Wieder an Deck, ist ein wenig länger geworden...
Vorgeschichte
Vor einigen Jahren befischte ich mein Hausgewässer ein Jahr lang mit Gummifischen ab 25 cm. Es war anstrengend und ergeignislos- bis ich eines Abends aus dem Nichts einen sehr heftigen Biss mit sofortiger Flucht erlebte. Die Bremse war “zu”, die “Bodden-Spezial” sofort so unter Druck, dass es mir trotz mehrfacher Versuche nicht gelang, einen vernünftigen Anhieb zu setzen, ich war nur damit beschäftigt, die maximal belastete Rute fest zu halten.
Nach ca. 15 m Flucht stieg der Fisch aus.
Nach Beendigung des Jahres brach ich das Projekt “große Gummifische” - Schulter und der Ellenbogen des rechten Armes dankten es mir – ohne Fang ab.
Jetzt
stehe ich an meinem Hausgewässer und fische parallel zu einer Krautkante, die von einem Meter auf 6 Meter abfällt. Während die Kiesgrube weitgehend sehr klar ist, sorgt der auf meinem Ufer auftreffende Ostwind (!) für ein größeres Areal mit milchiger Brühe mit einer Sichtweite unter 30 cm.
Meine unkonventionelle aber in den letzten Jahren äußerst erfolgreiche (B-Auswahl, immer im Auto) Jerkbaitkombi besteht aus einer 240 m Greys Spinnrute (40-80 g), einer älteren “Balzer Pilk 5000”
rolleyes
und der weltbekannten Geflochtenen “Deltex Expert” 0,18, die wohl eher eine 22er ist, verbunden mit einer 0,80 FC und einem robusten Snap.
Es wird bald klar, dass die Hechte heute keine Lust haben, Jerkbaits von der Oberfläche zu pflücken. Also muss ein Köder ran, der etwas tiefer läuft, manchmal wollen sie einfach nur nicht die Oberfäche durchbrechen, sind aber prinzipiell jagdbereit.
Ein durchgeleierter GuFi von ca. 17 cm Länge mit großem Schaufelschwanz soll bei der geringen Sichtweite für Aufmerksamkeit sorgen. Bei der Kakaofarbe des Wassers an meiner Angelstelle lasse ich mich farblich gehen und klinke einen indiskutabel auffälligen gelb/signalrot leuchtenden GuFi in den Snap. Es beginnt zu dämmern.
Ich fische die Kante parallel von oben nach unten ab. Es passiert zunächst nix, bis etwa beim 10. Wurf in ca. 2 m Wassertiefe ein Anbiss mit sofortiger Flucht erfolgt- die Bremse der Rolle ist “zu”. Die Greys-Rute mit Spitzenaktion zeigt, dass sie eigentlich parabolisch arbeitet. Der Fisch zieht mit einem Affenzahn und unbeeindruckt in die Tiefe, schön, da gibt es keine Hindernisse.
Es befinden sich 100 m Geflochtene auf der Rolle, recht zügig wird die Unterfüllung sichtbar. Da ich dem Knoten zur Unterfüllung aus irgend einem Grund mißtraue, beginne ich die kontinuierlich laufende Spule mit der linken Hand weiter abzubremsen – mit Erfolg. Es folgt eine längere Phase von Schnurgewinn und Schnurabzug – unter dieser Belastung ist die Greys nahezu kontinuierlich am Limit und ich rechne jeden Moment damit, dass sich die Rute mit einem lauten Knall verabschiedet.
Es knallt aber nicht. Auch der Rollenfuß der “Balzer Pilk 5000” bricht nicht, und die Bremse arbeitet, als würde sie täglich und seit Jahren nix anderes machen, als zuverlässig kapitale Fische auszudrillen.
Irgendwann nach 20 – 25 Minuten habe ich den Fisch 5-10 m vor mir. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich nicht einen kapitalen Karpfen seitlich gehakt habe oder ob es “der Wels “ist, von dem die älteren Plumsaalangler (“keine Chance, den zu kriegen”) mal berichteten. Ich würde den Fisch wenigsten einmal gerne sehen und bin mir noch nicht sicher, ob ich ihn landen kann. Die Hälfte des FC schaut aus dem Wasser.
Sollte es ein Wels sein, würde er – so habe ich es gelesen – als Zeichen der Ermüdung Luft ablassen.
Der Fisch schwimmt nun langsam im Kreis vor mir, sehen kann ich ihn noch nicht. Dann tauchen große Luftblasen auf. YES !
Irgendwann glotzt mich ein großer Welskopf an, ziemlich weit entfernt von diesem Kopf kommt eine Flosse aus dem Wasser. Es ist nun klar, dass mein nicht kleiner Hechtkescher für die Landung dieses Fisches untauglich ist. Also Wallergriff. Scheixxe. Dieser dackelfressenden Bestie ins Maul greifen ? Der GuFi hat nur einen Einzelhaken, da kann also nicht viel passieren. Wenn mich der Fisch im Rahmen der Landung einsaugt – es gibt schlimmere Arten zu sterben.
Die Landung am nassen, rutschigen Steilufer ist ein Kraftakt sondersgleichen. Ich bin körperlich am Limit, aber der Fisch ist beim ersten Versuch draußen. Unmittelbar nach der Landung liegen der Fisch und ich erschöpft nebeneinander im nassen Gras und schauen uns an. Der Fisch ist fast so lang wie ich selbst. Zügig versorge ich den Fisch.
Der Moment ist perfekt.
Danksagung an "die Helden" dieses Fanges
Die Greys-Rute hatte mehr als einmal allen Grund, sich mit einem Knall in mehrere Teile zu verabschieden. Sie hat es nicht getan. Leicht, kraftvoll, kein Stock, Geile Rute.
Die “Balzer Pilk 5000” habe ich mal montiert, weil es mir bei dieser Rolle nicht drauf ankam, wenn sie sich unter der Belastung beim Jerkbait-Angeln zerlegt hätte. Sie tut es seit Jahren nicht. Die Bremse hat auch unter hoher Belastung smooth und ruckfrei gearbeitet, die Achse ist noch kerzengerade und das Wickelbild reicht für jedes Titelbild eines Angelmagazins. Die von mir seit Jahren erwarteten Kaffeemühlengeräusche erzeugt sie immer noch nicht.
Meine Tranx 301 hätte die Aktion nicht besser meistern können.
Die Geflochtene habe ich mal in einem Gemischtwarenladen in McPom ( Backwaren, Konserven, Bild-Zeitung, Angelbedarf) aus Verlegenheit gekauft – es gab nur diese eine Marke. Sie wirft sich mit hohen Gewichten gut, bildet fast nie Perücken/Luftschlaufen, färbt kaum, rauht nicht auf, ist akzeptabel abriebfest und hat gehalten – und ist preislich meilenweit von High-End-Schnüren entfernt.
Fazit
“Mehr Glück als Verstand”
Natürlich sollte man niemals nicht und nimmer mit derartig unterdimensioniertem Gerät (und schon gar nicht mit einer “Balzer Pilk 5000
) gezielt auf Wels gehen – hier war sehr viel Glück im Spiel.
Geile Aktion. Mal schauen, was das Jahr noch so bringt !