schlotterschätt
BA Guru
Taja, nun bin ich wieder zu Hause. Von 23 bis 26 Grad Celsius auf Zypern in den deutschen Kühlschrank geflogen.
Was soll’s, der Urlaub war Spitze. Nachdem ich mich in einigen Foren über das Angeln im Mittelmeer etwas belesen hatte und eine k l e i n e (mein Weib bestand darauf) Tasche mit Angelgedöns sowie meiner Reiserute (2,70m WG 30-60g) nebst 3000er Stradic und'n paar Reservespulen mit verschiedenen Strippen eingepackt hatte, konnte es losgehen.
Wir hausten in einem Hotel an der ziemlich schroffen Küste in der Nähe von Paphos und gleich am nächsten Tag unserer Ankunft suchte ich den Fischerhafen von Paphos auf um mal die Lage zu peilen, was die Fischer mit ihren Kähnen da so anlanden.
Das Resultat war geradezu erschreckend. Bei einem Fischer, der von Fangfahrt wieder zurückkam, war gerade mal der Boden der Kiste des „Erfolges“ bedeckt. Die Größe der Fische würde jeden Moralapostel in unserem Forum sofort drohend den Zeigefinger erheben lassen. Alter Vater, wat für Zwerje. 8O
An der Hafenpromenade saß dann noch ein einheimischer Angler, der mit langer Rute und dicker Wasserkugel hantierte. Als ich mich unauffällig hinter ihm postieren wollte, um ihm die Geheimnisse seines Equipments abzuluchsen, traf mich der warnende Blick meiner lieben Gattin und ich folgte ihr knurrend die Hafenstraße entlang. :evil:
Gut, ich hatte mir sowieso keine großen Illusionen gemacht und mein Gerödel war auch auf den Fang von Kleinfischen eingestellt. Mit einem dicken Feldstecher beäugte ich erstmal die Umgebung unseres Domizils um ein paar vielversprechende Stellen auszumachen. Davon gab es reichlich aber man musste über die Kletterqualitäten einer Bergziege verfügen um dort überall hinzukommen. Die Dame an der Rezeption sah mich etwas seltsam an als ich ihr meinen Wunsch eröffnete am nächsten Tag um sechse in der Früh geweckt zu werden mit der Begründung angeln gehen zu wollen.Pünktlich bimmelte das Telefon und ich nahm meinen Kram, welchen ich am Abend zuvor schon sorgfältig vorbereitet hatte.Als ich aus dem Zimmer schlich hörte ich noch, wie sich meine Angebetete mit einem leisen Furz unter der Bettdecke von mir verabschiedete.
Es war ein herrlicher Sonnenaufgang unter Palmen und die See lag ziemlich ruhig in der Morgensonne. Anglerherz, was willst du mehr ? Eine vorgebleite 6g Forellenpuffpose mit zwei kleinen Bleischroten versehen dazu einen 12er Haken mit Teigspirale an 20er Monofil sollte den Erfolg bringen. Der Köder meiner Wahl war Zwiebackteig und ein Glas Berkley Power Bait in grün mit reichlich Glitzerkram. Da ich wusste, dass die kleinen Biester des Mittelmeeres Meister im Abfressen sind, hatte ich mir zu Hause noch eine kleine Gemeinheit ausgedacht.Ich briet ihnen Eierkuchen. Neee, nicht irgendwelche, auf einen Schwapp Eierkuchenteig wurde sorgfältig eine Schicht Mull ausgebreitet und diese wiederum mit einer neuen Schicht Eierkuchenteig bedeckt. Das Ganze ausgebraten und der Eierkuchen war dann fest mit der Mullbinde verbunden. „Ick werd euch helfen ihr Aasbande !!! :twisted:
Ich suchte mir eine verheißungsvolle Stelle und begann zu angeln. Tiefe, so um die Einsfuffzich eingestellt. Loten konnte man vergessen, weil es da vor großen Klamotten strotze. Pose drin, Pose weg, angehauen und…..Boah, mein erster Mittelmeerfisch zappelte in meiner Hand. Mir war eigentlich völlig egal wie groß er war und auch der Name war mir Wurscht, ich freute mich wie ein kleiner Junge über seinen ersten gelungenen Streich.
Das Beißen ging munter weiter und die Zeit verging wie im Fluge. Leider war die Artenvielfalt etwas eintönig und ein sehr schön schwarz-gelb gestreifter Fisch den ich liebevoll zum Foto auf meiner Hand platzierte war anderer Meinung und ließ mich mit einem kräftigen Sprung ins nahe Wasser verdattert zurück.
