten unsere letzten Stunden zu den mit Abstand unproduktivsten. Die Euphorie nach der Hecht-Begegnung war abgeklungen, die Fuß- und Beinschmerzen waren trotz Schmerztabletten auf einem kaum aushaltbaren Level. Hinzu kam, dass die Sonne nicht mehr wie erhofft aufs Wasser traf, erst gut 300-400 Meter weiter nördlich war die Vegetation am Ostufer in ein hochsommerliches Abendgold getaucht.
Jeder fischte für sich und während Ruben noch den ersten Pool austestete, schlug ich mich durch ein lichtes Seerosenfeld zum nächsten. Die Tiefe betrug hier am Ufer keine 50 cm aber dicke Schilfinseln baten erstklassigen Unterstand. Dass diese „Erdballen“ die beliebtesten Bass-Verstecke darstellen, hatte sich ja schon bei Rubens Begegnung mit dem Riesen sowie seiner Triplette von Fischen innerhalb von drei Würfen gezeigt, ebenso bei meinem „Ausspucker“ am Vormittag. Weit unterspülte Ufer sind eben noch sicherer als Seerosen, hier können Kormorane nicht mehr tauchen und genau hier leben vermutlich auch die Krebse. Wie man dort die ganz vorsichtigen Großkaliber zuverlässig rauskitzelt und zum Anbiss verleitet, bleibt eine Herausforderung, ein paar Möglichkeiten würden mir einfallen, Zeit um diese Auszuprobieren hatten wir kaum. Das wird definitiv beim nächsten Mal intensiviert.
Jetzt galt es Fische zu sichten und genau das wurde mir beim nächsten Blick ins Schilf vergönnt.
In gewohnter Formation von ca. 5-6 Fischen tummelte sich ein Rudel Endzwanziger im teils 20 cm tiefem Wasser. Wacky rein und 3…2…1…1…1?….1??????? Kein Biss?!
Der Wurm interessierte sie einen Scheißdreck. Auch erneutes Umwerfen ließ die Biester völlig kalt. Illex Squirrel versagte ebenfalls. Dann war die Sache klar: Dämmerungszeit, flaches, torfiges Wasser, Wurzeln wohin das Auge reicht… Was hatte ich eben noch über Krebse gesagt?
Reins Ring Craw, 1,5 gr. Tungsten. Erster Wurf, 1 Mal anzocken, kurz ruhen lassen, schleifen,
tock tock , kurz warten, mit der Rutenspitze nachgehen, ZACK! Hängt. Zwei Blackies in gleicher Größe innerhalb von zwei Würfen. Danach war Schicht im Schacht.
Die Sonne war bereits hinter den Bergen, als wir uns auf den Rückweg machten, der ein oder andere Zufallswurf fürs Gewissen im Vorbeipaddeln brachte uns keine Fische, bis Ruben irgendeinen No-Name Crankbait montierte und entlang der Seerosen aggressiv einkurbelte. Ein Mini Fluss Barsch und zwei Bass waren das Ergebnis. Ich war zu weit weg, als dass sich ein Ablichten gelohnt hätte, für den noch knipsfauleren Ruben waren die Fische nicht selfiewürdig. Trotzdem geil, was so ein unverhoffter Köderwechsel bewirken kann, auf Minnows wollte diesmal gar nichts gehen. Direkt vor der Einstiegsstelle stiegen noch weitere zwei Minis Anfang 20 bei ihm ein, während ich zwei Bisse auf Krebs erhielt, die ich trotz angemessener Wartezeit nicht verwandeln konnte. Den Platschern nach zu urteilen, konnte es sich dabei nur um Babies gehandelt haben, die gerademal an der 20 cm Marke kratzten, also halb so wild. Als die Sichtverhältnisse kein sauberes Angeln mehr zuließen, machten wir die Schotten dicht und verließen das Wasser. Das war‘s.
Wir hatten bis zum bitteren Ende gekämpft, ohne die magischen 50 zu knacken. Halb so wild. Nach der Klatsche im März waren unsere Erwartungen sowieso mehr als bescheiden gewesen. „Wenn wir zwei oder drei Fische am Tag haben, können wir uns glücklich schätzen“, 20 Fische am Tag waren das Ergebnis. Mit wenig Erfahrung und vergleichsweise bescheidenem Equipment haben wir zahlenmäßig gerockt, was die Größe angeht bleibt viel Luft nach oben (obwohl Ruben sein Topwater-Bass dem Wunschziel verdammt nahe kam).
Aber genau dafür ist 2017 reserviert. Wenn ich (hoffentlich) meine Baitscasterkombo für die schweren Jungs im Gepäck habe und meine Tackleboxenanzahl sich verdoppelt hat (man darf ja noch Träume haben). Ich werde ackern, ackern und ackern bis die Groß(maul)mama zupackt und sicher im Kescher landet. Der Plan ist, ein drittes und letztes Mal an den Alserio zu fahren, um diese Mission zu vollenden, allerdings minimum für 10 Tage.
Danach wird es höchste Zeit für neue Ziele, das Leben ist viel zu kurz, um jedes Jahr an den gleichen Ort zu fahren. Man darf gespannt sein.
Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen und konntet was mitnehmen. Viele von euch hätten sicherlich besser abgeschnitten und vielleicht hat ja der ein oder andere einen guten Tipp für den nächsten Trip am Start. Würde mich freuen, wenn ihr mir was zukommen lasst.
In diesem Sinne, tight lines und bis Bald!
Rick
Zu den beiden anderen Teilen geht es hier lang:
Wenn (fast) alles Basst – Die Revanche (I): Anlaufschwierigkeiten
Wenn (fast) alles Basst – Die Revanche (II): Na Als(eri)o, geht doch!