Man kann ein paar Faustregeln nehmen, um ungefähr zu wissen, für welchen Bereich die Hersteller ihre Rollen konstruiert haben.
Das erste und offensichtlichste Kriterium ist die Schnurkapazität, daran kann man schon viel ablesen. Das Problem ist hier allerdings, dass die Angaben nicht ganz leicht zu übertragen sind auf geflochtene Schüre. Einen ungefähren Eindruck kriegt man aber, wenn man eine gewisse Angabe der Firma Stroft zu Hilfe nimmt.
Man gehe hierzu auf die Page:
http://www.aspo-gmbh.de/shop/geflochtene-angelschnuere/stroft-gtp-r-hellgrau/index.htm
Wählen wir als Beispiel von der Liste eine Stroft GTP R vom Typ 4, mit ihren 9kg Tragkraft ein ganz gutes Format für leichtere Hechtruten bis etwa 2oz WG. Auf der sich dann öffnenden Seite findet sich neben anderen Angaben die
Art.Nr. 78522. Die letzten beiden Ziffern geben den ungefähren Durchmesser der Schnur an, wenn man durch 100 teilt. Damit erhalten wir einen ungefähren Durchmesser von
0,22mm.
Nehmen wir weiter an, wir liebäugeln mit einer
Shimano Curado 201K. Bei den meisten Händlern ist hier als Schnurkapazität 225m einer Schnur mit 0,20mm Durchmesser angeben. Wir sehen also, dass mit einigem Backing locker über 100m einer 0,22mm-Schnur auf die Rolle gehen werden, das langt allemal. Und von ihrer Machart ist diese Rolle gut geeignet bis 2oz. Aber wenn man es etwas kräftiger haben will, etwa aus Gründen verbesserter Abriebfestigkeit oder weil eine dickere Geflochtene mehr Schutz gegen Schnurklemmer bei Wurffehlern gibt, geht auch noch genügend von einer Stroft GTP R des Typs 5 mit 11kg Tragkraft auf die Rolle.
Dazu sagen muss man allerdings, dass die Durchmesserangaben für Geflochtene bei den meisten anderen Herstellern "etwas" geschönt sind, und zwar nach unten hin.
Außerdem ist die Bremskraft einer Rolle ein Kriterium. Ganz grob gesagt, reicht eine Bremskraft von 5kg im Bereich unter 100g aus. Über 100g darf es ein bisschen mehr werden, je schwerer, desto eher. Bremskräfte zwischen 7kg bis 10kg sind für Wurfgewichte bis etwa 200g ausreichend.
Und neben der mechanischen Konstruktion einer Rolle ist die Belastbarkeit ihrer Spulenlager ein zu berücksichtigender Punkt. Folgende Grafik der Firma
Hedgehog Studios gibt hier ein paar Anhaltspunkte:
Die unteren beiden Lagertypen sind komplett aus Edelstahl. Bei 200g WG kommt man da schon arg tief in den gelben Bereich. Was bedeutet, dass die Lebensdauer dieser Lager stark verkürzt ausfällt, so dass man bei häufigem Gebrauch der Rolle mit solchen Wurfgewichten gut daran tut, nach ein oder zwei Jahren die Lager auszutauschen.
Die serienmäßig eingebauten Lager könnten bei den Markenherstellern vielleicht etwas mehr vertragen an Wurfgewichten, aber nix Genaues weiß man hier nicht, da keine Angaben gemacht werden. Man muss es sich halt aus den anderen genannten Faktoren zusammenreimen. Längere Erfahrung macht das natürlich leichter.
Und ehrlich gesagt, kann ich die Hersteller hier ein bisschen verstehen, denn es gibt einen Haufen Sportsfreunde, die ihre Rollen bis zum Anschlag und weit darüber hinaus malträtieren. Macht man keine Angaben zur Belastungsgrenze, gibt es auch keine eventuellen Regressansprüche und Rechtsstreitigkeiten, die sich darauf berufen können.
In schweren, für die Meeresfischerei gedachten Rollen sind Spulenlager eingebaut, die mehr vertragen, aber die gängigen Baitcaster- und Multirollen für die Süßwasser-Angelei sind mit schwächeren Lagern ausgerüstet. Bei etwa 200g dürfte hier das Ende der Fahnenstange bei Dauergebrauch erreicht sein, und bei Keramiklagern liegt, siehe oben, die maximale Belastungsfähigkeit noch sehr viel tiefer. Mit einiger Routine kann man es sogar fühlen, wo der Punkt liegt, den man besser nicht überschreiten sollte im Dauergebrauch.
Persönlich baue ich obige Edelstahllager des Typs ZR nur in Rollen ein, die an Ruten mit bis zu 8oz maximalem WG betrieben werden. Und die reize ich mit keiner 8oz-Rute voll aus, auch nicht mit entsprechenden US-Musky-Stecken, sondern bleibe unterhalb von 200g WG, da keine Rute bei ihrem spezifizierten Maximal-WG noch optimal wirft und darüber erst recht nicht mehr.
Aber natürlich geht es auch anders. Man kann auch Rollen weit über ihr Limit pushen und alle ein, zwei Jahre eine Neue kaufen, Mein Geschmack ist solche Wegwerfmentalität allerdings nicht, denn zu meinen Combos entwickle ich eine gewisse Beziehung, die länger halten soll als bloß das.