Da ich meinem Weib versprochen hatte um 9.00 Uhr zum Brechfest (die Gäste im Hotel waren zu 85% Briten und was die manchmal so zum Frühstück aßen…daher abgeleitet von Breakfast).) zurück zu sein wollte ich auch ihre Gunst nicht auf’s Spiel setzen. Auf dem Rückweg zum nahen Hotel sah ich das erste Mal IHN.
Im Hotelzimmer angekommen begrüßte ich meine Frau mit dem Satz: „ Weeeiiib , iiich habe Beuuute gemaaacht.“ ( mit der Stimme wie Tom Hanks in „Cast Away – Verschollen" )
„Watt’n, die haste doch wohl nich etwa mitjebracht ???“ Stolz zeigte ich ihr meine Fotos.
„ Na Alter, dann biste ja jetzt wohl zufrieden. Lass uns futtern. Danach knall ick mir in die Sonne und du kannst ja wieder peitschen jehn“. Ick liebe meine Frau.!!!
Da sie wiederum sehr auf ihre Figur bedacht ist, fiel das Frühstück recht kurz aus und ich hatte eh keinen Hunger. Ick war viel zu geil wieder an’s Wasser zu kommen.
Ja und da saß ER dann auf den Klippen vor dem Hotel. Ein kleiner, braungebrannter, drahtiger Kerl mit einer langen Stipprute in der Hand und einem abgewichsten Hut auf dem Kopf. Ich schlich vorsichtig näher und setzte mich in einiger Entfernung neben ihn auf die Klamotten. (Nichts hasse ich mehr wie den Satz: „ Naaaa, ham se schon wat jefangen ???)
An der ca. 6m langen Stippe hatte er eine Art Paternoster mit zwei Haken und einer kleinen Korkkugel als Pose. Die Fische verarschten ihn mehr als mich. Pose rin, Pose weg, angehauen und abgefressen. Ich sah mir das Spielchen eine Weile mit an und kramte dann aus meiner Tasche ein Vorfach mit 12er Teigspiralhaken und hielt es ihm wortlos hin. Er beäugte es mißtrauisch aber dann schien ihm ein Licht aufzugehen
.“ Very good Hook, you are english ?“.
“ Not englisch , ick bin Jermane.” Der Bann war gebrochen und es entspann sich ein angeregtes Gespräch in einem wilden Kauderwelsch aus deutsch, denglisch und englisch.
Nachdem wir uns nach zwei Stunden für den Afternoon verabredet hatten, zog ich glücklich zu meiner Frau auf die Grillbank.
Am Nachmittag zeigte mir Christo (Kurzform von Christodoulos) was er so auf Tasche hat und ich kam zu der Überzeugung, an einen echten Fuchs geraten zu sein.
Bisher hatte ich nur Wasserkugeln gesehen aber Christo angelte mit freier Leine. Will heißen: er nahm ein Vorfach mit neun Haken die im Abstand von ca. 3cm hintereinander angeknotet waren. Keine Wasserkugel, keine Pose und kein Blei. ( Ich habe an dieser Stelle keinen Bock auf eventuell nachfolgende Diskussionen über die „Verwerflichkeit“ dieser Montage und bitte die Gutmenschen zu bedenken, das ein Wobbler mit drei Drillingen auch mit 9 Haken bewaffnet ist. Es ist dort üblich so zu angeln und ich enthalte mich da jeglicher Wertigkeit.) Dieses Vorfach wurde dann sorgfältig um eine zusammengeklappte Toaststulle gewickelt, diese wiederum kurz in’s Wasser getaucht (wegen Gewicht)und dann mit Vehemenz aber auch mit viel Gefühl in’s Wasser gefeuert.
Christo wartete einen Moment und schlug dann kurz an und die in ca. 20-30m Entfernung treibende Stulle zerplatzte in kleine Teile und schwamm an der Oberfläche. Das wiederholte er einige Male, bis ein kleiner Teppich von Brotstücken auf dem Wasser schwamm. Dann entnahm er seinem ollen Eimer ein Stangenweißbrot und schnitt einige Scheiben davon ab. Eine davon wurde wieder zu einem Päckchen gewickelt und dann deutete er mich hinzuhocken und mit ihm die Wasseroberfläche zu beobachten. Nach einer Weile erschienen kleine Ringe um die Brotstücken (wie bei uns von Ukeleis) und noch ein Weilchen später erschienen plötzlich kleine Rückenflossen an der Oberfläche und große Mäuler schlürften die Brotstücke ein.
Christo erwachte aus seiner äußerlichen Lethargie, tunkte wieder kurz das Brot ein und warf es in das sich bildende Gewusel aus Fischen.
