Ich gehe nicht besonders sorgsam mit solchen Scheren um, und wie man sich vorstellen kann, ist bei mir obendrein alles zu schneidende nicht bloß ein bisserl dicker, als das bei den meisten der Fall ist. Wenn man ein bisschen vorsichtiger ist als ich, halten die länger als nur eine Saison.
Aber was eine richtig gute Schere ist, habe ich als Kind gelernt, Meine Eltern hatten ein Herrenbekleidungsgeschäft mit betriebseigenem Änderungsschneider, das war damals noch üblich. Am Wochenende schlichen mein Bruder und ich uns trotz Verbot manchmal in die Werkstatt und benutzten die Stoffschere des Schneiders, um neben Stoffresten auch ein, zwei Stückchen Papier zu schneiden.
Am nächsten Montag flippte dann regelmäßig der Schneider aus, denn er merkte, dass irgendwer damit anderes als Stoff geschnitten hatte. Das war eine erstklassige (und sauteure) Schere, aber nur solange, wie man mit ihr ímmer das gleiche Material verarztete und sonst nichts
Aber er rächte sich, was bei einem gutgläubigen Vierjährigen nicht allzu schwer war. Einmal hatte ich mir in den Kopf gesetzt, Schaumstoff machen zu wollen, und da gerade kein anderer zugegen war, fragte ich besagten Schneider. Seine Antwort: Waschpulver mit Wasser vermengen und so lange rühren, bis daraus Schaumstoff wird.
Ok, das klang einfach, und also rührte ich mit Ausdauer und Elan auf dem Balkon direkt neben der Schneiderwerkstatt, eine Stunde, zwei Stunden, immer wieder angefeuert durch den genüsslich durchs Fenster zuschauenden Schneider, wenn ich schlappmachen wollte, bis mir endlich die Lampe aufging.
Seither habe ich kein besonders enges Verhältnis zu Scheren aller Art. Ex und hopp, der Plunder! Und falls ich jemals gezielt auf Schneider angeln sollte, werde ich gleich beim ersten Biss eine zweistündige Fotosession einlegen nach einem ausgedehnten Heavy-Cover-Drill an einer UL-Combo samt Minnow mit drei Angstdrillingen und im Sekundentakt wiederholtem, kräftigem Anschlag.