Ruhig schwamm das Brot im Wasser und kleine Ringe zeugten von regem Zuspruch des Kleinzeugs auf das Angebot bis die Stulle plötzlich in einem großen Schwall nach unten gezogen wurde. Christo schlug an und es entspann sich ein wilder Drill. Der Fisch versuchte in die Steine zu entkommen und Christo hielt mannhaft dagegen. Dann tat er etwas mir völlig Unbegreifliches.Er griff sich den Kescher, zog damit die Schnur nach unten und drillte den Fisch dann Hand über Hand zu Ende, die Rute hatte er beiseite gelegt.
Ich weiß bis heute nicht was ihn zu so einem Tun bewog. Vielleicht vertraute er seinem Fingerspitzengefühl mehr als seiner Rute. Jedenfalls hielt er den Fisch an der kurzen Kandare und schaffte es auch, ihn nicht in die Steine entkommen zu lassen. Nachdem ich sah, das der Fisch aufgab, reichte ich Christo etwas entnervt seinen Kescher, der seine beste Zeit vor ca. 20 Jahren gehabt haben muß. Yoh, und dann sah ick diese (n) erste(n) Mulet oder auch Meeräsche von gut 65 cm aus der Nähe. Watt’n Teil, ick war begeistert. Kurz darauf fing er noch eine von dem Kaliber und eine dritte entkam zwischen den Steinen. Daraufhin verkündete er plötzlich „FINISH“. Finish ??? Watt’n jetzt Finish ? 8O
Christo hatte zu Hause noch sechs Mäuler zu stopfen aber er nahm nie mehr Fisch mit, als er für diesen Tag gerade gebrauchen konnte. Er ist fünfundsechzig und sein Jüngster ist dreizehn, also muß er auch noch gut bei Lende gewesen sein. Nee, so einfach liess ick mich nicht abspeisen. Palaver war angesagt. Ick qualmte Zigaretten und Christo, der seit 15 Jahren damit aufgehört hatte, lutschte Pfefferminzbonbons. Listig entnahm ich meiner kleinen, aber unergründlichen Tasche eine Spule 25er Fluorocarbonschnur. Ich zeigte ihm die Strippe und tauchte ein Ende in’s Wasser wo es vor seinen Augen nahezu unsichtbar wurde. Christo war begeistert und ein sehnsuchtsvolles Glitzern erschien in seinen Augen. Ich begriff natürlich sofort. Nachdem ich mir ca. 5m davon für meinen Eigenbedarf abgespult hatte, reichte ich sie ihm rüber. „ For you!“. Daraufhin kramte er in seiner Hosentasche und brachte ein paar Münzen an’s Tageslicht.“ Nee, nee, keep your Mäuse in your Pocket. Iss n’ littel Gift for you !”
Er wiederum kramte in seinem ollen Eimer und hielt mir zwei seiner ca. 1.50m langen und mit neun sorgfältig gebundenen und sauscharfen Haken bewehrten Vorfächern entgegen.Ich konnte natürlich nicht widerstehen und nahm sie voller Freude dankend an.
Nachdem wir uns für den nächsten Tag verabredet hatten, trollte er sich zu seiner Familie und ich mich zu meinem Weib.
„Na, Alter ? Wann willste denn morjen uffstehn ??? Lass mich raten…..Fünfe, Sechse ??? Die Sonne ging da um 6.15 Uhr (5.15Uhr unserer Zeit auf) und ich erwähnte ganz beiläufig, dass ich dann so gegen dreiviertel sechse das eheliche Schlafgemach verlassen werde. Aber vorher muß ick noch in’n Kolonialwarenladen. „Watt’n morjen Früh ???“ . „ Nee, jetze!!!“
Ich also rüber in den Supermarket und drei Baguettes eingepackt. An der Kasse schielte die Verkäuferin erst verständnislos auf mein Allinclusive-Armband dann auf die Brote und dann auf mich. „Ääääh, ist for Fishing!!!“ Ach ja !!!
Den Abend brauchte ich zwei, drei Mollen und ‚n paar Ouzos dazu um die nötige Bettschwere zu erreichen, denn sonst hätte es mit dem Einschlafen wohl längere Zeit gedauert. Einschlafen war ja dann auch okay aber so ab 3 Uhr bin ich alle halbe Stunde wach geworden und habe auf die Uhr gesehen ob es denn nicht endlich Zeit wäre aufzustehen.
Der Sonnenaufgang war Klasse. Ich trabte zu der vorspringenden Landzunge, die ich für meinen ersten Angelversuch auf Meeräschen auserkoren hatte. Dort angekommen legte ich mein Zeug ab und beobachtete die glatte Wasseroberfläche. Ca 50m links von mir entdeckte ich die verräterischen Kringel. Mein Puls erhöhte sich etwas und ich überlegte wie ich die Bande jetzt wohl am besten zu mir locken konnte. Also Toaststulle an’s Vorfach, kurz in’s Wasser getaucht und abgefeuert. Shit, das war wohl zuviel des Guten. Ein Regen von Weißbrotstücken ging auf mich nieder. Der nächste Versuch war schon besser und die Stulle landete in ungefähr 20m Entfernung im Wasser. Nachdem ich auf diese Weise eine kleine Futterstelle angelegt hatte, schnitt ich von dem Stangenweißbrot eine Scheibe ab, verpackte sie sorgfältig zum Päckchen und ging in Lauerstellung. Langsam aber sicher kamen die kleinen Kringel immer näher. Und nachdem sich ein Haufen Kleinzeug an den Brotstücken zu schaffen machte tauchten dann endlich die Objekte meiner Begierde auf. Kleine Rückenflossen zerteilten die Oberfläche und genussvoll wurde das Brot eingeschlürft.
Ich schnappte meine Rute und warf das Brotpäckchen mitten unter die Fische. Was jetzt folgte, brachte mich an den Rand eines Herzkaspers. Die Mullets schlürften Brotstück für Brotstück ein und ließen meine Stulle links liegen.“ Det jibbet doch nich, steht da vielleicht „Vorsicht Falle“ dran ??? Das inzwischen reichlich versammelte Kleinzeug zerpflückte die Stulle binnen kürzester Zeit und ich musste nachladen. Also wieder ab dafür. Vor Aufregung rauchte ich Kette aber dann war es endlich soweit. In einem großen Schwall wurde meine treibende Stulle seitlich unter Wasser gezogen.
Ich schlug an und sofort explodierte die Wasseroberfläche. Eine große Meeräsche riss mir in voller Fahrt sofort etliche Meter meiner 20er Monofil von der vorher sorgfältig eingestellten Rolle. Die Kampkraft der Biester ist phänomenal und in etwa mit der großer Rapfen zu vergleichen. Es folgten wilde Fluchten, bei denen immer wieder reichlich Schnur genommen wurde. Sie versuchte zwischen den großen Steinen unter Wasser zu entkommen und ich zerbrach mir langsam den Kopf, wie ich sie wohl landen solle, denn einen Kescher hatte ich nicht. Nachdem ich sie endlich ausgedrillt hatte, was reichlich Nerven kostete, beschloss ich, sie wie bei uns an der Ostsee die Dorsche beim Brandungsangeln zu landen. Mit einer auflaufenden Welle. Die ersten zwei Versuche missglückten und der Fisch gab noch mal richtig Dampf. Dann war es endlich soweit. Mit zitternden Händen und wackligen Knien hielt ich endlich meine erste selbstgefangene Meeräsche in den Händen.
Jungs, watt für’n Jefühl. Ich habe im Leben schon viele weitaus größere Fische gefangen, aber dieses Zittern in den Knochen habe ich schon lange nicht mehr verspürt.
Vom Erfolg angestachelt wiederholte ich die ganze Prozedur noch einmal und es gelang mir noch einen dieser herrlichen Fische zu überlisten. Danach kam Wind auf und die Fische verschwanden von der Oberfläche. (Im Laufe der weiteren Tage bekam ich die Erkenntnis das die Angelei mit Brot und freier Leine nur bei absolut ruhigem Wasser erfolgversprechend ist.)
Ich hälterte die Fische in einer der dort immer zahlreich vorhandenen kleinen Wasserlöcher und wartete auf meinen Lehrmeister.Der ließ dann auch nicht lange auf sich warten und sagte, das er vorher an einer anderen Stelle gewesen sei aber dort nichts gefangen hätte.
Stolz führte ich ihn zu meinem Tümpel und zeigte ihm die beiden Fische. Er sah mich erst ungläubig an, doch dann erschien ein breites Grinsen auf seinem Gesicht. Mit Händeschütteln und Schulterklopfen erhielt ich meine Laudatio.
So verging die schöne Zeit wie im Fluge. Mein liebes Weib briet jeden Tag bei 24 bis 26 Grad Celsius in der Sonne und ick ging mit meinem neuen zypriotischen Freund Christo angeln, nicht ohne von Zeit zu Zeit bei ihr vorbeizukieken und ihr einige kühle Getränke von der Poolbar zu kredenzen. Frauen sollte man bei Laune halten.
Nun sitze ich hier bei Temperaturen um die Null an meinem Schlepptopp, tippe den Bericht und denke in tiefer Dankbarkeit an Christo, der auch immer um meine Sicherheit besorgt war.
Seine Lieblingsworte bei unseren Klippenklettertouren waren immer „ Slowly, Slowly !!! Langsam, Langsam.
Schlotterschätt
P.S. Wat det jetzt mit Raubfischangeln zu tun hat fragt Ihr ??? Na nüscht !!! Ick hab ja ooch ‚n paar mal Blinkers und Jummizeug durch’s Wasser geleiert, aber hätte ick schreiben sollen wie ick nüscht jefangen habe ? :mrgreen:
Was soll’s, der Urlaub war Spitze. Nachdem ich mich in einigen Foren über das Angeln im Mittelmeer etwas belesen hatte und eine k l e i n e (mein Weib bestand darauf) Tasche mit Angelgedöns sowie meiner Reiserute (2,70m WG 30-60g) nebst 3000er Stradic und'n paar Reservespulen mit verschiedenen Strippen eingepackt hatte, konnte es losgehen.
Wir hausten in einem Hotel an der ziemlich schroffen Küste in der Nähe von Paphos und gleich am nächsten Tag unserer Ankunft suchte ich den Fischerhafen von Paphos auf um mal die Lage zu peilen, was die Fischer mit ihren Kähnen da so anlanden.
Das Resultat war geradezu erschreckend. Bei einem Fischer, der von Fangfahrt wieder zurückkam, war gerade mal der Boden der Kiste des „Erfolges“ bedeckt. Die Größe der Fische würde jeden Moralapostel in unserem Forum sofort drohend den Zeigefinger erheben lassen. Alter Vater, wat für Zwerje. 8O
An der Hafenpromenade saß dann noch ein einheimischer Angler, der mit langer Rute und dicker Wasserkugel hantierte. Als ich mich unauffällig hinter ihm postieren wollte, um ihm die Geheimnisse seines Equipments abzuluchsen, traf mich der warnende Blick meiner lieben Gattin und ich folgte ihr knurrend die Hafenstraße entlang. :evil:
Gut, ich hatte mir sowieso keine großen Illusionen gemacht und mein Gerödel war auch auf den Fang von Kleinfischen eingestellt. Mit einem dicken Feldstecher beäugte ich erstmal die Umgebung unseres Domizils um ein paar vielversprechende Stellen auszumachen. Davon gab es reichlich aber man musste über die Kletterqualitäten einer Bergziege verfügen um dort überall hinzukommen. Die Dame an der Rezeption sah mich etwas seltsam an als ich ihr meinen Wunsch eröffnete am nächsten Tag um sechse in der Früh geweckt zu werden mit der Begründung angeln gehen zu wollen.Pünktlich bimmelte das Telefon und ich nahm meinen Kram, welchen ich am Abend zuvor schon sorgfältig vorbereitet hatte.Als ich aus dem Zimmer schlich hörte ich noch, wie sich meine Angebetete mit einem leisen Furz unter der Bettdecke von mir verabschiedete.
Es war ein herrlicher Sonnenaufgang unter Palmen und die See lag ziemlich ruhig in der Morgensonne. Anglerherz, was willst du mehr ? Eine vorgebleite 6g Forellenpuffpose mit zwei kleinen Bleischroten versehen dazu einen 12er Haken mit Teigspirale an 20er Monofil sollte den Erfolg bringen. Der Köder meiner Wahl war Zwiebackteig und ein Glas Berkley Power Bait in grün mit reichlich Glitzerkram. Da ich wusste, dass die kleinen Biester des Mittelmeeres Meister im Abfressen sind, hatte ich mir zu Hause noch eine kleine Gemeinheit ausgedacht.Ich briet ihnen Eierkuchen. Neee, nicht irgendwelche, auf einen Schwapp Eierkuchenteig wurde sorgfältig eine Schicht Mull ausgebreitet und diese wiederum mit einer neuen Schicht Eierkuchenteig bedeckt. Das Ganze ausgebraten und der Eierkuchen war dann fest mit der Mullbinde verbunden. „Ick werd euch helfen ihr Aasbande !!! :twisted:
Ich suchte mir eine verheißungsvolle Stelle und begann zu angeln. Tiefe, so um die Einsfuffzich eingestellt. Loten konnte man vergessen, weil es da vor großen Klamotten strotze. Pose drin, Pose weg, angehauen und…..Boah, mein erster Mittelmeerfisch zappelte in meiner Hand. Mir war eigentlich völlig egal wie groß er war und auch der Name war mir Wurscht, ich freute mich wie ein kleiner Junge über seinen ersten gelungenen Streich.
Das Beißen ging munter weiter und die Zeit verging wie im Fluge. Leider war die Artenvielfalt etwas eintönig und ein sehr schön schwarz-gelb gestreifter Fisch den ich liebevoll zum Foto auf meiner Hand platzierte war anderer Meinung und ließ mich mit einem kräftigen Sprung ins nahe Wasser verdattert zurück.
Da ich meinem Weib versprochen hatte um 9.00 Uhr zum Brechfest (die Gäste im Hotel waren zu 85% Briten und was die manchmal so zum Frühstück aßen…daher abgeleitet von Breakfast).) zurück zu sein wollte ich auch ihre Gunst nicht auf’s Spiel setzen. Auf dem Rückweg zum nahen Hotel sah ich das erste Mal IHN.
Im Hotelzimmer angekommen begrüßte ich meine Frau mit dem Satz: „ Weeeiiib , iiich habe Beuuute gemaaacht.“ ( mit der Stimme wie Tom Hanks in „Cast Away – Verschollen" )
„Watt’n, die haste doch wohl nich etwa mitjebracht ???“ Stolz zeigte ich ihr meine Fotos.
„ Na Alter, dann biste ja jetzt wohl zufrieden. Lass uns futtern. Danach knall ick mir in die Sonne und du kannst ja wieder peitschen jehn“. Ick liebe meine Frau.!!!
Da sie wiederum sehr auf ihre Figur bedacht ist, fiel das Frühstück recht kurz aus und ich hatte eh keinen Hunger. Ick war viel zu geil wieder an’s Wasser zu kommen.
Ja und da saß ER dann auf den Klippen vor dem Hotel. Ein kleiner, braungebrannter, drahtiger Kerl mit einer langen Stipprute in der Hand und einem abgewichsten Hut auf dem Kopf. Ich schlich vorsichtig näher und setzte mich in einiger Entfernung neben ihn auf die Klamotten. (Nichts hasse ich mehr wie den Satz: „ Naaaa, ham se schon wat jefangen ???)
An der ca. 6m langen Stippe hatte er eine Art Paternoster mit zwei Haken und einer kleinen Korkkugel als Pose. Die Fische verarschten ihn mehr als mich. Pose rin, Pose weg, angehauen und abgefressen. Ich sah mir das Spielchen eine Weile mit an und kramte dann aus meiner Tasche ein Vorfach mit 12er Teigspiralhaken und hielt es ihm wortlos hin. Er beäugte es mißtrauisch aber dann schien ihm ein Licht aufzugehen
.“ Very good Hook, you are english ?“.
“ Not englisch , ick bin Jermane.” Der Bann war gebrochen und es entspann sich ein angeregtes Gespräch in einem wilden Kauderwelsch aus deutsch, denglisch und englisch.
Nachdem wir uns nach zwei Stunden für den Afternoon verabredet hatten, zog ich glücklich zu meiner Frau auf die Grillbank.
Am Nachmittag zeigte mir Christo (Kurzform von Christodoulos) was er so auf Tasche hat und ich kam zu der Überzeugung, an einen echten Fuchs geraten zu sein.
Bisher hatte ich nur Wasserkugeln gesehen aber Christo angelte mit freier Leine. Will heißen: er nahm ein Vorfach mit neun Haken die im Abstand von ca. 3cm hintereinander angeknotet waren. Keine Wasserkugel, keine Pose und kein Blei. ( Ich habe an dieser Stelle keinen Bock auf eventuell nachfolgende Diskussionen über die „Verwerflichkeit“ dieser Montage und bitte die Gutmenschen zu bedenken, das ein Wobbler mit drei Drillingen auch mit 9 Haken bewaffnet ist. Es ist dort üblich so zu angeln und ich enthalte mich da jeglicher Wertigkeit.) Dieses Vorfach wurde dann sorgfältig um eine zusammengeklappte Toaststulle gewickelt, diese wiederum kurz in’s Wasser getaucht (wegen Gewicht)und dann mit Vehemenz aber auch mit viel Gefühl in’s Wasser gefeuert.
Christo wartete einen Moment und schlug dann kurz an und die in ca. 20-30m Entfernung treibende Stulle zerplatzte in kleine Teile und schwamm an der Oberfläche. Das wiederholte er einige Male, bis ein kleiner Teppich von Brotstücken auf dem Wasser schwamm. Dann entnahm er seinem ollen Eimer ein Stangenweißbrot und schnitt einige Scheiben davon ab. Eine davon wurde wieder zu einem Päckchen gewickelt und dann deutete er mich hinzuhocken und mit ihm die Wasseroberfläche zu beobachten. Nach einer Weile erschienen kleine Ringe um die Brotstücken (wie bei uns von Ukeleis) und noch ein Weilchen später erschienen plötzlich kleine Rückenflossen an der Oberfläche und große Mäuler schlürften die Brotstücke ein.
Christo erwachte aus seiner äußerlichen Lethargie, tunkte wieder kurz das Brot ein und warf es in das sich bildende Gewusel aus Fischen.
Ruhig schwamm das Brot im Wasser und kleine Ringe zeugten von regem Zuspruch des Kleinzeugs auf das Angebot bis die Stulle plötzlich in einem großen Schwall nach unten gezogen wurde. Christo schlug an und es entspann sich ein wilder Drill. Der Fisch versuchte in die Steine zu entkommen und Christo hielt mannhaft dagegen. Dann tat er etwas mir völlig Unbegreifliches.Er griff sich den Kescher, zog damit die Schnur nach unten und drillte den Fisch dann Hand über Hand zu Ende, die Rute hatte er beiseite gelegt.
Ich weiß bis heute nicht was ihn zu so einem Tun bewog. Vielleicht vertraute er seinem Fingerspitzengefühl mehr als seiner Rute. Jedenfalls hielt er den Fisch an der kurzen Kandare und schaffte es auch, ihn nicht in die Steine entkommen zu lassen. Nachdem ich sah, das der Fisch aufgab, reichte ich Christo etwas entnervt seinen Kescher, der seine beste Zeit vor ca. 20 Jahren gehabt haben muß. Yoh, und dann sah ick diese (n) erste(n) Mulet oder auch Meeräsche von gut 65 cm aus der Nähe. Watt’n Teil, ick war begeistert. Kurz darauf fing er noch eine von dem Kaliber und eine dritte entkam zwischen den Steinen. Daraufhin verkündete er plötzlich „FINISH“. Finish ??? Watt’n jetzt Finish ? 8O
Christo hatte zu Hause noch sechs Mäuler zu stopfen aber er nahm nie mehr Fisch mit, als er für diesen Tag gerade gebrauchen konnte. Er ist fünfundsechzig und sein Jüngster ist dreizehn, also muß er auch noch gut bei Lende gewesen sein. Nee, so einfach liess ick mich nicht abspeisen. Palaver war angesagt. Ick qualmte Zigaretten und Christo, der seit 15 Jahren damit aufgehört hatte, lutschte Pfefferminzbonbons. Listig entnahm ich meiner kleinen, aber unergründlichen Tasche eine Spule 25er Fluorocarbonschnur. Ich zeigte ihm die Strippe und tauchte ein Ende in’s Wasser wo es vor seinen Augen nahezu unsichtbar wurde. Christo war begeistert und ein sehnsuchtsvolles Glitzern erschien in seinen Augen. Ich begriff natürlich sofort. Nachdem ich mir ca. 5m davon für meinen Eigenbedarf abgespult hatte, reichte ich sie ihm rüber. „ For you!“. Daraufhin kramte er in seiner Hosentasche und brachte ein paar Münzen an’s Tageslicht.“ Nee, nee, keep your Mäuse in your Pocket. Iss n’ littel Gift for you !”
Er wiederum kramte in seinem ollen Eimer und hielt mir zwei seiner ca. 1.50m langen und mit neun sorgfältig gebundenen und sauscharfen Haken bewehrten Vorfächern entgegen.Ich konnte natürlich nicht widerstehen und nahm sie voller Freude dankend an.
Nachdem wir uns für den nächsten Tag verabredet hatten, trollte er sich zu seiner Familie und ich mich zu meinem Weib.
„Na, Alter ? Wann willste denn morjen uffstehn ??? Lass mich raten…..Fünfe, Sechse ??? Die Sonne ging da um 6.15 Uhr (5.15Uhr unserer Zeit auf) und ich erwähnte ganz beiläufig, dass ich dann so gegen dreiviertel sechse das eheliche Schlafgemach verlassen werde. Aber vorher muß ick noch in’n Kolonialwarenladen. „Watt’n morjen Früh ???“ . „ Nee, jetze!!!“
Ich also rüber in den Supermarket und drei Baguettes eingepackt. An der Kasse schielte die Verkäuferin erst verständnislos auf mein Allinclusive-Armband dann auf die Brote und dann auf mich. „Ääääh, ist for Fishing!!!“ Ach ja !!!
Den Abend brauchte ich zwei, drei Mollen und ‚n paar Ouzos dazu um die nötige Bettschwere zu erreichen, denn sonst hätte es mit dem Einschlafen wohl längere Zeit gedauert. Einschlafen war ja dann auch okay aber so ab 3 Uhr bin ich alle halbe Stunde wach geworden und habe auf die Uhr gesehen ob es denn nicht endlich Zeit wäre aufzustehen.
Der Sonnenaufgang war Klasse. Ich trabte zu der vorspringenden Landzunge, die ich für meinen ersten Angelversuch auf Meeräschen auserkoren hatte. Dort angekommen legte ich mein Zeug ab und beobachtete die glatte Wasseroberfläche. Ca 50m links von mir entdeckte ich die verräterischen Kringel. Mein Puls erhöhte sich etwas und ich überlegte wie ich die Bande jetzt wohl am besten zu mir locken konnte. Also Toaststulle an’s Vorfach, kurz in’s Wasser getaucht und abgefeuert. Shit, das war wohl zuviel des Guten. Ein Regen von Weißbrotstücken ging auf mich nieder. Der nächste Versuch war schon besser und die Stulle landete in ungefähr 20m Entfernung im Wasser. Nachdem ich auf diese Weise eine kleine Futterstelle angelegt hatte, schnitt ich von dem Stangenweißbrot eine Scheibe ab, verpackte sie sorgfältig zum Päckchen und ging in Lauerstellung. Langsam aber sicher kamen die kleinen Kringel immer näher. Und nachdem sich ein Haufen Kleinzeug an den Brotstücken zu schaffen machte tauchten dann endlich die Objekte meiner Begierde auf. Kleine Rückenflossen zerteilten die Oberfläche und genussvoll wurde das Brot eingeschlürft.
Ich schnappte meine Rute und warf das Brotpäckchen mitten unter die Fische. Was jetzt folgte, brachte mich an den Rand eines Herzkaspers. Die Mullets schlürften Brotstück für Brotstück ein und ließen meine Stulle links liegen.“ Det jibbet doch nich, steht da vielleicht „Vorsicht Falle“ dran ??? Das inzwischen reichlich versammelte Kleinzeug zerpflückte die Stulle binnen kürzester Zeit und ich musste nachladen. Also wieder ab dafür. Vor Aufregung rauchte ich Kette aber dann war es endlich soweit. In einem großen Schwall wurde meine treibende Stulle seitlich unter Wasser gezogen.
Ich schlug an und sofort explodierte die Wasseroberfläche. Eine große Meeräsche riss mir in voller Fahrt sofort etliche Meter meiner 20er Monofil von der vorher sorgfältig eingestellten Rolle. Die Kampkraft der Biester ist phänomenal und in etwa mit der großer Rapfen zu vergleichen. Es folgten wilde Fluchten, bei denen immer wieder reichlich Schnur genommen wurde. Sie versuchte zwischen den großen Steinen unter Wasser zu entkommen und ich zerbrach mir langsam den Kopf, wie ich sie wohl landen solle, denn einen Kescher hatte ich nicht. Nachdem ich sie endlich ausgedrillt hatte, was reichlich Nerven kostete, beschloss ich, sie wie bei uns an der Ostsee die Dorsche beim Brandungsangeln zu landen. Mit einer auflaufenden Welle. Die ersten zwei Versuche missglückten und der Fisch gab noch mal richtig Dampf. Dann war es endlich soweit. Mit zitternden Händen und wackligen Knien hielt ich endlich meine erste selbstgefangene Meeräsche in den Händen.
Jungs, watt für’n Jefühl. Ich habe im Leben schon viele weitaus größere Fische gefangen, aber dieses Zittern in den Knochen habe ich schon lange nicht mehr verspürt.
Vom Erfolg angestachelt wiederholte ich die ganze Prozedur noch einmal und es gelang mir noch einen dieser herrlichen Fische zu überlisten. Danach kam Wind auf und die Fische verschwanden von der Oberfläche. (Im Laufe der weiteren Tage bekam ich die Erkenntnis das die Angelei mit Brot und freier Leine nur bei absolut ruhigem Wasser erfolgversprechend ist.)
Ich hälterte die Fische in einer der dort immer zahlreich vorhandenen kleinen Wasserlöcher und wartete auf meinen Lehrmeister.Der ließ dann auch nicht lange auf sich warten und sagte, das er vorher an einer anderen Stelle gewesen sei aber dort nichts gefangen hätte.
Stolz führte ich ihn zu meinem Tümpel und zeigte ihm die beiden Fische. Er sah mich erst ungläubig an, doch dann erschien ein breites Grinsen auf seinem Gesicht. Mit Händeschütteln und Schulterklopfen erhielt ich meine Laudatio.
So verging die schöne Zeit wie im Fluge. Mein liebes Weib briet jeden Tag bei 24 bis 26 Grad Celsius in der Sonne und ick ging mit meinem neuen zypriotischen Freund Christo angeln, nicht ohne von Zeit zu Zeit bei ihr vorbeizukieken und ihr einige kühle Getränke von der Poolbar zu kredenzen. Frauen sollte man bei Laune halten.
Nun sitze ich hier bei Temperaturen um die Null an meinem Schlepptopp, tippe den Bericht und denke in tiefer Dankbarkeit an Christo, der auch immer um meine Sicherheit besorgt war.
Seine Lieblingsworte bei unseren Klippenklettertouren waren immer „ Slowly, Slowly !!! Langsam, Langsam.
Schlotterschätt
P.S. Wat det jetzt mit Raubfischangeln zu tun hat fragt Ihr ??? Na nüscht !!! Ick hab ja ooch ‚n paar mal Blinkers und Jummizeug durch’s Wasser geleiert, aber hätte ick schreiben sollen wie ick nüscht jefangen habe ? :mrgreen: